Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
21. Juli 2013

Mann und Frau nach Gottes Ordnung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Das fünfte Gebot hat den Einzelmenschen zum Gegenstand. Das sechste Gebot richtet sich auf das ganze Menschengeschlecht. Die Fortpflanzung des Menschen bedarf einer besonderen Weihe und Regelung, und sie liegt in der rechten Ordnung der Ehe. Nach dem Schöpfungsbericht hat Gott den Menschen von Anfang an als Mann und Frau geschaffen. Es sind Phantasien, wenn von bestimmter feministischer Seite behauptet wird, es habe einen geschlechtslosen Urzustand der Menschheit gegeben. Die Menschen waren immer geschlechtlich getrennt. Die leibliche Verschiedenheit, ungeachtet der gleichen Natur und Gottebenbildlichkeit, hat zum nächsten Zweck, zum eindeutigen und unaufhebbaren Zweck, die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes. „Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde.“ Der Mensch besitzt das geschlechtliche Leben als Anlage zur geschlechtlichen Fortpflanzung. Das ist beim Manne nicht anders als bei der Frau. Die geschlechtliche Anlage ist von Gott zum Zweck der Fortpflanzung eingesetzt. Weil dieser Zweck so groß, so erhaben ist und weil er so viele Lasten und Beschwerden auferlegt, hat ihn Gott ausgestattet mit einem Trieb und den Lustgefühlen. Sie sind die Begleitschaft dieses erhabenen Zweckes. Es ist natürlich, dass ein solcher grundlegender und weitreichender Zweck wie die Fortpflanzung, eines besonders starken Triebes und starker Lustgefühle bedarf, weil er eben dem Einzelnen schwere und dauernde Opfer auferlegt. Der Trieb hat seine Wurzel im Leibe und bewirkt hier physiologische Lustregungen. Er breitet sich aus im seelischen Begehren, weckt hier sinnliches Verlangen nach entsprechendem Genuss und entsprechende Lustgefühle. Die höhere Anziehung der Geschlechter, also die sinnlich-geistige Liebe der Personen, erwächst nicht aus dem Geschlechtstrieb. Es gibt, meine lieben Freunde, eine Zuneigung zwischen den Geschlechtern, die nicht geschlechtlich bedingt ist.

Wie alles Sinnliche durch den Geist beherrscht und begrenzt werden muss, so empfängt auch das Geschlechtsleben durch eine naturgesetzlich-sittliche Regelung bestimmte Ordnungsprinzipien. Diese ordnen nicht nur das Grundlegende des Geschlechtslebens, sondern auch die Einzelheiten. Die Idee des Menschen und der Zeugung, die Hilfsbedürftigkeit des Kindes, die geistigen Bedürfnisse der Gatten bringen praktische Folgerungen mit sich, die sittlich streng verpflichten. Das menschliche Geschlechtsleben hat seine naturgewollte, von Gott gewollte Form in der Ehe, ausschließlich in der Ehe. Es gibt keine legitime Ausübung des Geschlechtslebens außerhalb der Ehe. Durch Ehe und Familie strebt die menschliche Fortpflanzung zum Aufbau der Gesellschaft. Die Vollendung der geschlechtlichen Liebe vollzieht sich im Geiste, in der geistigen Liebe. Das ist die verklärende Ergänzung in der Liebe der Freundschaft und des christlichen Wohlwollens. „Nicht die Libido“, schreibt der hl. Augustinus, „sondern der ‚Amor Conjugalis‘ macht die Ehe.“ Also nicht das geschlechtliche Begehren, sondern die eheliche Liebe begründet das Gattenverhältnis. Die geistige Liebeseinigung und die Liebesverpflichtung hat die Kirche der Ungebundenheit des Triebes entgegengesetzt. Maßgebend für den Bereich der Geschlecht-lichkeit ist, wie immer sie auch geordnet werden soll, maßgebend ist die Liebe, die zur Übernahme personaler und sozialer Verantwortung anhält.

Mann und Frau sind verschieden und doch aufeinander hingeordnet. Was ihre Person und die höchste Bestimmung angeht, ist die Frau als Trägerin einer unsterblichen Seele dem Manne gleich und ebenbürtig. Daher ist sie ihm auch gleichgestellt in der sittlichen Aufgabe, ein vollkommener Mensch und Christ zu werden. Die verschiedene Ausprägung der einen Natur in den beiden Geschlechtern begründet keinen sittlichen Wertunterschied. Die Frau ist nicht die Dienerin, sie ist die Genossin des Mannes. Das höchste Lebensziel für beide Geschlechter ist das gleiche, nämlich der vollkommene Mensch und Christ. Das Christentum hält unverrückbar an der Gleichwertigkeit wie an der Verschiedenartigkeit der Geschlechter fest. Dass die Frau ihr Menschsein auf andere Weise verwirklicht als der Mann, besagt keine Minderung ihrer Seinsqualitäten. Im Vollzug des Lebens sind Mann und Frau aufeinander angewiesen und ergänzen sich zur Fülle des Menschseins.

Der Geschlechtsunterschied ist fundamental. Zunächst biologisch. Die männlichen Geschlechts- und Körperzellen haben anstelle eines zweiten X-Chromosoms ein Y-Chromosom. Der Ovarialzyklus der Frau ist an bestimmte Jahre gebunden. Die Spermiogenese des Mannes erhält sich bis ins hohe Alter. Aber dieser Geschlechtsunterschied beschränkt sich nicht auf die körperlichen Differenzen im Dienste der Reproduktion, sondern prägt auch das Selbstverhältnis, das Fremdverhältnis und das Weltverhältnis bis ins Geistig-Personale. Der physiologisch so tiefgreifende Unterschied zwischen Mann und Frau äußert sich in allen Dimensionen des Menschen, auch im Geistigen. Die Frau sieht nicht nur anders aus als der Mann, sie ist auch in ihrer ganzen Beschaffenheit anders. Sie denkt, fühlt, handelt anders. Gott hat die Frau zur Mutter des Lebens bestellt, wie es in der Genesis heißt, und ihr die Hauptlast der Fortpflanzung auferlegt. Ihr Wesenszug ist daher unverrückbar die Mütterlichkeit. Das Muttertum wurzelt im Empfangen und Tragen und reift zu opferfreudiger, nie versagender Hingabe. Im Vollzug ihrer mütterlichen Aufgabe wird die Frau stärker von den Nöten des Lebens bedrückt als der Mann. Sie steht dem Leben näher. Sie erfährt es unmittelbarer, schneller und tiefer. Ihr Lebensantrieb ist daher spontaner, leidenschaftlicher. Stark von Gefühlen bewegt ist er auf das Lebenswichtige, Notwendige und Gegenwärtige gerichtet. Die Frau besitzt eine bessere Anpassungsfähigkeit und größere Variationsbreite als der Mann. Die frauliche Hingabe ist ungeteilt, ausdauernd und treu, mehr dem Einzelmenschen zugetan als der Menschheit, zumal dem Hilfsbedürftigen. Die Handlungsweise der Frau ist stärker personenbezogen als die des Mannes. Die Handlungsweise des Mannes ist stärker sachbezogen. Der Frau geht das Emotionale über das Rationale, das Herz über den Verstand. Das Konkrete und Vorstellbare spricht die Frau mehr an als der abstrakte Begriff. Sie fühlt sich sicherer im ahnenden und intuitiven Erfassen als im schlußfolgernden Denken. Der Feminismus, wie er heute im Schwange ist, sucht die Unterschiede zwischen Mann und Frau einzuebnen. Es wird bestritten, dass weibliche Eigenschaften und Rollen biologisch determiniert sind. Sie seien, so sagen die Feministinnen, gesellschaftlich bedingt. Unter dem Deckmantel der Gleichstellung von Mann und Frau kämpft die Gender-Ideologie gegen die geschlechtliche Identität von Mann und Frau. Es gebe kein männliches oder weibliches Wesen, sondern nur ein Verhalten, dass sich jederzeit ändern kann. Die Identität des Menschen bestimme sich nicht nach dem biologischen Geschlecht, sondern nach der frei gewollten sexuellen Orientierung. Mann und Frau, Ehe und Familie, Vater und Mutter, Sexualität und Fruchtbarkeit haben keinen Anspruch, nach den Feministinnen, auf Natürlichkeit, sind alle geworden – gesellschaftlich bedingt. „Die Heterosexualität muss überwunden werden“, sagen die Feministinnen. Die Gender-Ideologie, meine lieben Freunde, zerstört die Familie, ignoriert die Ehe, wertet die Mutterschaft ab, fördert die Promiskuität sexueller Praktiken und begünstigt den Sex für Jugendliche. Es ist eine gotteslästerliche Anmaßung, Ehe und Familie anders bestimmen zu wollen als der Schöpfer der Natur sie bestimmt hat. Kein Bundestag und kein Bundesverfassungsgericht ist befugt, die Schöpfungsordnung zu durchbrechen. Ebensowenig ein Papier der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Gleichstellung von gleichgeschlechtlicher Paarbeziehung mit der Ehe von Mann und Frau ist ein Attentat auf Ehe und Familie. Beziehungen als Ehe und Familie zu bezeichnen, welche die wesentlichen Merkmale, getreue Hingabe in der bindenden Beziehung von Mann und Frau und die grundsätzliche Bereitschaft, Kinder zu zeugen und aufzuziehen, von Ehe und Familie nicht besitzen, ist zerstörerische Willkür. Der natürliche und regelmäßige Beruf der Frau liegt in Ehe und Mutterschaft. Niemand kann der Frau die Würde und die Bürde des Mutterseins abnehmen.

Die Verehelichung ist freilich keine Notwendigkeit und kein Zwang, sondern beruht auf freier Wahl. Die Frau vermag auch außerhalb der Ehe ihre Erfüllung zu finden und ihren Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Der einen ist die Möglichkeit der Ehe verschlossen, andere verzichten aus freien Stücken auf die Ehe. Die katholische Kirche hat die Ehelosigkeit um Gottes und der Menschen willen stets mit höchster Achtung betrachtet. Art. 3 unseres Grundgesetzes erklärt, Männer und Frauen sind gleichberechtigt. So gut, so schön. Die Frau war immer beteiligt an der Kultur und der Erwerbsarbeit. Heute unterliegt die Frau entweder aus eigenem Willen oder unter dem Druck der Verhältnisse einem gewissen Zwang, einen Beruf zu erlernen und auszuüben. Als Gründe für die Frauenerwerbsarbeit werden genannt: der Beitrag zur Lebenssicherung, zur sozialen Absicherung, die personale Selbstver-wirklichung, die soziale Integration. Der Prozess der Eingliederung der meisten Frauen, in die Berufsarbeit wird kaum rückgängig gemacht werden können. Aber wir müssen auch die Schwierigkeiten sehen. Auch Gattin, Ehefrau und Mutter und Hausfrau sein ist ein Beruf. Dieser Beruf kann einen Menschen völlig ausfüllen. Ich sage, es ist ein Beruf und es ist ein notwendiger Beruf. Er ist nicht minderwertig gegenüber der Erwerbsarbeit, denn er kommt dem Mann und den Kindern zugute. Die Funktionen von Ehe und Mutterschaft mit der Berufsarbeit zu vereinen ist eine schwere, kaum zu stemmende Aufgabe. Frauen, die beruflich tätig sind, werden im allgemeinen nicht Mütter einer zahlreichen Kinderschar sein. Hier beginnt das Ein- und Zweikindersystem. Die heutige Kinderarmut ist auch eine Auswirkung der Erwerbsarbeit der Ehefrau. Es ist schwer denkbar, dass eine Ehefrau gleichzeitig ihren Pflichten als Gattin und Mutter einer Kinderschar – nicht eines Einzelkindes – sowie dem Beruf nachkommen kann, ohne dass die eine oder andere Tätigkeit Schaden leidet.

Es gibt freilich, meine lieben Freunde, nicht nur eine Frauenfrage, es gibt auch eine Männerfrage. Der radikale Feminismus entwürdigt und entwertet den Mann. Es gibt Leidens-, Ohnmachts- und Abhängigkeitserfahrungen von Männern. Männer leiden unter der Einseitigkeit und Überforderung durch beständigen Leistungs- und Konkurrenzdruck im Erwerbsleben. Viele Männer erleben sich in den Familien als einsam. Es bestehen Konflikte zwischen Vaterschaft und Berufsarbeit. Männer müssen oftmals berufliches Fortkommen und Erfolg durch schmerzhaften Verzicht auf intensives verantwortungsvolles Vatersein bezahlen. Ich habe einen Nachbarn, der ist Maurermeister. Er ist verheiratet, er hat zwei Kinder. Aber die Frau hat ihn verlassen. Warum? Er will sich einen Betrieb aufbauen, da kann er nicht mit einer 35-Stundenwoche auskommen; da muss er sechzig oder siebzig Stunden arbeiten, und natürlich geht das zu Lasten der Ehe und Familie. Und das wollte die Frau nicht ertragen. So ist sie ausgezogen.

Der Mensch, meine lieben Freunde, ist als Mann oder Frau geboren und findet seine Identität und Entfaltung in der Bejahung seiner Männlichkeit oder Weiblichkeit. Dem Menschen diese Gewissheit nehmen zu wollen, ist ein zerstörerisches Unternehmen. Die Vorgaben der Natur sind unaufhebbar. Es ist jedem Menschen aufgegeben, seine geschlechtliche Identität anzunehmen und nach Gottes Willen zu leben. Ein jeder muss sich selbst zu verstehen suchen und fragen, ob er für die Ehe brauchbar, geeignet ist und zur Verehelichung gewillt ist oder ob er unverehelicht seinen Beitrag zum Dienste Gottes leisten will. Das eine ist so gottgefällig wie das andere, wenn nur in allem Gott verherrlicht wird.

Amen.

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