Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
12. Juni 2011

Erkenntnis, Friede und Freude im Hl. Geist

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zum Fest der Geistausgießung Versammelte!

Das Evangelium des heutigen Pfingstsonntags stammt aus den Abschiedsreden des Herrn. „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt.“ Ein fundamentaler Satz. Wir spüren manchmal schmerzhaft, wie wenig es uns gelingt, Gott so zu lieben, wie wir die Menschen lieben, die uns lieb sind. Das Gefühl will sich nicht einstellen, das wir bei der menschlichen, bei der irdischen Liebe empfinden. Aber der Herr sagt: Das ist gar nicht notwenig. „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt.“ Im Christentum gehören Liebe und Gehorsam zusammen. Der Gehorsam ist der Erweis der Liebe.

Der Herr fährt dann fort: „Wer mich liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben, und wir werden uns ihm offenbaren.“ Ein Wort von unergründlicher Tiefe, so dass sich Judas – nicht der Iskariot, sondern der andere Judas – verwunderte: „Herr, was ist geschehen“, sagt er, „dass du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt?“ Ein Mißverständnis. Der Herr antwortet: „Der Vater uns ich, wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ Judas denkt immer noch an eine Thronerhebung auf dieser Welt: Die Garden ziehen hinauf nach Sion. Nein, eine Thronerhebung in den Herzen der Menschen, das ist es, was Gott, was Christus, was der Geist uns verheißt. Im christlichen Herzen, da vollzieht sich die Thronerhebung, die Gemeinschaft mit Gott. Alle im Geiste lebenden Menschen werden eine Wohnung Gottes, und sein Kommen bringt uns die Gaben des Heiligen Geistes. Drei zählt der Herr in seiner Abschiedsrede auf, nämlich die Erkenntnis, den Frieden und die Freude.

Der Heilige Geist ist es, der die Erkenntnis bringt. Als ich ein Student der Theologie war, kaufte ich mir das Alte und das Neue Testament, und zwar übersetzt von einem frommen Kapuziner. Dieser Kapuziner hatte auf die erste Seite dieser Ausgabe des Alten und Neuen Testamentes ein Wort geschrieben, das ich nie vergessen habe. Er widmete es nämlich dem Heiligen Geist, der durch die Väter gesprochen hat: „Auf vielfältige und mannigfache Weise hat Gott vormals durch die Propheten gesprochen. In diesen Tagen – in unseren Tagen – hat er zu uns geredet durch seinen Sohn.“ Christus konnte von Gott reden, denn er kannte ihn. Er kam aus dem Herzen des Vaters, er kam aus dem Schoß des Vaters, und deswegen konnte er Kunde geben vom Vater. Niemand hat Gott je gesehen. Der Eingeborene, der Gott ist und im Schoße des Vaters ruht, er hat Kunde von ihm gebracht. Seitdem, meine lieben Freunde, gibt es eine Offenbarungsreligion. Es gibt nur eine Offenbarungsreligion, es ist die christliche. Das Christentum ist die einzige Offenbarungsreligion, die unter diesem Himmel existiert. Kraft der Offenbarung kennen wir Gott, den Schöpfer, den Erlöser, das Ziel aller Wesen.

Es gibt Menschen, die Gott nicht kennen, und andere, die Gott nicht kennen wollen. Die einen sind blind, die anderen verblendet. Wir Christen kennen den wahren Gott, den Gott Jesu Christi. Wir wissen um seine Macht, aber auch um seine Liebe.  In Mostar, einer Stadt in Bosnien, unterhielten sich einmal ein Muslim und ein Christ. Der Muslim sagte: „Wie kannst du als Christ glauben, dass Gott in der kleinen Hostie sich verbergen kann?“ Der Christ antwortete ihm: „Ihr Mohammedaner kennt nur seine Macht, ihr kennt nicht seine Liebe!“ Auch andere Religionen behaupten, Gott zu kennen. Aber was ist das für ei Gottglaube, meine lieben Freunde, wo Gott die Menschen, die sich und andere mit einem Sprenggürtel in die Luft sprengen, mit dem Paradies belohnt? Was ist das für ein Gottglaube?

Der Heilige Geist gibt uns die Erkenntnis. Er erinnert uns an alles, was Jesus gesagt hat. Er sorgt dafür, dass es nicht untergeht, dass es nicht vergessen wird, dass es nicht eliminiert wird. Andere Religionen, die sich christlich nennen, reduzieren den Glauben. Sie geben die leibhaftige Auferstehung Christi preis. Christus ist ins „Kerygma“ auferstanden, ins „Kerygma“, meine lieben Freunde, in die Verkündigung, aber nicht wirklich und leibhaftig. Das sagen evangelische Theologen. Sie eliminieren die Himmelfahrt, weil sie angeblich dem modernen Menschen nicht mehr zuzumuten ist. Wie sagt einer von ihnen: „Man kann nicht elektrisches Licht gebrauchen und in eine moderne Klinik gehen und gleichzeitig an die Wunderwelt des Neuen Testamentes glauben.“ Das sagt ein evangelischer Theologe. Ja, was hat denn das elektrische Licht mit der Himmelfahrt Jesu zu tun?

Die Kirche verkündet, dass Christus wahrhaft in die Herrlichkeit des Vaters eingegangen ist. „Er ist über alle Himmel emporgestiegen.“ Nicht in die Sternenhimmel, nicht da, wo sich die Weltraumfahrzeuge bewegen, sondern „über alle Himmel“, in eine Wirklichkeit, die aller Erfahrungswelt überlegen ist. Wir geraten nicht in Verlegenheit durch die Raumfahrt.

Wir Christen haben die Erkenntnis des Willens Gottes von Christus erfahren. Es ist ein Glück, meine lieben Freunde, den Willen Gottes zu kennen. Wir irren nicht umher, unwissend, ratlos. Wir müssen nicht fortwährend suchen, was wir tun sollen, wir wissen es! Wir wissen es dank der Offenbarung unseres Heilandes. Andere Religionen weichen zurück vor den Verirrungen der Menschen. Der Protestantismus gibt die Ehescheidung frei, er gibt die Abtreibung frei, er gibt die Homosexualität frei zum Wohlgefallen der Herren Wowereit und Volker Beck. Nein. „Dein Gebot, o Gott, macht mich klüger als meine Feinde“, so heißt es im Psalm 119. Das ist der entscheidende Unterschied von unserer Kirche zu allen übrigen: Sie ist die Wirkstätte des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist erinnert und lehrt. Er läßt die Kirche nicht ratlos. Es entstehen ja immer neue Fragen durch Erfindungen der Menschen; es entstehen neue Situationen. Aber die Kirche weiß ihnen zu begegnen, denn sie hat einen Geist, der in sie die Antwort hineinspricht. Denken wir an die Präimplantationsdiagnostik. Man kann schon im Mutterleibe feststellen, ob ein Kind möglicherweise behindert sein wird, und wenn es behindert ist, dann wollen die Anhänger dieser Diagnostik, dass man es im Mutterleib tötet. „Weg mit dem Balg! Auf die Müllkippe!“ Uns, uns allein spricht der Heilige Geist zu: Ein Kind, ein jedes Kind, auch ein behindertes Kind ist eine Gabe Gottes, und der Mensch darf darüber nicht verfügen. Ja, wahrhaftig, das ist das Privileg unserer Kirche.

Der Geist bringt uns die Erkenntnis. Der Geist bringt uns auch den Frieden. Er bringt ihn uns durch die Erkenntnis des Friedensstifters. Der Friedensstifter heißt Jesus von Nazareth. Am Beginn und am Ende seines irdischen Lebens wird uns der Friede zugesprochen. „Friede den Menschen auf Erden“, so heißt es auf den Halden von Bethlehem, so singen und jubeln die Engel. Friede den Menschen auf Erden. Warum der Friede? Weil der Friedensstifter gekommen ist. Jetzt ist er da. Der Friedensfürst, er ist bei uns. Er hat den gegen uns lautenden Schuldschein zerrissen und ans Kreuz geheftet. Er hat die Scheidewand niedergerissen zwischen Gott und den Menschen. Er hat die Feindschaft beendet zwischen Gott und den Menschen. „Seht, das Lamm Gottes, das da hinwegnimmt die Sünden der Welt!“ „Da wir durch den Glauben gerechtfertigt sind, haben wir Frieden mit Gott“, jubelt der heilige Apostel Paulus im Römerbrief. Während seines ganzen Lebens hat der Herr den Menschen den Frieden verkündigt und verschafft. Die Geheilten entließ er mit den Worten: „Gehe hin in Frieden!“ Als der Auferstandene seinen Jüngern erschien, da entbot er ihnen den Friedensgruß: „Friede sei mit euch!“ Er bringt den tiefen religiösen Frieden. Den hat nur, wer mit Gott im Reinen ist. Frieden findet nur, wer seine Schuld bekennt und Nachlaß der Sünden empfängt. Der Friede mit Gott ist an die Versöhnung des Sünders gebunden. „Die Gottlosen haben keinen Frieden“, heißt es beim Propheten Isaias. Die Gottlosen haben keinen Frieden. Ich bestreite nicht, dass manche von ihnen behaupten, sie hätten den Frieden. Sie machen sich etwas vor. Ich behaupte, der Gottlose täuscht sich. Er unterdrückt seine naturhafte Verwiesenheit auf Gott. Er mißachtet das geheime Sehnen seiner Seele, das ihn zu Gott weist. Dass die Gottlosen friedlos sind, zeigt sich darin, dass sie ständig in Unruhe sind. Diese Unruhe äußert sich darin, dass sie die Gottgläubigen nicht in Ruhe lassen können. Sie müssen fortwährend stänkern. Sie müssen vor allem den Verband der Gläubigen, die Kirche, herabziehen und zu schädigen versuchen. Stimmen erheben sich, die Kirche auf die Rechtsbasis eines privaten Vereins herabzustufen. Die Religion soll aus der Öffentlichkeit verdrängt werden. Keine Kreuze im Gerichtssaal, keine Kreuze in den Schulen, kein Gebet in den Schulen, kein Religionsunterricht in den Schulen.

Der Hauptfeind der Gottlosen ist die katholische Kirche. Das ist immer so gewesen. Es ist auch verständlich. Der Satan hält sich an die Profis, nicht an die Amateure. Der Angriff des Satans gegen die Gläubigen ist das Siegel, die Bestätigung unserer Zugehörigkeit zu Christus.

Erkenntnis, Frieden, Freude bringt uns der Heilige Geist. Freude. Der Herr sagt ja, dass die Freude jetzt in ihm ist, weil er heimkehren darf zum Vater. Jetzt ist er den Anschlägen der Menschen entrissen. Jetzt kann ihm niemand mehr etwas tun. Jetzt wird er nicht mehr ans Kreuz geschlagen. Jetzt stirbt er nicht mehr. Er ist in der Herrlichkeit, in der Sicherheit des Vaters. Da wird ihm Ersatz für all das, was ihm die Menschen angetan haben. Beim Vater ist er in Sicherheit, da ist er vor den Gehässigkeiten der Menschen geschützt. Und diese Freude, die er empfindet, weil er zum Vater zurückkehren darf, möchte er auch seinen Jüngern verschaffen. Er möchte sie uns vermitteln. Richtig verstanden, ist das Christentum die Religion der Freude. Es war einmal einer im Gefängnis, und aus dem Gefängnis schrieb er: „Freuet euch im Herrn! Wiederum sage ich euch: Freuet euch!“ Das war der Apostel Paulus, er schreibt es im Philipperbrief. Freuen dürfen wir uns, denn der Herr ist nahe. Christen dürfen sich freuen, weil sie zu Christus gehören. Sie tragen seinen Namen. Sie stehen in seiner Wahrheit. Sie leben in seiner Gnade. Es ist ein unbeschreibliches Glück, getauft zu sein und zu Christus zu gehören.

Man könnte viele Quellen der Freude nennen, die aus der Zugehörigkeit zu Christus quellen. Ich nenne nur zwei. Erstens, es ist eine Freude, Gotteshäuser zu besitzen und zu besuchen. Ich erinnere mich, als junger Mensch war ich in Sachsen, und Sachsen ist ja ein ganz protestantisches Land, zumindest gewesen. Ich war glücklich, ich war glücklich, wenn ich irgendwo eine katholische Kirche fand. Da war ich zu Hause, da war ich geborgen. Schon der alttestamentliche Beter hat gejubelt, wenn er nach Jerusalem reisen und den Tempel besuchen durfte. „Wie freute ich mich über die Kunde: Wir ziehen hinauf zum Hause des Herrn!“ Und der Tempel war ja nur ein Schattenriß der neutestamentlichen Gotteshäuser. Die Menschen brauchen Gaststätten, sie brauchen Turnhallen, sie brauchen Festsäle, aber sie brauchen auch Gotteshäuser, Stätten, die jedem profanen Gebrauch entzogen sind, Räume der Erhebung, Asyle der Anbetung. Nichtkatholiken kommen auch zum Gebet an gottesdienstlichen Orten zusammen. Katholische Kirchen aber sind nicht bloß Versammlungsräume. Katholische Kirchen sind Stätten der Gegenwart Christi. Ob im himmelwärts stürmenden Dom oder im armen Diaporakirchlein, hier ist Heimat, hier ist Geborgenheit, hier ist Gemeinschaft. Hier findet der Christ, der katholische Christ seinen Gott und Heiland. Siehst du die rote Lampe? Sie brennt. Er ist da, der, dem die Welt gehört.

Und noch mehr: Er bleibt auch bei uns. Er kommt in unsere Nähe, er hält Einkehr im gläubigen Menschen. Der Dichter Johannes Sorge, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist, hat gedichtet: „Gott wird klein, sinkt dir ein, Menschenherz heißt sein Schrein. Hier wird neu die erste Liebe, Schöpfer küßt brennender Liebe das Geschöpf, das er ersann. Kindlein sein, das ihm entrann. Süß wie die Blüte, die Gott mich behüte.“ Der fromme Beter im Buch von der Nachfolge Christi fragt: „Wer bin ich, dass du dich mir hingibst? Ein Sünder. Wie darf ich es wagen, zu dir zu kommen, ich, ein Sünder,und du der Heilige. Wie kannst du dich herabwürdigen, wie kannst du so gütig sein, zu mir Sünder zu kommen?“

Wahrhaftig, welches Volk hat Götter, die ihm so nahe sind wie unser Gott ist! Obwohl er allmächtig ist, konnte er nichts Besseres geben. Obwohl er allweise ist, wußte er nichts Besseres zu geben. Obwohl er der Reichste ist, hatte er nichts Besseres zu geben. Es ist eine Freude, ein unbeschreibliche Freude, Gott in der heiligen Kommunion begegnen zu dürfen. Wir beten seine Allmacht an, aber wir freuen uns auch über seine Liebe. In diesem Sakrament wird Geisteskraft mitgeteilt, wird in der Seele die verlorene Tugend wiederhergestellt. Hier werden die Sünden geheilt, die Leidenschaften gebändigt, die Versuchungen überwunden, hier wird Gnade eingegossen. Hier werden wir zum Kampfe um die Tugend gerüstet. Hier werden wir befestigt im Gauben, gestärkt in der Hoffnung und entzündet zur Liebe.

Meine lieben Freunde, heute ist das Fest des Heiligen Geistes. Wir sind Träger dieses Geistes. Er wohnt in uns wie in einem Tempel. Er verbindet uns mit dem Vater und dem Sohn. Er leitet und führt uns. Er bleibt bei uns und verläßt uns nicht. Halten wir ihn fest! Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich!

Amen.

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