Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
13. Juni 2011

Erfüllt vom Geist des Herrn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Man kann in einem richtigen Sinne sagen: Das Christentum ist die Religion des Heiligen Geistes. Christentum und Heiliger Geist gehören untrennbar zusammen. Im Leben Jesu läßt sich das Wirken und das Wesen des Heiligen Geistes deutlich erkennen. Schon bei seiner Empfängnis war der Heilige Geist am Werke. Der Engel verkündete Maria: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten. Darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren wird, Sohn Gottes genannt werden.“ Was soll dieser Unfug, von Joseph als dem biologischen Vater Jesu zu sprechen? Was soll ein solcher Unfug, wenn der Heilige Geist gewirkt hat, wenn der Heilige Geist geschaffen hat, was in Maria entstanden ist? Und Joseph wurde vom Heiligen Geist belehrt, was er zu verstehen nicht fähig war: „Scheue dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen, denn was sie empfangen hat, das stammt vom Heiligen Geiste.“

Der Heilige Geist ist das Leitmotiv des ganzen Lebens Jesu. Schon seine erste Umgebung war vom Heiligen Geiste erfüllt. Johannes der Täufer, so heißt es, war vom Mutterleibe an vom Heiligen Geiste erfüllt. Und in der Kraft des Heiligen Geistes verkündete er die Bußtaufe und bereitete den Weg dessen, der nach ihm kommen sollte. „Als er heranwuchs, erstarkte er im Geiste“, so heißt es in der Heiligen Schrift. Auch sein Vater Zacharias war vom Heiligen Geiste erfüllt und prophezeite die Ankunft des Messias: „Der Herr hat sein Volk heimgesucht und ihm Erlösung gebracht“ – eben durch das Erscheinen des Messias Jesus von Nazareth.

Und so ging es weiter. Der greise Simeon im Tempel war vom Heiligen Geiste erfüllt. Er lebte im Heiligen Geiste, und der Heilige Geist hatte ihm geoffenbart, er werde nicht sterben, bevor er das Heil Israels geschaut hatte. Und so geschah es. „Nun entlässest du, Herr, deinen Diener in Frieden, denn meine Augen haben geschaut dein Heil, das du bereitet hast vor dem Angesichte aller Völker.“ Die greise Anna, die ebenfalls im Tempel erschien, wußte durch den Heiligen Geist, dass dieses Knäblein bestimmt war, sein Volk zu erlösen. Sie erkannte im Jesuskind den erwarteten Erlöser. An den Zeitungsständen kann man lesen: „Spiegel-Leser wissen mehr.“ Wir Christen dürfen sagen: Und Geisterfüllte wissen noch mehr!

Als Johannes Jesus taufte, öffnete sich der Himmel, und er sah den Heiligen Geist wie etwas Taubenähnliches auf ihn herabkommen. Eine Stimme vom Himmel ertönte: „Dieser ist mein geliebter Sohn. An ihm habe ich Wohlgefallen gefaßt.“ Hier erfolgte die Amtseinsetzung Jesu als Messias, und diese Amtseinsetzung geschah im Zeichen des Heiligen Geistes. Er erhielt den Heiligen Geist und die Wunderkraft, und nicht nur teilweise, nein, er erhielt ihn in der Fülle, in der Fülle, wie kein Mensch ihn jemals empfangen konnte. Die Apostel haben diese Wahrheit gepredigt. Der heilige Petrus hat den Heiden verkündet in Cäsarea: „Gott hat Jesus von Nazareth mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt.“

Als Messias besitzt er die Fülle des Geistes, vorausgesagt vom Propheten Isaias. In dem berühmten 11. Kapitel seines Buches, da verkündet er: „Ein Reis wird sprossen aus der Wurzel Jesse. Ein Schößling bricht hervor aus seiner Wurzel. Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Wahrheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn.“ In der Kraft dieses Geistes kehrte Jesus von der Taufe im Jordan nach Galiläa zurück und nahm seine öffentliche Tätigkeit auf. In der Synagoge von Nazareth eröffnete er seine Predigt mit dem Wort aus dem Propheten Isaias: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich gesalbt hat, den Armen die Frohbotschaft zu bringen, hat er mich gesandt, zu heilen die zerbrochenen Herzens sind, den Gefangenen Befreiung und den Blinden das Augenlicht zu verkünden.“

Auf Jesus trifft alles das zu, was der Prophet Isaias vom Knecht Gottes vorhergesagt hat: „Siehe mein Knecht“, so heißt es im 42. Kapitel, „den ich erwählt habe. Ich lege meinen Geist auf ihn. Er wird den Völkern das Recht verkünden, das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ Das ist das Wirken des Geistes. In der Kraft des Geistes hat Jesus seine Wundertätigkeit begonnen und ausgeübt. Einmal heilte er einen Besessenen unter aufsehenerregenden Umständen. Alle, die es sahen, überfiel der Schrecken, und sie sagten zueinander: „Wer ist das doch, mit Macht und Geist und Kraft gebietet er den Geistern, und sie fahren aus?“ Wenn ein Stärkerer über den Starken kommt, dann muss der Starke weichen. Die Kraft des Herrn war in ihm zum Heilen. Das war damals, als er den Gelähmten heilte, den man durch das Dach des Hauses herabließ. Die Kraft des Herrn war in ihm wirksam zum Heilen. Und er heilte ihn. Der Kranke nahm das Bett und ging nach Hause, und die Zuschauer waren entsetzt: „Wir haben heute unglaubliche Dinge gesehen“, so sagte sie. Ja. so ist es. Bei Gott, beim Heiligen Geist ist kein Ding unmöglich. Die Kranken strömten ihm zu. Alles Volk suchte ihn zu berühren, denn eine Kraft ging von ihm aus und heilte alle. Es war die Kraft des Heiligen Geistes. Einmal heilte er einen Taubstummen. Er gab dem Taubstummen die Sprache und das Gehör zurück. „Die Anwesenden gerieten außer sich vor Staunen“, so heißt es beim Evangelisten Markus. „Er hat alles wohl gemacht; die Tauben läßt er hören, und die Stummen läßt er reden“ in der Macht des Geistes. Den Jüngern vermachte er seine Geisteskraft, als er sie aussandte, Mission zu betreiben, und sie kamen zurück und berichteten, wie sie Wunder gewirkt hatten, wie die bösen Geister ihnen gehorchen. Da jubelte Jesus im Geiste und sprach: „Ich preise dich, Vater im Himmel, dass du dieses vor Weisen und Klugen verborgen, aber den Kleinen geoffenbart hast.“ In der Kraft des Geistes wählte er seine Apostel aus, auch den Judas. Er mußte den Willen des Vaters vollziehen. Es sollte unter den Zwölfen ein Verräter sein, damit alle, die nach ihm kommen in 2000 Jahren Kirchengeschichte, nicht erschrecken, wenn der Verrat in der Kirche blüht!

Jesus wurde auch vom Geiste in die Wüste geführt, um vom Teufel versucht zu werden. Von welchem Geiste? Natürlich vom Heiligen Geiste. Der Heilige Geist hat ihn in die Wüste geführt, damit er versucht würde. Gott wollte, dass der Messias sich gegen den Satan durchsetze, dass er ihn besiege, und er hat es getan in dem Duell mit Worten aus der Heiligen Schrift. Der Heilige Geist gab ihm ein, was er dem Versucher erwidern sollte. Seit dem Sieg Christi über den Satan und über die Sünde, meine lieben Freunde, sprechen wir bei jeder Taufspendung: „Weiche, unreiner Geist, und gib Raum dem Heiligen Geiste!“ Seit dem Sieg über den Satan werden die Menschen aus Wasser und Geist neu geboren. Die Getauften sind Geistträger.

Der Geist steht in unversöhnlichem Gegensatz zum Satan. Einmal machten ihm die Gegner den Vorwurf: Ja, er treibt die Teufel aus, aber durch den obersten der Teufel. Jesus entgegnete: Was redet ihr denn da für einen Stuß? Wie kann ein Reich bestehen, wenn der Oberste gegen seine Söldner selber zu Felde zieht? Dann zerfällt es doch. Es ist ausgeschlossen, dass der Satan gegen den Satan kämpft. Die Teufel halten zusammen, ebenso die Satansanhänger. Wenn ich aber den bösen Geist durch den Geist Gottes austreibe, dann ist wahrhaftig das Reich Gottes zu euch gekommen. Jawohl, Reich Gottes und Geist Gottes gehören zusammen. Die Geistträger sind Anwärter auf das Reich Gottes, ja die Geistträger sind Reichsbürger, Bürger im Reiche Gottes.

Johannes hatte schon vorausverkündet, es werde einer kommen, der stärker ist als er. „Ich habe euch mit Wasser getauft. Er wird euch mit Heiligen Geiste taufen.“ Jesus hat den Seinen den Geist verheißen, und er hat ihn ihnen gesandt. Er hat ihnen den Geist gesandt am Pfingstfeste, wo er unter Brausen und unter Feuerflammen auf die Apostel herniederkam. Und er hat ihnen auch etwas vorausgesagt, was der Geist in ihnen zu tun vermag. „Wenn man euch den Gerichten ausliefert, so macht euch vorher keine Sorgen, was ihr reden sollt, sondern was euch in jener Stunde eingegeben wird, das redet, denn nicht ihr seid es, sondern der Geist ist es, der in euch redet.“

Diese Verheißung, meine lieben Freunde, hat Gott, hat der Heilige Geist in der Kirchengeschichte wahrhaft erfüllt. Als die Jungfrau Cäcilia, die wir ja verehren als Martyrin, vor dem Stadtpräfekten stand, da fragte er sie: „Wie heißt du?“ Da gab sie zur Antwort: „Vor den Menschen heiße ich Cäcilia. Mein wahrer Name aber ist Christin.“ In den Schauprozessen der Sowjetunion haben viele Priester Zeugnis abgelegt von Christus. Einmal standen dreizehn Priester und zwei Bischöfe vor Gericht. Der Richter, ein abgefallener orthodoxer Priester, fragte sie, ob sie auch in Zukunft Gottesdienst halten und Kinderlehre halten würden. Sie antworteten: „Wir werden es auch künftig tun.“ Dann fragte er den jüngsten der Priester, 33 Jahr alt: „Kennen Sie nicht den Artikel 121 unseres Strafgesetzbuches, der Ihre Tätigkeit verbietet?“ Der Priester antwortete: „Ich kenne ihn.“ „Werden Sie von jetzt an die Gesetze unseres Landes achten?“ Da gab der Priester zur Antwort: „Gewissensrecht bricht Staatsrecht. Ich werde Gott mehr gehorchen als den Menschen!“

Der Heilige Geist wirkt in den Menschen, die sich ihm öffnen. In der jüngsten Nummer der Sonntagszeitung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die ich hier vor mir habe, ist ein Interview abgedruckt zwischen einem Journalisten namens Seidel und dem uns bekannten katholischen Journalisten Matthias Matussek. Der Journalist Seidel fragte ihn natürlich in aggressiver Weise, ich möchte sagen: fast in unverschämter Weise. Aber Matussek zeigte sich seinen Fragen gewachsen. „Ich bin immer gern zur Beicht gegangen“, sagte er, „und danach habe ich mich entlastet gefühlt. Dass einem vergeben wird, das ist ein wunderbares Sakrament, die Psychoanalyse in Kurzform. Das erspart zehn Jahre auf der Couch.“ Der Journalist war davon gar nicht angetan. „Ich habe aufgehört“, sagte er, „zur Beichte zu gehen, als ich anfing zu sündigen. Ich wollte nicht um Vergebung dafür bitten, dass ich geknutscht hatte.“ Was antwortete Matussek? „Das ist doch keine Sünde. Darüber lacht jeder verständige Beichtvater.“ Dann attackierte ihn der Journalist, dass er eben sehr traditionell eingestellt sei und auf die alten Werte größtes Gewicht lege. Darauf antwortete Matussek: „Ich sehe den großen Versuch, aus der katholischen Kirche eine protestantische zu machen.“ Und dagegen wehre er sich. „Meine Kirche ist die, in der das Mysterium lebt, eine Kirche als Gegenwelt zu der Welt da draußen, wo aus der Frömmigkeit ein Werbeslogan wird und all dieser Kram, eine Kirche, in der Messen zelebriert werden können und wo man zur Beichte geht.“

Wir begehen heute den zweiten Pfingstfeiertag, meine lieben Freunde, und wir wollen dankbar sein, dass wir den Heiligen Geist kennen und dass er uns stärkt. Rufen wir ihn an, da jeder von uns seines Beistandes bedarf. Jeder schwankt in Ratlosigkeit, jedem gebricht es an Kraft, jeden beugt Kummer, jeden verwirrt der Hang zur Sünde. Eilen wir zu dem, der Licht und Kraft, Trost und Heiligkeit spendet. „Wenn ihr, die ihr doch böse seid“, sagt einmal der Herr, „euren Kindern gute Gaben zu geben versteht, um wieviel mehr wird der Vater vom Himmel her den guten Geist denen geben, die ihn darum bitten.“

Trauen wir dem Heiligen Geist auch in unserer Kirche. „Wo die Kirche ist, da ist Gottes Geist, und wo Gottes Geist ist, dort ist die Kirche und alle Gnade“, schreibt im 2. Jahrhundert der Kirchenschriftsteller Irenäus. Der Geist steht der Kirche wachsam und hilfreich zur Seite. Die Kirche wird niemals als Ganze dem Irrtum verfallen, sie wird niemals die Gnade den Menschen vorenthalten. Sie wird immer jeden Menschen guten Willens zum Heile führen können. Mögen die Menschen in der Kirche noch so sehr versagen, mögen sie das Antlitz unserer heiligen Mutter schänden, der Heilige Geist wird sich durchsetzen und wird die Kirche reinigen.

Komm, o Geist der Heiligkeit, aus des Himmels Herrlichkeit, sende deines Lichtes Strahl. Vater aller Armen du, aller Herzen Licht und Ruh, komm mit deiner Gabenzahl.

Amen. Alleluja.

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