Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
22. Februar 2004

Das Unglück aus dem Unglauben

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes; seine Herkunft von Gott haftet ihm untilgbar an. Er ist ein gottentstammtes Wesen. Diese Abstammung von Gott verweist ihn aber auch auf Gott. Er kommt von Gott, und er soll zu Gott gehen; er ist für Gott bestimmt. Er soll Gott kennen, er soll ihn lieben, er soll ihm dienen. Wenn der Mensch seine Bestimmung verleugnet, geht er gegen sein eigenes Selbst an. Er wird zu einem zerrissenen, zu einem zerfallenen Wesen. Die Seinsneigung zu Gott bleibt bestehen, auch wenn der Wille sich von Gott abwendet. Der Ungläubige, der Gottlose ist immer ein zerrissener Mensch.

Diese Zerrissenheit äußert sich in mehrfacher Weise. Der Ungläubige ist ein unruhiger Mensch. Er findet keine Ruhe. Er geht ja weg von Gott, der der Friede ist, und deswegen muß er friedlos sein. Er flüchtet von Gott, der die Geborgenheit ist, also muß er ungeborgen sein. Er geht von Gott fort, der die Ordnung ist, also muß er ungeordnet werden. Glauben Sie nicht, wenn Ungläubige sagen, sie hätten den Frieden gefunden. Sie haben ihn nicht gefunden! Sie sind voll der Unruhe und jagen immer neuen Zielen nach, gehen immer neue Wege ab, aber kommen nie zum Ziele, weil sie nicht auf Gott zugehen. Die Ungläubigen sind von Unrast und Unruhe erfüllt. Ein solcher Ungläubiuger war der Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels. Er hatte durch Unzucht, die er als Student  betrieben hatte, seinen Glauben verloren. Sein gläubiger Vater, sein frommer, gläubiger Vater, wurde gewahr, daß sein Sohn sich vom Glauben entfernt hatte. Er schrieb ihm einen Brief im Jahre 1919, der uns erhalten ist. In diesem Brief schreibt der Vater an den Sohn Joseph Goebbels: „Ein hiesiger Spinnereibesitzer war katholisch geboren und erzogen. Er verlor seinen Glauben, heiratete protestantisch und ließ die Kinder auch protestantisch erziehen. Die Kirche besuchte er nicht mehr. An einem Maiabend sah ich diesen Mann aus der Maiandacht kommen. Was hatte den mit Glücksgütern reich gesegneten Mann in die Kirche getrieben? Die innere Unruhe trieb den Mann nochmals dahin, wo er als Kind gekniet hatte. Die Welt hatte ihm den inneren Frieden nicht geben können.“ Und dann wandte er sich in demselben Briefe an seinen Sohn: „Auch du wirst dir doch einmal einen eigenen Hausstand gründen. Ich habe beim ersten Kommuniontage meiner Kinder dieses Schauspiel mit gläubigem Herzen und tränenden Augen gesehen, beglückt von dem Glück meines Kindes. Wie wird es an einem solchen Tage in dem Herzen eines ungläubigen Vaters aussehen und toben! Wird er sich seiner Jugend erinnern? Wie wird seine Vergangenheit auf ihm lasten? Der Ungläubige, der frühere Katholik, findet seine Ruhe nicht. Die jungen Jahre mögen diese Unruhe dämpfen, das Alter wird sie zur Qual machen.“ Unruhe ist das Schicksal des Ungläubigen.

Aber nicht nur Unruhe, sondern auch Orientierungslosigkeit und Angst. Der Ungläubige hat ja sein Ziel verloren, denn das Ziel, das uns allen gesetzt ist, ist Gott – ihn kennenzulernen, ihm zu dienen, ihn zu lieben. Das Ziel hat er verloren. Deswegen wird er orientierungslos. Er kann sich nur noch vorläufige, provisorische Ziele wählen, die ihn nicht beglücken und nicht erfüllen können. Und deswegen muß er auch immer neue Wege beschreiten, immer neue Richtungen einschlagen, aber er findet kein Ziel; denn er sucht nicht da, wo er suchen müßte, er sucht nicht zu Gott zu kommen. Der Ungläubige ist orientierungslos und ängstlich. Er ist ja nicht mehr in Gott geborgen, und deswegen muß die Angst ihn überfallen. Die irdischen Werte, die irdischen Schätze können ihn nicht trösten; sie können ihn nicht auf Dauer trösten. Sie mögen ihn eine Zeitlang betäuben, sie mögen ihn eine Zeitlang ablenken, aber sie können ihm nicht den Frieden geben. Deswegen ist im Ungläubigen Unsicherheit und Angst. Einer dieser Ungläubigen war Voltaire. Eines Tages erhielt Voltaire einen Brief von einem seiner Schüler, der ihm schrieb, es sei ihm gelungen, die Furcht vor der Hölle los zu werden. Darauf antwortete Voltaire: „Da sind Sie glücklicher als ich. Mir ist es noch nicht gelungen.“ Der Ungläubige ist voller Unruhe und voller Angst.

Er ist auch ein einsamer Mensch, denn wenn Gott den Menschen nicht umgibt und umsorgt, dann verliert der Mensch die Gemeinschaft, die höchste, die trefflichste, die beglückendste Gemeinschaft, die Gemeinschaft Gottes. Der Ungläubige ist einsam, denn er hat den höchsten Gefährten verloren, den der Mensch haben kann, Gott. Und weil er einsam ist, weil er nicht mehr die Gemeinschaft Gottes genießt, sucht er die Gemeinschaft der Menschen. Er ist rastlos bemüht, sich mit Menschen zu umgeben. Er kann nicht allein bleiben; es gibt keinen gottlosen Einsiedler. Einer dieser Gottlosen, die nicht allein bleiben können, war Adolf Hitler. Der Reichspressechef Otto Dietrich, der ja ständig um Hitler war, schreibt in seinen Lebenserinnerungen: „Hitler konnte nicht allein sein. Es war auffallend, wie sehr er davor zurückschreckte. Es war mir oft, als fürchtete er sich vor sich selbst und seiner eigenen inneren Zwiesprache.“ Der Gottlose, der Ungläubige ist einsam, weil er Gott verloren hat, und dieser Einsamkeit zehrt an ihm und beunruhigt ihn. Wiederum hat kein anderer als Friedrich Nietzsche diese Einsamkeit des Gottlosen in ergreifende Worte gefaßt. Er spricht den Gottlosen an: „Du wirst niemals beten, niemals anbeten, niemals in unendlichem Vertrauen ausruhen. Du versagst es dir, vor einer letzten Weisheit, letzten Güte, letzten Macht stehen zu bleiben und deine Gedanken abzuschirren. Du hast keinen Wächter, hast keinen Freund für deine sieben Einsamkeiten. Du lebst ohne den Ausblick auf ein Gebirge, das Schnee auf dem Haupte und Gluten in seinem Herzen trägt. Deinem Herzen steht keine Ruhestatt offen, wo es nur zu finden und nicht mehr zu suchen hat. Du wehrst dich gegen einen letzten Frieden. Mensch der Entsagung, in all dem willst du entsagen? Wer gibt dir die Kraft dazu? Noch fand niemand diese Kraft.“

Der Gottlose ist unruhig, orientierungslos und einsam. Aber er kommt von Gott nicht los. Er sucht fortwährend Gemeinschaft, Gemeinschaft der Menschen, mit denen er sich zusammentun kann. Es gibt zahllose Gottlosenbünde: Monistenbund, Bund für Geistesfreiheit, Humanistische Union, Freidenkerverband und wie das alles heißt. In der Gemeinschaft fühlt er sich sicherer, als wenn er allein steht. Wenn er die anderen zu seiner Ideologie bekehrt, dann meint er, er finde Ruhe. Und so ist er rastlos tätig als Missionar des Unglaubens. Ja, meine lieben Freunde, niemand spricht so viel und so oft von Gott wie der Gottlose. Es ist ganz merkwürdig: Die Gläubigen schweigen, sind zurückhaltend, manchmal auch ratlos oder gar feige, aber die Gottlosen, die Ungläubigen tragen ihren Unglauben zu Markte. Sie reden fortwährend davon. Bruce Marshall, der schottische Schriftsteller, schildert einmal eine Nonne, die ihren Glauben verloren hat und aus dem Kloster ausgetreten ist. Und diese Nonne sagt: „Jetzt, wo ich nicht mehr glaube, entdecke ich mich selbst dabei, daß ich dauernd an Gott denke.“ Der Mensch, der Gott los sein will, kommt von Gott nicht los.

Die Freigeister können von Gott nicht schweigen, weil ihr Gewissen nicht davon schweigt. Sie lassen niemanden mit ihren zudringlichen Reden über die Religion in Ruhe, weil ihnen die Religion keine Ruhe läßt. Sie wollen alle Erinnerung an Gott auslöschen, und das ist der Grund, meine lieben Freunde, warum man die Kreuze aus den Schulen und aus den Gerichtssälen zerren will. Das ist der Grund, warum man sich gegen das Glockenläuten wendet, warum die Kirchtürme verschwinden sollen, warum die Priester ihre geistliche Kleidung nicht mehr tragen sollen. Sie wollen nicht mehr an Gott erinnert sein. Dafür haben wir Dutzende historischer Beispiele. In der Französischen Revolution, also am Ende des 18. Jahrhunderts, wurde die Trennung von Kirche und Staat, wie man das nennt, beschlossen. Das heißt, der Staat sollte atheistisch sein, denn wenn es eine Trennung von der Religion gibt, dann bleibt ja nichts übrig, als daß man Atheist ist. Kirchen wurden geschlossen, den Priestern wurde das Tragen der geistlichen Kleidung verboten, der Sonntag wurde abgeschafft, eine Zehntagewoche eingeführt, viele Priester ausgewiesen, eingesperrt, ermordet, ertränkt, die berüchtigten Noyaden, die Ertränkung der Priester in der Loire. Das war die Französische Revolution. Und ihre Ausläufer haben wir im Anfang des 20. Jahrhunderts gespürt, als der Laizismus in Frankreich erneut triumphierte und eine radikale Trennung von Staat und Religion, von Staat und Schule durchführte. Andere haben es ihnen nachgemacht, in den zwanziger und dreißiger Jahren vor allem in Mexiko. Damals tobte dort ein furchtbarer Kirchenkampf. Die Religion war verboten, Priester wurden ausgewiesen, eingesperrt, ermordet. Gläubige Laien wurden ins Gefängnis geworfen und starben mit dem Rufe: „Es lebe Christus, der König!“ Die Anführer im Kampfe gegen die katholische Kirche in Mexiko waren die Kommunisten, die Freimaurer und die Protestanten. Das wollen wir nicht vergessen. Und wie war es dann in Spanien in den dreißiger Jahren, als der Sturm gegen die Kirche losbrach, als die Kirchen geschlossen und verwüstet wurden, als man die Klöster anzündete und die Ordensleute ermordete? Tausende von Priestern haben in Spanien den Martertod erlitten in dieser Zeit, elf Bischöfe darunter. Der Gottlose kann die Existenz von Gläubigen nicht ertragen. Er will die Verkündigung ausmerzen, indem er die Verkündiger umbringt.

Wir haben die Anfänge dieser Entwicklung heute unter uns, meine lieben Freunde. Sie wird weitergehen. Machen Sie sich darauf gefaßt, daß die Gottlosen und die Ungläubigen alles daran setzen werden, die Kirche zum Schweigen zu bringen und aus der Öffentlichkeit zu verdrängen. Ich war einmal selbst Zeuge, als ich in einem Gasthaus saß und das Mittagessen einnahm, wie die Feinde der Religion auf religiöse Zeichen reagieren. Da saßen an meinem Tisch zwei Leute, ein Ehepaar. Während des Essens fing es an, zum Engel des Herrn zu läuten. Da wurde der Mann ganz unruhig, und er wurde ausfällig und regte sich über das „Gebimmel“ auf. Er konnte es nicht ertragen, daß er durch die Glocken, durch das Glockenläuten an Gott, an die Kirche, an die Religion erinnert wurde.

So ist die Verfassung des Gottlosen. Er findet keinen Frieden, bis er nicht wieder zu Gott zurückgefunden hat. Es gibt einen Rückweg. Niemand ist von Gott aufgegeben, alle sind zur Bekehrung eingeladen. Einer dieser Gottlosen hat in einer ruhigen Stunde zugegeben, was ihm fehlt, seitdem er Gott aufgegeben hat: „Nein, komm zurück mit allen deinen Martern, zum letzten aller Einsamen! O komm zurück! Alle meine Tränenbäche laufen zu dir den Lauf, und meine letzte Herzensflamme, dir glüht sie auf. O komm zurück, mein unbekannter Gott, mein Schmerz, mein letztes Glück!“

Amen.

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