Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
5. August 2007

Gott anbeten – oder den Götzen dienen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Tempel der Heiden sind zerfallen. Ob wir nach Rom kommen oder nach Athen oder nach Kairo: die Tempel gehören der Vergangenheit an. Die Götter sind tot. Ihre Bilder und Statuen interessieren uns höchsten noch wegen der Kunst, wegen der Kraft des Geistes, der in ihnen Ausdruck gefunden hat. Denn die Götter wurden aus den Mythen der Vorzeit geboren; sie sind Ausdruck des menschlichen Sehnens. Sie sind das Bild einer Religion von unten, nämlich aus dem Herzen der Menschen geboren, aus der Sehnsucht nach dem Numinosen. Die Götter sind von Menschen geschaffen, und sie geben deswegen auch nur Menschliches wieder. Wenn sie auch einmal von den Menschen verehrt wurden, zur Zeit der Apostel war der Kult der Götter längst entartet. In geistiger Ratlosigkeit und in moralischer Fäulnis waren die Menschen versunken. Die Götter waren zu Götzen geworden, zu Dämonen, zu Verführern des Bösen. Paulus nennt sie in der heutigen Epistel „stumme Götzen“. Stumm deswegen, weil sie keine Antwort geben können auf die Fragen der Menschen, weil sie zwar Augen haben, aber nicht sehen, Ohren haben, aber nicht hören, Hände haben, aber nicht tasten. Die Götter sind stumme Götzen, und die ganze Tragik des verlorenen Menschen drückt sich in diesem Worte aus. Der Mensch, der sich an sie wendet, bleibt ohne Antwort. Die Bitten und Flehen, die an sie gerichtet werden, finden keine Erhörung. Die Tempel waren, wie wir wissen, zur Zeit der Apostel schon Höhlen des Lasters und des Verderbens geworden.

Wie ein reinigendes Gewitter ist in diese Welt der Götter die Botschaft vom lebendigen Gott eingedrungen. Der unsichtbare, erhabene Gott hat sich bezeugt durch Machttaten, durch Charismen, und es gibt wohl kaum eine Gemeinde der alten Kirche, die so reich an Gnadengaben war wie die korinthische. Und es muss das wohl nötig gewesen sein, um sie von den stummen Götzen loszulösen und zum wahren Gott zu führen. Nur durch die Macht der Charismen, die der lebendige Gott erweckte, konnte die Lösung aus dem Bann der Götzen gelingen.

Die Götzen sind vergangen, die Tempel sind zerstört. Die Fragen, die die junge Christenheit bewegten, scheinen erledigt zu sein. Aber doch, meine lieben Freunde, erliegen wir da nicht einer Täuschung? Ist es nicht so, dass wir in der Gefahr sind, neue stumme Götzen zu schaffen? Jede Zeit schafft sich selbst ihre Götzen, und ich meine, auch die Götzen von heute sind da. Und selbst, wenn wir die Menschen fragen, welches ihre Götzen sind, und sie darauf antworten: Wir haben keine Götzen, so liegen doch Millionen von ihnen auf den Knien vor diesen Götzen. Wieso und warum? Die Antwort lautet: Wer einen Gegenstand so verehrt, wie man nur Gott verehren darf, ist ein Götzendiener. Ich sage noch einmal: Wer einen Gegenstand außerhalb Gottes verehrt, wie man nur Gott verehren darf, ist ein Götzendiener. Wessen ganzes Sinnen und Trachten auf einen irdischen Gegenstand geht, der treibt Götzendienst. Auch die gänzliche Hingabe an ein Geschöpf ist Götzendienst. Wer immer ein Geschöpf so verehrt, wie man nur Gott verehren darf, ist ein Götzendiener.

Also, wir brauchen nur in unser Inneres zu schauen, auf das, was wir ersehnen und verehren und wünschen, da können wir erkennen, ob wir zu den Götzendienern gehören. Der Gott des Geizigen ist das Geld. Der Gott des Hoffärtigen ist die Ehre. Der Gott des Unmäßigen ist der Bauch. Der Gott des Unsittlichen ist der Körper. Habsucht, Hochmut und Wollust, das ist der dreieinige Gott des Weltmenschen. Aber auch scheinbar weniger harmlose Dinge können zum Götzen werden, z.B. die Bequemlichkeit. Wer bei allem nur fragt: Was dient meiner Bequemlichkeit?, der erhebt die Bequemlichkeit zu seinem Götzen. Auch die Gesundheit kann zum Götzen werden. Selbstverständlich sollen wir dafür sorgen, dass wir Krankheiten meiden, dass wir gesund bleiben, aber die übertriebene Sorge für die Gesundheit, die keine andere gelten lässt, die macht die Gesundheit zum Götzen.

„Die Formen des Götzendienstes sind verschieden“, hat einmal der heilige Johannes Chrysostomus gesagt. „Der eine erklärt den Mammon für seinen Götzen, der andere den Bauch, der dritte eine noch schlimmere Leidenschaft. Du sagst: Ich bringe doch keine Schlachtopfer dar. O, du tust noch viel Schlimmeres, du schlachtest deine eigene Seele. Du sagst, du beugst deine Knie nicht vor den Götzen zur Anbetung. Ha, du erniedrigst dich noch viel tiefer und tust alles, was die Tyrannen Bauch, Welt und Sinnlichkeit befehlen.“ Man kann auch Menschen wie einen Götzen verehren, einen Mann, eine Frau. Ich werde nie vergessen, als der Ehemann der Geigerin Anne-Sophie Mutter starb, da ließ sie eine Annonce in die Frankfurter Allgemeine Zeitung setzen, und die lautete: „Ich denke an meinen angebeteten Mann.“ „Ich denke an meinen angebeteten Mann.“ Kann man einen Mann anbeten? Ja, das kann man. Für manche ist Elvis Presley eine Art Gott, eine Art Ersatzgott. Wie die Verrückten toben sie, wenn seine Gestalt erscheint, heute ja nicht mehr als Lebendiger, aber auf den Bildschirmen. Eine weitere Form des Götzendienstes ist die Selbstanbetung. Wer sich selbst so verehrt, wie man nur Gott verehren kann, der ist ein Götzendiener, und das ist eine sehr verbreitete Form des Götzendienstes. Dem Ich dienen, der Egoismus, das ist Götzendienst. Diesem Egoismus alles andere unterordnen, Beruf, Pflicht, Angehörige, Anvertraute, das ist Götzendienst. Der herzloseste Götzendienst ist der Egoismus.

Nein, meine lieben Freunde, wir dürfen Gott nicht über irdische Werte setzen. Wir dürfen Gott nicht hinter irdischen Werten zurücksetzen. Jeder, der eine Sünde tut, setzt aber Gott hinter andere Werte zurück, denn die Sünde ist ja definitionsmäßig das Hintansetzen Gottes gegen einen irdischen Wert. Also ist jeder Sünder, jeder schwere Sünder jedenfalls, ein Götzendiener. Er setzt den Gegenstand seiner Sünde über den wahren Gott.

Haben wir das nicht auch schon in unserem Leben getan? Haben wir nicht, wie wir mit tiefer Scham bekennen müssen, Gott hinter irdische Dinge zurückgesetzt? Und doch ermahnt uns jede Seite der Heiligen Schrift, den Götzendienst zu beenden, den Götzendienst der Sünde zu beenden. „Ertötet das irdische Gelüste eurer Glieder“, mahnt der Apostel Paulus: „Unzucht, Unkeuschheit, Leidenschaft, böses Begehren, Habsucht, die ja Götzendienst ist. Um solcher Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams.“ An einer anderen Stelle mahnt er: „Zieht nicht an einem Joch mit den Ungläubigen! Denn welche Gemeinschaft hat die Gerechtigkeit mit der Ungerechtigkeit? Oder wie kann sich Licht zur Finsternis gesellen? Wie stimmt Christus mit Beliar überein? Oder was hat der Gläubige mit dem Ungläubigen zu tun? Wie verträgt sich der Tempel Gottes mit Götzen?“

Gott ist ein eifersüchtiger Gott. Er teilt seine Herrlichkeit und seine Verehrung nicht mit Götzen. Wir versuchen aber oft, eine Teilung vorzunehmen zwischen dem wahren Gott und unseren Götzen. Man nennt das religiöse Halbheit. Nicht Gott und die Götter, sondern Gott allein. Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhangen und den anderen verachten. Den Dienst in der Gefolgschaft zweier Herren nennt man religiöse Halbheit. Solche Rückversicherer gab es schon im alten Israel. Die Juden kannten ihren Gott Jahwe, aber sie liefen auch zu anderen Göttern. Ein bekanntes Beispiel ist der Dienst an dem Gott Baal. Elias, der als einziger Prophet das wahren Gottes übriggeblieben war, forderte die vierhundert Baal-Priester zu einem Wettstreit auf. Derjenige Gott, der ein Opfer, das sie bereiten, im Feuer verzehren würde, das ist der wahre Gott. Und sie schlachteten einen Stier und brachten ihn auf den Altar. Dann tanzten sie um den Altar und riefen zu ihrem Gott. Aber der rührte sich nicht. Da fing Elias an, sie zu verspotten. „Ruft lauter“, sagte er, „ruft lauter! Vielleicht schläft euer Gott.“ Er selbst aber brachte dann ein Opfertier dar, und Feuer vom Himmel kam und verzehrte das Opfer. Der wahre Gott hatte sich als mächtiger erwiesen denn die stummen Götzen. „Wie lange“, so fragt er das israelitische Volk, „wollt ihr nach beiden Seiten hinken?“

Auch wir sind in Gefahr, diese schlimme Gewohnheit anzunehmen, dass wir Gott und den Götzen zu dienen versuchen. Das Buch von der Nachfolge Christi drückt es auf seine Weise aus, wenn es schreibt: „Siehe, du kannst nun einmal nicht doppelte Freude haben, hier auf  Erden dich ergötzen und drüben mit Christus herrschen.“ Wahrhaftig, so ist es. Du kannst nun einmal nicht doppelte Freude haben, hier auf  Erden dich ergötzen und drüben mit Christus herrschen. Wir dürfen nur Gott allein anbeten, meine lieben Freunde, denn er allein ist der höchste Herr Himmels und der Erde. Christus hat den Teufel abgewiesen, als er ihn versuchte: „Es steht geschrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott allein anbeten und ihm allein dienen!“ Meiden wir also alles, was als Konkurrenz zu Gott erscheinen könnte! Tun wir alles, was wir als wahre Verehrer des lebendigen Gottes tun müssen!

„O Gott“, so wollen wir beten, „lehre mich alles Dinge so gebrauchen, wie du es willst, damit ich nicht durch übertriebene Sorge für das Irdische zum Götzendiener werde.“

Amen.

 

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