Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
11. November 2001

Über Spender und Empfänger des Opfernahles

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Man kann das eucharistische Opfersakrament in einem richtigen Sinne als Mahlopfer bezeichnen, denn es vollzieht sich eben in den Zeichen von Brot und Wein, die ja für das Mahl bestimmt sind. Am Ende des Mahlopfers steht das Opfermahl. Die Opferspeise wird den Teilnehmern zum Genusse dargeboten. Wir haben deswegen heute die Aufgabe, uns Spender und Empfänger des eucharistischen Opfersakramentes, der heiligen Kommunion, vorzuführen. Daß der Priester der Spender der heiligen Kommunion ist, läßt sich leicht einsichtig machen. Er ist es ja, durch dessen Dienst Gott die Opferspeise bereitet. Ihm ist sie anvertraut; er kann und soll sie auch austeilen. Der Priester ist der geborene, der natürliche, der ordentliche Spender der heiligen Kommunion.

Schon in früher Zeit wurde ein anderer Geweihter an der Spendung beteiligt, nämlich der Diakon. In der alten Kirche war es üblich, daß der Priester die eucharistische Speise und der Diakon den eucharistischen Trank darbot. Allerdings hat das Konzil von Nizäa verboten, daß der Diakon dem Priester die Kommunion spendet. Das geziemt sich nicht, so hat das Konzil festgelegt. In der neuesten Zeit ist in der katholischen Kirche in Deutschland ein Heer von Kommunionspendern bestellt worden. Das kirchliche Recht gestattet die Heranziehung von Nicht-Geweihten zur Spendung der Kommunion, aber es gestattet dies nur unter bestimmten Voraussetzungen. Es sind zwei Voraussetzungen, unter denen auch Nicht-Priester oder Nicht-Diakone zur Spendung der heiligen Kommunion herangezogen werden können, nämlich erstens, wenn der Priester unfähig ist aufgrund körperlicher Verfassung, die Kommunion zu spenden, zweitens, wenn der Gottesdienst wegen der Vielzahl der Kommunikanten zu lange dauern würde, falls der Priester allein die Kommunion austeilt.

Es ist zu fragen: In welchen Fällen ist denn ein Priester unfähig, die Kommunion zu spenden? Ich kenne einen einzigen Fall, nämlich einen Priester, der an zwei Stöcken geht und der deswegen sich nicht von einem Kommunikanten zum anderen bewegen kann. Hier besteht offensichtlich eine Notwendigkeit, daß andere für ihn einspringen, um das Sakrament zu spenden. Wenn man sagt, der Gottesdienst würde zu lange dauern, falls der Priester allein die Kommunion austeilt, dann ist die Frage: Wie lange würde es denn dauern, wenn in Budenheim der Priester allein die Kommunion austeilt? Wie viele Minuten müßte man zusetzen? 5 Minuten? 10 Minuten? Ist das zu lange? Ich fürchte, daß hinter der massenweisen Beauftragung von Laien mit der Kommunionspendung eine Ideologie steht, nämlich die Ideologie, das Priestertum herabzustufen und den Laienstand emporzuheben. Dazu ist allerdings die Kommunionausteilung kein geeignetes Mittel. Denn in der Kommunion ist der Herr wehrlos, hat er sich in die Hände des Kommunionspenders gegeben. Und deswegen muß dieses Sakrament mit höchster Ehrfurcht und mit höchster Vorsicht ausgeteilt werden.

Der Empfänger der heiligen Kommunion ist der Mensch im Pilgerstande, der die Taufe empfangen hat. Der Mensch im Pilgerstande. Also scheiden Verstorbene aus. Es ist auch das schon versucht worden, Verstorbenen die Kommunion in den Mund zu legen, aber das ist ein Mißbrauch. Der Mensch im Pilgerstande ist Empfänger der Kommunion, und zwar nur der Getaufte. Warum nur der Getaufte? Die Kommunion ist das Opfermahl; sie wächst aus dem Mahlopfer heraus. Wer die Kommunion empfängt, der hat zuvor am Mahlopfer teilgenommen. Am Mahlopfer kann man aber nur teilnehmen, wenn man getauft ist, wenn man die Christuszüge eingeprägt bekommen hat. Nur wer Christus verähnlicht ist, kann mit ihm am Opfer teilnehmen. Und deswegen kann auch nur der, welcher die Christuszüge in der Taufe empfangen hat, das Opfermahl empfangen. Dasselbe Ergebnis findet man, wenn man einen anderen Gedankengang verfolgt. Die heilige Kommunion will ja das göttliche Leben stärken. Also muß es vorhanden sein. Es ist aber vorhanden, wenn einer die Taufe empfangen hat und die Taufunschuld bewahrt hat. Dann ist er im Gnadenstand und kann die heilige Kommunion empfangen.

Es muß aber noch ein letztes Erfordernis erwähnt werden. Nicht jeder Getaufte ist fähig, die heilige Kommunion in der katholischen Kirche zu erhalten, sondern nur der Getaufte, der in Verbindung mit der Kirche steht, der sich in Gemeinschaft mit der Kirche befindet, das heißt nur derjenige Getaufte, der den katholischen Glauben angenommen hat und festgehalten hat und in ihm steht, und nur jener Getaufte, der sich in der Gemeinschaft der Kirche befindet, sich also nicht von ihrem Lehramt und Hirtenamt getrennt hat und auf diese Weise von der Kirche geschieden hat. Es ist ein Mißbrauch, nicht zur katholischen Kirche gehörigen Getauften das heiligste Sakrament zu spenden.

Vom gültigen Empfang der Kommunion ist der fruchtbare Empfang zu unterscheiden. Gültig empfängt das Sakrament ein jeder Getaufte, weil eben das Sakrament in sich objektiv den Leib und das Blut des Herrn enthält. Aber fruchtbar empfängt nur derjenige das Sakrament, der es würdig empfängt. Die Würdigkeit besteht darin, daß der Empfänger frei von schwerer Sünde ist. Gegen die Irrtümer Luthers hat das Konzil von Trient folgendes ausgesagt: „Wer sagt, der bloße Glaube sei eine hinreichende Vorbereitung auf den Genuß des Sakramentes der heiligsten Eucharistie, der sei ausgeschlossen.“ Das eben hatte Luther gesagt: Der Glaube genügt, man braucht nichts außer dem Glauben. „Wer sagt, der bloße Glaube sei eine hinreichende Vorbereitung auf den Genuß des Sakramentes der heiligsten Eucharistie, der sei ausgeschlossen.“ Das Konzil von Trient fährt dann fort: „Damit ein so hohes Sakrament nicht unwürdig und so zum Tod und zur Verdammung genossen werde, so bestimmt und erklärt diese heilige Kirchenversammlung, daß diejenigen, die das Gewissen einer schweren Sünde beschuldigt, wie sehr sie auch glauben die Reue zu haben, doch notwendig vorher die sakramentale Beichte ablegen müssen, wenn sie einen Beichtvater erreichen können. Wer es sich anmaßt, das Gegenteil zu lehren, zu predigen, hartnäckig zu behaupten oder auch bei öffentlicher Disputation zu verteidigen, der sei ohne weiteres ausgeschlossen.“

Es gibt also ein Mittel, um die Würdigkeit zu erreichen, die für den Empfang des eucharistischen Opfersakramentes erfordert ist. Dieses Mittel ist die heilige Beicht. Die heilige Beicht besteht aus verschiedenen Bestandteilen, von denen der wichtigste die Reue ist. Die Reue verleiblicht sich im Bekenntnis. Die Reue enthält zwei Bestandteile, nämlich Abscheu vor der Sünde und Vorsatz, sie nicht mehr zu begehen. Nun lehrt das Konzil im Einklang mit der gesamten katholischen Lehrtradition, daß durch vollkommene Reue, verbunden mit der Absicht, daß Bußsakrament zu empfangen, schwere Sünden vergeben werden. Es kann also tatsächlich der Fall eintreten, daß jemand nur mit vollkommener Reue, ohne gebeichtet zu haben, das eucharistische Opfersakrament empfängt, nämlich wenn er keinen Beichtvater erreichen kann. Der englische Schriftsteller Graham Greene schildert einen solchen Fall. In der Zeit der Kirchenverfolgung in Mexiko war ein Priester unter vielen Verkleidungen tätig, um die Gläubigen mit dem Worte des Heiles und mit dem Brot des Lebens zu versehen. Aber er selber war in eine schwere Sünde gefallen. Er konnte keinen Beichtvater erreichen, der ihn losgesprochen hätte. Er mußte sich also mit der vollkommenen Reue begnügen, wenn er das Meßopfer feierte und die heilige Kommunion empfing. Jedermann sieht ein, daß in diesem Ausnahmefalle die vollkommene Reue mit dem festen Wunsch, die Beichte zu empfangen, genügen muß.

Wenn der Empfänger, mit schwerer Sünde belastet, die heilige Kommunion empfängt, dann begeht er eine schwere Sünde, eine weitere schwere Sünde. In der alten Kirche rief der Diakon vor der Kommunionausteilung: „Das Heilige den Heiligen!“ Damit wurde angedeutet, daß eben nicht ein jeder hinzutreten solle, sondern nur, wer frei von schwerer Sünde ist. Kein anderer als der Apostel Paulus hat diesen Zusammenhang deutlich den Korinthern vorgehalten: „Wie ihr es macht“, sagt er, „das Abendmahl, das Herrenmahl zu halten, das kann ich nicht loben. Bei euren Zusammenkünften heißt es nicht mehr: Des Herren Abendmahl halten, nimmt doch ein jeder sein eigenes Mahl beim Essen vorweg. Der eine hungert, der andere ist betrunken. Habt ihr denn nicht Häuser zum Essen und Trinken? Was soll ich sagen? Soll ich euch loben? Hier kann ich euch nicht loben.“ Und dann erklärt er, wie der Herr das eucharistische Opfer eingesetzt hat in der Nacht, da er verraten wurde, und er erklärt, daß dadurch der Tod des Herrn verkündet wird, weil eben Leib und Blut des Herrn im Opferzustande gegenwärtig werden. „Wer dieses Brot ißt oder den Kelch trinkt und das unwürdig tut, der ist schuldig des Leibes und des Blutes des Herrn. Darum prüfe sich ein jeder selbst, und so esse er von diesem Brot und trinke von dem Kelch. Denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet“, nämlich von Alltagsbrot, von gewöhnlichem Brot. Und er führt die vielen Krankheits- und Todesfälle in Korinth auf die unwürdige Kommunion zurück. Das sind Strafen Gottes für die unwürdigen Kommunionen, so erklärt der Apostel. Jede Sünde, jede schwere Sünde verwundet den Leib Christi, und jede schwere Sünde macht kommunionunwürdig. Wer deswegen sich einer schweren Sünde bewußt ist, muß vorher vollkommene Reue erwecken und das Bußsakrament empfangen. Die Kirche hat es in ihrem Gesetzbuch noch einmal festgeschrieben: „Wer sich einer schweren Sünde bewußt ist, darf ohne vorhergehende Beichte die Messe nicht feiern (das geht den Priester an) und nicht den Leib des Herrn genießen, wenn nicht ein schwerer Grund da ist und die Gelegenheit zu beichten fehlt.“ Wenn nicht ein schwerer Grund da ist und die Gelegenheit zu beichten fehlt. „In diesem Falle muß er sich erinnern, daß er verpflichtet ist, einen Akt vollkommener Reue zu erwecken, der die Absicht einschließt, baldmöglichst zu beichten.“ Die vollkommene Reue ist jene Reue, meine lieben Freunde, die aus der vollkommenen Liebe hervorgeht. Wem die Sünden leid tun um des Herren willen, weil er den Herrn gekränkt, betrübt, beleidigt hat, der hat vollkommene Reue.

Bei der unwürdigen Kommunion kann es Fälle geben, die die Sünde nicht entschuldigen, die aber die Schuld mindern. Was halten Sie, meine lieben Freunde, von folgendem Fall? Ein Ehemann ist rasend, krankhaft eifersüchtig auf seine Ehefrau. Er ist mißtrauisch und verdächtigt sie, daß sie mit einem anderen Mann etwas zu tun haben könnte. Um sicher zu sein, daß das nicht der Fall ist, geht die Frau sonntäglich mit ihm zur heiligen Kommunion. Sie tut es, Gott sei es geklagt, auch dann, wenn sie besser nicht zur Kommunion ginge. Man wird zugeben müssen, daß hier die Schuld gemindert ist. Ich sage nicht, daß dieses Verhalten zu entschuldigen ist, ich sage nur, die Schuld ist gemindert.

Manchmal fragen die Menschen: Ja, wie ist es denn mit der Kommunion des Judas? Ist Judas der erste unwürdige Kommunikant? Ich glaube es nicht, und zwar deswegen, weil er die Kommunion nicht empfangen hat. Der Herr gab dem Judas einen Bissen, um ihn als Verräter zu kennzeichnen und die Gemeinschaft mit ihm aufzuheben. Diesen Bissen überreichte ihm der Herr bei der Vorspeise, nicht bei der Hauptmahlzeit, also zu einem Zeitpunkt, wo die eucharistische Feier noch gar nicht eingesetzt war. Infolgedessen konnte Judas auch nicht unwürdig die Kommunion empfangen, denn er stürzte alsbald hinaus, um sein trauriges Werk zu verrichten. Danach erst setzte der Herr die Eucharistie ein.

Außer der Würdigkeit bedarf es zur Kommunion auch der rechten Absicht. Man darf also nicht deswegen zur Kommunion gehen, um nicht aufzufallen, um nicht zurückzubleiben, um nicht in der Bank sitzen zu bleiben. Das sind keine genügenden Motive, um die Kommunion zu empfangen, sondern die rechte Absicht muß sein, sich mit dem Herrn zu vereinigen und dadurch Kraft für das alltägliche Leben zu gewinnen. Die Kirche schreibt auch für die Kommunion die Nüchternheit vor. Die heutige Bestimmung sieht vor, daß die Nüchternheit auf eine Stunde vor dem Empfang der Kommunion – also nicht vor Beginn der Messe – beschränkt ist. Das ist wenig, aber es ist immerhin noch etwas. Wir Älteren wissen, daß früher die Bestimmung galt: Von Mitternacht an darf nichts genossen werden, wenn man die heilige Kommunion empfangen will. Auch damals gab es Ausnahmen. Ich war Kaplan in einem kleinen Ort in der Niederlausitz, in dem sich ein Bergwerk befand, ein Kohlebergwerk. Eines Tages kam ein braver, frommer Familienvater zu mir und sagte: „Wissen Sie, wenn ich Schicht habe, da kann ich nicht von 12 Uhr nachts bis früh ohne einen Schluck Kaffee zu sein. Ich muß etwas trinken. Es ist ja staubig da unten und heiß.“ Ich sagte: „Lieber Freund, unter diesen Umständen sind Sie nicht zur Nüchternheit verpflichtet.“ Hier geht die Absicht, die gute Absicht, den Leib des Herrn zu empfangen, dem Nüchternheitsgebot vor. Das ist eine Gesetzeskollision, und bei einer Gesetzeskollision  weicht das niedere Gesetz dem höheren. Daß man vor der Kommunion nichts essen soll, hängt nicht damit zusammen, daß das Essen den Menschen verunreinigt. Der Sinn des Nüchternheitsgebotes liegt darin, daß die Verschiedenheit, die Andersartigkeit, die Erhabenheit der eucharistischen Speise dadurch dokumentiert werden soll. Sie konkurriert eben nicht mit Brot und anderen Lebensmitteln; sie ist einzigartig in ihrer Qualität. Deswegen ist die Nüchternheit eingeführt worden, daß man den Leib des Herrn unterscheidet von anderer Speise.

Im heiligsten Augenblick der heiligen Messe, meine lieben Freunde, nämlich vor dem Empfang der Kommunion, betet der Priester und mit ihm das ganze Volk ein ergreifendes Gebet. Es richtet sich auf die folgende Vereinigung mit dem Heiland: „Der Genuß deines Leibes und Blutes, o Herr, gereiche mir nicht zum Gericht und zur Verdammnis, sondern zum Schutz für Leib und Seele und zu meiner Heilung.“ In diesem Gebet ist ausgesprochen, wie wir zum Tisch des Herrn schreiten sollen: in tiefer Zerknirschung, mit echter Reue, mit edlem Verlangen den Herrn würdig aufzunehmen, sein Tischgenosse zu sein, sein Mahlgenosse zu werden, um mit ihm den Pilgerweg bis zum letzten Tage zu gehen.

Amen.

 

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