Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
27. Mai 2018

Die heiligste Dreifaltigkeit und ungeteilte Einheit

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier des dreifaltigen Gottes Versammelte!                                                             

Der Inbegriff des Glaubens der Christen ist die Dreifaltigkeit, der dreieinige Gott. Die Christen werden im Namen (Einzahl) und nicht auf die Namen (Mehrzahl) des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft. Denn es gibt nur einen einzigen Gott: den allmächtigen Vater und seinen eingeborenen Sohn und den Heiligen Geist, die heiligste Dreifaltigkeit. Wir befinden uns hier in einer Dreifaltigkeitskirche. Sie ist dem dreifaltigen Gott gewidmet, geschenkt, geweiht. Dreifaltigkeit ist das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens. Es ist das Geheimnis des inneren Lebens Gottes, der Urgrund aller anderen Glaubensartikel. Die Dreifaltigkeit ist ein Glaubensgeheimnis im strengen Sinne. Es wäre nicht bekannt, wenn es nicht von Gott geoffenbart wäre. Vor der Menschwerdung des Sohnes Gottes und vor der Sendung des Geistes war es auch dem Volke Israel nicht zugänglich.

Der Name „Vater“ für Gott soll ausdrücken, dass er der Ursprung von allem und die erste Autorität ist, sowie dass er die Güte und die liebende Besorgtheit um alle seine Kinder ist. Die elterliche Liebe Gottes lässt sich auch durch das Bild der Mutter zum Ausdruck bringen, und der Prophet Isaias hat dieses Bild auch gebraucht. Die Sprache des Glaubens schöpft also aus der Erfahrung der Menschen mit ihren Eltern. Doch diese analoge Redeweise hat ihre Grenzen. Eltern können das Bild der Vaterschaft und der Mutterschaft entstellen. Es gibt Rabenmütter und es gibt Rabenväter. Deswegen ist zu bemerken: Gott ist über den Unterschied der Geschlechter erhaben. Es ist weder Mann noch Frau, er ist Gott. Er geht auch über die menschliche Vaterschaft und Mutterschaft hinaus. Niemand ist so Vater wie Gott. Dabei verstehen Sie vielleicht jetzt das Wort Jesu: „Nennt niemanden auf Erden euren Vater, denn einer ist euer Vater, der im Himmel.“ Gott ist Vater als Erschaffer der Welt. Er ist Vater aufgrund des Bundes mit Israel. Er ist Vater aufgrund des Schutzes, den er Armen, Waisen und Witwen zuteil werden lässt. Vor allen: Gott ist Vater in einem ungeahnten Sinne. Er ist von Ewigkeit her Vater seines eingeborenen Sohnes, der nur im Bezug auf seinen Vater Sohn ist. Ihn bekennen die Apostel als das Wort, das bei Gott ist, als das Ebenbild des unsichtbaren Vaters, als den Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens.

Das zahlenmäßig eine göttliche Wesen ist so vollkommen und unendlich, dass es von drei real verschiedenen Personen auf verschiedene Weise, aber in gleicher Vollkommenheit besessen wird. Die Einheit ist so unendlich vollkommen, dass sie durch die Dreiheit nicht getrennt wird. Und die Dreiheit ist so real, dass sie durch die Einheit nicht vernichtet wird. Ist die Einheit über jede Zahl erhaben, so fällt die Dreiheit vollkommen mit ihr zusammen. Geoffenbart ist zuerst der Vater, dann der Sohn, zuletzt der Heilige Geist. Jeder Nachfolgende bezeugt den Vorhergehenden und wird wieder vom Vorhergehenden bezeugt. Die Offenbarung des Sohnes erfolgt mit unübersehbarer Deutlichkeit durch sein Hervortreten aus der Gottheit und die Annahme einer menschlichen Natur. Seine ewige Existenz verband sich mit einem zeitlichen Geschöpf. So gelten von ihm zwei Aussagen: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort“, und die andere: „Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Die Kirche hat sich auf dem Konzil von Nicäa (325) dazu bekannt, dass der Sohn eines Wesens mit dem Vater ist, d.h. dass er mit ihm ein einziger Gott ist. Vor seinem Leiden kündigte Jesus die Sendung eines anderen Beistandes, eines anderen Parakleten an: des Heiligen Geistes. Dieser war schon bei der Schöpfung tätig. Der Geist schwebte über dem Wasser und hatte gesprochen durch die Propheten. Er wird fortan bei den Jüngern und in ihnen sein, sie lehren und die ganze Wahrheit ihnen offenbaren. Der Heilige Geist wird also mit Jesus und dem Vater als eine weitere göttliche Person geoffenbart. Der ewige Ursprung des Geistes offenbart sich in seiner zeitlichen Sendung. Der Heilige Geist wird den Aposteln und der Kirche vom Vater, im Namen des Sohnes, sowie vom Sohn selbst gesandt, nachdem dieser zum Vater zurückgekehrt ist. Die Sendung der Person des Geistes nach der Verherrlichung Jesu offenbart das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit in seiner ganzen Fülle. Das zweite allgemeine Konzil von Konstantinopel (381) bekannte: Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater hervorgeht. Die Kirche anerkennt dadurch den Vater als den Quell und Ursprung der ganzen Gottheit. Der ewige Ursprung des Heiligen Geistes ist jedoch nicht ohne Zusammenhang mit dem ewigen Ursprung des Sohnes. Der Heilige Geist ist ein und derselbe Gott mit Gott, dem Vater, und mit Gott, dem Sohne, von einer Substanz, von einer Natur. Gleichwohl wird er nicht nur der Geist des Vaters und nicht nur der Geist des Sohnes, sondern zugleich der Geist des Vaters und des Sohnes genannt. Er wird mit dem Vater zugleich angebetet und verherrlicht.

Um das Trinitätsdogma zu formulieren, musste die Kirche notwendig Anleihen bei der Begrifflichkeit der Philosophen machen. So hat sie das Wort „Substanz“ übernommen. Substanz ist so viel wie Wesen, Natur. Mit Substanz wurde das göttliche Wesen in seiner Einheit bezeichnet. Mit „Person“ wurden Vater, Sohn und Heiliger Geist in ihrer realen Verschiedenheit voneinander wiedergegeben. Der Begriff „Beziehung“ (Relation) wurde verwendet, um zu sagen, worin ihre Verschiedenheit liegt, nämlich in ihren gegenseitigen Beziehungen. Die Anwendung dieser Begriffe auf Gott kann selbstverständlich nur in analoger Weise geschehen, also in einer ähnlich/unähnlichen Weise. Gott ist weder Natur noch Person im geschöpflichen Sinne, sondern nur in einem ähnlichen Sinn, der alle Unvollkommenheiten ausschließt. Alle diese Begriffe sind inadäquat und doch in einem eminenten Sinne wahr. Wenn wir sie nicht gebrauchen würden, müssten wir aufhören, von der Dreifaltigkeit zu reden.

Die Dreifaltigkeit ist eine. Denn wir kennen nicht drei Götter, sondern einen einzigen Gott in drei Personen, die wesensgleiche Dreifaltigkeit. Die göttlichen Personen teilen die einzige Gottheit nicht untereinander auf, sondern jede von ihnen ist voll und ganz Gott. Der Vater ist dasselbe wie der Sohn; der Sohn ist dasselbe wie der Vater; der Geist ist dasselbe wie Vater und Sohn, nämlich ein Gott. Jede der drei Personen ist jene Wirklichkeit, d.h. göttliche Substanz, Wesenheit oder Natur. Die drei göttlichen Personen sind real, also wirklich, voneinander verschieden. Der eine Gott ist gleichsam nicht einsam für sich allein. Vater, Sohn und Geist sind nicht einfach Namen, welche Seinsweisen des göttlichen Seins bezeichnen, denn sie sind real voneinander verschieden. Der Vater ist nicht der derselbe wie der Sohn, noch ist der Sohn derselbe wie der Vater, noch ist der Heilige Geist derselbe wie Vater und Sohn, sie sind voneinander verschieden durch die Ursprungsbeziehung: Es ist der Vater, der zeugt; es ist der Sohn, der gezeugt wird; es ist der Geist, der hervorgeht. Die göttliche Einheit ist dreieinig. Die drei göttlichen Personen beziehen sich aufeinander, weil sie real verschieden sind, aber weil die göttliche Einheit nicht geteilt wird, liegt die Personalität allein in den gegenseitigen Beziehungen. Mit den Namen der Personen wird der Vater auf den Sohn, der Sohn auf den Vater und der Geist auf beide bezogen. Obwohl sie im Hinblick auf ihre Beziehung drei Personen genannt werden, sind sie doch eine Natur oder Substanz, d.h. in ihnen ist alles eins, wo sich keine Gegensätzlichkeit der Beziehungen entgegenstellt. Wegen dieser Einheit ist der Vater ganz im Sohn, der Sohn ganz im Vater, der Geist ganz im Vater und im Sohn. Sie können sich, meine lieben Freunde, diese Überlegungen anhand des Johannesevangeliums vor Augen führen, denn dort sind sie grundlegend ausgesprochen. Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.“ An einer anderen Stelle: „Ich und der Vater sind eins.“ Und wieder an einer anderen Stelle: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“

Das ist die Grundlegung für die katholische Trinitätslehre. Das gesamte göttliche Wirken ist gemeinsames Werk der drei göttlichen Personen. Alle Wirkungen der Trinität nach außen geschehen durch alle drei göttlichen Personen. Wie die Dreifaltigkeit ein und dieselbe Natur hat, so hat sie auch ein und dasselbe Wirken. Der Vater und der Sohn und der Heilige Geist sind nicht drei Ursprünge der Schöpfung, sondern ein Ursprung. Und doch wirkt jede göttliche Person das gemeinsame Werk gemäß ihrer persönlichen Besonderheit. „Es ist ein Gott und Vater, aus dem alles, ein Herr Jesus Christus, durch den alles, und ein Heiliger Geist, in dem alles ist“, so formulierte das Konzil von Konstantinopel im Jahre 553. Vor allem die göttlichen Sendungen der Menschwerdung und der Spendung des Heiligen Geistes lassen die Eigenart der göttlichen Personen zutage treten. Denn Mensch geworden ist nur der Sohn und herabgekommen am Pfingstfest ist nur der Heilige Geist. Es war ein großer Irrtum, als die Patri-Passianer auftraten, eine Sekte, die behauptete, der Vater habe gelitten. Da sieht man, wie wichtig die Unterscheidung ist, welche die Kirche mit ihren Begriffen vorgenommen hat. Nicht der Vater hat gelitten, sondern der Sohn. Als zugleich gemeinsames und persönliches Werk lässt das göttliche Wirken sowohl die Eigenart der göttlichen Personen als auch ihre einzige Natur erkennen.

Darum steht das ganze Leben von uns Christen in Gemeinschaft mit jeder der göttlichen Personen, ohne sie irgendwie zu trennen. Wer den Vater preist, tut es durch den Sohn im Heiligen Geist. Wer Christus nachfolgt, tut es, weil der Vater ihn zieht und der Geist ihn bewegt. Das letzte Ziel des göttlichen Wirkens ist die Aufnahme der Geschöpfe in die vollständige Vereinigung mit der glückseligen Dreifaltigkeit. Aber auch jetzt schon sind wir dazu berufen, eine Wohnstätte der heiligsten Dreifaltigkeit zu sein. Der Herr sagt: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten. Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.“ Meine lieben Freunde, ich bin mir bewusst, dass ich vom schwierigsten Dogma der katholischen Kirche spreche. Aber es macht mir keine intellektuellen Schwierigkeiten. Wenn wir Gott begreifen würden, wäre er nicht mehr Gott. Wir könnten ihn gewissermaßen nachbauen, wir könnten ihn angreifen. Atome können wir zertrümmern, wie man sagt, oder Kernschmelzen können wir vornehmen. Wir können die Gene entziffern und Genveränderungen vornehmen; das alles können wir. Wenn das Begreifen Gottes uns gegeben wäre, könnten wir Ähnliches mit Gott vornehmen. Nein, Gott muss unbegreiflich bleiben, wenn er Gott bleiben will. Die Menschen haben sich häufig Gott nach ihrem Bilde geschaffen. Aber der selbstgemachte Gott trägt die Züge derer, die ihn gebildet haben. Wir kennen Gott, weil wir ihn aus der Offenbarung kennengelernt haben. In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. „O heiligste Dreifaltigkeit und ungeteilte Einheit, über jegliches Begreifen groß, Fruchtbarkeit, du, in der Gottheit Schoß, höchstes Licht und hellste Dunkelheit, o heiligste Dreifaltigkeit.“

Amen.

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