Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
17. August 2014

Zölibat

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Ich habe hier einen Zeitungsausschnitt, den mir unsere lieben Gottesdienstbesucher aus Kreuznach gebracht haben. Die Überschrift lautet: „Pfarrer tritt von seinem Amt zurück – Abschied: Thomas Müller aus Langenlonsheim hat sich in eine Frau verliebt – bewegende Messe.“ Der Fall Thomas Müller in Langenlonsheim ruft die alte Frage nach Sinn und Zweck des Zölibates wach. Sie ist tausendfach gestellt und tausendfach beantwortet worden. Was ist der Zölibat? Der Zölibat ist die gesetzliche Verpflichtung zu vollkommener und immerwährender Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, wodurch die geistlichen Amtsträger leichter und mit ungeteiltem Herzen Christus anhangen und sich freier dem Dienst an Gott und den Menschen widmen können. Welches sind die tragenden Gründe für dieses Gesetz? Ich nenne drei. Erstens: Der Zölibat ist ein Hinweis auf die Lebensform des Himmels. Dort wird nicht mehr geheiratet und dort heiraten sie nicht mehr. Sie sind, wie der Heiland sagt, wie die Engel. Die Gläubigen sollen am katholischen Priester erleben, dass er an Gott und die jenseitige Welt glaubt. Der Glaube wird am glaubwürdigsten, wenn er mit einem Opfer verbunden ist. Dieser Glaube drückt sich sichtbar und erfahrbar in dem Verzicht aus, den er leistet. Was den meisten Menschen unverzichtbar und höchstes Glück scheint, nämlich die Zweisamkeit mit dem anderen Geschlecht, das gibt der Priester willig drein, weil er damit Zeugnis ablegt für seinen Gott und Herrn und für die jenseitige Welt. Dieses Zeugnis ist notwendig, denn die Menschen haften an der Erde und an ihrem kümmerlichen Glück. Sie brauchen den Beweis, dass Gott lebt und das Leben im Jenseits existiert und dass dieser Glaube die Menschen befähigt, große und schwere Opfer zu bringen.

Zweitens: Der katholische Priester ist Stellvertreter Christi als Hirt, Lehrer und Sakramentenspender. Er soll und muss seinem Herrn möglichst weitgehend angenähert sein. Diese Annäherung geschieht grundlegend im Sakrament der Priesterweihe. Aber sie soll nicht nur ontologisch grundgelegt, sie soll auch psychologisch wirksam sein, d.h. sie soll sich vollziehen in der Lebensform durch betende Verbindung, durch liebende Vereinigung, durch ergreifenden Verzicht. Jesus ist der jungfräuliche Meister. Er hat auf Ehe und Familie verzichtet um seines göttlichen Auftrages willen. Es ist höchst geziemend, dass der Priester ihm darin folgt.

Drittens: Der ungeteilte Dienst für Gott und sein Reich beansprucht den Menschen ganz. Wer verheiratet ist, dessen Aufmerksamkeit, Kraft und Zeit wird notwendig zum erheblichen, häufig zum überwiegenden Teil von Ehe und Familie beansprucht; für Gebet und Seelsorge bleibt der Rest. In Zeiten der Not haben sich Zölibatäre besser bewährt als Verheiratete. Im Jahre 1945 kam die Rote Armee nach Schlesien, in meine Heimat. Viele, die meisten evangelischen Pfarrer flohen. Ich habe nicht von einem einzigen katholischen Priester gehört, dass er seine Gemeinde verlassen hat. Mein Breslauer Mitbruder Gerhard Schaffran wurde nicht gefangengenommen, er ging freiwillig 1945 in die russische Gefangenschaft, um seinen Kameraden als Seelsorger beizustehen und blieb fünf Jahre in dieser Gefangenschaft. Hat das nichts mit dem Zölibat zu tun? Im Jahre 1955 kam der deutsche General Friedrich Foertsch aus russischer Gefangenschaft. Er erzählte dem Militärgeneralvikar Werthmann: „Zwei Gruppen von Menschen haben sich in der Gefangenschaft am besten gehalten: die katholischen Priester und die Förster.“ In Zeiten der Unterdrückung und Verfolgung haben sich die katholischen, zölibatären Priester entscheidend tapferer verhalten als die Religionsdiener anderer Gemeinschaften. Im Konzentrationslager Dachau befanden sich 2806 Geistliche; davon waren 94,7% katholische Priester.

Ich kenne alle Argumente gegen den Zölibat. Am häufigsten hört man: In den anderen christlichen Gemeinschaften sind die Amtsträger doch auch verheiratet: bei den Protestanten, bei den Anglikanern, sogar bei den Orthodoxen. Ich antworte: Ja, bei denen sind sie verheiratet, aber aus einsichtigen Gründen. Die Protestanten haben keine Priester. Sie erheben gar nicht den Anspruch, dass ihre Prediger Priester seien. Sie sind also gar nicht ontologisch, seinshaft Christus verähnlicht. Deswegen brauchen sie nicht den Zölibat. Die Anglikaner nennen zwar ihre Amtsträger Priester, aber sie sind keine Priester, denn ihre Weihe ist ungültig, wie das höchste kirchliche Lehramt entschieden hat. Die anglikanischen Priester stehen deswegen auf derselben Ebene wie die protestantischen Prediger. Die Orthodoxen lassen Männer, die Priester werden wollen, heiraten, aber nur vor der Weihe. Wenn ihnen die Frau stirbt, dürfen sie nicht mehr heiraten. Und das alles geschieht aus Konzession an die menschliche Schwäche. Die zahlreichen Mönche bei den Orthodoxen sind in keiner Weise verheiratet; sie sind alle zölibatär. Und aus ihnen (aus den Mönchen) werden die Bischöfe genommen. Alle Bischöfe der Orthodoxen sind unverheiratet.

Ich möchte angesichts der Flucht von Priestern aus unserem Abendmahlsaal noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Der Zölibat als Lebensform, nicht als Gesetz, ist nicht auf katholische Priester beschränkt. Viele Männer und Frauen leben bewusst und mit Überzeugung und ohne Täuschung enthaltsam. Es sei an Politiker wie den Reichskanzler Brüning erinnert oder an den Ministerpräsidenten Bernhard Vogel. Es sei an Frauen erinnert wie Gertrud von le Fort und Edith Stein. Wir haben in unserer Gemeinde Männer und Frauen, die in der Treue zu Gottes Gebot lauter und enthaltsam leben. Wie wollen wir Priester bestehen vor den Männern und Frauen, deren Gatten verstorben sind und die jetzt allein leben müssen? Vor den zahlreichen Menschen, denen die Lebensumstände die Ehe versagt haben und die jetzt tapfer und rein durch das Leben gehen? Wie wollen wir vor ihnen bestehen, wenn wir die heilige Bürde der Enthaltsamkeit nicht tragen wollen? Die Priester, welche über das Gesetz des Zölibates murren, sollten sich schämen vor den Männern und Frauen, die lauter und klaglos ein reines Leben führen.

Müller sagt, es sei eine Frau in sein Leben getreten, und aus Sympathie sei nach und nach eine tiefe Beziehung geworden, vor der er sein Herz nicht verschließen könne. Anders ausgedrückt: Müller hat sich verliebt. Wie kam es dazu? Was hat er getan oder unterlassen, dass er, ein Priester, der Christus repräsentiert und dem die Kirche angetraut ist, sich emotional einer Frau zuwendet? Hat er nicht bemerkt, was in ihm vorgeht? Hat er sich nicht an die Regeln erinnert, die er im Priesterseminar empfangen hat für solche Situationen? Das kirchliche Gesetzbuch schreibt vor, dass sich die Kleriker mit der gebotenen Klugheit gegenüber Personen verhalten müssen, mit denen umzugehen die Pflicht zur Bewahrung der Enthaltsamkeit in Gefahr bringen könnte. Hat das Müller getan? Der Diözesanbischof hat darüber Normen zu erlassen und über die Einhaltung dieser Pflicht in einzelnen Fällen zu urteilen. Ist das im vorliegenden Falle geschehen? In der Diözese Trier unter dem Bischof Ackermann, der die Änderung der göttlichen Gebote über der Welt des Geschlechtlichen fordert? Was hat Müller getan, um die aufkeimende Neigung, die mit seinem Beruf und mit seiner Pflicht unverträglich ist, aus dem Herzen zu entfernen? Die Liebe zu einer Frau kommt ja nicht unentrinnbar wie das Schicksal über einen Menschen; jeder hat es in seiner Hand, was er mit einer aufkeimenden Neigung tut. Er kann sie hegen und pflegen und so zu einer Leidenschaft entwickeln; er kann sie aber ebenso gut überwinden und davon abstehen. Er braucht nur an seine Weihe zu denken, die ihn mit Christus verbunden hat. Soll er auf ihre Ausübung um einer Frau willen verzichten? Er braucht nur an seine Gemeinde zu denken, der er verbunden ist. Darf er sie preisgeben, verlassen wegen einer Frau? Im Kampf zwischen Neigung und Pflicht muss die Pflicht siegen. Müller spricht von der Liebe. Welche Liebe ist hier gefragt? Die Liebe zu Jesus oder die Liebe zu einer Frau? Was wiegt schwerer auf der Waage Gottes? Was sagt ein solcher Priester einem verheirateten Mann, in dem die Zuneigung zu einer anderen Frau aufflammt? Kann, darf der Mann dieser Neigung folgen? Selbstverständlich nicht. Aber der Priester hätte es vorleben sollen, was Pflicht und Treue vermag. Auch an die Frau wären Fragen zu richten. Ist ihr bewusst, was sie tat, als sie eine emotionale Bindung zu einem Priester einging? Hat sie ihre Verantwortung bedacht, einer Gemeinde ihren Hirten zu entziehen? Hätte sie nicht Schluss machen müssen, als sie spürte, dass hier mehr als Zuneigung oder Freundschaft im Spiel ist? Müller erklärt, ein Doppelleben komme für ihn nicht in Frage. Ganz richtig, sehr erfreulich, aber dieses Doppelleben hätte er sehr leicht beenden können, indem er die Bindung aufgab.

Als Müller seinen Abschied vom Priestertum wegen der Frau bekanntgab, so heißt es hier in diesem Zeitungsausschnitt, „reagierte die Gemeinde mit Betroffenheit und tief empfundenem Respekt und spendete ihm minutenlang Beifall“. Betroffenheit ist verständlich, denn die Gemeinde erlebt die Untreue ihres Vorstehers und verliert ihren Hirten. Sie konstatiert das Überwiegen nach der Suche eines privaten Glücks über das Gebundensein an Gottes und der Kirche Sache. Wird dieser Vorgang ihren Glauben stärken oder schwächen? Werden Jugendliche und junge Männer durch das Ausscheiden des Priesters aus seinem heiligen Dienst zum Anstreben des Priestertums ermutigt oder entmutigt? Betroffenheit ist also verständlich. Aber Respekt und Beifall? Respekt ist nach Dudens Fremdwörterbuch Ehrerbietung oder schuldige Achtung; Beifall ist Anerkennung und Zustimmung. Seit wann, meine Freunde, empfangen Fahnenflüchtige Respekt und Beifall? Wie weit muss die Verbildung in dieser Gemeinde fortgeschritten sein, dass sie in dieser Weise die Aufgabe der Berufung eines Priesters feiert! Die Vorsitzende des Pfarreienrates, so lese ich hier, bezeichnete die Aufgabe des Dienstes durch Müller „als Neuordnung seines Lebens“. Dazu ist zweierlei zu sagen. Erstens: Im jetzigen Augenblick ist von Ordnung keine Rede. Im jetzigen Augenblick ist nur Wortbruch und Untreue zu konstatieren. Erst wenn der Papst – und nur der Papst – die Laisierung ausspricht, wäre eine vorläufige, eine Notordnung – aber nur eine Notordnung – möglich. Denn ein Priester, der laisiert ist, lebt im Zwiespalt. Er ist und bleibt geweihter Priester, aber er kann und darf seine Weihe nicht ausüben. Kann man das als neue Ordnung bezeichnen?

Der zuständige Dekan, so lese ich hier, feierte den Priester Müller „als richtig guten Priester“. Kann der ein guter Priester sein, der seine Herde verlässt? An Müller wären noch Fragen zu stellen, z.B.: Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen? Hat er die priesterlichen Pflichten sorgfältig und zuverlässig erfüllt? Hat er täglich das Stundengebet verrichtet? Die heilige Messe würdig gefeiert? Den Rosenkranz gebetet? Die Betrachtung gehalten? Häufig das Bußsakrament empfangen? Hat er das alles getan? Wir wissen es nicht. Ebenso wäre an den zuständigen Dekan die Frage zu richten, ob er seine Pflicht getan hat. Er hat nämlich die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Geistlichen seines Bezirkes ein Leben führen, das ihrem eigenen Stand entspricht, und dass sie ihren Pflichten gewissenhaft nachkommen. Hat das der Dekan, der für Langenlonsheim zuständig ist, getan?

Im ganzen Zusammenhang mit dem Fall Thomas Müller ist mit keinem Wort davon die Rede, wie Gott ihn beurteilen mag. Kann es ihm gleichgültig sein, wenn sein Gnadengeschenk, die Priesterweihe, geringgeachtet, stillgelegt und für ein vermeintliches irdisches Glück eingetauscht wird? Kann ihm das gleichgültig sein, wenn das Versprechen, die enthaltsame Lebensform freiwillig zu übernehmen und darin zu verharren, gebrochen wird? Es gibt ein Buch mit dem Titel: „Wo Gott weint“. Wird sich Gott über den Abgang von Thomas Müller freuen?

Wie steht es um den Glauben eines Priesters, der Priestertum und Feier des Messopfers fahren lässt, um angeblich das Glück in den Armen einer Frau zu finden? Die Zeitumstände sind am Zusammenbruch der Priester nicht unbeteiligt. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat in der Kirche eine allgemeine Verunsicherung eingesetzt. Sie erfasst die Glaubens- und Sittenlehre ebenso wie den Gottesdienst und die gesamte Disziplin. Die schlimmste Wirkung des innerkirchlichen Zusammenbruchs ist der Kollaps des Glaubens! Die Fraglosigkeit des Glaubens ist verlorengegangen. Die Erschütterung des Glaubens trifft die priesterliche Persönlichkeit in der Wurzel. Der Priester steht und fällt mit dem Glauben. Ich habe in 63 Priesterjahren viele Priester kommen und gehen gesehen. Ich bin fest überzeugt: In aller Regel hängen Zölibatsprobleme mit Mängeln im Glauben zusammen. Wenn die lebendige Beziehung zum dreifaltigen Gott verlorengeht, wenn die Liebe zu Christus, dem Herrn, erkaltet, wem die Feier des Messopfers nicht über alles geht, dem erscheinen die zölibatäre Lebensform und die damit verbundenen Pflichten unerträglich. Der Abgang von Priestern ruft unweigerlich die Frage hervor: Haben die Bischöfe, die erstverantwortlichen Hüter und Pfleger und Prediger des Glaubens, den Glauben vollständig und ohne durchsichtige Auswahl verkündet? Haben sie ihn gegen Abschwächungen und Verdrehungen unnachsichtig verteidigt? Was hat Herr Ackermann, was haben seine Vorgänger im Trierer Bischofsamt getan, um die Priester im unversehrten Glauben und in der Treue zu der priesterlichen Lebensform zu festigen und zu stützen? In der Diözese Trier, meine lieben Freunde, lehrte jahrzehntelang ein Theologe, der das Priestertum leugnete. In der Diözese Trier lehrte jahrzehntelang ein anderer Theologe, von dem festgestellt wurde, dass er den lebendigen Gott leugnet. Das sind die Bedingungen, unter denen man in Trier wirken muss.

Der Mainzer Bischof Lehmann sagt, die Lebensform des Zölibates werde nicht mehr verstanden. Ich stelle zwei Fragen. Erstens: Was hat Lehmann, was haben seine bischöflichen Mitbrüder getan, damit sie verstanden wird? Wie viele Predigten haben sie zu ihrer Erklärung gehalten? Welche Hirtenbriefe haben sie diesem Thema gewidmet? Die Antwort lautet: Sie haben fast nichts getan. Sie haben tatenlos zugesehen, wie diese Lebensform untergraben wird und haben selbst unbedachte Äußerungen gemacht. Zweitens: Wie viele Einrichtungen und Lehren der katholischen Kirche werden heute nicht mehr verstanden? Verstehen die Leute, dass die deutschen Diözesanbischöfe wie Staatssekretäre bezahlt werden? Verstehen sie das Gebot, jeden Sonntag das Messopfer mitzufeiern? Verstehen sie die Pflicht, wenigstens einmal im Jahr die Sünden zu beichten? Verstehen sie das Verbot der Trennung der Ehe nach dem Bande und das Verbot der nachfolgenden Wiederverheiratung? Und wie steht es um die grundlegenden Dogmen? Wie steht es um die Menschwerdung? Was feiert die Masse der katholisch Getauften an Weihnachten? Das Fest der Liebe, das Fest des Schenkens, aber doch nicht die Herabkunft des LOGOS auf diese Erde. Wie viele so genannte Christen teilen noch den Glauben, dass der unendliche Gott die Gestalt eines Menschen angenommen hat? Wie steht es um das Dogma von der jungfräulichen Mutterschaft Mariens? Wie viele katholische Christen teilen die Meinung der Irrlehrer, dass Josef der biologische Vater Jesu sei? Wenn wir alles das aufgeben wollen, was heute nicht mehr verstanden wird, dann können wir die Kirche zumachen! Es ist ja gerade die Aufgabe der Kirche, zu ihrer Lehre und Ordnung zu stehen ohne Rücksicht darauf, ob die Menschen sie akzeptieren oder nicht. „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündige.“

Der Priester Thomas Müller will heiraten. Wir wissen nicht, wie seine Verbindung aussehen wird, aber wir haben die Erfahrung mit anderen Priestern, die geheiratet haben. Man kann fragen: Wie verhalten sich die verheirateten Priester in der Ehe? Werden sie Vater einer zahlreichen Kinderschar, oder greifen sie zu Pille und Kondom? Zwei meiner Kollegen an der Universität Mainz haben unter Bruch ihres Versprechens eine Ehe geschlossen. Der eine zeugte ein Kind, der andere zwei; danach ließ er sich scheiden. Ich bin überzeugt, dass der Abgang vom Zölibat und der Übergang zur Ehe in der Regel erst attraktiv wird mit der Absicht der Empfängnisverhütung und der Möglichkeit der Ehescheidung. Was erwarten sich zölibatsmüde Priester von der Ehe? Sie suchen ihr irdisches Glück. Werden sie es finden? Wir Priester schauen in viele Ehen hinein. Wie viele glückliche Ehen haben wir gefunden? Wenn man sagt, dass Priester unter dem Zölibat leiden, dann frage ich, ob sie wissen, wie viele Eheleute unter der Ehe leiden. Zu allen Zeiten, wenn der Glaube in der Kirche verdunstet und die Liebe zu Gott erkaltet, wird die enthaltsame Lebensform des katholischen Priesters in Frage gestellt. Das war so in der von der Aufklärung geprägten Zeit. Die Tübinger Theologische Quartalschrift schrieb im Jahre 1831: „Die Aufhebung des Zölibats wird kommen.“ Seitdem sind fast 200 Jahre vergangen, aber der Zölibat steht noch. Ich weiß nicht, meine lieben Freunde, was die Zukunft bringt. Vielleicht kämpfe ich auf verlorenem Posten, weil maßgebende Leute in der Kirche das heilige Gesetz des Zölibats innerlich bereits aufgeben haben. Aber: Lieber will ich mit wehender Flagge untergehen, als die Fahne verraten, unter der ich angetreten bin!

Amen.  

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