Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
5. August 2018

Die Wirkungen der heiligen Eucharistie

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Im Schlussgebet der heutigen heiligen Messe heißt es: „Wir bitten dich, Herr, durch den Empfang deines Sakramentes lass uns eine Kräftigung der Seele und des Leibes verspüren, auf dass wir, an beiden gesundet, der vollen Kraft des himmlischen Heilmittels uns erfreuen dürfen.“ In diesem Gebet ist die Rede von den Wirkungen der heiligen Eucharistie. Und damit wollen wir uns heute beschäftigen: Welches sind die Wirkungen der heiligen Kommunion? Die Hauptwirkung der heiligen Kommunion ist die Vertiefung und Verinnerlichung unserer Gemeinschaft mit Christus. Wer die Kommunion empfängt, der nimmt Christus, der nimmt das Fleisch Christi in leibhaftiger Wirklichkeit in sich auf. Er isst das Fleisch in der Gestalt des Brotes und trinkt das Blut in der Gestalt des Weines. Gewiss, Christus kommt zu uns in einer fremden Gestalt. Leib und Blut Christi sind nicht in ihrer eigenen, sondern in einer fremden Gestalt, nämlich in der Gestalt des Brotes und des Weines gegenwärtig. Das hat einen guten Grund: So soll auch uns die Annahme dieses Geschenkes erleichtert werden. Es soll der Anschein vermieden werden, es gehe hier um Menschenfresserei, um Kannibalismus. Es soll das kapharnaitische Missverständnis vermieden werden. Christus ist in wahrer, wirklicher Leiblichkeit zugegen, aber in einer gänzlich verborgenen Weise. Er kann wegen seiner geistartigen Daseinsweise in der Hostie nicht wahrgenommen werden. Christus ist wahrhaft leiblich, aber nach dem Wesenskern, nach der Substanz zugegen. Auch der Auferstehungsleib Jesu ist ein wahrer Leib, und doch war er ein verklärter Leib, der durch verschlossene Türen ging. So müssen wir uns auch den Leib des Herrn in der Eucharistie vorstellen. Der Leib Christi ist in der Eucharistie nicht nach Art ausgedehnter Körper, sondern in einer geistförmigen Existenzweise gegenwärtig. Er ist ohne räumliche Ausdehnung, also nach Art des Geistes gegenwärtig. Es fällt uns das Begreifen nicht schwer, wenn wir an den Auferstehungsleib des Herrn denken.

Christus selbst schenkt uns sein Fleisch und sein Blut. Man kann sich seinen Leib nicht nehmen, wie man einen Gegenstand nimmt, man kann ihn nur von ihm entgegennehmen. Letztlich ist es der himmlische Vater selbst, der den Tisch deckt und das verwandelte Brot an seine Kinder verteilt. Wie der Vater seinen Sohn in den Tod des Kreuzes hineingab, so gibt er in der Eucharistie als Speise ihn uns hin, indem er den geopferten Leib und das geopferte Blut seines Sohnes in der Gestalt des Brotes und des Weines gegenwärtig setzt. Die Selbstschenkung des Herrn in der heiligen Kommunion geht über alle uns bekannten Formen der Selbstschenkung hinaus. Er schenkt sich uns in leibhaftiger Wirklichkeit. Er wählte, um die vorbehaltlose Selbstschenkung vollziehen zu können, die äußere Form des Brotes und des Weines, durch deren Vermittlung genießen wir seinen Leib und sein Blut. Diese Selbstschenkung ist Ausdruck der göttlichen Liebe. Hier erreicht die Liebe, was sie sonst immer erreichen möchte, aber nicht erreichen kann, nämlich das völlige Einswerden. Christus schenkt uns nicht seinen toten, sondern seinen lebendigen Leib. Aufgrund des sakramentalen Geschehens: „Dies ist mein Leib …, dies ist mein Blut…“ ist unter der Gestalt des Brotes nur der Leib und unter der Gestalt des Weines nur das Blut gegenwärtig. Aber Christus ist lebendig, deswegen ist infolge der innigen Verbundenheit aller Teile des Leibes des einen Christus der Leib vom Blut durchströmt und ist das Blut vom Leib umgeben. Durch die Konkomitanz, wie die Theologen diese geheimnisvolle Wirklichkeit nennen, durch die innere Verbindung ist in der heiligen Hostie auch das Blut des Herrn enthalten, weil es ein lebendiger Leib ist.

So wird die Hingabe des Leibes Christi tatsächlich die Hingabe seiner selbst. Denn Leib und Blut sind verbunden mit der Gottheit, mit dem LOGOS. Was da gegessen wird, ist nicht eine Sache. Das eucharistische Brot, die eucharistische Nahrung kann man nicht essen wie sonstiges Brot. Die Rede vom Brot ist gefährlich. Man könnte die Gestalten für die Wirklichkeit nehmen, aber die Gestalten verbergen ja nur die Wirklichkeit. „Brot“, sagte mir einmal ein biederer Handwerker, „habe ich auch zuhause.“ Der Kommunizierende nimmt den personhaften Christus auf. Die sich hier vollziehende Einigung mit Christus ist eine personale Begegnung mit Christus von größter Tiefe und Innigkeit. So kann er sagen: „Ich bin das Brot des Lebens“ – Ich! bin das Brot des Lebens. So kann er das Essen seines Fleisches und das Trinken seines Blutes gleichsetzen mit dem Essen seiner selbst: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ In der Kommunion geht Christus wirklich und leibhaftig in den Kommunizierenden ein. Die Begegnung geschieht in der Form des Essens. Das Essen aber erfolgt in der Weise personhafter Begegnung. Das Essen bleibt so bewahrt vor jeder unpersönlichen Verdinglichung. Es bleibt bewahrt vor einer zauberhaften Aneignung höherer Kräfte. Das ist es nicht.

Die Vereinigung mit Christus ist eine zweifache: eine sakramentale und eine mystische. Man empfängt zunächst das Sakrament und genießt es; das ist die äußerlich leibliche Vereinigung. Sie soll sich aber sofort umsetzen in die innerlich mystische, mit der der Empfänger in die an das Sakrament geknüpfte Gnade eintritt. Die zuerst genannte sakramentale Vereinigung, also das Essen der Hostie, hört nach einiger Zeit auf, wenn nämlich die Gestalt verschwindet, dann dauert auch die Gegenwart Christi nicht fort. Aber die mystische Vereinigung dauert fort durch die Gnade, durch die heiligmachende Gnade. Das ist der reale Grund, warum der Gerechte, der Empfänger, aus der Gnade Christi lebt.

Die heilige Kommunion steigert die Verbundenheit und die Ähnlichkeit des Kommunizierenden mit Christus. Er wird weiter in die Herrlichkeit des Herrn hineingezogen. Er wird in neuer Mächtigkeit in seinen Tod und seine Auferstehung hineingenommen. Dadurch gewinnt auch die Beziehung des Kommunizierenden zum Vater im Himmel wie zum Heiligen Geist eine größere Lebendigkeit. Der Vater sieht in dem Kommunizierenden deutlicher die Züge seines Sohnes und umfängt ihn daher mit größerer Liebe. Ähnlich wird der Kommunizierende stärker vom Heiligen Geist erfasst. Er ist die personhafte Innigkeit, in der Christus und der Kommunizierende zueinander stehen. Die Kommunion steigert also die Verbundenheit mit dem dreipersönlichen Gott. Die durch die Kommunion gewirkte Vertiefung der Teilnahme am Leben des dreipersonalen Gottes wird vom Kommunikanten gelegentlich in geistlicher Freude empfunden. Wenn der heilige Pfarrer von Berlin, Lichtenberg, daran dachte, dass er Priester ist und konsekrieren kann, da kamen ihm die Tränen: „Ich kann jetzt den Heiland auf den Altar herabrufen.“ Infolge der Unanschaulichkeit des göttlichen Lebens ist jedoch diese Erfahrung der Freude nicht notwendig mit der Kommunion verbunden. Christus betont die Wirkung der Erhaltung des übernatürlichen Lebens sehr stark. Er sagt: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise. Mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt – der bleibt! – in mir und ich in ihm.“

Die Stärkung der Christusgemeinschaft hat eine Kräftigung der Gemeinschaft der Kommunizierenden untereinander zur Folge. Diejenigen, welche die eucharistische Speise in sich aufnehmen, werden dadurch zu Blutsverwandten Christi, sie werden untereinander Brüder und Schwestern. Die Kommunion vereinigt sie miteinander und vereinigt sie mit der Kirche. Ja, das ist die Kommunion: das Sakrament des mystischen Leibes Christi. Sie ist der Bürge der kirchlichen Einheit. Die hier zusammen den Leib Christi aufnehmen, sind wahrhaft Brüder und Schwestern. Im eucharistischen Mahle verwirklicht die Kirche immer von Neuem ihr Wesen als der Leib Christi. Die Teilnehmer an dem eucharistischen Mahl wachsen dadurch immer stärker zu einem Leibe zusammen. Christus wird nicht durch die vielen Kommunizierenden verteilt, sondern sammelt sie in sich zu einem Leibe. Die Gemeinschaft mit Christus ist Wurzel und Bürgschaft für die Gemeinschaft der Heiligen. Die Kommunion ist nicht nur eine mystische Vereinigung der Einzelseele mit Christus zum Zweck der Selbstheiligung, sie ist auch das gemeinsame Opfermahl derer, die durch Christus in einem Geiste Zugang zum Vater erlangt haben. Aus diesem Zusammenhang sieht man, dass die Kommunion nur jenen gereicht werden kann, nur gereicht werden darf, die sich im mystischen Leibe Christi in voller Kirchengemeinschaft befinden. Kommuniongemeinschaft und Kirchengemeinschaft hängen untrennbar zusammen, auch wenn der Bischof von München, Herr Marx, sie trennen will. An der zentralen Kultfeier der Kirche dürfen nur jene teilnehmen, die zu dieser Kirche als Glieder gehören. Die Teilnahme an der heiligen Kommunion ist Ausdruck der bestehenden Einheit den Kommunizierenden, nicht der zu erlangenden Einheit, sondern der bestehenden Einheit. Die Eucharistiefeier ist das Zentralgeschehen in jeder Ortskirche. Sie verbindet die verschiedenen Ortskirchen zur Einheit der größeren Teilkirche, die vom Bischof geleitet wird, die Teilkirchen vereinigen sich zur Gesamtkirche, die dem Papst als dem sichtbaren Vertreter des unsichtbaren Hauptes der Kirche unterstellt ist. Die Gemeinschaft, die durch die Eucharistie gewirkt wird, drängt zur Auswirkung in der Gemeinschaftsgesinnung, in der Gemeinschaftstat, d.h. in der Nächstenliebe. Die Kommunion stärkt die übernatürliche Liebeskraft und entfacht das Feuer der Liebesglut, die sich im Tun der Liebe auswirkt. Wer Christus aufnimmt, wird von der Bewegung der Liebe erfasst, in der Christus existiert, in der er sich dem Kommunizierenden schenkt. Es ist die dienende, es ist die opfernde Liebe. Wer ihrem Wirken keinen Widerstand entgegensetzt, der betätigt seine Gemeinschaft mit Christus im Dienst an seinen Brüdern und Schwestern.

Die Kommunion ist geistliche Nahrung. Sie bringt das übernatürliche Leben zum Wachsen, dadurch schwächt sie das Ungöttliche und Widergöttliche im Menschen; sie mindert die Neigung zum Bösen; sie stärkt die Widerstandkraft gegen die Sünde; sie nährt die Freude an Gott, den Eifer und die Treue für Christus; sie vernichtet die lässlichen Sünden, indem sie die Liebe und die Liebesreue entzündet und sie bewahrt vor Todsünden; sie drängt alles, was den Menschen von Gott trennt, zurück. Die Eucharistie ist nach dem Konzil von Trient ein Gegenmittel, antidotum, wodurch wir befreit werden von den alltäglichen Fehlern und bewahrt werden vor den Todsünden. Doch Todsünden tilgt die Kommunion nicht; das ist der Irrtum Luthers. Der Protestantismus lehrt, das Abendmahl diene der Vergebung der Sünden; das ist falsch. Das Konzil von Trient hat dagegen formuliert: „Wer sagt, dass entweder die vorzüglichste Frucht der Eucharistie in der Sündenvergebung bestehe oder aus ihr keine anderen Wirkungen entspringen, der sei ausgeschlossen.“ In den Einsetzungsworten ist die Sündenvergebung erwähnt, aber als Frucht des geopferten, nicht als Frucht des genossenen Leibes. Christus sagt nicht: Das ist mein Blut, das von euch genossen wird zur Vergebung der Sünden, sondern das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden.

Die Eucharistie ist endlich Unterpfand des ewigen Lebens in der Vollendung in Gott. „Wer dieses Brot isst, wird ewig leben“, sagt unser Herr und Heiland. Die Eucharistie verleiht nicht bloß ein Anrecht auf die einstige Auferstehung, sie wirkt vielmehr verklärend auf den ganzen, in leibhaftiger Wirklichkeit existierenden Menschen und nährt ihn zur Unverweslichkeit. Sie senkt einen Keim der leiblichen Unsterblichkeit in den Menschen. Die Eucharistie ist hingeordnet auf die himmlische Herrlichkeit. Ja, die eucharistische Mahlgemeinschaft ist die Wurzel der himmlischen Gemeinschaft, in der die vollendeten Menschen mit Christus im Heiligen Geist um den Vater versammelt sind. Vor einiger Zeit wurde ein Matrose schwerkrank. Er empfing die heiligen Sakramente. Nach dem Empfang der heiligen Kommunion wurde er heiter und sagte: „Jetzt bin ich bereit zur großen Überfahrt.“ Als der Priester nach dem Grund seiner Heiterkeit fragte, entgegnete der Matrose: „Jetzt brauch ich mich nicht mehr zu fürchten, denn der Steuermann ist an Bord.“ Dabei zeigt er auf seine Brust, um auf die empfangene heilige Kommunion hinzudeuten. Wer in Todesgefahr den Leib des Herrn empfängt, gleicht einem Manne, der eine Fahrkarte für die letzte Fahrt gelöst hat.

Man hat die Frage gestellt, ob man die Kommunion für andere aufopfern kann. Die Antwort lautet: Die Kommunion ist eine geistliche Speise. Niemand kann für einen anderen essen und niemand kann für einen anderen kommunizieren. Was die Eucharistie als geistliche Nahrung wirkt, kann sie nur im Kommunizierenden wirken. Niemand kann für einen anderen ein Sakrament empfangen. Aber: Nun kann man unter Aufopferung der Kommunion die Bitte verstehen, Gott möge um der beim Empfang des Herrenleibes vollzogenen Akte des Glaubens und der Liebe einem anderen Gnade erweisen, das ist möglich. Gegen eine solche Erklärung kann man keine Einwände erheben. Es wird aber dadurch nicht die Kommunion aufgeopfert, sondern das menschliche Mühen anlässlich der Kommunion. Wenn durch den Empfang des Herrenleibes das göttliche Leben im Kommunizierenden wächst, darf dieser hoffen, dass Gott auch seine Freunde inniger mit sich verbindet. Die Vereinigung des Kommunizierenden mit Christus und Gott ist die primäre und eigentlich sakramentale Wirkung der heiligen Kommunion. Christus wollte, dass dieses Sakrament genossen wird als geistige Speise der Seelen, auf dass dadurch die Lebenden genährt und gestärkt werden durch das Leben dessen, der gesagt hat: „Wer mich isst, der wird leben um meinetwillen.“ Daher lautet auch das Gebet der Kirche bei der Darreichung der heiligen Hostie: „Der Leib unseres Herrn Jesus Christus bewahre deine Seele zum ewigen Leben.“

Amen.

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