Die Wahrheit verkündigen,
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Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
10. Oktober 2021

Die heilige Hedwig, Herzogin von Schlesien

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir begehen in dieser Woche das Fest der heiligen Hedwig von Schlesien. Sie war die Tochter des Grafen Berthold IV. von Andechs-Meran. Die Andechser waren ein Geschlecht hohen Adels und das mächtigste und besitzreichste im süddeutsch-bayerischen Raum. Hedwig ist zwischen 1174 und 1178 wohl in Andechs geboren. Zwei ihrer Schwestern wurden hoch erhoben, aber auch tief hinabgestürzt. Ihre Schwester Agnes war in ungültiger Ehe mit König Philipp II. Augst von Frankreich verheiratet. Der Papst erzwang die Trennung der beiden. Sie starb 1201, von Gram verzehrt. Ihre Schwester Gertrud war vermählt mit König Andreas II. von Ungarn. Der ungarische Adel hasste die Deutsche und ließ sie 1213 ermorden. Die jüngste Schwester Hedwigs Mechthild wurde 1215 Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Kitzingen. Sie starb 1254 als letzte der Andechser Geschwister. Im Alter von fünf Jahren übergaben Hedwigs Eltern das Kind der Benediktinerinnenabtei Kitzigen zur Erziehung. Die etwa sieben Jahre an diesem Ort haben Hedwig entscheidend in benediktinischer Frömmigkeit geprägt. Sie erwarb die Bildung, die damals Mädchen aus hohem Hause vermittelt wurde. Dazu gehörte die Kenntnis der lateinischen Sprache. Ihre Kitzinger Lehrerin Petrissa wurde später die erste Äbtissin des schlesischen Klosters Trebnitz.

Hedwig wurde sehr früh durch ihre Eltern aus Gründen der Familienpolitik mit dem schlesischen Piastenprinzen Heinrich, einem Sohn des ihnen bekannten Herzogs Boleslaus I., verheiratet. Sie war 12 Jahre alt. In diesem Alter kam sie als Frau Heinrichs I. an den Hof ihres Schwiegervaters Boleslaus I. Ihr Gatte Heinrich hatte eine deutsche Mutter, auch seine Großmutter (Agnes von Österreich) war eine Deutsche. Eine Verständigung Hedwigs mit ihrem Schwiegervater Boleslaus I., der siebzehn Jahre in Deutschland zugebracht hatte, wie mit ihrem Gatten Heinrich war demnach möglich. Boleslaus I. starb 1201. Nun war der Weg zur Nachfolge für den Gatten Hedwigs, Heinrich I., im Herzogtum Schlesien frei. Heinrich I. war der beste Herzog, den Schlesien je besessen hat. Er war bedacht auf die wirtschaftliche Erschließung seines Landes, zog deutsche Siedler heran, führte deutsches Recht ein. Er konnte Land dazugewinnen und nannte sich deshalb „Herzog von Krakau, Schlesien und Polen“. Hedwig hatte sieben Kinder. Sechs von ihnen starben vor der Mutter. Ihre Tochter Gertrud war das einzige Kind, das den Tod der Mutter überlebte und Zeugin ihrer Heiligsprechung wurde. Sie war Äbtissin des Klosters Trebnitz und starb 1268. Weihnachten 1208, nach der Geburt des siebenten Kindes, legten beide das Gelübde ehelicher Enthaltsamkeit ab und verzichteten auf ehelichen Umgang. Herzog Heinrich I. starb am 19. März 1238 in Krossen an der Oder. Als sich die Schwestern in Trebnitz vor Schmerz nicht fassen konnten, sprach sie diese an: „Was betrübt ihr euch? Wollt ihr, dass etwas gegen den Willen Gottes geschehe?“ Nun kam ihr Sohn Heinrich II. zur Regierung. Er führte seit 1239 den Titel „Herzog von Schlesien, Krakau und Polen“. Das Verhältnis Hedwigs zu ihrer Schwiegertochter Anna von Böhmen war vorbildlich. Hedwig liebte Deutsche wie Polen in gleicher Weise. Sie hat zu dem Ausgleich von Deutschen und Polen beigetragen. Die deutschen Siedler und die in diesem Gebiet lebenden Slawen vereinten sich zu dem friedlichen Volk der Schlesier. Vermutlich hat sie selbst gelernt, die polnische Sprache zu verstehen. Wenn sie in die Hütten der Armen ging, um zu helfen und zu trösten, konnte das nur dann seine volle Wirksamkeit erreichen, wenn sie mit jedem in seiner Sprache redete. Hedwig war keine Büßerin und Aszetin, die sich ganz aus der Welt zurückgezogen hätte, sondern sie nahm ständig die Aufgaben der Fürstin wahr. Der Herzog war der Gebieter des Landes, Hedwig die gütige Wohltäterin aller Hilfesuchenden und wahre Mutter des ganzen Landes. Sie half Armen, Hungrigen, Kranken, Wöchnerinnen, Witwen und Waisen. Sie diente Kranken mit eigener Hand, indem sie ihnen kniend Speisen vorsetzte. Sie beschenkte Aussätzige, erschrak nicht vor ihren Geschwüren und fürchtete sich nicht vor Ansteckung. Hedwig stand über Geld und Gut. Sie benutzte beides, aber sie war davon nicht abhängig. Sie verzichtete häufig auf Abgaben, die ihr zustanden. Jene, die bei ihrem Gemahl in Ungnade gefallen waren, suchte sie wieder in Gunst zu bringen. Sie warf sich vor ihm nieder, demütigte sich vor ihm und ließ nicht vom Bitten ab, bis sie sich erhört sah.

Hedwig war von einer außergewöhnlichen Frömmigkeit. Ihre Beichtväter waren drei Deutsche, der Leubuser Zisterzienser-Abt Günther und der Priester Matthäus sowie der Franziskaner Herbord. Auf Anregung und Wunsch Hedwigs stiftete ihr Gatte Heinrich I. das Kloster Trebnitz, 24 km nördlich von Breslau gelegen, und besetzte es mit Nonnen aus dem Zisterzienserorden. Der Äbtissin Petrissa folgte Gertrud, Hedwigs Tochter. Es fanden dort deutsche und polnische Frauen Aufnahme. Am 19. März 1238 starb Hedwigs Gemahl. Sie zog sich nun nach Trebnitz zurück in ein eigenes kleines Haus im Klosterbereich. Sie hielt engste Verbindung mit den Nonnen und deren Gebetsleben, aber eine Nonne ist sie nie geworden.

In Hedwigs Spiritualität fallen drei Grundzüge auf: eine ideale Verbindung von Wirken in der Welt und Leben für Gott, eine ausgesprochene Herbheit und eine kühne Selbständigkeit. Hedwig war bestrebt, ständig in der Gegenwart Gottes zu wandeln. Sie pflegte ein reiches Gebetsleben. Sie besuchte den Gottesdienst in der Kirche, nicht in ihrem Schloss oder ihrem Gemach. Davon ließ sie sich durch kein noch so schlechtes Wetter abhalten. Ihr Glaube und ihre Verehrung des Messopfers und des Herrenleibes waren überwältigend groß. Ständig trug sie ein Bildnis der Gottesmutter bei sich. Hedwig übte Aszese in häufigem Fasten, Enthalten von Fleisch und Wein, in geduldigem Ertragen von Krankheit, Leid und Enttäuschung. Die Heiligsprechungsurkunde stellte fest: „Keine noch so harten Schicksalsschläge waren imstande, ihr starkes Gemüt zu erschüttern.“ Ein Wort Hedwigs könnte ein bleibendes Vermächtnis sein: „Es muss uns gefallen, was Gott will und was Gott, unserem Herrn, gefällt.“

Es brach die Katastrophe über Schlesien und das Lebenswerk Heinrichs I. und Hedwigs herein: Die Mongolen erschienen. Am 9. April 1241 fand auf einem weiten Feld bei Liegnitz die entscheidende Schlacht statt. Polnische und deutsche Ritter, Deutschordensritter, Johanniter und Templer, Bürger, Bauern und Bergknappen stellten sich den Mongolen entgegen, aber unterlagen der größeren Zahl. Die Sieger schnitten den Gefallenen die Ohren ab und füllten damit neun Säcke. So wollten sie dem Großkhan ihren Sieg dokumentieren. Hedwig hatte sich beim Herannahen der Mongolen auf die Burg Krossen begeben. Sie erhielt schnell die Kunde von der totalen Niederlage der christlichen Streiter. Als der Bote seinen Bericht beendet hatte, verzog Hedwig weder eine Miene noch gab sie einen Laut des Schmerzes von sich. Sie rief nur aus: „Ich danke dir, mein Herr und Gott, dass du so gut warst und mir einen Sohn geschenkt hast, der mir nie Kummer bereitet hat, stets Hochachtung hatte vor mir und mich allezeit herzlich lieb hatte wie eben ein gutes Kind. Wie froh ich auch darüber wäre, wenn er heute noch lebte, so bleibt mit doch die noch größere Freude, die ich mit ihm teile, dass er durch den Heldentod mit seinem Erlöser vereint werden durfte. Ich empfehle dir daher flehentlich seine Seele.“ Mit Anna, der Gattin des Gefallenen, begab sich Hedwig auf das Schlachtfeld. Sie fand die Leiche ihres Sohnes. An der Stelle, wo Heinrich gefallen war, errichtete sie das Kloster Wahlstatt, in das Benediktiner aus Böhmen einzogen. Eine der mongolischen Scharen zog vor die stark befestigte Burg Liegnitz mit dem Haupt des gefallenen schlesischen Herzogs auf einer Lanze; doch die Burg ergab sich nicht. Zum Glück zogen die Mongolen in ihr Land zurück, weil sie die Nachricht vom Tode ihres Großkhans erhielten.

Am 15. Oktober 1243 ging Hedwig aus dieser Welt. Der Ruf und der Ruhm ihrer Heiligkeit folgten ihr nach. Schon kurze Zeit später, am 26. März 1267, wurde sie von Papst Clemens IV. heiliggesprochen. So folgte sie ihrer Nichte, Elisabeth von Thüringen, nach, die 1235 die Ehre der Altäre erlangt hatte. Die Verehrung Hedwigs war nicht künstlich erzeugt; sie ergab sich aus der Wirklichkeit ihres Lebens. Die Verehrung der hl. Hedwig breitete sich über ganz Mitteleuropa aus. Hedwig ist die Patronin Schlesiens und der Schlesier. Berlin erhielt 1773 eine der hl. Hedwig geweihte Kirche, seit 1930 Kathedrale des neuen Bistums Berlin. Hedwig ist gestorben für diese Welt, aber sie lebt bei Gott. Ihre mütterlichen Augen schauen auf uns, auf Deutschland, auf Polen, auf Schlesien. Sie mahnen uns, ihrem Beispiel der Frömmigkeit und Ergebenheit in Gottes Willen zu folgen. Nehmen Sie, meine lieben Freunde, die heilige Hedwig auf unter die Heiligen, die Sie anrufen: Erbitt bei Gottes Thron, uns Gnad von Gottes Sohn, dass wir der Tugend treu, von Sünden bleiben frei, o St. Hedwig!

Amen.

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