Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
25. April 2011

Falschlehren gegen die Auferstehung des Herrn

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Auferstehung Jesu von den Toten besagt die Wiederbelebung des begrabenen Leichnams und dessen verklärtes Hervorgehen aus dem Grabe. Das ist die Tatsache. Sie bedarf der Erklärung, denn sie ist ja kein alltägliches, sondern ein einmaliges Ereignis.

Das hat man auch schon in der Zeit der Urkirche empfunden. Und so legt der Apostel Paulus den Korinthern die Frage in den Mund: Wie stehen die Toten auf? Es könnte jemand sagen: Wie stehen die Toten auf? Mit was für einem Leibe kommen sie? Angewandt auf die Auferstehung Jesu lautet die Frage: Wie ist der Leib des Auferstandenen beschaffen? Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder es ist der Leib, den er während seines irdischen Lebens getragen hatte und der am Kreuze verblutet ist, oder es ist ein neuer Leib, ein neugeschaffener Leib, ein himmlischer, ein Lichtleib, den er vom Himmel empfangen hat. Diese Frage, diese Alternative ist von erheblicher Bedeutung, denn die ungläubigen Theologen nehmen einen unversöhnlichen Gegensatz zwischen den visionären Erscheinungen der Apostel und den realistischen Osterberichten der Evangelien an. Es kann keine Rede davon sein, sagen sie, dass Paulus den verklärten himmlischen Christus, der ihm und den Altaposteln erschienen ist, schlechtweg mit dem Christus von Fleisch und Blut, der am Kreuze hing, identifiziert. Es ist eine neue Leiblichkeit in Jesus, sie ist nicht mit der alten identifizierbar. Es besteht keine Identität zwischen dem auferstandenen und dem begrabenen Leib.

Diese Urbehauptung hat ihre Folgerungen. Wenn nämlich der entseelte Leib nicht lebendig geworden ist, dann liegt er noch im Grabe, dann ist das Grab nicht leer. Und so sagen diese Professoren, das leere Grab gehört nicht zur ursprünglichen Verkündigung. Der Auferstehungsglaube hat das erst später erfunden. Einer dieser evangelischen Theologen schreibt: „Eine Untersuchung des Grabes hat nicht stattgefunden. Ein leeres Grab ist nie von einem Jünger oder einer Jüngerin Jesu gesehen worden.“ Diese zweite Behauptung zieht eine dritte nach sich. Wenn nämlich der entseelte Leib Jesu nicht lebendig geworden ist, dann kann es keine Erscheinungen Jesu in Jerusalem gegeben haben, sondern nur Visionen in Galiläa. Die Jerusalem-Erscheinungen sind also erfunden, erfunden von den Aposteln. Die älteste Überlieferung kennt keine Erscheinungen in Jerusalem, sondern nur solche in Galiläa. Die Jerusalem-Erscheinungen sind später, vor allem von Lukas und Johannes, erfunden worden. Wozu? Nun, um eben handfeste „Beweise“ für die Auferstehung Jesu in die Hände zu liefern.

Und schließlich eine vierte und letzte Behauptung, nämlich diese Erscheinungen Jesu sind nichts anderes als psychogene Vorgänge. Sie haben sich abgespielt in der Seele der Apostel und der Jünger. Sie sind subjektive Erlebnisse, das stimmt schon, aber eben psychogen entstandene Vorstellungen und Bilder. Keine außerpersönliche himmlische Wirklichkeit hat an die Apostel sich herangetraut. Subjektive Erlebnisse sind es, die hier von den Aposteln ins Objektive projiziert worden sind.

Es ist mir schmerzlich, meine lieben Freunde, sagen zu müssen, dass alle diese vier irrigen Ansichten über die Auferstehung von Theologen, von evangelischen Theologen aufgebracht worden sind und teilweise von katholischen nachgesprochen werden. Es sind Theologen, die den Anspruch erheben, Christen zu sein und die Botschaft Christi weiterzutragen. Sie haben sich verfangen in ihrer falschen Methodik, mit der sie an die literarischen Zeugnisse der Auferstehung Jesu herangehen. Sie bauen eine Hermeneutik des Mißtrauens auf, eine Psychologie der Verdächtigung. Sie stellen die Evangelisten als Fälscher, als Betrüger, als Lügner hin. Sie unterstellen ihnen, erfundene Erzählungen als Tatsachen auszugeben. Sie bezichtigen die Männer und die Frauen der Urkirche, mit erträumten Schilderungen den betrügerischen Beweis für Geschehnisse zu führen, die niemals stattgefunden haben.

Es ist offensichtlich, dass hier die Berichte der Evangelien und unser Glaube zutiefst zerstört, vernichtet werden. Das Werk der Auflösung und der Zersetzung hat begonnen mit dem Hamburger Professor Hermann Samuel Reimarus. Er ist 1768 gestorben. Seine Aufstellungen – er ist der Erfinder der Betrugshypothese, nach der die Jünger den Leichnam Jesu beiseite geschafft haben – hat dann wenige Jahre später Gotthold Ephraim Lessing als  Teile seines literarischen Nachlasses, die sogenannten Wolfenbütteler Fragmente, veröffentlicht. Seitdem stehen diese unerhörten Behauptungen im Raume. Und selbstverständlich haben sie viele Reimarus nachgesprochen. Die Folge ist die Erosion des Auferstehungsglaubens in vielen Christen. Der Glaube an die wirkliche Auferstehung Jesu ist in zahllosen heutigen Christen erschüttert worden. Was diese Theologen tun, ist der Abbruch der Geschichte, ist die Zerstörung des Glaubens, ist der Ruin des Christentums. Wenn diese Positionen endgültig die Herrschaft behalten, dann ist das Christentum erledigt.

Wir haben die Aufgabe, die Unmöglichkeit, die Leerheit dieser Behauptungen zu erweisen. Die entscheidende Frage lautet: Ist für Paulus, den ältesten Zeugen, was die literarische Überlieferung angeht, der Leib des Auferstandenen mit dem Leibe des in das Grab Gesenkten identisch? Die Antwort lautet: Ja, unbedingt. Paulus bringt in seinem Auferstehungsbericht im 1. Korintherbrief die Auferstehung in einen ganz nahen Zusammenhang mit seinem Tod und seinem Begräbnis. Er erwähnt, dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, dass er begraben wurde. Das ist von großer Bedeutung – dass er begraben wurde, und dass er auferweckt wurde. Er weiß also nicht nur vom Tod, er weiß auch vom Begräbnis. Und unter Bezugnahme auf den Tod und das Begräbnis spricht er von seiner Auferweckung. Es ist im Lichte dieses Zusammenhangs schlechterdings nicht einzusehen, welches der Sinn des Wortes von der Auferweckung sein soll, wenn es nicht das Auferwecken aus dem Tod und dem Grabe wäre, wenn also Paulus den auferweckten Leib nicht mit dem in das Grab gelegten identifizierte. Wohl ist dieser Leib nicht mehr Fleisch und Blut, aber er ist ein Leib, er bleibt ein Leib. Es ist wesentlich derselbe Leib, der ins Grab gesenkt wurde, nur seine Daseinsweise hat sich verändert. Paulus spricht deswegen von einem Verwandeltwerden, Wir werden verwandelt werden, so wie Jesus verwandelt wurde.

Das Subjekt dieser Verwandlung ist nicht der Geist des Verstorbenen, sondern sein Leib. Das Verwesliche muss Unverweslichkeit anziehen. Genau das ist bei dem gekreuzigten Leib Jesu geschehen. Der Leib des Auferstandenen ist nicht mehr der sinnenhafte Leib, wie ihn die Jünger in Galiläa und in Judäa erlebt haben, sondern es ist ein von der verklärten Seele durcherrschter, durchfeuerter, durchglühter, durchlichteter Leib, ein vergeistigter und durchgeistigter Leib. Paulus erwähnt zwar das leere Grab nicht ausdrücklich, aber er setzt das Leersein des Grabes voraus. Warum spricht er denn davon, dass Jesus begraben wurde, wenn der Begrabene nicht auferweckt wurde? Auferweckt werden kann eben nur, was begraben wurde, und deswegen hängen Begräbnis und Auferstehung innig zusammen.

Dasselbe lehrt der Apostel Petrus, ein Urzeuge, ein Kronzeuge der Auferstehung. In seiner Pfingstrede beweist er die Auferweckung Jesu, dass sie schon von David im Psalm 15 vorausverkündigt wurde. Nach diesem Psalm soll nämlich der Gesalbte des Herrn die Verwesung nicht schauen. Auf David trifft das nicht zu, denn er ist verwest. Also schaut und verkündet er die Auferstehung des Christus. „Dieser ist es, der nicht im Totenreich verblieben ist, dessen Fleisch nicht die Verwesung schauen sollte: Jesus, den Gott auferweckt hat, wie wir alle bezeugen.“

Damit übereinstimmend berichten die vier Evangelisten, dass am Morgen des dritten Tages das Grab leer gefunden wurde. Der feste Auferstehungsglaube und die konstante Auferstehungspredigt der Urgemeinde sind ohne die Tatsache des leeren Grabes undenkbar. Wenn die Auferstehungsgläubigen es unterlassen hätten, die Berechtigung ihres Glaubens am Grabe nachzuprüfen, ihre Gegner hätten es sich gewiß nicht entgehen lassen, die ihnen so peinliche Auferstehungspredigt durch den einfachen Hinweis auf den noch im Grabe liegenden Leichnam unwiderleglich als freche Lüge zu brandmarken. Stattdessen lassen sie durch die Wächter das unsinnige Gerücht verbreiten: „Während wir schliefen, haben die Jünger den Leichnam gestohlen.“ Damit verraten sie ihre verzweifelte Ratlosigkeit gegenüber der nicht zu leugnenden Tatsache des leeren Grabes. Schlafende Wächter rufen sie als Zeugen an. Wer schläft, kann nicht gleichzeitig etwas beobachten. Wahrnehmen kann nur, wer wacht. Wenn sie geschlafen haben, dann sind sie untaugliche Zeugen. Die Feststellung des leeren Grabes ist der sicherste Beweis für die Auferstehungsgeschichte. Es ist ganz falsch, wenn heute katholische Theologen sagen: Es kommt nicht auf das leere Grab an. Nein! Es kommt auf das leere Grab an! Das leere Grab ist nicht eine Legende, aus älterer Zeit, die sich aus dem Auferstehungsglauben erst allmählich entwickelt hätte. Es ist auch keine Tatsache, auf die Paulus und die Jünger kein entscheidendes Gewicht legen, sondern die schon durch Paulus und Petrus verbürgte Überlieferung hat die Botschaft vom leeren Grabe bekannt und verkündigt.

Wir brauchen uns, meine lieben Freunde, von den verwirrenden Stimmen verirrter Theologen nicht irremachen zu lassen. Unser Glaube ruht nicht auf den Darlegungen von Professoren, die vom rechten Wege abgekommen sind. Es gibt für jeden Unsinn eine Professor, den man zitieren kann. Unser Glaube stützt sich auf das Zeugnis von Männern und Frauen, die das Grab leer gefunden und den Auferstandenen gesehen haben. Was sie gesehen haben, das wollen wir am kommenden Sonntag bedenken. Nicht subjektive Visionen haben sie aus ihrem Inneren herausgetrieben, sondern von objektiven Erscheinungen sind sie gleichsam überwältigt worden.

Das Grab ist leer, der Held erwacht. Der Heiland ist erstanden. Da sieht man seiner Gottheit Macht, sie macht den Tod zuschanden.

Amen.

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