Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
21. Januar 2007

Gottes Liebe – Das Sakrament der Vergebung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In die Nacht der Sünde leuchtet das Erbarmen Gottes. Es gibt für den reuigen Sünder eine Befreiung von seiner Schuld. Gott hat dafür gesorgt, dass, wer reumütig zu ihm zurückkehrt, Vergebung empfangen kann. „Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe.“ Sünden vergeben kann allein Gott, denn er ist es der mit der Sünde gekränkt wird, gegen den die Sünde aufsteht, den die Sünde trifft. Aber Gott bedient sich bei der Vergebung der Sünden der Menschen. Er hat seine Vergebungsgewalt in menschliche Hände gelegt, und zwar zuerst in die Hände seines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.

Sie alle kennen die Geschichte, wie Jesus in Kapharnaum in einem Hause weilte, dicht umrundet von den Menschen, die seine Predigt hörten. Da kamen Männer mit einem Gelähmten, wahrscheinlich ein Schlaganfallmann. Sie konnten zu Jesus nicht vordringen, weil die Menge dicht gedrängt um ihn stand. Was taten sie? Sie deckten das Dach ab und ließen ihn von oben aus dem Dache mit Seilen hinab, da an die Stelle, wo Jesus stand. Jesus sah sich den Mann an, und er wusste sofort: Der Mann ist doppelt krank. Er hat nicht nur ein körperliches Leiden, sondern er ist auch krank an seiner Seele. Er hat Sünden auf sich. Deswegen heilt er zuerst die größere Krankheit, die Krankheit der Seele: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ Die Umstehenden waren betroffen; sie waren entsetzt. Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? Er lästert Gott! Jesus aber zeigt, dass er die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben. „Was ist leichter“, sagt er, „zu sagen: Deine Sünden sind dir vergeben oder: Nimm dein Bett und geh nach Hause?“ Nun, zu sagen ist natürlich leichter: Deine Sünden sind dir vergeben. Aber wenn auf das Sagen das Tun folgen soll, wenn das, was gesagt ist, auch geschehen soll, dann ist natürlich das Risiko viel größer, wenn man sagt: Nimm dein Bett und geh nach Hause. Und das eben sagt jetzt der Herr. Er spricht zu dem Gelähmten: „Nimm dein Bett und geh nach Hause!“ Und der Gelähmte steht auf, nimmt sein Bett und geht nach Hause. „Alle waren außer sich vor Staunen“, so heißt es im Evangelium. Alle waren außer sich vor Staunen. Denn durch diese Wunderheilung hatte er bewiesen, dass er im Besitz der Sündenvergebungsgewalt ist.

Jesus ist der Sünder Heiland. Er ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren war. Er nimmt sich der Zöllner und Sünder an. Den Levi beruft er zum Apostel, und bei dem Zachäus kehrt er ein in sein Haus, weil er sich bekehrte. „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes“, so sagt er, „sondern die Kranken.“ Er verzeiht dem Schächer am Kreuze, und er lässt dem Petrus seinen Verrat nach. Mit einem Blick, mit einem Blick, den Petrus nie mehr vergessen hat, trifft ihn der Herr mitten ins Herz, und er geht hinaus und weinet bitterlich. Er verzeiht der Ehebrecherin und der Sünderin, die seine Füße beim Gastmahl mit Öl salbt und sie mit ihren Haaren trocknet. Er vergießt sein Blut zur Vergebung der Sünden und stirbt am Kreuze als der Sünden Heiland. Er befreit uns von aller Ungerechtigkeit.

Diese Sündenvergebungsgewalt hat der Herr seinen Aposteln vermacht. Es war am Tage seiner Auferstehung. Da steht er plötzlich mitten unter ihnen im Abendmahlssaal und gibt ihnen den Frieden. Aber er gibt ihnen nicht nur den Frieden, er gibt ihnen mehr. Er gibt ihnen die Sündenvergebungsgewalt. Er haucht sie an: „Empfanget den Heiligen Geist!“ Denn der ist es, der die Sünden vergibt. „Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen, und welchen ihr sie behalten werdet, denen sind sie behalten.“ Da hat er die Apostel mit der herrlichsten Gewalt, die man sich denken kann, begabt, mit der Gewalt im Namen Gottes und in der Kraft Gottes Sünden nachzulassen. Die Apostel haben diese Gewalt ausgeübt. Wir wissen, dass in Ephesus die Menschen zu Paulus strömten, um von ihren Sünden befreit zu werden. Und auch im Johannesbrief ist die Rede davon. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, dann ist Gott getreu und gerecht. Er vergibt uns unsere Sünden.“

Die Apostel haben diese Gewalt auch ihren Nachfolgern weitergegeben. Von Anfang an hat in der Kirche eine Sündenvergebungsgewalt existiert. Wir wissen aus Briefen des heiligen Augustinus, dass er im Bischofsamte als Vergeber der Sünden tätig war. Er weist einmal den Einwand zurück: „Ich bekenne meine Sünden allein Gott“, sagt ihm einer. „Ja, wie willst du denn das machen“, sagt er, „wenn Jesus gesagt hat: Welchen ihr die Sünden nachlassen werdet, denen sind sie nachgelassen? Da ist doch noch eine Zwischenstufe. Da ist doch noch eine Instanz zwischen dir und Gott.“ Und das sind diejenigen, denen die Sündenvergebungsgewalt übergeben ist.

Das Sakrament der Buße, das Sakrament der Sündenvergebung, ist von Christus eingesetzt. Die Apostel haben es ihren Nachfolgern weitergegeben. Noch heute empfängt jeder Priester bei der Priesterweihe die Gewalt, Sünden nachzulassen. Dass diese Gewalt von Gott kommt, das wird an der Spendeformel des Bußsakramentes deutlich. In der alten Formel hieß es: „Ich spreche dich los von deinen Sünden in der Vollmacht (auctoritate) Gottes. Der Herr spreche dich los durch seine Vollmacht, und ich spreche dich los in seiner Vollmacht.“ In der neuen Formel ist das anders ausgedrückt. Aber auch darin ist enthalten, dass die Vergebung durch Gott geschieht. „Durch den Dienst der Kirche schenke dir Gott Verzeihung und Frieden!“ Die Kirche leistet nur einen Dienst, aber freilich einen unerlässlichen Dienst, einen über alles erhabenen Dienst, einen von Gott übertragenen Dienst. Die Sündenvergebung allerdings kommt von Gott.

Für diejenigen, die nach der Taufe in Sünden fallen, hat Gott das Sakrament der Buße eingesetzt. Es ist nicht von Menschen erfunden. So etwas können Menschen nicht erfinden. So etwas können Menschen anderen nicht auferlegen, das ist ausgeschlossen. Das Sakrament der Buße ist von Christus eingesetzt. Es ist der notwendige und grundsätzlich einzige Weg, um von den Sünden freizukommen.

Ein Sakrament besteht immer aus einem äußeren Zeichen und einer inneren Gnade. Das äußere Zeichen des Bußsakramentes sind die Akte des Pönitenten, also Reue, Beicht, Genugtuung, und die Lossprechung des Priesters. Das Bußgericht ist ein wirkliches Gericht, denn der Priester sitzt, und Sitzen ist ein Zeichen der richterlichen Funktion. Der Priester lässt sich die Sünden anklagen. Nicht ein fremder Mensch klagt einen anderen an, sondern der Sünder selbst klagt sich an. Es gibt also eine echte Anklage im Bußgericht. Er kommt freiwillig. Niemand zwingt ihn, und niemand treibt ihn. Der Priester als Richter glaubt dem Sünder. Wir Priester haben ein Prinzip, und das heißt: „Poenitenti est credendum“ – dem Pönitenten muss man glauben. Es gibt also kein Zeugenverhör, durch das bestätigt wird, was der Sünder bekannt hat. Nein, der Sünder bekennt, und der Priester glaubt ihm. Und wenn er findet, dass sein Bekenntnis vollständig ist, dass seine Reue echt ist, dass er einen ernsten Vorsatz hat, dann endet dieses Gericht mit einem Freispruch. Es ist also ein Gericht der Gnade, anders als in den weltlichen Gerichten. Es ist ein Gericht der Gnade, für das am Ende der Freispruch steht.

Das Bußgericht war von Anfang an als Ohrenbeichte eingerichtet. Das ist ein unschönes Wort. Es wird vor allem von den Protestanten gebraucht, um die Beichte madig zu machen. Aber wir wissen, was damit gemeint ist: Es ist das geheime Bekenntnis der Sünden gemeint. Geheim war das Bekenntnis immer, wenn auch manchmal die Buße öffentlich war. Eine geheime Buße ist zwar die Regel, aber bei besonders schweren Sünden war die Buße öffentlich. Heute ist sie gewöhnlich nicht mehr öffentlich, obwohl man natürlich auch sehen kann, was einer für eine Buße bekommen hat, wenn er beispielsweise den Kreuzweg geht nach der Beichte. Da sieht man, dass er auferlegt bekommen hat, den Kreuzweg zu beten. Von Ambrosius wissen wir, wie er selbst oft Beicht hörte und Tränen vergoß über die Sünden und über die Sünder. Er hatte Trauer über die Sünden, und er hatte Mitleid mit den Sündern.

Wenn das alles in Ordnung befunden wird, dann erteilt der Priester die Lossprechung. Im Namen Gottes spricht er dem Sünder die Vergebung zu. Und das ist die große Wirkung der Lossprechung: Es werden alle Sünden vergeben, alle bereuten Sünden; die schweren und die lässlichen werden vergeben, das übernatürliche Leben der Gnade zieht wieder ein in die Seele. Mit der Sünde wird vergeben die ewige Strafe. Wer nach reuiger Beichte losgesprochen wird, dem ist die ewige Strafe, die Höllenstrafe, mit Sicherheit vergeben. Er hat sie nicht mehr zu fürchten. Es werden auch viele zeitliche Strafen vergeben. Nicht alle, denn die brauchen wir, damit wir gezüchtigt werden, damit wir heilsam gezüchtigt werden. Deswegen werden nicht alle zeitlichen Strafen mit der Lossprechung vergeben. Und schließlich werden mit der Lossprechung Gnaden, helfende Gnaden erteilt, damit wir die Sünde meiden können. Das Bußsakrament schaut eben auch in die Zukunft. Es wird auch dazu gespendet, dass wir künftig die Sünde meiden, dass wir die Gelegenheit zur Sünde meiden. Auf diese Weise ist das Bußsakrament also wahrhaft zukunftsträchtig.

Ach, meine lieben Freunde, könnten die Beichtstühle reden! Wie viele tausend Menschen haben hier den Frieden gefunden, sind hier für den Himmel gerettet worden, haben sich hier die Kraft geholt, die Sünde zu meiden! Ich denke mit großer Dankbarkeit und Freude zurück, als ich im Jahre 1951 anfing, das Priestertum auszuüben in einer Diasporagemeinde in der damaligen DDR (der Deutschen Demokratischen Republik). Was hatten wir da für gute, reuige, büßende Menschen! Ich hatte eine Menge Jugendlicher, die alle vier Wochen treu und redlich ihre Sünden bekannten. Wir Priester waren pausenlos im Beichtstuhl beschäftigt, vor der Messe, während der Messe – wenn der Pfarrer die Messe las, hörte ich Beichte, wenn ich die Messe las, hörte er Beichte. Es war eine Zeit, wie sie heute kaum noch vorstellbar scheint. Denn das Bußsakrament ist zum verlorenen Sakrament geworden! Und das ist vielleicht das Schlimmste an der ganzen nachkonziliaren Katastrophe.

Auch der Mensch muss bei der Buße, beim Bußsakrament, mittun. Gott kommt ihm entgegen, indem er ihm die Verzeihung anbietet. Aber auch der Mensch muss etwas tun, nämlich er muss Reue, Bekenntnis und Genugtuung leisten. Reue ist ein Schmerz der Seele und ein Abscheu vor der Sünde und der Vorsatz, sie künftig nicht mehr zu begehen. Schmerz der Seele über die Sünden, Abscheu vor der Sünde und Vorsatz, künftig nicht mehr zu sündigen. Die Reue muss innerlich und übernatürlich sein. Innerlich, das heißt, man muss im Herzen die Sünden bereuen, man muss im Herzen Schmerz über die Sünden empfinden. „Zerreißt nicht eure Kleider“, sagt der Herr im Alten Testament, „sondern zerreißt eure Herzen!“ Das ist gemeint, wenn wir sagen, die Reue muss innerlich sein; denn Gott schaut auf das Herz. Sie muss aber auch übernatürlich sein. Man kann auch aus natürlichen Gründen die Sünden bereuen, weil man schwach geworden ist, weil man sich an die Tröge der Schweine begeben hat, weil man das eigene Menschentum geschändet hat, weil man sich bloßgestellt hat vor anderen, weil man die Folgen der Sünde spürt. Das ist natürliche Reue. Die ist ja nicht schlecht, aber sie reicht nicht. Wenn die Reue wirksam sein soll, muss sie übernatürlich sein. Sie muss darauf sehen, dass die Sünde Gott tangiert, dass die Sünde gegen Gott aufsteht, und das muss ihr leid tun, das muss ihr Schmerz bereiten. Da unterscheiden wir wieder zwei Arten der Reue. Wir unterscheiden die Furchtreue und die Liebesreue. Die Furchtreue besteht darin, dass wir es bedauern, von Gott zeitlich oder ewig gestraft zu werden. Das ist auch eine echte Reue, denn wir wollen ja schließlich mit Gott in Frieden leben und nicht strafwürdig sein, nicht von ihm gepeinigt werden mit zeitlichen oder gar mit ewigen Strafen. Also die Furchtreue ist nicht wertlos, wie Luther behauptete. Nein, die Furchtreue hat auch ihre Stelle. Aber sie wird weit überboten durch die Liebesreue. Die Liebesreue geht hervor aus der Liebe zu Gott. Weil wir Gott undankbar gewesen sind, weil wir das höchste und liebenswürdigste Gut gekränkt haben, deswegen tut es uns leid. „Dich liebt, o Gott, mein ganzes Herz, und dies ist mir der größte Schmerz, dass ich betrübt dich, höchstes Gut. Ach, wasch mich rein mit deinem Blut!“ Liebesreue, sie geht hervor aus der Liebe, aus der Liebe zu Gott. Wir haben ja das schöne Reuegebet, das wir hoffentlich alle kennen, das wir in der Kindheit gelernt haben, wo Furchtreue und Liebesreue zusammengefaßt sind: „Alle Sünden meines Lebens tun mir leid, weil ich dadurch verdient habe, von dir zeitlich oder ewig gestraft zu werden.“ Das ist die Furchtreue. „Weil ich so undankbar gewesen bin, und weil ich dich, das höchste und liebenswürdigste Gut, dadurch beleidigt habe.“ Das ist die Liebesreue. Die Liebesreue sollen wir nicht nur erwecken, wenn wir zur Beichte gehen, sondern auch jeden Tag. Jeden Tag am Abend, wenn wir Rückschau halten auf das Tagesgeschehen, sollen wir die Liebesreue erwecken. Die Liebesreue ist eine große Kraft, meine lieben Freunde. Wer die Liebesreue erweckt mit dem Verlangen, sobald wie möglich zu beichten, dem werden schon in diesem Augenblick die Sünden vergeben. Die Liebesreue ist ein gewaltiges und herrliches Gottesgeschenk.

Sie kennen alle die geistliche Kommunion. Wenn man nicht zum Altarsakrament hinzutreten kann aus irgendwelchen Gründen, dann erweckt man die Sehnsucht danach. Das ist die geistliche Kommunion. Man möchte Jesus empfangen, man möchte ihm sich schenken, und auf diese Weise empfangen wir in der geistlichen Kommunion die Gaben, die auch in der sakramentalen Kommunion gegeben werden. Ähnlich ist es mit der Liebesreue. Wenn wir nicht zur Beichte gehen können, weil vielleicht kein Priester da ist, dann vermögen wir mit der Liebesreue in den Stand der Gnade zu kommen und empfangen die Wirkungen, die wir sonst vom Bußsakrament empfangen würden. Natürlich bleibt die Pflicht, die Sünden zu bekennen. Es bleibt die Pflicht, das Bußsakrament später zu empfangen; aber die Sünden sind durch die Liebesreue vergeben. Das Sakrament wirkt gewissermaßen voraus, indem es in der Liebesreue die Kraft entfaltet, Sünden zu vergeben.

Die Reue muss dann laut werden im Bekenntnis. Beichten heißt ja bekennen, von bijähen, dem alten deutschen Wort bijähen – bekennen. Die Beichte muss vollständig sein, sie muss aufrichtig sein. Ganz töricht, wenn im Protestantismus behauptet wird, die Priester hätten das Bekenntnis eingeführt. O, meine lieben Freunde, wir sind ja die Erstbetroffenen von der Pflicht zum Bekenntnis der Sünden. Wir gehen ja viel öfter zur Beichte als Ihr. Wir sind gehalten, oft (frequenter) zur Beichte zu gehen, und wir tun es. Also wir sind zuerst betroffen. Aber die Beichte, das Bekenntnis, ist auch deswegen notwendig, weil nur so der Priester feststellen kann, ob er die Sünden nachlassen kann, oder ob er sie behalten muss. Erst das Bekenntnis öffnet ihm den Blick. Nämlich wenn er feststellt, dass jemand keinen Vorsatz hat, dass jemand die Gelegenheit zur Sünde nicht meiden will, kann er nicht lossprechen. Er muss Reue und Vorsatz vorweisen. Das kann man eben nur erkennen, wenn das Bekenntnis erfolgt. Also das Bekenntnis ist von Christus einschlußweise eingesetzt, als er den Priestern die Vollmacht gab, Sünden zu vergeben.

Es muss noch ein Letztes geleistet werden vom Sünder, vom Büßer, nämlich die Genugtuung. Einmal hat mich ein Herr gefragt: „Ja, warum muss ich jetzt noch eine Genugtuung leisten? Hat nicht Christus die Genugtuung geleistet?“ Ja selbstverständlich. Er hat eine überfließende Genugtuung geleistet. Aber wir müssen an dieser Genugtuung Anteil gewinnen. Wir müssen mit dieser Genugtuung uns vereinigen, und das geschieht eben dadurch, dass wir eine Buße auf uns nehmen. Eine Buße. O, dazu, meine Freunde, wäre viel zu sagen. Denn die leichten Gebetsbußen, die seit Jahrzehnten üblich sind, sind eigentlich dem Ernst des Bußgeschehens, dem Ernst des Bußgerichtes nicht angemessen.

Wir haben als angehende Priester das Prinzip gelernt: Leichte Buße für leichte Sünden, schwere Buße für schwere Sünden. Das ist richtig. Das habe ich jahrzehntelang meinen Priesterkandidaten vorgetragen. Leichte Buße für leichte Sünden, schwere Buße für schwere Sünden. Es gibt eine gewisse Entschuldigung für die heute auferlegten leichten Bußen, nämlich den Leuten fällt alles schwer. Ihnen fällt schon schwer, wenn man sagt. sie sollen einen Rosenkranz beten. Mich fragte mal jemand im Beichtstuhl: „Einen ganzen?“ Ja, allerdings einen ganzen. Man kann auch mehrere Rosenkränze zu beten auferlegen. Nein, meine lieben Freunde, wir wollen das Bußsakrament nicht zum Gespötte machen, und deswegen ist es angebracht, im Bußsakrament etwas aufzugeben, was tatsächlich dem Büßer schwerfällt. Leichte Buße für leichte Sünden, schwere Buße für schwere Sünden.

Das, meine lieben Freunde, ist das Bußsakrament, über dem das große Wort steht: Gott ist die Liebe. Ich habe einmal einen Beichtstuhl gesehen, über dem zwei Engel angebracht waren, ein Engel, der weinte, ein anderer Engel, der sich freute. So ist es, wenn man das Bußsakrament richtig verwaltet und richtig empfängt. Man geht hinein, weinend und klagend über die eigene Schuld, und man kommt heraus, erlöst und befreit von der Schuld. Gottes Weisheit und Gottes Liebe hat über unsere Schuld gesiegt.

„Komm, Sünder, komm, ich wart auf dich mit ausgestreckten Händen. Mit dir will ich versöhnen mich. Tu deine Bosheit enden.“

Amen.

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