Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. April 1991

Die Osterbotschaft ungläubiger Theologen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Auferstehung Christi ist die Grundlage des Christentums. Ohne die Auferstehung Christi gibt es kein Christentum. Das haben die Gegner des Christentums immer gewußt. Die Juden verbreiten noch heute, im Talmud, also in ihrem jüdischen Gesetzbuch, die Version, der Leichnam Jesu sei gestohlen worden. Und schon die Apostel hatten sich mit den Einwänden der jüdischen und griechischen Gegner der Auferstehung auseinanderzusetzen. In Korinth, also einer heidenchristlichen Gemeinde, in der die Geringschätzung des Leibes verbreitet war, erhoben sich Leugner der Auferstehung Jesu. Dieser Tatsache verdanken wir das 15. Kapitel im 1. Brief des Apostels Paulus an die Korinther. „Wenn aber verkündigt wird, daß Christus von den Toten auferstanden ist, wie behaupten dann einige von euch, es gibt keine Auferstehung der Toten?“ Und jetzt macht er auf die Konsequenzen dieser Ansicht aufmerksam: „Gibt es aber keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist unsere Predigt ohne Sinn, ohne Sinn auch euer Glaube. Dann sind wir als falsche Zeugen Gottes befunden, da wir gegen Gott bezeugt haben, daß er Christus auferweckt habe, den er nicht auferweckt hat, wenn nämlich Tote nicht auferstehen. Denn wenn Tote nicht auferstehen, so ist auch Christus nicht auferstanden. Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, so ist euer Glaube nichtig; dann seid ihr noch in euren Sünden. Dann sind auch die in Christus Entschlafenen verloren. Wenn wir bloß in diesem Leben auf Christus unsere Hoffnung setzen, so sind wir bejammernswerter als alle Menschen. Nun aber ist Christus von den Toten auferstanden als Erstling der Entschlafenen. Denn weil durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Und gleichwie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle belebt werden.“

Das ist also der Kettenschluß, den Paulus in diesem Abschnitt seines 1. Briefes an die Korinther vollzieht. Wenn es keine Auferstehung gibt, ist auch Christus nicht auferstanden. Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist die Predigt sinnlos, dann ist der Glaube sinnlos, dann ist die Hoffnung sinnlos, dann ist alles sinnlos. Dann hört das Christentum auf bzw. es kann gar nicht recht in Gang kommen.

Die Einwände von Juden und Griechen gehören der Geschichte an. Aber die Einwände der ungläubigen Theologen, tauchen in der Gegenwart auf. Deswegen müssen wir uns,  meine lieben Freunde, mit diesen Einwänden, die ja über den Religionsunterricht und die Schulbücher Ihre Kinder und Kindeskinder erreichen, auseinandersetzen. Man verweist in diesen Kreisen auf mehrere Dinge, um die Auferstehung oder jedenfalls ihre Begleitschaft aus den Angeln zu heben. Man sagt, daß in den Evangelien und in den dazugehörigen Schriften bald die Rede ist, Jesus sei auferweckt worden, und daß es an anderen Stellen heißt, er sei auferstanden, und sagt, das ist ja ein Widerspruch. Entweder er ist auferweckt worden, oder er ist auferstanden. Man erinnert daran, daß zwischen den Evangelien Unterschiede bestehen, z.B. in den Personen, die das leere Grab gesehen haben. Nach Markus und Lukas sind es drei Frauen, die zum Grabe pilgern, nach Matthäus sind es nur zwei, und nach Johannes ist es nur eine. Ja, wie geht das zusammen? Man weist darauf hin, daß die Erscheinungen den Auferstandenen bald in massiver Körperlichkeit darstellen; er ißt mit ihnen; es wird weniger von dem Fisch und von dem Honigkuchen. Andererseits eine Reihe von Erscheinungen, wo er wie ein Geist auftritt, durch die Türen geht und plötzlich in ihrer Mitte steht. Kann das zusammen bestehen? Schließlich erinnert man daran, daß ein bestimmter Überlieferungsstrang nur Erscheinungen in Jerusalem nennt, nämlich der Evangelist Lukas, während die anderen Evangelisten Erscheinungen in Jerusalem und in Galiläa kennen, die doch viele Kilometer voneinander entfernt sind.

Das sind ein paar Einwände, die von den Glaubenszerstörern gegen die Auferstehung Jesu gemacht werden. Wissen wir auf diese Einwände eine Antwort,  meine lieben Freunde? Wenn wir damit beginnen, daß in den heiligen Schriften mal die Rede davon ist, Christus sei auferweckt worden, ein andermal, er sei auferstanden, so ist das kein Gegensatz, sondern ergänzt sich. Insofern Christus ein Mensch war, hatte er selbstverständlich nicht die Macht, vom Tode aufzuerstehen; da mußte er auferweckt werden. Aber insofern er Gott war, besaß er die Macht, das Leben, das man ihm genommen hatte, wieder zu geben. Und wenn in den heiligen Schriften der Ton darauf liegt und die Mehrzahl der Aussagen darauf geht, daß Christus auferweckt worden ist, dann soll damit ausgesagt werden, daß das Leben des Christus ganz und gar vom Vater bestimmt ist und daß der Vater in dem Lebendigwerden seines Sohnes ihn bestätigt hat als den Messias und als den Heiland. Deswegen liegt so viel daran, zu sagen, er ist vom Vater auferweckt worden. Ja, Gott hat sich in diesem Geschehnis zu seinem Christus bekannt. Deswegen also die Betonung der passiven Form: Er ist auferweckt worden.

Was die Verschiedenheit der Personen angeht, die zum Grabe eilen, so ist diese Unterschiedlichkeit relativ leicht zu erklären. Ich habe vor kurzem die Lebenserinnerungen des bekannten Schauspielers Luis Trenker gelesen. Luis Trenker, der ja über 90 Jahre alt geworden ist, hat viel erlebt in seinem langen Leben. Er berichtet zum Beispiel auch von Empfängen bei dem damaligen Staatschef Adolf Hitler. Er schildert, daß da Leni Riefenstahl anwesend war und Werner Kraus, also Schauspieler; andere Personen übergeht er. Aber selbstverständlich waren auch andere Personen zugegen, das will Luis Trenker überhaupt nicht bestreiten, und Zeitgenossen, die diesen Empfängen beigewohnt haben, wissen zu berichten, daß auch Minister anwesend waren und Generäle und Männer aus der Wirtschaft. Also dadurch, daß er bestimmte Persönlichkeiten hervorhebt, will er andere nicht ausschließen. Es kommt ihm nicht auf Vollständigkeit der Aufzählung an, sondern er hat ein besonderes Interesse daran, Personen zu nennen, die aus seiner Berufssparte stammen. Ähnlich-unähnlich ist es offensichtlich auch bei den Berichten der Evangelien. Es kommt auch ihnen nicht auf Vollständigkeit an, sondern es geht ihnen darum, die Personen, an denen ihnen besonders liegt – das ist natürlich vor allem Maria Magdalena – bevorzugt zu nennen. Die anderen sind nicht wichtig, man kann sie weglassen, ohne daß man damit die historische Treue anderer Berichte bezweifeln will, die diese Personen nennen.

Und was nun die unterschiedlichen Weisen der Erscheinungen angeht, so muß man sagen, es ist notwendig, daß man zwei Reihen von Erscheinunsgweisen unterscheidet. Wenn man nämlich nicht die Leiblichkeit des Auferstandenen, des Erschienenen hervorhebt, dann könnte jemand sagen, das ist ein Gespenst, das ist eine Einbildung. Die Leiblichkeit muß betont werden, um die wahre Auferstehung, um die leibliche Auferstehung zu bezeichnen, um zu sagen: Der Leib, der da erscheint, ist identisch mit dem, der am Kreuze hing, der ins Grab gesenkt wurde und der jetzt wieder lebendig geworden ist. Deswegen der Hinweis auf die Male der Nägel und auf die Seitenwunde.

Aber nun soll man nicht meinen, es sei der Leib in derselben Gestalt wie damals, als er in Galiläa wanderte und ans Kreuz geschlagen wurde. Es ist dieser Leib in veränderter Gestalt, in verwandelter, in verklärter Gestalt. Und deswegen muß man betonen, daß dieser Leib fast wie ein Geist erscheint, nämlich er ist nicht gebunden an die Gesetze von Raum und Zeit, er durchdringt die Türen, weil es ein Leib ganz anderer Qualität, himmlischer Qualität ist. Es ist also notwendig, daß man einerseits die Erlebnisse berichtet, in denen Jesus mit seinem Leibe sich kundtut, und daß man andererseits seine Überlegenheit über alle Raumgebundenheit dartut.

Und was schließlich die verschiedenen Orte der Erscheinungen angeht, so hat es einen guten Sinn, wenn sich Lukas darauf beschränkt, nur Erscheinungen in Jerusalem zu berichten. Denn sie waren die wichtigsten. Warum? Weil man nur in Jerusalem das Pendant zu den Erscheinungen vorweisen konnte, nämlich das leere Grab. In Galiläa konnte man das Grab nicht nachweisen, da konnte man nicht zum Grabe gehen, aber in Jerusalem war das, was untrennbar zusammenhängt, nämlich die Erscheinungen und das leere Grab, beides nachweisbar. Und darauf kommt es dem Evangelisten Lukas an.

Diese Unausgeglichenheiten lösen sich also bei gutem Willen, den muß man allerdings haben, nicht wahr, lösen sich bei gutem Willen auf. Selbst wenn man diese Unterschiede ernst nimmt, kann man sagen, daß entscheidenden Aussagen bei allen Evangelisten völlig gleich sind. Welches sind die entscheidenden Aussagen? Erstens, daß die Auferstehung eine Tatsache ist, also nicht bloß eine Überzeugung von ekstatisch veranlagten Männern, sondern eine Tatsache, eine Wirklichkeit, eine historische Tatsache, eine historische Wirklichkeit. Das zweite, daß auch das leere Grab eine Tatsache ist, nicht ein Postulat, nach dem man angenommen hat, wenn er auferstanden ist, muß das Grab leer sein. Nein, daß es eine Tatsache ist, das leere Grab. Drittens, die Auferstehung wird einmütig festgelegt auf den dritten Tag. Es hängt viel am dritten Tag, daß Jesus eben nicht am zweiten oder am vierten Tage auferstanden ist, sondern am dritten Tag. Damit wird sein Lebendigwerden eindeutig historisch verankert in der Zeit: Am dritten Tage auferstanden. Viertens, die Erscheinungen des Auferstandenen sind nur eine begrenzte Zeit erfolgt. Der Apostel Paulus zählt ja im 1. Korintherbrief die wesentlichen Erscheinungen auf: Er ist dem Petrus erschienen, er ist den Elfen erschienen, fünfhundert Brüdern auf einmal. Man kann hingehen und sie fragen, die meisten leben nämlich noch; dann dem Jakobus, dann allen Aposteln. Damit ist gemeint, daß auch der Thomas dabei war. „Und schließlich mir.“ „Zuletzt“, sagt er, „zuletzt.“ Das heißt, seine Erscheinung, die er erlebt hat, ist die letzte, nachher gibt es keine solchen Erscheinungen mehr. Da gibt es Visionen anderer Art. Aber die Erscheinungen des Auferstandenen, die den Glauben in den vorherbestimmten Zeugen begründen sollen, diese Erscheinungen hören auf mit der letzten, die Paulus zuteil geworden ist auf dem Wege nach Damaskus.

Weiter ist an übereinstimmenden Tatsachen zu erwähnen: Alle sehen die Auferstehung als ein unerhörtes Wunder Gottes an. Nicht aus natürlichen Kräften, sondern durch die Allmacht Gottes ist dieses Ereignis geschehen. Und weiter: Sie heben die wahre Leiblichkeit, wenn auch die verklärte, wenn auch die neue, wenn auch die verwandelte Leiblichkeit des Auferstandenen hervor. Und schließlich noch ein letzter Zug: Kein einziges Evangelium, kein einziger Brief des Neuen Testamentes sagt etwas über den Vorgang der Auferstehung selbst. Alle berichten nur vom Auferstandenen. Warum sprechen sie nicht von der Auferstehung selbst? Weil niemand dabei war, weil das in einer Zeit geschehen ist, als keiner der Apostel der Auferstehung beiwohnen konnte. Sie haben ja damit nicht gerechnet. Und es ist ein Zeichen für die Echtheit der Evangelien, daß sie diesen Vorgang nicht berichten. Unechte Schriften, die von der Kirche nie anerkannt sind, wissen davon zu berichten, zum Beispiel das Petrusevangelium, ein sogenanntes apokryphes, also nicht anerkanntes Evangelium. Da heißt es: „In der Nacht aber, in welcher der Herrentag aufleuchtete, als die Soldaten jeder Ablösung zu zweit Wache standen, erscholl eine laute Stimme am Himmel, und sie sahen die Himmel geöffnet und zwei Männer in einem großen Lichtglanz von dort herniedersteigen und sich dem Grab nähern. Jener Stein, der vor den Eingang des Grabes gelegt war, geriet von selbst ins Rollen und wich zur Seite, und das Grab öffnete sich und beide Jünglinge traten ein. Als nun jene Soldaten dies sahen, weckten sie den Hauptmann und die Ältesten, und während sie erzählten, was sie gesehen hatten, sahen sie wiederum drei Männer aus dem Grabe herauskommen und die zwei den einen stützen und ein Kreuz ihnen folgen, und das Haupt der zwei bis zum Himmel reichen, dasjenige des von ihnen an der Hand Geführten aber die Himmel überragen. Und sie hörten eine Stimme aus dem Himmel rufen: „Du hast den Schlafenden gepredigt.“ Und es wurde vom Kreuze her die Antwort laut: „Ja.“

Sehen Sie, meine lieben Christen, das ist Erfindung. Das ist nicht Evangelium, das ist Dichtung. Und deswegen hat es die Kirche nicht in die Reihe ihrer heiligen Bücher aufgenommen. Gerade die Nüchternheit, ja Dürftigkeit der Berichte der Evangelien sichert ihnen ihre Wahrhaftigkeit. Und selbst ihre Unausgeglichenheit ist ein Indiz für ihre Wahrheit, denn die Unausgeglichenheit zeigt, daß die sich überstürzenden Ereignisse, die alarmierenden Ereignisse dieses Tages so wiedergegeben werden, wie sie von den Zeugen und Zeitgenossen aufgenommen wurden. Die Evangelisten haben sich keine Mühe gemacht, die Unausgeglichenheit auszugleichen. Sie haben die Texte nicht überarbeitet; sie haben nicht versucht, sie zu harmonisieren. Sie haben sie so stehen lassen, wie sie ihnen überkommen sind. Gerade das sichert ihnen ihre Echtheit, ihre Durchschlagskraft.

So wollen wir also,  meine lieben Freunde, nicht zweifeln, wie manche von den Jüngern gezweifelt haben. So wollen wir uns nicht irremachen lassen, wie sich viele von ungläubigen Theologen haben irremachen lassen. So wollen wir festhalten an dem Zeugnis der Urkirche, der Apostel. Der heilige Chrysostomus schreibt einmal: „Sie (die Apostel nämlich), die geflohen sind, als er lebte, die stellen sich jetzt plötzlich dem Hohen Rat und dem ganzen Volke und bekennen ihn und legen für ihn Zeugnis ab und erleiden den Tod für ihn, wo er tot war.“ Ja, wie ist das zu erklären, fragt Chrysostomus. Das läßt sich nur so erklären, daß der Tote lebendig geworden ist. Die zu Lebzeiten geflohen sind, die sind nach seinem Tode mutig geworden, mutig geworden nicht durch Fabulieren, denn durch Fabulieren, durch Erfinden wird man nicht mutig, sondern weil ein von außen auf sie eindringendes Ereignis, eben das Erscheinen des Auferstandenen, sie überzeugt hat: Christus erstand wahrhaft vom Tod. Du Sieger, du König, sieh unsere Not!

Amen.

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