Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
6. Juni 2022

Gottes Zusage des Heiligen Geistes II

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Prozess vor Gericht, die Verurteilung zum Tode und das Warten auf die Vollstreckung des Urteils waren furchtbare Prüfungen für die Verfolgten des Naziregimes. Doch sie waren weder allein noch verlassen. Wir haben gesehen, dass sich die Verheißungen Christi an ihnen erfüllt haben. Gott war bei ihnen, und sein Heiliger Geist lenkte ihre Herzen und ihren Mund. Wir wollen heute danach fragen, wie sie sich verhalten haben, als die Stunde ihrer Hinrichtung gekommen war.

III. Äußerungen unmittelbar vor der Hinrichtung

Alle vor der Hinrichtung stehenden Christen bekannten ihren festen Glauben an den lebendigen Gott und an das ewige Leben der Seele. Was sie aufrechterhielt, waren ihr Glaube und ihr Gebet. Sie lehnten sich nicht auf gegen Gott, richteten keine Anklagen gegen den Himmel, sahen sich nicht als von Gott verlassen an. Als Ewald von Kleist-Schmenzin am 9. April 1945 aus seiner Zelle geholt wurde, sagte er einem Mithäftling: „Sagen Sie meiner Frau und meiner Familie, dass ich in vollem Glauben und Frieden hinübergehe. Ich weiß, warum und wofür das geschieht.“ Einige fanden angesichts des Todes zum katholischen Glauben. Hans und Sophie Scholl begehrten, vor ihrer Hinrichtung katholisch getauft zu werden. Auf den Einspruch des evangelischen Gefängnispfarrers Karl Alt verzichteten sie darauf, um ihrer Mutter nicht zusätzlich Schmerzen zu bereiten. Ihr Kamerad und Freund Alexander Schmorell schrieb am Morgen seiner Hinrichtung, dem 13. Juli 1943, an seine Familie: „Ich gehe hinüber in dem Bewusstsein, meiner tiefen Überzeugung und der Wahrheit gedient zu haben. Dies alles lässt mich mit ruhigem Gewissen der nahen Todesstunde entgegensehen.“ Er empfing die Sakramente nach seinem orthodoxen Glauben. Die gläubigen Angeklagten und Verurteilten wurden nicht irre an Gott und seiner Vorsehung. In ihrem grausamen Geschick sahen sie den Willen Gottes wirksam, dem sie sich in Gehorsam beugten. Der Oblatenpater Friedrich Lorenz schrieb wenige Stunden vor seiner Hinrichtung: „Es geschehe der Wille Gottes“ (13. November 1944). Angeklagte, die mit der Kirche lebten, verstanden es, einen Zusammenhang ihres Lebens und Sterbens mit dem Kirchenjahr herzustellen. Der schlesische Graf Michael Matuschka, am 14. September 1944 hingerichtet, rief im Angesicht des Galgens aus: „Welch eine Gnade, am Fest Kreuzerhöhung gehängt zu werden!“ Die Verurteilten, die das Glück hatten, den Herrn in der eucharistischen Kommunion zu empfangen, waren sich seiner Begleitung auf dem letzten Wege gewiss. Der Jesuitenpater Alois Grimm schrieb wenige Stunden vor seiner Hinrichtung an die Geschwister: „Eben ist der Heiland als Wegzehrung zu mir gekommen. Mit ihm gehe ich hinüber“ (11. September 1944). So erfüllte sich die Verheißung Gottes, er werde stets bei den Seinen verharren und sie nicht verlassen. Die gläubigen Christen verdrängten nicht die Glaubenswahrheit vom besonderen Gericht Gottes über den Einzelnen. Sie wussten, dass ihnen wie allen Verstorbenen das Gericht des Herrn bevorstand. Aber sie vertrauten auf seine Gerechtigkeit und sein Erbarmen. Der Franziskanerpater Kilian Kirchhoff nahm vor der Hinrichtung Abschied von seinem Vorgesetzen mit den Worten: „Nun werfe ich mich ganz in die Arme meines barmherzigen Richters“ (24. April 1944). Die Gerechtigkeit ihrer Sache ließ sie nicht bange werden vor Gottes Urteil. Maria Terwiel, die gefährdeten Juden Pässe besorgt hatte, schrieb vor der Vollstreckung des Todesurteils: „Ich habe absolut keine Angst vor dem Tode und schon mal gar nicht vor der göttlichen Gerechtigkeit, denn die brauchen wir jedenfalls nicht zu fürchten.“ Die Männer und Frauen, denen die Auslöschung ihrer irdischen Existenz bevorstand, wussten, welchen Schmerz ihr trauriges Ende ihren Angehörigen zufügte. Aber sie waren bemüht, sie zu trösten. Der Kaplan Hermann Lange, der am 10. November 1943 in Hamburg hingerichtet wurde, richtete zum Abschied an seine Geschwister die Bitte, ihre Liebe auf die Eltern zu häufen und nicht um ihn zu trauern; „denn ich gehe jetzt in das Land, wo es keine Tränen mehr gibt“. Nicht allein die Wahrheit des Weiterlebens der Seele tröstete die Todgeweihten. Gelegentlich stärkte sie auch der Glaubensartikel von der Auferstehung der Toten. Der Laienchrist Rudolf Mandrella schrieb am Tage seiner Hinrichtung (3. September 1943): „Die ganze Zeit seit der Verurteilung ist der Gedanke an die Auferstehung mir eine Quelle des Trostes und der Freude gewesen.“ Der gläubige Sinn der christlichen Martyrer sah in der bevorstehenden Auslöschung des irdischen Lebens nicht eine Katastrophe, sondern einen Tag der Freude. Der Priester Jakob Gapp, der am 13. August 1943 hingerichtet wurde, schrieb an diesem Tage: „Um 7 Uhr abends gehe in zum lieben Heiland, den ich immer innig geliebt habe... Nach schwerem Ringen bin ich doch soweit, dass ich den heutigen Tag als den schönsten Tag meines Lebens betrachte.“ Sie gaben Zeugnis, dass sie den Glauben an die Vereinigung mit Gott nicht nur gepredigt hatten, sondern dass sie davon durchdrungen waren. Der Kaplan Johannes Prassek sagte auf dem Weg zum Schafott dem ihn begleitenden Gefängnisseelsorger: „Herr Pfarrer, Gott befohlen, ich bin überzeugt, dass ich in die Anschauung Gottes gehe, und darum sterbe ich zuversichtlich.“ Sie waren überzeugt, dass ihr Glauben in das Anschauen übergehen werde. Der Jesuitenpater Alfred Delp sagte dem Gefängnispfarrer Peter Buchholz vor seiner Hinrichtung: „In einer halben Stunde weiß ich mehr als Sie.“ Manche zum Tode Verurteilte erinnerten daran, dass sie die Tat, für die sie jetzt büßen sollten, als Patrioten vollbracht hatten und dass sie den Tod als Sühne betrachteten für die Greuel, die in ihrem Vaterland verübt wurden. Graf Schwerin von Schwanenfeld, am 8. September 1944 hingerichtet, sagte, als er in der Nacht des 20. Juli gefesselt abgeführt wurde: „Man kann schließlich nicht mehr tun, als dafür zu sterben.“ Ähnlich verhielt sich der katholische Gewerkschaftler Franz Leuninger. Er ging buchstäblich psalmsingend zur Richtstätte, wie der Mitgefangene Hermann Freiherr von Lüninck berichtet: Er opferte sein Leben klar bewusst und klaren Willens für sein Vaterland. Die gläubige Frömmigkeit, welche die Martyrer in ihrer Jugendzeit gelernt und in ihrem Leben praktiziert hatten, bewährte sich jetzt am Ende ihres Lebens. Es zeigte sich auch, welchen Wert kurze Gebete haben, die den Kindern einmal auswendig gelernt in der bittersten Stunde ihres Lebens zur Verfügung standen. Der Leutnant der Wehrmacht Michael Kitzelmann wurde von einem Kameraden wegen staatsfeindlicher Äußerungen denunziert und zum Tode durch Erschießen verurteilt. Seine letzten Worte waren: „Jesus, dir leb ich, Jesus, dir sterb ich.“ Er ging gefasst in den Tod, ohne Bitterkeit im Herzen, allen verzeihend, in männlich aufrechter Haltung, als gläubiger katholischer Christ.

Claus Graf Schenk von Stauffenberg stand zeitlebens zu seinem katholischen Glauben. Er trug stets ein Kreuz auf seiner Brust und besuchte nach Möglichkeit den Gottesdienst, in seiner Heimat sogar in Wehrmachtsuniform. Stauffenberg stieß aus religiös-sittlichen und patriotischen Motiven zur Widerstandsbewegung gegen das nationalsozialistische System. Es war ihm klar, dass ohne die Ausschaltung Hitlers weder der Krieg beendet noch Deutschland gerettet werden konnte. Von den endlosen Debatten, wie sie in Widerstandskreisen geführt wurden, hielt er nichts. Als im Herbst 1942 die Forderung erhoben wurde, Hitler endlich „die Wahrheit“ zu sagen, antwortete Stauffenberg: „Es kommt nicht darauf an, ihm die Wahrheit zu sagen, sondern es kommt darauf an, ihn umzubringen, und ich bin dazu bereit.“ Hitler töten zu wollen, bedeutete, zu riskieren, als Verräter dazustehen. Aber er war gewillt, diesen Vorwurf auf sich zu nehmen. In den langen Wochen im Lazarett sagte er immer wieder: „Wir müssen Deutschland retten.“ Er war mit seinem Gott im reinen. Am Vorabend des Attentats, am 19. Juli 1944, ließ Stauffenberg seinen Wagen vor der Rosenkranzbasilika in Berlin halten. Er verharrte im hinteren Raum der Kirche, denn es war Abendgottesdienst. Ohne Zittern schritt er zur Tat. Hitler überlebte das Attentat, der Umsturz in Berlin brach noch am Abend des 20. Juli 1944 zusammen. Der Befehlshaber des Ersatzheeres Friedrich Fromm ließ Stauffenberg und seine drei nächsten Mitarbeiter standrechtlich erschießen. Stauffenberg rief, bevor ihn die Kugeln des Hinrichtungskommandos trafen, aus: „Es lebe das heilige Deutschland.“ Mit diesem Ausruf bezeugte er das Hauptmotiv seines heldenhaften Einsatzes: Deutschland von seiner verbrecherischen Führung zu befreien und damit das Ende des Krieges herbeizuführen.

IV. Nichtchristliche Widerstandskämpfer

Im Widerstand gegen das Hitlerregime fanden sich Christen und Nichtchristen zusammen, letztere vor allem aus dem linken Lager, also Sozialisten und Kommunisten. Auch nichtgläubige Personen haben vor Gericht Haltung bewiesen, haben sich zu den ihnen vorgeworfenen Taten bekannt und haben das Urteil ihrer Richter gefasst entgegengenommen. Das Festhalten an ihren weltanschaulichen und politischen Ansichten war beeindruckend. Harro Schulze-Boysen (1909-1940), Oberleutnant im Reichsluftfahrtministerium, war der Kopf der Roten Kapelle, einer weitverbreiteten Widerstandsorganisation. Ihm warf die Anklage Hochverrat und Landesverrat vor. Er ging mannhaft in den Tod. „Dieser Tod passt zu mir. Irgendwie habe ich immer um ihn gewusst“, schrieb Schulze-Boysen an seine Eltern. „Alles, was ich tat, tat ich aus meinem Kopf, meinem Herzen und meiner Überzeugung heraus.“ Unter dem Galgen rief er: „Ich sterbe als ein überzeugter Kommunist!“ Ilse Stöbe war ebenfalls ein Mitglied der Roten Kapelle. Sie versorgte die Sowjetunion mit Material aus dem deutschen Außenministerium. Sie wurde entdeckt, zum Tode verurteilt und am 22. Dezember 1942 hingerichtet. Kurz vorher soll sie noch in ihrer Zelle die Internationale gepfiffen haben. Die Internationale ist das Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung und war bis 1943 Hymne der Sowjetunion. Der Regierungsrat Arvid Harnack, ebenfalls ein verschworener Anhänger der Sowjetunion, erklärte vor der Schlinge, mit der er erhängt wurde: „Ich bereue nichts. Ich sterbe als ein überzeugten Kommunist.“ Die letzten Worte seiner Frau, der Amerikanerin Mildred Harnack, waren: „Und ich habe Deutschland so geliebt!“ Ein weiteres Mitglied der Roten Kapelle namens Husemann schrieb vor dem Erhängtwerden: „Mein lieber Vater, sei stark! Ich sterbe, als was ich gelebt habe: als Klassenkämpfer.“ „Dass jetzt alles aus ist“, schrieb Oda Schottmüller an ihre Mutter, „liegt eben in meiner Linie. Ich habe nie alt werden wollen. Langsam verkalken ist bestimmt nicht schön.“ Dem einen oder anderen der zum Tode Verurteilten aus dem linken Lager kamen allerdings Zweifel an Sinn und Zweck ihrer Taten und ihrer Verurteilung. Frau Cato Bontjes van Beek stellte resigniert fest: „Traurig ist es nur, dass ich gar nicht weiß, wofür ich sterben soll. Mama, es ist kein besonders großer Ruhm, mit dieser Sache etwas zu tun zu haben.“ Bei manchen Angeklagten verbanden sich Schlagfertigkeit und Kühnheit zu treffsicheren Äußerungen. Erika von Brockdorff, auch sie ein Mitglied er Roten Kapelle, brach bei der Anklage vor dem Reichskriegsgericht in schallendes Gelächter aus. Der Ankläger, Oberstkriegsgerichtsrat Dr. Manfred Roeder, rief aufgebracht: „Ihnen wird das Lachen noch vergehen.“ Schlagfertig gab sie zurück: „Nicht, solange ich Sie sehe!“ Ihr Unglaube war für Gottes Gnadenimpuls unempfänglich. Als der Gefängnisgeistliche der Erika von Brockdorff vor der Hinrichtung Trost spenden wollte, wies sie ihn ab. Es mache ihr nichts aus, dass aus ihrem Körper in wenigen Stunden ein Stück Seife gekocht werde.

Die nichtgläubigen Widerstandskämpfer handelten nicht aus religiösen Motiven. Ihr Kampf gegen den NS war eingegeben von ihrer sozialistischen oder kommunistischen Ideologie und vielleicht auch von einem religionslosen Humanismus. Im Unterschied von den gläubigen Christen haben sie kein Bekenntnis zu Christus und der christlichen Religion abgelegt. Aus ihnen sprachen Festhalten an ihrer Überzeugung und Mut. Es fällt schwer, bei den Abwehrhaltungen gottloser und religionsloser Menschen vor Gericht an göttliche Einwirkung zu denken. Gott verschwendet seine Gaben nicht. Man muss ihrer würdig sein. Dazu kommt eine andere Überlegung. Bei allen, die für den Widerstand gegen das NS-Regime in Anspruch genommen werden, ist nicht nur zu fragen, wogegen sie waren, sondern auch, wofür sie waren. Wer die Hitlerherrschaft mit dem sowjetischen System vertauschen wollte, kann schwerlich als deutscher Patriot angesehen werden. Schließlich noch ein letzter Hinweis für die Unterschiedlichkeit christlichen und nichtchristlichen Widerstandes gegen das Hitlerregime. Das private Leben vieler linken Gegner des NS war von libertinistischen Auffassungen der Ehe und der Sexualität geprägt. Sie verbanden ihre Handlungen der Spionage und der Sabotage mit Zügellosigkeit und Unzucht. Im Prozess gegen die Rote Kapelle wurde die exorbitante Triebhaftigkeit vieler prominenter Mitglieder aufgedeckt. Dass sie sich von ihrem verderblichen Treiben vor der Hinrichtung innerlich abgewandt und bekehrt hätten, davon liest man nichts. So wird man wohl feststellen müssen: Die Sittenlosigkeit und die Frivolität der meisten „linken“ Widerständler waren nicht geeignet, die Erleuchtung und die Stärkung des Geistes Gottes vor Gericht und in der Stunde des Todes zu empfangen. Ungläubigen Gegner des NS fiel es manchmal sehr schwer, ihr Todesschicksal auf sich zu nehmen. Der Diplomat Rudolf von Scheliha beispielsweise wehrte sich bis zum letzten Augenblick gegen die Hinrichtung. Ein prominentes Mitglied der Roten Kapelle, Libertas, die Frau von Schulze-Boysen, weigerte sich, den Weg zum Schafott anzutreten, musste dahin gezerrt werden und rief unaufhörlich: „Lasst mir doch mein junges Leben, lasst mir doch mein junges Leben.“

Da ist Gottes Reich, wo seine Zeugen sterben. Die staatliche Verfolgung der gläubigen Christen, die dem Unrechtssystem des NS Widerstand entgegensetzten, war eine Zeit, in der sich Gottes Verheißungen für seine Bekenner bewährten. Gott war bei ihnen, als das Fallbeil fiel oder die Schlinge sie erwürgte. Der Heilige Geist lenkte ihre Herzen und ihre Zunge. Ihre mutige Haltung war ein Zeugnis ihres Glaubens, den der Geist Gottes bis zum letzten Atemzug stärkte. Nicht nur die Menschen, auch Gott hat die Erprobung bestanden.

Amen.

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