Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Argumente der Ungläubigen (Teil 6)

29. Februar 2004

Die schlimmen Folgen der Gottlosigkeit

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Nicht ein förmlicher Beweis für die Existenz Gottes, aber ein eindrucksvoller Hinweis auf seine Existenz ist die Tatsache, daß die Verweigerung der Hingabe an Gott und der Unterwerfung unter Gott den Menschen und die Erde zerstören. Wer Gott nicht anbetet, der verfällt der Herrschaft des Satans. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Entweder man gehört zu Gott, oder man gehört zum Teufel. Das Evangelium des heutigen Sonntags hat diese Alternative ganz klar aufgewiesen. Der Mensch kommt von Gott und geht zu Gott. Er ist von Gott geschaffen, und er ist für Gott bestimmt. Wenn der Mensch ohne Gott leben will, obwohl er doch für Gott sein soll, dann lebt er in einem tiefen Zwiespalt. Der Mensch, der seine Gottgehörigkeit vergißt, ist ein zerspaltener, ist ein zerrissener, ist ein mit sich selbst im Unfrieden lebender Mensch.

Er lebt in einem Seinswiderspruch. Sein Wesen ruft ihm zu, daß er zu Gott gehört, und sein Wille weigert sich, diese Gottgehörigkeit zur Kenntnis zu nehmen. Er kommt deswegen nicht zur Erfüllung, sondern muß in ewiger Unerfülltheit leben; denn Erfüllung gibt es nur, wenn der Mensch seine Gottgehörigkeit annimmt und ihr entsprechend lebt, wenn sein Wille mit seinem Wesen übereinstimmt.

Der Mensch, der in Unglauben verfällt, wird auch orientierungslos. Er hat keine Macht mehr, die ihm gebietet, er hat kein Ziel mehr, an das er sich halten könnte. Wenn er Gott verliert, verliert er die Aussicht auf die Berge, nach denen er Ausschau halten soll. Der gottlose Mensch ist der orientierungslose Mensch; es gibt dann keinen höchsten Gesetzgeber mehr. Im Buche „Die Brüder Karamasow“ von Dostojewski läßt der Dichter den Iwan sprechen: „Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt.“ Tatsächlich, so ist es. Denn wenn es keinen Gott gibt, gibt es kein unverbrüchliches Sittengesetz mehr. Wenn es keinen Gott gibt, dann entscheidet eben der Nutzen oder der Erfolg, aber nicht mehr das Gesetz Gottes über gut und böse. Wenn es keinen Gott gibt, dann versteht der Mensch sich selbst nicht und die Welt nicht, dann verfällt er der Selbstsucht, der Lüge und dem Hass; er wird wahrhaft orientierungslos. Dann entscheidet die Mehrheit, die Mehrheit in allen Fällen und die Mehrheit in allen Sachen. Das ist es ja, meine lieben Freunde, was die große Gefahr der parlamentarischen Demokratie bedeutet: Die Mehrheit hat immer recht, auch wenn sie gegen Gottes Willen steht. Das ist die große und nicht abzuändernde Gefahr der parlamentarischen Demokratie: Mehrheiten entscheiden, nicht die Wahrheit.

Wer den Gottesglauben aufgibt, der verliert die Orientierung. Niemand hat das hellsichtiger gesehen als der Philosoph Friedrich Nietzsche. „Wohin ist Gott? Wir haben ihn getötet. Wir alle sind seine Mörder. Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir die Erde von ihrer Sonne losketteten! Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen. Stürzen wir nicht fortwährend und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Gott ist tot, und wir haben ihn getötet.“

Mit dieser Parole vom Tode Gottes ist natürlich nicht gemeint, daß der Mensch das göttliche Wesen umbringen könnte, sondern er kann allein den Gottesglauben in den Herzen der Menschen töten. Das vollbringt er, dazu ist er fähig. Und diese Tat hat ihre Auswirkungen in der Orientierungslosigkeit des Menschen.

Eine weitere Auswirkung ist die Einsamkeit und die Heimatlosigkeit des Gottlosen. Der Mensch hat niemanden mehr, dem er seine geheimsten Gedanken anvertrauen kann. Der Mensch, der Gott aufgegeben hat, ist mit seinen Zweifeln und mit seinen Verzweiflungen allein. Er hat kein Du mehr, das sein Wesen kennt und dem er sich bedingungslos überlassen kann. Nietzsche hat die Heimatlosigkeit des gottlosen Menschen so geschildert: „Die Krähen schrei‘n und ziehen schwirren Flugs zur Stadt. Bald wird es schnei’n. Wohl dem, der jetzt noch eine Heimat hat. Nun stehst du starr, schaust rückwärts ach, wie lange schon. Was bist du Narr vor Winters in die Welt gefloh’n? Die Welt, ein Tor zu tausend Wüsten, stumm und kalt; wer das verlor, was du verlorst, macht nirgends halt. Nun stehst du bleich, zur Winterwanderschaft verflucht, dem Rauche gleich, der stets nach kälter’n Himmeln sucht. Flieg, Vogel, schnarr dein Lied im Wüstenvogelton. Versteck, du Narr, dein blutend‘ Herz in Eis und Hohn! Die Krähen schrei’n und ziehen schwirren Flugs zur Stadt. Bald wird es schnei’n. Weh dem, der keine Heimat hat!“

Orientierungslosigkeit und Heimatlosigkeit sind die Folge des Unglaubens, des Gottverlustes. Schließlich endet ein solcher Mensch in der Sinnlosigkeit. Er wird zum Nihilisten. Er kann versuchen, in der sinnlos gewordenen Welt einen vorläufigen Sinn zu schaffen. Er kann sich einen Teil der Wirklichkeit ausschneiden und versuchen, damit zurechtzukommen. Und das tun ja viele Menschen, die den Glauben verloren haben, die leben, als ob es keinen Gott gäbe. Sie schneiden sich einen dürftigen Teil der irdischen Schätze aus. Und wenn es nicht mehr weitergeht, dann greift man zur Pistole oder zu den Tabletten und bringt sich um. Die Gottlosigkeit führt zur Sinnlosigkeit, und die Sinnlosigkeit macht sich bemerkbar in der Angst, in der Angst, die den Menschen umkrallt. Wie von Furien gepeitscht ist der Gottlose und findet keine Ruhe, und wenn er die Angst abzuschütteln versucht, dann wirkt sie weiter in der Neurose. Nicht umsonst ist die Zahl der Menschen, die heute zu Nervenärzten flüchten, so hoch, weil der Gottverlust auch den Selbstverlust nach sich zieht.

Die Gottlosigkeit führt zur Selbstzerstörung des Menschen. Der Mensch zerstört aber nicht nur sich selbst, er zerstört auch die Welt, er zerstört auch die Erde, und zwar zuerst die Gesellschaft und dann die übrige Erde. Er zerstört die Gesellschaft, weil die Gottlosigkeit den Menschen seiner Bürgschaft beraubt. Wenn der Mensch nicht von Gott kommt, dann ist er eine sinnlose Leidenschaft oder ein hochgezüchtetes Raubtier. Dann ist er eine Art von Raubaffen, und Raubaffen behandelt man eben wie Affen. Man kann mit ihnen tun, was man will. Wenn der Mensch nicht von Gott verbürgt wird, dann gibt es keine Menschenwürde mehr, die unantastbar ist. Der Mensch wird zum Raubtier.

Die menschlichen Raubtiere werden zu Untermenschen. Sie entfesseln den Krieg aller gegen alle. Und dieser innere Kampf ruft den Diktator, der die Raubtiere bändigen soll. Die Diktatur wiederum ruft nach dem Revolutionär, der das Joch abschütteln will. Und so wächst das Unheil unabsehbar heran. Kein anderer als Papst Leo XIII. hat schon im 19. Jahrhundert diese Entwicklung vorausgesehen, als er einmal schrieb: „Sobald dem Menschen die Hoffnung und Aussicht auf unvergängliche Güter genommen ist, stürzt er sich gierig auf die irdischen Güter, und von diesen sucht ein jeder, so viel er vermag, an sich zureißen. Daher Eifersucht, Mißgunst, Hass, dann schändliche Pläne, Revolutionsgelüste, wahnsinnige Umsturzideen überall. Kein Frieden draußen, keine Ruhe drinnen, das gesellschaftliche Leben verwüstet durch Verbrechen.“

Wir erleben es ja in der Gegenwart, wie es in unserer Gesellschaft immer schlimmer wird. Der Staat macht ohnmächtige Versuche, das Chaos zu bannen – sie gelingen nicht. Der jüngste Versuch besteht darin, den Jugendlichen den Genuß von alkoholischen Getränken abzugewöhnen, indem man sie verteuert. Ja, meine lieben Freunde, das ist ja eine ganz äußere und äußerliche Maßnahme. Die Jugendlichen müssen Tugenden entwickeln, kraft derer sie sich alkoholische Getränke versagen. Sie müssen sich dazu erziehen, daß sie das Gift erkennen, das in diesen Getränken verborgen ist. Nicht mit Preiserhöhungen schafft man bessere Verhältnisse, sondern indem man die Menschen ändert, indem man sie erzieht, sich selbst zu erziehen, indem man sie bewegt, Tugenden zu schaffen, Fertigkeiten im Guten zu lernen.

In Frankreich gab es im vorigen Jahrhundert einen Ministerpräsidenten, der unter dem Namen „der Tiger“ in die Geschichte eingegangen ist. Es war Clemenceau. Clemenceau war ein radikaler Atheist. In seinem ganzen Leben hat er die Religion bekämpft, die Kirche unterdrückt und die Gläubigen verspottet. Aber als er ans Sterben kam, da hat Clemenceau ein Schreiben an seinen Freund Hervé gerichtet, und in diesem Schreiben heißt es: „Ich verlasse die Welt. Sie wissen, daß ich mein Leben lang über die Religion gespottet habe, und das gleiche tut meine ganze republikanische Zeitgenossenschaft. Ich bin jetzt sicher, daß es unmöglich ist, eine Gesellschaftsordnung auf dem Unglauben aufzubauen. Wäre ich früher zu dieser Einsicht gekommen, würde ich sie ohne Furcht vor Spott vertreten haben. Ich ermächtige Sie, mein Vermächtnis öffentlich bekannt zu machen zur Lehre der jungen Generation.“ Der Unglaube zerstört die Gesellschaft.

Er zerstört auch die Erde; denn der Unglaube weckt die schlechten Triebe und Neigungen im Menschen auf oder verstärkt sie. Er erzeugt im Menschen die Haltungen der Selbstsucht, des Hasses und der Gier. Und diese Haltungen zerstören die Erde. Weil der Ungläubige die Erde nicht mehr in Gott gegründet sein läßt, nimmt er ihr auch ihre Würde, daß sie nämlich von Gott kommt. Weil er sich die Welt nicht von Gott erklären läßt, versteht er die Welt nicht. Nur wer sich die Erde von Gott erklären läßt, versteht die Erde. Ein typisches Beispiel für diese Haltung ist die Partei der Grünen. Sie möchten an jeden Froschteich einen Wächter stellen und treten für erneuerbare Energien ein. Nichts dagegen! Sie sorgen sich um aussterbene Arten. Nichts dagegen! Sie sind für Umweltschutz. Nichts dagegen! Aber das Entscheidende, das lassen sie beiseite: sie lassen den Menschen vor die Hunde gehen. Sie haben nichts dagegen, daß Kinder im Mutterleib zerstückelt werden. Sie haben nichts dagegen, daß die sexuelle Perversion zur rechtlich geordneten Gemeinschaft gemacht wird. Sie haben nichts dagegen, daß Deutschland überfremdet wird von Menschen, die in unsere Kultur überhaupt nicht passen. Sie haben die Orientierung verloren, weil sie Gott verloren haben.

Die Gottlosigkeit entfesselt im Menschen die Instinkte der Zerstörung. Der Mensch findet, wenn diese Zerstörung fortschreitet, auf Erden nicht mehr, was er braucht zum Essen, zum Kleiden und zum Wohnen. Die Zerstörung der Erde ist ein irreversibler, nicht umzukehrender Prozeß, und der Gläubige weiß, warum es so kommt. Wo Gott nicht herrscht, da herrscht der Satan, und der Satan ist der Zerstörer der Welt.

Heute, meine lieben Freunde, am ersten Fastensonntag, wo wir vom Kampfe des Herrn gegen den Satan gehört haben, wollen wir unsere Entschlossenheit erneuern, mit Gott zu leben und mit Gott zu wirken; denn wir wissen, daß das eintrifft, was der Prophet Jeremias einmal seinem Volk gepredigt hat: „Alle, die dich verlassen, o Gott, werden zuschanden. Die von dir abfallen, werden in den Staub geschrieben, weil sie den Herrn, die Quelle lebendigen Wassers, verlassen haben.“

Amen.

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