Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
20. Mai 2012

Time Jesum transeuntem

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Sie sehen, ich habe hier in der Hand ein kleines Büchlein. Dieses Büchlein fand ich am Freitag in den Räumen der katholisch-theologischen Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz. Auf der einen Seite steht: Was spricht gegen Homosexualität? Auf der anderen Seite: Was spricht gegen Homophobie? Die ersten Seiten „Was spricht gegen Homosexualität?“ sind leer. Offenbar, weil nach der Meinung der Verfasser nichts gegen  Homosexualität spricht. Die Seiten „Was spricht gegen Homophobie?“ sind voll, und da werden Gründe gegen die Ablehnung der Homosexualität vorgeführt.

Meine lieben Freunde! Dieser Vorgang ist ein Symptom des Zerfalls unserer Gesellschaft, der Dekadenz in unserem Lande und vor allem des Rückzugs des Staates aus der sittlichen Aufgabe, die ihm gestellt ist. In der Wissenschaft vom Strafrecht hat sich die Auffassung durchgesetzt: Nur solche Taten, nur solche Handlungen sollen strafbar sein, die der Gesellschaft schaden. Das Strafrecht habe nicht die Aufgabe, einen bestimmten sittlichen Standard im Volke aufrecht zu erhalten. Welche Handlungen der Gesellschaft schaden, das legt der Gesetzgeber fest. Und er hat festgelegt, dass homosexuelle Handlungen der Gesellschaft nicht schaden. Auf diese Weise hat sich der Strafrechtsgesetzgeber fast des gesamten Sexualstrafrechts entledigt. Man könnte auf diese bedauerliche Entwicklung mit dem Hinweis reagieren, dass in vielen Ländern Homosexualität, homosexuelle Betätigung, strafbar ist. In Russland, im kommunistischen Kuba ist die gleichgeschlechtliche Unzucht verboten, in manchen islamischen Ländern wird homosexuelle Betätigung mit der Todesstrafe geahndet. Diese Länder sind also sehr wohl der Ansicht, dass homosexuelle Betätigung sozialschädlich ist.

Unsere Kirche ist weise. Ihr ist bewusst, dass jede Sünde, auch die geheime Sünde, auch die Sünde, die der Mensch allein begeht, auch die Sünde, aus der keine bestimmten Auswirkungen auf die Gesellschaft hervorgehen, dass auch diese Sünde der Gemeinschaft, der Kirche und damit auch der Gesellschaft Schaden bringt. Denn jede Sünde mindert das Leben der Gnade. Sie vermindert damit auch das Gnadenpotential in der Kirche. Jede Sünde beeinträchtigt die Heiligkeit der Kirche. Nun sind aber alle Glieder der Kirche auch Angehörige des Volkes, der Gesellschaft. Der sündige Mensch ist daher für die Volksgemeinschaft weniger wertvoll, weniger nützlich. Durch die Sünde büßt er einen Teil seines Wertes auch für die Volksgemeinschaft ein. Das Volk ist aber auf den Beitrag eines jeden seiner Glieder angewiesen. Wenn ein Glied sich versagt, dann leidet das Ganze. Die Beeinträchtigung ist umso größer, je schwerwiegender das Versagen ist.

1994 wurde in Deutschland homosexuelle Betätigung straffrei gemacht. Zu behaupten, ein solches Verhalten sei sozial nicht schädlich, ist falsch. Homosexuelle bestreiten durch ihr Handeln das Gesetz, dass der einzig legitime Ort sexueller Betätigung die verschiedengeschlechtliche Ehe ist. Sie erniedrigen die Geschlechtskraft zu bloßem Lustgewinn und das auf widernatürliche Weise. Homosexuelle verdunkeln die Wahrheit, die Gott zum Urheber hat, dass Mann und Frau füreinander bestimmt sind, nicht Mann für Mann und nicht Frau für Frau. Homosexuelle sind unfähig und unwillig, eine Familie zu gründen, die dem Volk neue Glieder zuführt. Sie beeinträchtigen die Erhaltung des Volkes. Homosexuelle neigen dazu, andere zu diesem Laster zu verführen. Sie suchen Kumpane. Damit fügen sie der Volksgemeinschaft neuen Schaden zu. Jede Sünde ist sozialschädlich. Jede Sünde verdunkelt die Heiligkeit der Kirche. Jede Sünde schwächt die Sittlichkeit und die Lebenskraft des Volkes. Nicht jede Sünde muss bestraft werden, aber jede Sünde, die Kreise zieht, und das tut die homosexuelle Betätigung, jede solche Sünde sollte unter Strafe gestellt werden. Der Staat, der sich der Aufgabe entzieht, die Gesellschaft zu versittlichen, vergeht sich gegen seinen gottgewollten Auftrag.

Täglich atmet der Mensch mit der Luft eine große Zahl fast unsichtbarer weicher Staubteile ein, ohne dass dadurch die Tätigkeit der Lunge behindert wird. Anders ist es bei manchen Berufen, etwa bei den Steinmetzen oder bei den Männern an den Schleifmaschinen und erst recht im Bergwerk. Dort entwickelt sich viel Staub, Steinstaub, der kein Abzug findet; und so muss ihn der Bergmann einatmen. Mit der Zeit füllt sich die Lunge mit winzigen Staubteilchen, es entsteht die Staublunge oder Steinlunge. Der Mensch muss sterben. So ähnlich verhält es sich mit der Sünde. Einzelne Sünden, die der Mensch aus Schwachheit begeht, können das Herz nicht verhärten. Es gibt ja die Reue, es gibt den Weg zurück zu Gott. Aber wenn die Sünde zur ausgesprochenen Gewohnheit wird, wenn der Mensch sich keine Mühe gibt, dem Laster zu entfliehen, wenn die himmelschreiende Sünde homosexueller Betätigung als zulässig und erlaubt ausgegeben wird, auch von der evangelischen Kirche, wenn stets von neuem der Gnade, die sich in tausend Gestalten dem Menschen, nähert, die Tür gewiesen wird, dann kann der Zeitpunkt eintreten, wo das Dämonische in der Seele eines Menschen die Oberhand gewinnt. Die Gewöhnung an die Sünde, meine Freunde, macht den Menschen unempfänglich für die Gnadeneinwirkungen Gottes. Das ist das schrecklichste Unglück. Wenn jemand sündigen kann, ohne dass sich das Gewissen rührt. Das Laster wird zum fast alltäglichen Bedürfnis. Der Verstand erblindet, der Wille verkeilt sich im Bösen, das Herz wird unempfänglich für das Übernatürliche und versteinert. Namlos schwer ist die Bekehrung eines solchen Menschen. Es ist leichter, einen Menschen aus dem Wasser zu retten als aus dem Sumpf. Wir müssen versuchen, den Menschen zu erklären, dass sie sich durch die Sünde, durch das fortdauernde Sündigen, durch die Gewöhnung an die Sünde, den größten Schaden selbst zufügen. Die Sünde ist eine Fessel, die den Sünder gefangen hält. Die Sünde ist ein Dieb, die dem Sünder die Freude raubt. Die Sünde ist eine Droge, die den Sünder betäubt. Die Sünde macht den Sünder friedlos. Es ist unmöglich, in der Sünde zu leben und im Frieden zu bleiben. „Du hast es befohlen, o Gott, und so ist es, dass seine Strafe sich selbst ist jeder ungeordnete Geist.“ So lautet ein berühmtes Wort des hl. Augustinus. Du hast es befohlen, o Gott, und so ist es, dass seine Strafe sich selbst ist, jeder ungeordnete Geist. Der Sünder vereinsamt. Die Gefährten seiner Sünde entfernen sich früher oder später und sind mit sich selbst beschäftigt, ziehen sich zurück. Aus der Sünde, aus der gemeinsamen Sünde, entsteht keine echte Verbundenheit, keine dauerhafte Freundschaft. Heinrich Heine erzählt einmal, wie er nach seiner ersten Erkrankung in den Louvre, also das große Museum in Paris, kam. Und da stand er vor einem Torso der Venus, also vor einem zertrümmerten Standbild der Liebesgöttin, ohne Gliedmaßen. Er kniete nieder und sagte: Dir habe ich mein Leben lang gedient, nun rette mich. Die Göttin aber habe ihm kaltlächelnd geantwortet: Siehst du nicht, dass ich keine Arme habe? Im Sünder bereitet sich der Zustand der Trostlosigkeit vor. Der englische Dichter Oscar Wilde, der wegen homosexueller Betätigung zwei Jahre im Gefängnis zugebracht hat, der englische Dichter Oscar Wilde schrieb einmal eine Vision nieder, die das Gericht Gottes über die Menschenseele spiegeln sollte. Da erscheint die Seele vor dem Richterstuhl des Herrn und der Herr spricht: Ich muss dich verurteilen: du hast die anderen ausgebeutet, hast deine Mitmenschen verachtet, hast die Eltern gekränkt, hast dir fremde Habe angeeignet. Die Seele antwortet: Ja, Herr, das alles habe ich getan. Der Richter fährt fort: Du hast deine Sinne und deine Triebe herrschen lassen, du bist blind deinen Leidenschaften gefolgt und hast dir alle Lust der Erde gegönnt. Die Seele antwortet: Ja, Herr, das alles habe ich getan. Der Richter setzt noch einmal an: Ich muss dich verstoßen in die Hölle. Da schreit die Seele auf: Herr, das ist nicht möglich, nein Herr, das kannst du nicht –  in der Hölle bin ich alle Zeit schon gewesen. Die Hölle, von der die Seele hier spricht, ist der Zustand der schweren Sünde, der Gewohnheitssünde, der Zustand der Verhärtung in der Sünde. Die Verdammnis ist da nur noch die Auswirkung eines solchen verlorenen Lebens.

Es ist gefährlich, in der Sünde zu verharren, denn niemand weiß, wann er vor Gottes Richterstuhl gerufen wird. Dort aber wollen wir doch als Menschen erscheinen, die mit der Sünde gebrochen haben. Ein Priester traf einmal einen Schulkollegen. Er wusste, dass er mit der Religion nicht viel „am Hute“ hat – wie man heute sagt. Im Laufe des Gespräches bat der Priester, er möge doch sein Gewissen in Ordnung bringen, er möge doch einmal zur Beichte gehen. Der andere schlug es ab. Er drang in ihn, sprach weiter auf ihn ein. Dann sagte ihm der Schulkamerad – es war Januar – zu: ja, er werde zur Osterbeichte gehen. Einige Wochen später bekam der Priester eine Todesanzeige. Es war die Todesanzeige seines Freundes. Er starb plötzlich und unversehens infolge eines Unglücksfalles. Gott lässt keinen Menschen fallen,  außer – er stößt die Hand Gottes zurück. Dieser Schulfreund hatte noch einmal eine Chance gehabt, er hat sie nicht genutzt. 

In einem großen Krankenhaus in einer Großstadt war Volksmission und die Missionare gingen auch in dieses Krankenhaus. Viele der Kranken, soweit sie katholisch waren, waren bereit, zu beichten und die heilige Kommunion zu empfangen. Aber in einem Saale weigerten sich fast alle, und die Schwester unterrichtete den Priester: Da ist ein unversöhnlicher Gegner der Religion, der hetzt die anderen auf, dass sie sich nicht zur Beichte bekehren sollen. Der Priester ging trotzdem auch in dieses Zimmer und näherte sich dem Spötter: „Hol‘ Sie der Teufel“, sagte der, „hol‘ Sie der Teufel!“ Der Priester erwiderte laut genug, so dass andere es hören könnten: Junger Mann, ich habe es gut mit Ihnen gemeint. Ich gehe schon, denn ich möchte nicht sehen, wie der Teufel Sie holt. Der Priester begab sich zum nächsten Bett. Und während er dem Nachbarn des Spötters die Beichte abnahm, hörte er hinter sich einen lauten Aufschrei und einen schweren Fluch. Die Stationsschwester stürzte herein – es war zu spät. Der junge Mann war tot. Mit verzerrten Zügen lag er auf seinem Bett. „Time Deum, time Jesum transeuntem.“ Fürchte Jesus, dass er vorrübergeht. „Time Jesum transeuntem.“ Die Gnadenstunden kommen und gehen. Wenn wir sie nicht nutzen, gehen sie vorüber. Wehe dem, der sie ungenutzt vorübergehen lässt. „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, heute verhärtet eure Herzen nicht.“

Amen.

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