Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Ehe und Familie (Teil 9)

12. März 1995

Über Einwendungen gegen die kirchliche Ehelehre

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Man hat das 20. Jahrhundert das Jahrhundert des Kindes genannt. Aber diese Bezeichnung darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Einstellung zum Kind bei den Zeitgenossen sehr verschieden ist. Von der hellen Freude am Kind über das bewußte Ja und den klaren Willen zum Kind gibt es auch die bloß gnädige Duldung des Kindes und die eisige Ablehnung des Kindes. In diese Gesinnung und Haltung hinein trifft die Verkündigung der Kirche, die immer das Kind als die schönste Frucht der Ehe bezeichnet hat und die die Eltern ermahnt und bittet, nach ihren Möglichkeiten einer zahlreichen Kinderschar das Leben zu geben.

Aber es gibt Einwände gegen diese Verkündigung der Kirche, und wir wollen uns ihnen stellen. Wir wollen alle Bedenken, die gegen die Lehre der Kirche und ihre Weisungen vorgebracht werden, uns vorführen und auf ihre Echtheit und Berechtigung prüfen.

An erster Stelle kann man heute hören: „Man wird ja ausgelacht, wenn man viele Kinder hat.“ Das stimmt; man wird ausgelacht. Ausgelacht zu werden ist immer das Los derer gewesen, die sich an Gottes Willen gehalten haben. Es ist das ein Lachen der Dummheit, der Verlegenheit und des Neides. Ein Lachen der Dummheit, weil es Menschen gibt, die nicht begreifen wollen, daß man den Himmel über die Erde stellt, daß man Gott den Vorzug vor den Menschen gibt; ein Lachen der Verlegenheit, weil man selber ein schlechtes Gewissen hat, weil man selber mit Schuld an sein eigenes Verhalten denken muß; und ein Lachen des Neides, weil man eben sieht, wie glücklich viele Familien sind, in denen eine Kinderschar das Haus belebt und den Eltern – das sei doch auch gesagt – Freude macht und ihnen wahrhaft das Leben erfüllt. Wer gegen den Strom schwimmt, muß immer damit rechnen, ausgelacht zu werden, ja, er muß gefaßt sein, Nachteile und Verfolgung zu erleiden. Aber das darf einen Diener Christi und Nachfolger Jesu nicht anfechten.

„Die Zeiten sind unsicher, die Zukunft ist dunkel.“ Richtig, aber die Zeiten sind immer unsicher, und die Zukunft ist immer dunkel. Wenn frühere Generationen die Unsicherheit und Dunkelheit zum Anlaß genommen hätten, sich dem Schöpfungsbefehl Gottes zu verweigern, dann wäre die Menschheit längst ausgestorben. Auch im vorigen Jahrhundert war die Zukunft dunkel und waren die Zeiten unsicher. Preußen hat in sechs Jahren drei Kriege geführt! Und was soll ich sagen zu den Pestepidemien, die im Mittelalter ganze Landstriche ausgerottet haben? Aber die Menschen haben diese Erscheinungen nicht zum Anlaß genommen, sich gegen den Willen Gottes zur Kinderfeindlichkeit zu entschließen. Die Zukunft ist ja auch die Zukunft Gottes, und die Kinder, die von braven Eltern in das Licht dieses Lebens geführt werden, gestalten ja zu ihrem Teil die Zukunft mit.

„Wir wollen nicht Kinder für einen dritten Weltkrieg erziehen.“ Richtig, deswegen Kampf dem Kriege! Wenn wir brave Eltern und brave Kinder haben, friedliebende Eltern und friedliebende Kinder, dann ist, soweit das in unserer Macht steht, der Gefahr eines neuen Krieges weitgehend vorgebeugt. Kriege werden nicht von gottesliebenden Eltern und von in der Furcht Gottes erzogenen Kindern gemacht, sondern von Bösewichtern; und Bösewichter sind immer in jedem Volk und zu jeder Zeit möglich. Das kann kein Einwand dagegen sein, dem Schöpfungsbefehl Gottes nachzukommen.

„Kinder bringen Ärger, Aufregung, Unruhe, Lärm.“ Natürlich, selbstverständlich. Aber die Stille, die aus der Kinderlosigkeit folgt, ist eine Todesstille. Der Lärm und die Unruhe und die Ungelegenheiten, die Kinder bereiten, müssen sein; sie sind Zeichen ihrer Lebendigkeit, und die müssen wir ertragen. Die Beschwerden, die mit Kindern verbunden sind, sind die uns von Gott gestellte Aufgabe. Sie haben wir zu tragen, und sie haben wir zu bewältigen. In der Nachfolge Christi ist denen, die nur an ihr Behagen denken und an ihre Bequemlichkeit, etwas ins Stammbuch geschrieben, da heißt es: „Jesus hat jetzt viele Jünger, die im himmlischen Reiche gern mit ihm herrschen möchten, aber wenige, die sein Kreuz auf Erden tragen wollen; viele, die seinen Trost begehren, aber wenige, die in der Trübsal bei ihm aushalten wollen; viele, die mit ihm essen und trinken möchten, aber wenige, die mit ihm fasten wollen. Alle möchten mit ihm Freude haben, aber wenige wollen mit ihm leiden.“ Wahrhaftig, diese vor fünfhundert Jahren geschriebenen Sätze haben ihre Geltung bis heute behalten.

„Kinder bringen Sorgen und sind ein Risiko.“ Das stimmt, aber es sind gottgewollte Sorgen, es sind liebe Sorgen. Es sind die Sorgen, die unseren Lebensinhalt ausmachen. Diese Sorgen sind unsere Ehre, und sie sind die Erfüllung unseres Lebens. Risiken, meine lieben Freunde, lassen sich im Leben niemals ausschalten. Auch ein einziges Kind kann eine Sorge sein, manchmal eine größere als fünf Kinder. Und auch die Kinderlosigkeit kann eine Sorge sein. Das Risiko wird uns nicht abgenommen. Auch das Einzelkind ist ein Risiko, und die Kinderlosigkeit ist ein Risiko. In diesem Leben muß man etwas wagen; wir sind dafür mit Verstand und Willen von Gott ausgerüstet, daß wir Wagnisse eingehen. Außerdem haben wir einen, der mitsorgt, wir haben den Vater im Himmel, der unsere Sorgen teilt, der unsere Sorgen sieht und der uns in unseren Sorgen zur Seite steht.

„Man hat keinen Dank von den Kindern.“ Das kommt vor. Es gibt undankbare Kinder, aber es gibt auch viele dankbare Kinder. Und wenn der Dank auf Erden ausbleibt, dann wird er uns im Himmel gegeben. Außerdem, wenn eigene Kinder undankbar sind, so erfahren wir doch den Dank von den Kindern anderer. Die Kinder jener Eltern, die uns im Alter mit ihrer Arbeit unterhalten, statten den Dank ab, den unsere eigenen Kinder uns verweigert haben.

„Wer nimmt sich schon einer kinderreichen Familie an?“ Nun, ganz ist es ja nicht so, daß eine kinderreiche Familie heute schutzlos und hilflos ist. Es ist schon in den dreißiger Jahren viel geschehen. Ich will Ihnen ein Beispiel erzählen: Als ich in die Schule ging, ans Gymnasium, da mußten die Eltern für jedes Kind 20 Mark Schulgeld bezahlen; in jedem Monat 20 Mark Schulgeld, das war sehr viel. Aber das Schulgeld sank nach der Kinderzahl. Für jedes Kind wurden 2 Mark Nachlaß gewährt. Wer zehn Kinder hatte, brauchte überhaupt kein Schulgeld zu bezahlen. Und außerdem gab es Freistellen. Seit dieser Zeit ist doch noch viel mehr geschehen. Adenauer hat einen eigenen Familienminister geschaffen, der sich der Familien annehmen soll, vor allen Dingen und zuerst der kinderreichen Familien. Wir haben Erziehungsurlaub, wir haben Kindergeld. Es ist noch nicht genug geschehen, gar keine Frage, und wir haben soeben die Klagen des Familienbundes gehört, daß die neuere Steuergesetzgebung noch nicht den Anforderungen entspricht, die an sie gestellt werden müssen. Aber niemand kann sagen, es geschieht nichts.

„Man bekommt keine Wohnung, wenn man mit vielen Kindern anrückt.“ Das trifft leider in vielen Fällen zu. Es gibt hartherzige Vermieter, die keine kinderreichen Familien in ihren Häusern haben wollen. Es gibt Mieter, die sich über den Lärm beklagen, den Kinder nun einmal unvermeidlich machen. Und der Wohnungsbau ist immer noch nicht so gesetzlich gestützt, daß erschwingliche Wohnungen für kinderreiche Familien geschaffen werden. Allerdings muß man dazu sagen, meine lieben Freunde, der Wohnraum allein macht es nicht. Es gibt viele Eltern und es gibt viele Ehegatten, die reichlich Wohnraum haben, die über ein ganzes Haus verfügen, was sie aber nicht veranlaßt hat, einer größeren Kinderschar das Leben zu schenken. Wer die Bereitschaft und den Willen zum Kind nicht hat, dem wird auch mit einer großen Wohnung dazu nicht verholfen werden.

„Die Kinder machen der Mutter zu schaffen; sie rauben ihr die Gesundheit.“ So allgemein kann man das nicht sagen. Ich habe am vorigen Sonntag einen Arzt zitiert, der das Wort gesprochen hat: „Die Frauen werden nicht krank an den Kindern, die sie haben, sondern an denen, die sie nicht haben.“ Selbstverständlich zehren Kinder an der Mutter. Die Mutter ist ja doch diejenige, die sich wahrhaftig für die Kinder hingibt, und deswegen kann die Mutterschaft überhaupt nicht hoch genug gestellt werden. Mehr Achtung, mehr Ehrfurcht vor der Mutter, mehr Hilfe für die Mutter, das muß unsere Parole sein, aber eines darf mit Sicherheit gesagt werden: Wegen der Beschwerden, die mit der Mutterschaft verbunden sind, darf nicht auf Kinder verzichtet werden. Das sind die Beschwerden, durch die sich die Mutter den Himmel verdient; das sind die Beschwerden, die von Gott gewollt sind und die sie auf sich nehmen muß. An uns ist es, alles zu tun, um ihr diese Beschwerden abzunehmen oder zu erleichtern.

„Meine Frau ist krank und darf keine Kinder haben.“ Sehr wohl, wenn es wirklich so ist, dann darf diese Ehe auf eigene Kinder verzichten. Es ist aber dazu zweierlei zu bemerken:

1. Schon oft hat ein Arzt gesagt: „Sie dürfen kein Kind mehr haben“, und dann hat die Mutter doch noch ein Kind oder mehrere Kinder gehabt, und sie sind alle gesund zur Welt gekommen. Es trifft nicht immer zu, was Ärzte sagen.

2. Wenn man auf eigene Kinder verzichtet, dann auf dem rechten Wege, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde.

„Lieber wenige, tüchtige und gesunde Kinder als viele.“ Meine lieben Freunde, die Tüchtigkeit von Kindern hängt nicht an ihrer Zahl. Das siebente Kind kann tüchtiger sein als das erste oder als das zweite. Und was die Gesundheit der Kinder betrifft, hängt sie ab von der Gesundheit der Eltern und von der gesunden Erziehung. Wenn freilich in der Zeit der Schwangerschaft die Mutter sich in Zigarettenrauch einhüllt und mit Alkohol begießt, dann ist große Gefahr für das Kind, aber nicht wegen der Mutterschaft, sondern wegen der Mißbräuche, die in der Mutterschaft vorgekommen sind.

Die Kirche hat niemals einem hemmungslosen Zeugen das Wort geredet. Sie hat stets, wenn auch in anderen Wendungen, das Wort und die Sache von der verantworteten Elternschaft praktiziert. Was ist damit gemeint? Eltern müssen jede ihrer Handlungen vor Gott verantworten. Sie müssen immer ihr Gewissen nach Gottes Willen ausrichten. Wenn sie ein Kind zeugen, tun sie es, und wenn sie es nicht zeugen, tun sie es ebenso. Wenn schwerwiegende Gründe vorhanden sind, daß Eltern keine oder keine weiteren Kinder haben wollen, dann dürfen sie, wenn sie das vor Gott verantworten können, aus den rechten Beweggründen und auf den rechten Wegen dieses Ziel zu erreichen suchen.

Welches sind die rechten Beweggründe? Es darf nicht Selbstsucht sein, es darf nicht Eigennutz sein, es darf nicht Bequemlichkeit sein, sondern etwa die Rücksicht auf den unerbittlich harten Lebenskampf, die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Gesundheit der Mutter; das sind berechtigte Beweggründe, um Abstand zu nehmen, einer größeren Kinderschar das Leben zu schenken. Die Wege dazu sind von Gott vorgezeichnet. Wer berechtigt ist, auf die Zeugung weiterer Kinder zu verzichten, der darf die eheliche Einung in den Zeiten vornehmen, in denen mit Gewißheit eine Empfängnis nicht verwirklicht wird. Es ist den so beratenen Gatten unbenommen, die empfängnisfreien Zeiten zu benutzen, um sich die eheliche Liebe in der Weise des ehelichen Verkehrs zu bezeugen. Das ist aber etwas ganz anderes als künstliche Empfängnisverhütung, denn hier wird das benutzt, was die Natur bereitgestellt hat, was also der Schöpfer der Natur bejaht hat, während bei der künstlichen Empfängnisverhütung der Mensch in Prozesse eingreift, die nicht seiner Steuerung unterstehen. Vor allem, weil bei der Verwendung der empfängnisfreien Zeiten die Tugend der Enthaltsamkeit vorhanden ist. Man muß dann eben nicht nach Lust und Laune sich miteinander zusammentun, sondern nach Überlegung und in heiliger, beherrschter Liebe.

Es gibt heute Leute, meine lieben Freunde, die sagen: „Ja, man soll die Basis befragen.“ Die Basis soll man befragen, wie es um die Empfängnisverhütung steht. Die Basis! Wenn man zur Zeit des Moses die Basis befragt hätte, dann hätte das Volk nicht die Zehn Gebote angenommen, sondern das goldene Kalb beibehalten. Was heute seit Jahrzehnten in die Basis hineingerufen wird von irregeleiteten Theologen und allzu schweigsamen Bischöfen, das kann man natürlich herausfragen; aber das ist nicht der Wille Gottes, das ist auch nicht der Glaubenssinn des Volkes Gottes, sondern das sind die irrigen Aufstellungen derer, die den Sinn Christi verloren haben.

Ich mache auch darauf aufmerksam, daß es jedermann unbenommen ist, ehelos zu bleiben. Es ist in der vergangenen Zeit, seit den letzten dreißig Jahren etwa, zu wenig darüber gesagt worden, wie angenehm vor Gott derjenige ist, der um Gottes Willen auf Ehe und Familie verzichtet, um dadurch anderen, eben Ehen und Familien, zu dienen und zu helfen. Als ich 1960 nach Mainz kam, meine lieben Freunde, da waren in den Universitätskliniken die Barmherzigen Schwestern, die die Kranken pflegten. Heute ist nicht eine einzige mehr in diesen Kliniken zu finden. Das ist die Folge davon, daß man dem hemmungslosen Ausleben auch der Sexualität das Wort geredet hat, daß man die Verkündigung von der gottgewollten Jungfräulichkeit unterschlagen hat, daß man den Menschen nicht mehr gesagt hat: Ihr könnt euch erfüllen und vollenden, wenn ihr euch im ehelosen Leben an Gott hingebt.

Lassen Sie sich, meine lieben Freunde, nicht irremachen! Halten Sie sich an die Lehre der Kirche! Es ist nicht die Meinung von Menschen, es ist die Lehre Gottes. Und die Kirche, die diese Lehre verkündet, hat eine schwere Aufgabe. Es sind schwere Gebote, aber schwere Gebote werden nicht dadurch ungültig, daß ihre Erfüllung mit Anstrengung verbunden ist. Eine Verpflichtung hört nicht auf, verbindlich zu sein, wenn ihre Erfüllung beschwerlich ist. Halten wir fest an der Wahrheit! Das ist unser Stolz, unser Glück und unser endlicher Sieg.

Amen.

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