Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
24. März 2008

Die Ausreden der Leugner des Ostergeschehens

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Unglaube ist um Ausreden nicht verlegen. Er versteckt sich hinter unverständlichen Ausdrücken und hinter harmlos klingenden Ausreden. So erklärt er, die Auferstehung Jesu sei nicht eine historische, sondern eine metahistorische Wirklichkeit. Ich habe alle Lexika, die mir zur Verfügung stehen, durchgesehen, um zu finden, ob dort das Wort „metahistorisch“ enthalten ist. In keinem einzigen Lexikon taucht das Wort auf. Soviel aber ist sicher: Diejenigen, die solche Behauptungen aufstellen, wollen damit die Historizität, also die Geschichtlichkeit der Auferstehung Jesu bestreiten. Nicht eine historische, sondern eine „metahistorische“ Wirklichkeit sei sie.

Der Unglaube erklärt weiter, die Auferstehung Jesu sei nicht ein Ereignis, sondern ein Interpretament. Was ist denn das wieder? Ein Interpretament ist eine Erklärung. Man habe die Auferstehung erfunden, um damit etwas anderes zu erklären. Was denn? Dass die Sache Jesu weitergeht. Also hier soll erklärt werden, wie die Sache Jesu weitergeht, obwohl er tatsächlich nicht auferstanden ist! Das ist der Sinn, wenn man sagt, die Auferstehung Jesu sei ein Interpretament. Meine lieben Freunde, ich habe diese ungläubigen Bücher gelesen, damit Sie sie nicht zu lesen brauchen, und um Ihnen die Sicherheit zu geben, wenn wir im Glaubensbekenntnis sagen: „Auferstanden von den Toten am dritten Tage.“

„Die Sache Jesu geht weiter.“ Ja meinen Sie, die Sache Jesu wäre weitergegangen, wenn er im Tode geblieben wäre? Kein Mensch hätte sich um die Sache Jesu geschert, wenn er im Grabe verblieben wäre. Wie soll denn die Sache Jesu weitergehen, da sie doch am Karfreitag zu Ende gegangen ist? Der Karfreitag ist doch das Fiasko der Sache Jesu. Kein Mensch hätte sich auf die Sache Jesu eingelassen, kein Finger wäre für ihn gerührt worden, wenn er nicht aus dem Grabe erstanden wäre. Die Verleugnung des Petrus, die Flucht der Jünger, der Emmausgang der beiden Jünger, alles das bezeugt, wie niedergeschlagen und wie trostlos die Jünger waren, dass die Sache Jesu eben nicht weiterging. Nein, es muss etwas geschehen sein, damit sie weiterging, und das ist die Auferstehung Jesu; das ist die Auferstehung gemäß der Schrift. Das ist die Auferstehung, die wirklich und leibhaftig geschehen ist und von der die Apostel sagen: „Wir haben mit ihm gegessen und getrunken nach seiner Auferstehung.“ Sie berufen sich nicht auf eine Vision, sie berufen sich auf die Tischgemeinschaft mit dem Auferstandenen. Das ist die Wirklichkeit der Auferstehung.

Wir stehen deswegen unverbrüchlich zu dem, was 2000 Jahre lang geglaubt worden ist, und zwar so, wie es dasteht. Wir freuen uns, den Glauben bekennen zu dürfen, den die Apostel mit ihrem Blute besiegelt haben. Da höre ich einen Einwand, nämlich: Auch andere, sagt man, auch andere sind für eine Idee, für eine Ideologie, für eine Weltanschauung gestorben. Ohne Zweifel. Aber das ist es ja gerade, das ist ja gerade der Unterschied: Die Jünger sterben nicht für eine Ideologie, sie sterben für eine Tatsache. Und sie sind für eine Tatsache in den Tod gegangen, die sie nicht vom Hörensagen kannten, sondern die sie selbst erlebt haben. Das ist der Unterschied. Und deswegen berufen sie sich vor dem Hohen Rate nicht auf eine Lehre, sondern auf eine Tatsache. „Wir können nicht aufhören zu reden von dem, was wir gesehen und gehört haben.“ Eine Tatsache. Der heilige Irenäus, Bischof von Lyon im 2. Jahrhundert, also 1800 Jahre näher heran am Tode und an der Auferstehung Jesu, hat ein Buch geschrieben: „Gegen die Häresien“. In dem 5. Buche der „Häresien“ kommt er dann auf die Auferstehung Jesu zu sprechen, und er wird nicht müde, herauszustellen, dass derjenige, der aufersteht, derselbe ist wie der, der am Kreuze gehangen hat. Ja, es ist dasselbe Fleisch, sagt er, das wir nach der Auferstehung berührt sehen wie das, was er während seines irdischen Wandels getragen hat. Und so kann Jesus zu Thomas sagen: „Reich deinen Finger her und sieh meine Hände, leg deine Hand in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“

Der Unglaube, meine Freunde, kennt noch einen anderen Trick, um sich zu verbergen. Er spricht von dem historischen vorösterlichen Jesus und dem nicht historischen nachösterlichen Christus. Der Jesus, der vor Ostern gelebt hat, ist historisch, aber der Jesus, der nach Ostern angeblich gelebt hat, der sei nicht historisch. Das heißt, er ist ein Produkt der Gemeindetheologie, ein Phantasieprodukt der Jünger. Ostern bedeutet nach dieser Meinung einen Einschnitt zwischen Geschichte und Nachgeschichte. Und das ist ganz falsch. Der Einschnitt liegt nämlich nicht zwischen Karfreitag und Ostern, der Einschnitt liegt zwischen dem ersten Auftreten Jesu am Jordan und der Himmelfahrt. Was nach der Himmelfahrt kommt, das ist nicht mehr Geschichte, das ist Ewigkeit. Aber alles, was vor der Himmelfahrt liegt, das ist Geschichte. So verstehen die Jünger, so verstehen die Apostel, so verstehen die Evangelisten das Leben Jesu. Petrus verlangt nämlich von dem neu zu erwählenden Apostel, dass er Zeuge sein muss von allem, was Jesus getan hat von der Taufe des Johannes, „bis er von uns weg aufgenommen wurde“. Also der Einschnitt liegt nach der Himmelfahrt. Und ebenso ist es im Evangelium des heiligen Lukas. Er will in seinem Evangelium sprechen von all dem, was Jesus von Anfang an tat bis zu dem Tage, an dem er von uns aus in den Himmel aufgenommen wurde. Das heißt, die Geschichte, die Geschichte Jesu reicht vom Auftreten am Jordan bis zum Tag der Himmelfahrt. Und die Auferstehung gehört in diese Geschichte hinein; sie ist ein Bestandteil dieser Geschichte. Sie gehört zum historischen Jesus und nicht zum nachösterlichen. Die Sache Jesu geht weiter, gewiß. Aber nur weil der, der sie angefangen hat, nach seinem Tode wieder lebendig geworden ist und diese Sache vorantreiben konnte.

Warum, meine lieben Freunde, ereifere ich mich, um die Irrlehren über die Auferstehung Jesu zurückzuweisen? Weil an der Auferstehung buchstäblich alles hängt! Das ganze Christentum ist auf die Auferstehung aufgebaut. „Wäre Christus nicht auferstanden“, sagt der Apostel Paulus, „dann sind wir noch in unseren Sünden, dann sind wir falsche Zeugen.“ Aber weil er auferstanden ist, deswegen sind wir erlöst. Getrost, jetzt sind wir erlöst durch die Auferstehung Jesu. Jetzt haben wir Zuversicht auf das ewige Leben. Freilich hindert das nicht, dass wir österlichen Menschen auch jetzt noch das Leiden Christi an unserem Leibe herumtragen müssen. Von Jesus gilt das ja auch: „Mußte er nicht alles das leiden, um so in seiner Herrlichkeit einzugehen?“ Und sagt nicht Paulus: „Allezeit tragen wir das Todesleiden Jesu an unserem Leibe herum, damit auch das Leben Jesu an unserem Leibe sichtbar werde“? Also, das Leiden, das Mit-Leiden mit Jesus wird auch uns österlichen Menschen nicht abgenommen. Wir gehen als österliche Menschen durch die Welt, aber das hindert nicht, dass wir auch am Leiden Jesu Anteil gewinnen müssen. Anders kann man nicht in die Herrlichkeit, die Christus uns bereitet hat, eingehen. Wir singen an Ostern: „Christus erstand wahrhaft vom Tod.“ Aber wir fügen gleich hinzu: „Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“ Die Ewigkeit hat mit der Auferstehung Jesu begonnen. Er ist der Erstling der Entschlafenen, und das ist eben der Anfang der Ewigkeit. Die große Auferstehung am Jüngsten Tage nimmt ihren Anfang mit Jesus. Die anderen kommen später dran. Aber sie werden so gewiß auferstehen, wie Jesus vom Tode erweckt wurde. Die Ewigkeit hat bereits begonnen, aber auch das Gericht. Auch das Gericht hat bereits begonnen. Das ist das Gericht, dass Christus in die Welt kam und dass die Welt ihn nicht annahm. „Wer nicht glaubt, der ist schon gerichtet.“

Die Auferstehung Jesu gibt dem ganzen Leben Jesu einen besonderen Sinn. Alles in seinem Leben konvergiert auf die Auferstehung Jesu. Alle Wunder erfüllen ihre Bedeutung, indem sie auf die Auferstehung Jesu hinweisen. Das Wunder der Brotvermehrung zeigt, dass es einmal eine Wirklichkeit geben wird, in der aller Hunger verbannt ist. Das Wandeln auf dem See zeigt, dass der Leib Jesu nicht mehr an die Gesetze der Schwerkraft gebunden ist. Und das Verwandlungswunder zeigt, dass der Leib einmal in Unverweslichkeit verwandelt werden wird. „Dieses Verwesliche“, sagt Paulus, „muss die Unverweslichkeit anziehen.“ Wir dürfen also ausschauen auf die Ewigkeit. Wir dürfen unsere große Hoffnung auf die Auferstehung Jesu setzen, dürfen freilich auch nicht vor unserer Verantwortung in dieser Zeit fliehen. Diese Zeit ist ein Provisorium. Wir sind auf das Definitivum, auf das Endgültige hin unterwegs. Aber in diesem Provisorium fällt die Entscheidung für das Definitivum. In dieser Zeit müssen wir das bewirken, was uns vor dem ewigen Tode rettet.

Theologie der Hoffnung wird heute großgeschrieben, und warum nicht? Wir haben eine solche Theologie der Hoffnung. Christus hat sie uns geschenkt mit seiner Auferstehung. Einer der führenden sowjetischen Literaturwissenschaftler hat vor einiger Zeit in einem Artikel geschrieben, er sei besorgt um die Zukunft seiner, nämlich der kommunistischen Weltanschauung. Die Nacht breche herein, die Nacht der heraufkommenden Christentums. Was er fürchtet, ist unsere Hoffnung. Die Nacht, vor der bangt, ist die Osternacht, in der das Leben über den Tod gesiegt hat. Für uns Christen ist es schon Morgen geworden, und nun schreiten wir in der Tageshelle der Ewigkeit zu, hoffend, liebend und glaubend, wie wir es jetzt gleich im Glaubensbekenntnis der heiligen Messe aussagen werden.

Amen.

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