Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
8. Mai 2011

Widerlegung falscher Auferstehungshypothesen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Unglaube leugnet die leibhaftige Auferstehung Jesu. Nun ist aber der Glaube der Urkirche an dieses Ereignis unbestreitbar. So sucht der Unglaube Erklärungen für diesen Glauben, auch wenn Jesus nicht auferstanden ist.

Heute möchte ich Ihnen drei Versuche dieser Art vorstellen. Meinen Sie nicht, das sei unwichtig! Nein, das ist wichtig, und zwar deswegen, dass man nicht unsicher wird und sich verwirren läßt. Denn die Vorstellungen der Leugner dringen ja durch die Massenmedien auch auf Sie ein. Wenn es mir gelingt, Sie davon zu überzeugen, dass ein Auferstehungsglaube ohne Auferstehung unmöglich ist, dann haben meine Ausführungen ihren Zweck erreicht.

Der erste Versuch, die Auferstehung zu leugnen und den Auferstehungsglauben zu erklären, besteht darin, dass man sagt, der Auferstehungsglaube sei aus den Weissagungen des Alten Testamentes „herausgesponnen“. Die Vertreter dieser Ansicht behaupten, die Apostel und die Jünger hätten die alttestamentlichen Texte hergenommen, sie auf Jesus bezogen und dann behauptet: Was dort geschrieben steht, ist in Jesus geschehen. Es werden also Weissagungen nachträglich auf Jesus bezogen.

Diese Ausflucht ist zum Scheitern verurteilt. Warum? Es existieren keine Texte des Alten Testamentes, die offenkundig und für jeden einsichtig das Todesschicksal des Messias mit seiner Auferstehung verknüpfen. Alle Stellen aus dem Alten Testament, die man dafür anführt, sind so dunkel, dass sie von sich aus dieses Geschehen nicht nahelegen konnten. Wer sich nur an diese Texte hält, der kann unmöglich auf den Gedanken kommen, sie sprächen von Jesus von Nazareth. Die Jünger Jesu waren aus eigenem Vermögen gar nicht imstande, aus dem Alten Testament Texte zu entnehmen, die Tod und Auferstehung des Messias vorhersagten. Das beste Beispiel dafür sind die Emmaus-Jünger. Sie waren über die Vorgänge in Jerusalem betrübt und verzagt. Erst als der Fremdling sich ihnen zugesellte und ihnen die Schrift erschloß, begriffen sie, dass das, was da geschehen war, vorherverkündet und nach Gottes Willen geschehen war. Nach dem Bericht des Lukas erklärte der Auferstandene den Emmaus-Jüngern die Auferstehung, von Moses und allen Propheten angefangen. Er legte also die Stellen vor, die man jetzt nachträglich auf den Messias anwenden konnte und die das Geschehen des Messias verstehen ließen.

Dasselbe hat der Auferstandene bei den Aposteln getan. „Alles mußte sich erfüllen, was im Gesetz des Moses, in den Propheten und in den Psalmen von mir geschrieben steht.“ An dieser Stelle spricht Jesus von den drei Teilen des Alten Testamentes, nämlich Moses, das sind die geschichtlichen Bücher, den Propheten, das sind die großen und die kleinen Propheten, und die Psalmen, das sind alle diese Lehrbücher, wie das Buch der Weisheit, Buch der Sprüche, Jesus Sirach usw. „Es steht geschrieben: Der Messias mußte leiden und am dritten Tage von den Toten auferstehen.“ Wie fremd den Jüngern die Vorstellung eines sterbenden und auferstehenden Messias war, das zeigt ihr Verhalten bei den Leidens- und Auferstehungsweissagungen Jesu. Sie verstanden sie nicht. Ihr Sinn war verblendet. Und Jesus selbst mußte nach dem Tode ihnen den Schriftbeweis führen, aber erst, nachdem er sich ihnen lebendig erwiesen hatte. Die Erscheinungen gehen dem Schriftbeweis voraus. Erst mußte die Tatsächlichkeit der Auferstehung feststehen, dann konnte man darangehen, ihre Schriftgemäßheit zu erweisen. Erst mußten die Auferstehungserscheinungen geschehen und die Jünger der Auferstehung Jesu gewiß machen, dann gingen sie daran, im Alten Testament die Stellen zu suchen, die auf dieses Ereignis Bezug zu nehmen schienen.

Der Verhältnis der Tatsache der Auferstehung zu dem Schriftbeweis ist also genau umgekehrt, als der Unglaube meint. Die Jünger erlebten das Erscheinen des Auferstandenen. Sie standen vor einem unerhörten Wunder. Ein solches Geschehnis konnte nur Gott, den Herrn über Leben und Tod, zum Urheber haben. Der Wille Gottes aber war ausgesprochen in den Urkunden des Alten Testamentes. Also suchten sie im Alten Testament nach Stellen, die zu dem Ereignis, das sie erlebt hatten, paßten. Und sie wurden fündig. Sie fanden solche Stellen. Nicht weil die Heilige Schrift ihnen die Auferstehung des Messias nahegelegt hatte, kamen sie zum Glauben an die Auferstehung, sondern weil sie den Auferstandenen erlebt hatten, forschten sie nach Stellen, die seine Auferstehung ankündigen, und suchten nach Andeutungen für dieses Geschehen. Der Glaube an die Auferstehung hat gegen den Schriftbeweis Vorrang.

Der Schriftbeweis hat einen ganz anderen Zweck, als die Auferstehung des Herrn zu beweisen. Er hat den Zweck, die theologische Bedeutung der Auferweckung Jesu den Jüngern kundzutun. Die Auferweckung Jesu ist nämlich nicht eine Rückkehr in das irdische Leben, sondern sie ist eine Erhöhung zur Rechten Gottes. Sie ist seine Einsetzung zum Erlöser, Messias und Richter. Mit der Auferweckung Jesu hat der Vater im Himmel zu erkennen gegeben, dass er zu Leben und Werk Jesu steht, dass er seinen Messiasanspruch billigt, dass es sein Wille war, wenn Jesus einen schmachvollen Tod erleben mußte und eine glänzende Auferstehung erfahren durfte. Hinter dem gesamten Christusgeschehen steht der Wille des himmlischen Vaters. Das ist der Sinn des Auferstehungsbeweises.

Tatsächlich fällt es uns nicht leicht, den Texten des Alten Testamentes zu entnehmen, dass hier die Auferstehung Jesu von den Toten vorhergesagt ist. Man nimmt den Psalm 16, wir beten ihn ja jede Woche, wir Priester. Im Psalm 16 heißt es: „Du überläßt nicht mein Leben dem Totenreich, noch duldest du, dass dein Heiliger die Grube erschaut. Den Pfad des Lebens machst du mir kund, sättigest mich mit Freuden von dir, mit Wonne in deiner Rechten auf ewige Zeit.“ Wenn man diesen Text unbefangen liest, dann wird man daran denken, dass hier jemand vor dem irdischen Tode bewahrt blieb. Und so ist er auch meistens verstanden worden. Aber im Lichte der Auferstehung haben die Jünger hinter diese oberflächliche und erstrangige Erklärung geschaut und haben bemerkt, dass Gott in diesem Psalm nicht nur das Weiterleben eines irdischen Bedrängten aussagen wollte, sondern das siegreiche Erstehen seines Auserwählten aus dem Grabe.

Der zweite Versuch, die Auferstehung zu leugnen, aber auch den Auferstehungsglauben zu erklären, besteht darin, daß man sagt: Der Glaube an die Auferstehung Jesu sei aus dem wiedererwachenden Messiasglauben entwickelt worden. Die Jünger hätten sich nach dem Todesschicksal ihres Meisters allmählich wieder gefangen. In der Hauptgegend von Jesu Wirken, nämlich in Galiläa, sei die Gewißheit entstanden, dass er lebe. Die ungläubigen Theologen wollen also erklären, wie die Jünger Jesu den Glauben an den Herrn wiedergefunden haben, auch wenn er nicht auferstanden ist.

Was ist zu dieser Hypothese zu sagen? Nun, einmal entbehrt sie der geschichtlichen Voraussetzung, denn sie setzt voraus, dass die Jünger sofort nach dem Tode Jesu nach Galiläa geflüchtet sind und dort allmählich ihren Glauben aufgebaut haben. Beides trifft nicht zu. Die Jünger sind nicht sogleich nach der Hinrichtung Jesu nach Galiläa geeilt. Sie waren am dritten Tage nach Jesu Tod noch in Jerusalem, und sie waren es am achten Tage. Der Auftrag der Engel bzw. des Auferstandenen an die Frauen, den Aposteln zu melden, sie sollten nach Galiläa gehen, er gehe dorthin voraus, macht eine bereits erfolgte Flucht nach Galiläa unmöglich. Erst auf diesen Befehl hin haben sich die Jünger nach Galiläa aufgemacht. Da war aber der Glaube schon längst da. Der Glaube hat sich nämlich nicht nach Wochen oder Monaten aus ihrer Seele hervorgerungen, weil sie sagten: Es kann nicht zu Ende sein. Nein. Der Glaube ist wenige Stunden nach der Hinrichtung Jesu bereits da. Zwischen der Verzagtheit wegen des Todes Jesu und ihrer Beglücktheit über seine Lebendigkeit liegen nur wenige Stunden: der Freitagabend, der Samstag und die Nacht zum Sonntag. Für die psychologische Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu fehlt die dafür benötigte Zeit. Dasselbe ergibt sich, wenn wir auf die psychische Situation der Jünger schauen, auf ihre Seelenstimmung in der Zeit zwischen Tod und der geschichtlich beglaubigten Auferstehung. Die wirkliche Seelenverfassung war nicht wiedererwachender Glaube, wachsendes Vertrauen in die Messianität Jesu, die sich schließlich zu der Überzeugung steigerte: Er lebt, er muß leben. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Schon das Verhalten der Jünger beim Beginn und während des Leidens verrät keineswegs große Zuversicht in den Sieg seiner messianischen Sache. „Alle Jünger flohen.“ So steht es in der Heiligen Schrift. Alle flohen! Wie fern dem ganzen Jüngerkreis der Gedanke an die Auferstehung lag, nachdem der Kreuzestod Jesu furchtbare Wirklichkeit geworden war, das zeigt der Gang der Frauen zum Grabe. Sie wollten ihn salben, rechneten also mit seinem Verbleiben im Tode. Sie denken an Leichenraub, als das Grab leer gefunden wird. Sie sind bestürzt über die Engelbotschaft, und sie haben Furcht, den Jüngern etwa davon zu erzählen, denn die Jünger sind nicht leichtgläubig. Sie bezeichnen das, was die Frauen ihnen erzählen, als läros. Dieses griechische Wort bedeutet Weibergeschwätz. Läros – Weibergeschwätz. Die Jünger selbst hatten also Zweifel gegenüber den Meldungen der Frauen. Sie waren enttäuscht und verwirrt, und das zeigt sich bei den Emmaus-Jüngern. „Wir hatten geglaubt, er werde Israel erlösen.“ Ihr Schrecken bei der Erscheinung am Osterabend, ihre Bedenken, ob es nicht ein Geist ist, eine Halluzination, eine Einbildung! Nein, meine lieben Freunde, Einbildungen vermögen keine Überzeugung von Tatsachen zu begründen. Für eine Einbildung läßt man sich nicht auspeitschen. Für eine Einbildung nimmt man nicht einen schmachvollen Tod auf sich. Also nicht der Glaube an Jesus als Messias und das lebendige Vertrauen zu ihm haben die Jünger zu der Überzeugung geführt: Er kann nicht im Tode geblieben sein. Vielmehr: Der Glaube der Jünger war durch den Kreuzestod Jesu erschüttert. Ihre Hoffnung auf ihn war wankend geworden. So mußten Tatsachen von überwältigender Kraft, von überwältigender Beweiskraft auf sie eindringen, um sie zur Überzeugung zu bringen. Er ist von den Toten auferstanden. Beweise aus Tatsachen, Beweise, die unwiderleglich sind haben die gedrückten und zaghaften Jünger wieder aufgerichtet.

Der dritte Versuch, die Auferstehung Jesu zu leugnen und gleichzeitig den Auferstehungsglauben der Jünger zu erklären, besteht darin, dass man sagt; Die Jünger haben Anleihen gemacht beim Auferstehungsglauben der heidnischen Mythen. In den heidnischen Mythen wird von sterbenden und wieder auferstehenden Göttern geredet. Und diese Reden haben sich die Jünger zu eigen gemacht und auf Jesus übertragen. Dass es solche Vorstellungen gab, ist unbezweifelbar. In Babylon gab es den Gott Marduk. Er war der Gott der Frühlingssonne. In Ägypten gab es den Gott Osiris. Er war die Personifikation des Nils, der ja die Lebensader von Ägypten ist. In Osiris stellte man sich das durch die Überschwemmungen des Nils wiedererstehende Leben vor. Insofern ist er der Gott des Todes und der Auferstehung. Die Sumerer hatten den Gott Tammuz. Er ist ein Symbol der vergehenden und wiederauferstehenden Vegetation. Adonis bei den Phöniziern und Griechen war ein als schöner Jüngling gedachter Vegetationsgott. Der Gott stirbt im Hochsommer nach der Ernte und steht im Frühling wieder auf. Bei den Adonisfesten wurden Klageriten (beim Sterben) und Jubelriten (beim Auferstehen) gesungen. Attis war ein phrygischer Vegetationsgott. Sterben und Auferstehung dieses Gottes wurden um die Frühjahrstag- und nachtgleiche in einer mehrtägigen Feier begangen. Schließlich ist auch Dionysos noch zu erwähnen, auch er ein Gott der Vegetation, der Baumzucht und des Weines. Man sprach von seinem Tod im Herbst und von seiner Auferstehung im Frühjahr. Schließlich muss auch noch Baal, der Wachstumsgott, erwähnt werden. Er ist, weil alles Wachstum vom Regen abhängt, der Gewittergott. Die Gewitter brachten und bringen noch im Orient den Regen.

Was ist zu diesen Aufstellungen zu sagen, meine lieben Freunde? Ist der Auferstehungsglaube der Urkirche eine Anleihe bei orientalischen Auferstehungsmythen? Zunächst einmal muss man sagen. Die herangezogenen Parallelen sind äußerst schwach, denn es handelt sich ja bei den Mythologien um Personifikationen von Naturvorgängen. Was in der Natur vor sich geht, das wird einer bestimmten Person, einer gedachten Person, zugeschrieben. Niemand war davon überzeugt, dass diese Götter, die ich eben genannt habe, tatsächlich leben. Das waren Bilder, Bilder für das Geschehen in der Natur. Man hat die Naturvorgänge in einer Person gleichsam gesammelt. Die Verehrer dieser Gottheiten, die Teilnehmer an ihren Festen wußten ganz genau, dass hier in Bildern und Symbolen Naturvorgänge beschrieben werden. Niemand nahm an, dass wirklich eine Person stirbt und wieder aufersteht.

Zum anderen kommt dazu: Die heidnischen Götter sterben und stehen auf jedes Jahr. Was sich in ihnen vollzieht, sind Naturvorgänge, die sich beliebig oft wiederholen. Die Auferstehung Jesu ist ein einmaliges Ereignis, ein einmaliges, nicht wiederholbares Ereignis. Und dieses Ereignis wird nicht einer mythischen Gestalt, sondern einer ganz bestimmten historischen Person, dem Jesus von Nazareth, zugeschrieben. Die Christen wußten sehr wohl zwischen heidnischen Mythen und Geschichten zu unterscheiden. Es war ihnen klar, dass für den Glauben an Jesu Leben, Sterben und Auferstehen alles auf das tatsächliche Geschehen ankam. Sie sprachen vom Zeugnis, nicht von Phantasien. Außerdem geht der urchristliche Osterglaube auf die Gemeinde in Palästina, auf die Urgemeinde zurück. Dieser Glaube bestand schon, als die ersten Christen mit den heidnischen Mythen, die ja von auswärts eindrangen, in Berührung kamen und Einflüsse von ihnen erfahren konnten. Die Christen dachten nicht im Traum daran, ihre Erfahrungen mit Jesus und ihren Glauben an ihn mit völlig fremden Vorstellungen der Heiden zu vermengen. Der Abgrund war ihnen bewußt zwischen diesen mythischen Vorstellungen der Heiden und dem Geschehen in Palästina.

Man kann in den heidnischen Mythen gewissermaßen eine Ahnung, einen Traum, eine Sehnsucht nach Auferstehung sehen. Das kann man darin sehen. Aber es ist ausgeschlossen, es ist unmöglich, aus ihnen die wahrhaftige Auferstehung Jesu ableiten zu wollen. Der geschichtliche Tatbestand, nämlich der urchristliche Auferstehungsglaube, die Auferstehungserscheinungen, das leere Grab fordern eine befriedigende Erklärung. Sie finden diese Erklärung nur aus der geschichtlichen Tatsache, dass Jesus am dritten Tage lebendig, verklärt, aus dem Grabe erstanden ist.

Amen.

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