Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
11. März 2001

Die Empfänger der Sakramente

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Gott ist der Schöpfer und Herr des Alls. Alle Geschöpfe sind ihm unterworfen. Alle Menschen sind auf ihn hingeordnet. Keinem Menschen ist er ein Fremder. Die Hinordnung aller Menschen auf Gott ist aber zunächst gleichsam eine tote. Sie muß lebendig werden durch die Gnade, durch die Lebensgemeinschaft mit Gott. Der Weg dazu sind normalerweise die Sakramente, näherhin die Taufe. Wir haben daher heute die Aufgabe, vom Empfänger der Sakramente zu sprechen. Für den Empfang der Sakramente sind drei Erfordernisse notwendig, 1. die Befähigung, 2. der Wille und 3. die Bereitschaft für Gott.

An erster Stelle muß man befähigt sein, ein Sakrament zu empfangen. Befähigt ist nur ein Mensch. Sagen Sie nicht: Das brauchst du uns nicht zu erklären, das wissen wir. Es ist in deutschen Landen vorgekommen, daß ein nichtkatholischer Geistlicher ein Kalb getauft hat. Nur ein Mensch ist geeignet, Sakramente zu empfangen, näherhin nur ein lebender Mensch. Auch da spreche ich keine Selbstverständlichkeit aus. Schon im 1. Korintherbrief ist die Rede davon, daß sich manche für Tote taufen lassen; eine Totentaufe wird da bezeugt. Nein, nur der Mensch im Pilgerstande ist befähigt, das Sakrament der Taufe zu empfangen. Um Sakramente zu empfangen, muß man dazu befähigt sein. Ein weiteres Erfordernis ist die Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft derer, in der die Sakramente gespendet werden. Also normalerweise braucht es die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche, um Sakramente dieser Kirche zu empfangen; denn es sind das eben Gaben derer, die drinnen sind, nicht für solche, die draußen sind.

Freilich hat die Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Tür einen Spalt weit geöffnet. Im Kirchlichen Gesetzbuch, das an das Zweite Vatikanische Konzil anknüpft, heißt es: „Wenn Todesgefahr besteht oder eine andere schwere Notlage dazu drängt, spenden katholische Spender diese Sakramente (nämlich Buße, Eucharistie und Krankensalbung) erlaubt auch den übrigen nicht in der vollen Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehenden Christen.“ Jetzt kommen die Bedingungen: „die erstens einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können, die zweitens von sich aus darum bitten, und die drittens bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden, und viertens in rechter Weise disponiert sind.“ Wann also dürfen katholische Spender – katholische Priester – nichtkatholischen Christen Sakramente spenden? Nur in Todesgefahr oder in einer schweren Notlage. Dazu müssen aber vier Bedingungen erfüllt sein, nämlich daß die betreffenden Nichtkatholiken einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können. Nun muß man natürlich fragen: Was soll denn ein Protestant bei einem Spender seiner eigenen Gemeinschaft, der die genannten Sakramente nicht gültig spenden kann? Zweitens: Sie müssen von sich aus darum bitten. Sie sollen also nicht aufgefordert oder gar gedrängt werden. Drittens: Sie müssen bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekennen. Da ist zu fragen: Warum wird ein Protestant nicht katholisch, wenn er den katholischen Glauben an die erwähnten Sakramente bekennt? Ich habe immer an dieser Bestimmung des Kirchlichen Gesetzbuches Anstoß genommen, ich bekenne es offen, weil mir hier peinliche Unwahrscheinlichkeiten präsentiert werden. Schließlich müssen sie in rechter Weise disponiert sein, also sie müssen in rechter Weise vorbereitet sein. Wie soll das möglich sein? Der Protestant ist ja gelehrt, daß das Abendmahl die Sünden vergibt, daß man also mit schweren Sünden zum Abendmahl gehen kann. Das ist genau das Gegenteil von der katholischen Lehre, wonach man eben von schweren Sünden frei sein muß, wenn man die heilige Kommunion empfangen will. Also ich kann, von Einsicht und Gewissen gezwungen, nichts anderes sagen als: Hier werden Widersprüchlichkeiten vorgelegt, auch wenn es im Gesetzbuch der Kirche geschieht.

Auch nicht jeder katholische Gläubige ist fähig, Sakramente zu empfangen. Ein Kind ist vor der Erlangung des Vernunftgebrauches nicht fähig, das Bußsakrament zu empfangen. Es hat ja keine Sünden, also kann es auch nicht das Bußsakrament empfangen. Ein Mensch, dessen Magen die heilige Kommunion nicht verträgt, kann nicht die heilige Kommunion empfangen. Ein Kranker, der nicht in Lebensgefahr ist, kann nicht die Krankensalbung empfangen. Die Krankensalbung wird nur dem gespendet, der in Lebensgefahr ist. Wer nicht in Lebensgefahr ist, empfängt das Sakrament nicht gültig. Er ist kein fähiges Subjekt, die Krankensalbung, die Letzte Ölung, zu empfangen. Die Krankensalbung ist keine Gesundensalbung und auch keine Altensalbung. Und schließlich kann eine Frau die Weihe nicht empfangen. Der Logos, Christus, ist erschienen als Mann, und der Priester vertritt den Logos; deswegen ist es zwingend vorgeschrieben, daß die Weihe nur an Männer erteilt wird. Das also sind die Bedingungen, um fähig zu sein, ein Sakrament zu empfangen.

Das zweite Erfordernis ist die Absicht oder der Wille, das Sakrament zu empfangen. Gott drängt seine Gaben den Menschen nicht auf, er appelliert an ihren Willen, an ihre Sehnsucht, an ihr Verlangen, sich mit ihm im Sakrament zu vereinigen. Deswegen ist der Wille notwendig. Es darf deswegen keine Zwangstaufe geben. Gewiß haben weltliche Herrscher manchmal ihren Völkerschaften die Taufe verordnet. Wir wissen, daß Karl der Große die Sachsen zwangstaufen ließ. Diede Taufen waren natürlich ungültig. Wenn immer jemand keinen Willen hat, eine Taufe zu empfangen, dann wird die Taufe ihm auch nicht gültig gespendet. Es muß die Absicht da sein, sie zu empfangen. Freilich könnte jemand sagen: Wie ist es denn mit den Kindern, mit den unmündigen Kindern, mit den Säuglingen, die ja auch getauft werden? Dazu ist zu bemerken: Die Sakramente sind Geschenke Gottes, und er will sie denen nicht vorenthalten, die noch keinen Willen äußern können. Für sie treten die Eltern oder die Vormünder ein. Außerdem gibt es eine Stellvertretung, und diese Stellvertretung ist ein durchgehendes Gesetz im Christentum. Sie gilt auch für die Kindertaufe.

Der Wille muß vor allem auch vorhanden sein bei der Ehe. Manchmal wundern sich Christen, daß die kirchlichen Gerichte nach zwei, drei, vier, fünf Jahren Eheleben eine Ehe für ungültig erklären. Ist das nicht ein Trick? Nein, es ist kein Trick. Die Kirche, die kirchlichen Richter forschen sorgfältig nach, wie und ob eine Ehre zustande gekommen ist. Damit eine Ehe zustande kommt, sind bestimmte Bedingungen erforderlich. Es muß der Ehewille da sein, der Ehewille muß erklärt sein, die Ehewillenserklärung muß in der gehörigen Form vor dem entsprechenden Diener der Kirche geschehen. Wenn eines dieser Erfordernisse fehlt, kommt die Ehe nicht gültig zustande. Das weiß man manchmal erst im Nachhinein, denn der Ehewille ist etwas Verborgenes. Er ruht in der Brust. Es kann jemand eine Erklärung des Ehewillens abgeben, die nicht mit seinem inneren Ehewillen übereinstimmt. Er kann eine Bedingung gegen das Wesen der Ehe machen: Ich verheirate mich nur unter der Bedingung, daß ich noch einen Freund nebenbei unterhalten kann. Eine solche Ehe wäre ungültig, auch wenn die Bedingung nur im Herzen verschlossen war. Oder wenn jemand nicht den vollständigen Ehewillen haben würde, also die Ehe nicht so schließen will, wie sie nach Gottes Willen geschlossen werden muß: Ich schließe mit dir die Ehe, ich will mich dir übergeben, aber so, daß keine Kinder kommen. Eine solche Ehe wäre nicht zustande gekommen. Deswegen brauchen Sie nicht, meine lieben Freunde, überrascht zu sein, wenn manchmal nach Jahren erst aufkommt, daß jemand einen geheimen Vorbehalt gegen das Wesen der Ehe gesetzt hat, der natürlich auch bewiesen werden muß. Der Beweis ist manchmal schwer, ja sogar gelegentlich unmöglich, aber daß so etwas vorkommt, das wissen wir Priester aus Erfahrung. Es muß ein Sakrament mit dem Willen, mit dem ungeschmälerten und unverkürzten Willen, es zu empfangen, vom Empfänger begehrt werden.

Das dritte Erfordernis des Empfanges ist die Bereitschaft für Gott. Man kann ein Sakrament gültig empfangen und doch nicht würdig. Es gibt Sakramente der Toten und Sakramente der Lebendigen. Sakramente der Toten sind solche, die den Gnadenstand nicht voraussetzen, also etwa Bußsakrament und Taufe. Sie sollen ja den Gnadenstand herbeiführen, also können sie ihn nicht voraussetzen. Ja, gerade der schwere Sünder soll den Weg zum Bußsakrament finden, damit ihm seine Sünden vergeben werden und er wieder in die Lebensgemeinschaft mit Gott aufgenommen wird. Ähnlich ist es bei der Taufe. Wenn ein Erwachsener getauft wird, muß er Reue haben. Wenn er keine Reue hat, empfängt er zwar die Taufe gültig; er ist damit in die Christusgemeinschaft der Christusbildlichkeit nach aufgenommen, aber die persönlichen Sünden sind ihm nicht vergeben. Persönliche Sünden werden nur vergeben, wenn Reue vorhanden ist.

Bei den Sakramenten der Lebendigen ist es anders; da wird der Gnadenstand vorausgesetzt, also bei Eucharistie, Firmung, Weihe, Ehe. Diese Sakramente setzen den Gnadenstand voraus. Man darf sich ihnen nur nahen, wenn man im Zustand der heiligmachenden Gnade ist. Deswegen sagt das Kirchliche Gesetzbuch: „Wer sich einer schweren Sünde bewußt ist, darf ohne vorherige sakramentale Beichte die Messe nicht feiern (das geht den Priester an) und nicht den Leib des Herrn empfangen (das geht die Gläubigen an), außer es liegt ein schwerwiegender Grund vor, und es besteht keine Gelegenheit zur Beichte. In diesem Falle muß er sich der Verpflichtung bewußt sein, einen Akt der vollkommenen Reue zu erwecken, der den Vorsatz mit einschließt, sobald wie möglich zu beichten.“ Also: Normalerweise muß die schwere Sünde durch die vorherige Beicht getilgt werden. Nur wenn es unmöglich ist zu beichten, etwa bei Soldaten, die ins Gefecht gehen, die die Beichte nicht mehr ablegen können, dann darf man sich mit einem Akt vollkommener Reue begnügen, der den Vorsatz einschließt, sobald wie möglich die Sünden der Schlüsselgewalt der Kirche zu unterbreiten.

Gegen unwürdigen Sakramentenempfang haben schon die Apostel Stellung genommen. Der heilige Apostel Petrus hat in seinen Predigten immer gemahnt, vor dem Empfang der Taufe sich zu bekehren: „Bekehret euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen.“ Also der Taufe geht voran die Bekehrung. „Bekehret euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen im Namen Jesu Christi zur Vergebung der Sünden.“ An einer anderen Stelle sagt Petrus: „So tut nun Buße und bekehret euch, damit eure Sünden getilgt werden.“ Es muß eben der Taufe – und in dieser Zeit geht es ja immer um Erwachsene, die getauft werden – die Bekehrung, d. h. die Abkehr von der Sünde und die Hinkehr zu Gott vorausgehen, damit die Taufe alle ihre Wirkungen entfalten kann. Der Apostel Paulus hat dann eigens das Erfordernis der Würdigkeit bei der Eucharistie hervorgehoben. Er rügt die Korinther: „Bei euren Zusammenkünften heißt es nicht mehr, des Herrn Abendmahl halten, nimmt doch ein jeder sein eigenes Mahl beim Essen vorweg. Der eine hungert, während der andere betrunken ist. Habt ihr denn nicht eure Häuser zum Essen und Trinken? Oder verachtet ihr die Kirche Gottes und beschämt die, welche nichts haben?“ Und dann sagt er: „Wer unwürdig das Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der ist schuldig des Leibes und Blutes des Herrn. Darum prüfe jeder sich selbst, und so (nämlich nach der Prüfung) esse er von dem Brote und trinke aus dem Kelche; denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet.“ Wir sehen, es muß zu dem Willen, das Sakrament zu empfangen, auch die rechte Bereitung hinzukommen.

Wenn in der Gegenwart versucht wird – ich erinnere an diesen unseligen Hirtenbrief der Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz –, die Erfordernisse des würdigen Empfanges der Eucharistie herabzuschrauben, dann ist das ein Tun, gegen das der Glaube der Kirche aufstehen muß. Wir wissen, daß unser Heiliger Vater eingegriffen hat, um diesem verderblichen Weg ein Ende zu bereiten. Wir wollen uns ja doch nicht am Leibe des Herrn vergiften. Was uns zum Heile eingesetzt ist, das darf nicht zum Unheil ausschlagen. Die Sakramente dienen denen, die sie in der rechten Weise gebrauchen, zum Heil. Aber sie gereichen denen, die sie mißbrauchen, zum Unheil, zum Verderben. Je würdiger einer zu den Sakramenten hinzutritt, um so mehr Gnade empfängt er. Die Sakramente wirken nach dem Maße der Vorbereitung, der Disposition des Empfängers.

An uns ist es, diese Erfordernisse nach besten Kräften zu erfüllen. Zwischen Leichtfertigkeit und Überängstlichkeit liegt die rechte, gesunde, normale, von der Besonnenheit eingegebene Vorbereitung auf den Empfang der Sakramente. Wir wollen in ihnen Christus begegnen. Wir wollen ihm begegnen mit einem bereiteten Herzen, mit einem Herzen voll Sehnsucht, voll Liebe, voll Dankbarkeit, aber auch mit einem Herzen, das zerknirscht ist und demütig ob der Schuld, die uns auf der Seele liegt. Wenn wir so die Sakramente empfangen, werden sie uns Meilensteine auf dem Wege zum Himmel.

Amen.

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