Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
18. Mai 2008

Bekenntnis zum dreieinen Gott

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Großen dieser Erde haben schon oft der heiligen Kirche schweres Ungemach bereitet. Im Jahre 483 ließ der König Hunerich, der König der Vandalen in Nordafrika, einen Befehl ausgehen, dass alle katholischen Bischöfe sich am 1. Februar 484 in Karthago zu einem Religionsgespräch einfinden müssten. Der König war nämlich Arianer, also ein vom katholischen Glauben Abgefallener, und er wollte die katholischen Bischöfe zu seiner Religion bekehren. Die Bischöfe waren in größter Sorge; sie ahnten, was auf sie zukommen würde. Einige von ihnen, die besonders durch ihren Scharfsinn hervorragten, waren schon verschwunden. Als sie am festgesetzten Termin nach Karthago kamen, da brachten sie das vorformulierte Bekenntnis zum dreifaltigen Gott mit sich. „In diesem Glauben wollen wir leben und sterben,“ so sagten sie dem König. Hunerich entbrannte in Wut und gab das Signal zur allgemeinen Verfolgung der Katholiken in seinem Reiche. 302 Bischöfe wurden vertrieben, 46 nach Korsika verbannt zur Zwangsarbeit. Den Gläubigen wurde verboten, den Bischöfen Nachtlager oder Nahrung zu geben. Den widerstehenden Gläubigen wurde die Nase abgeschnitten, wurden die Hände abgehackt, die Ohren wurden ihnen abgeschnitten. Aber auch dieser Sturm brach sich am Glauben, und eines Tages ist der Arianismus von der Bildfläche verschwunden.

Was ist der Arianismus? Das ist eine Irrlehre, die auf den Priester Arius zurückgeht. Arius sprach dem Sohne Gottes das göttliche Wesen und die göttlichen Eigenschaften ab. Christus – der Logos – ist nicht Gott, sondern ein Gebilde Gottes, ein Geschöpf Gottes. Er ist das erste und vornehmste Geschöpf und aus nichts erschaffen, und zwar zu dem Zweck, damit er bei der Erschaffung der übrigen Geschöpfe Gott zur Hand gehe. Der Logos ist veränderlich und entwicklungsfähig; er ist dem Wesen des Vaters fremd und nur dem Willen nach mit ihm vereint. Das war die Irrlehre des Arianismus, und gegen sie hat sich der Glaube, haben sich die Gläubigen und die gläubigen Bischöfe erhoben, und am 19. Juni 325 haben sie in Nicäa (in der heutigen Türkei) das Glaubensbekenntnis formuliert, das wir noch heute jeden Sonntag in der heiligen Messe beten: „Der Sohn Gottes“, so heißt es da, „ist aus dem Wesen des Vaters. Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich dem Vater, durch den alles im Himmel und auf Erden entstanden ist.“

Das ist unser Glaube, der Glaube an den dreifaltigen Gott. Heute feiern wir das Fest der Dreifaltigkeit, oder vielleicht ist der Ausdruck besser: der Dreieinigkeit. Wir bekennen diesen Glauben jedes Mal, wenn wir über uns das Kreuzzeichen machen. Da sagen wir: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Und noch deutlicher wird es, wenn wir das sogenannte kleine Kreuzzeichen machen, also uns dreimal bekreuzigen, auf der Stirn, auf dem Mund und auf dem Herzen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Seitdem wir getauft sind, tragen wir den dreifaltigen Gott in unserem Herzen und bekennen wir, dass das ewige Heil das Werk der Dreifaltigkeit ist. Achten Sie bitte – auch heute – bei der heiligen Messe im 2. Gebet vor der Kommunion darauf, wie hier der dreifaltige Gott als Urheber unseres Heiles angesprochen wird. Da heißt es: „Herr Jesus Christus, dem Willen des Vaters gehorsam hast du unter Mitwirkung des Heiligen Geistes durch deinen Tod der Welt das Leben geschenkt.“ Hier sind sie beisammen, die drei: „Herr Jesus Christus, dem Willen des Vaters gehorsam hast du unter Mitwirkung des Heiligen Geistes durch deinen Tod der Welt das Leben geschenkt.“

Wenn wir das Kreuzzeichen machen, dann denken wir zuerst an den Vater. Er ist der Schöpfer der Welt. Alle kulturlosen Völker und alle Völker auf hoher Kulturstufe haben einen Schöpfer als Urheber des Weltalls bekannt, haben sich zum Herrn aller Dinge bekannt, haben gewusst, dass die Welt eine höhere Ursache für ihre Entstehung haben muss als das dürre Prinzip Entwicklung. Jesus aber hat uns noch mehr gelehrt. Er hat uns gelehrt, dass Gott nicht nur der Schöpfer ist, sondern dass er unser Vater ist. Das war seine schönste Predigt, und seine eigene Liebe zum Vater hat ihn gelehrt, uns mit dem Vater bekannt zu machen. Seine Apostel haben das aufgenommen. Dem Apostel Paulus ist es wie ein Licht in der Finsternis erschienen, als er begriff, dass Gott unser Vater ist. „Nicht den Geist der Knechtschaft haben wir empfangen, sondern den Geist der Kindschaft, in dem wir rufen: Abba, lieber Vater.“ Knechte erben nicht, aber Kinder erben; und weil wir Kinder sind, erben wir. Uns liegt das verheißene Erbe bereit, der Himmel der Freuden, das ewige, wunderbare Reich. Und alles, was uns auf Erden begegnet, Freude und Leid, Kummer und Schmerz, soll uns dazu dienen, dass wir nach diesem unvergänglichen Erbe verlangen. Nur eine Bedingung hat Gott gesetzt, dass wir gehorsam gegen seinen Willen sind. Sein Wille ist unser Heil. Meine lieben Freunde, davon müssten wir immer mehr durchdrungen sein, dass uns nichts erfreuen, beglücken, befriedigen kann, was gegen Gottes Willen ist. Unser Glück liegt im Willen Gottes. „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“ O welche Verheißung! „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen.“

Wenn wir das zweite Kreuzzeichen machen, dann bekennen wir uns zum Sohne, zum Wort Gottes. Das griechische Wort „logos“ bedeutet ja „Wort“. Das ist natürlich nicht ein flüchtiger Hauch des Mundes, der damit gemeint ist, sondern das Wort ist jenes innerste und innerlichste Wort, in dem Gott sich selber ausspricht, in dem Gott sein eigenes Wesen ausspricht, das Wort, in dem Gott sich selbst denkt und erkennt von Ewigkeit her. Dieses Wort war am Anfang bei Gott, und durch dieses Wort ist alles geschaffen worden. Es ist selber Gott, „Abglanz Gottes und Ebenbild seiner Wesenheit“, wie es im Hebräerbrief heißt.

Nun hat Gott den Menschen frei geschaffen, und mit der Freiheit war die Möglichkeit des Ungehorsams gegeben, die Möglichkeit des Abfalls vom Willen Gottes. Das ist traurigerweise geschehen. Der Mensch hat die wunderbare Ordnung Gottes gestört durch seinen Ungehorsam. Und so machte sich der Sohn Gottes auf, durch seinen Tod das heilige Erbe des Vaters wiederherzustellen, die Menschheit zu befreien, mit seinem menschlichen Blute die alte Schuld auszulöschen. Jesus Christus, er hat, dem Willen des Vaters gehorsam unter Mitwirkung des Heiligen Geistes durch seinen Tod der Welt das Leben geschenkt. Das ist das wunderbare Wort, die zweite Person in Gott. Die Wiederbegnadigung geschah durch das Wort.

Mit dem dritten Kreuze bezeichnen wir das Herz, und damit meinen wir den heiligen Geist, der seit der Taufe in uns wohnt. Ja, so ist es: Gottes ewiger Geist, in dem Vater und Sohn sich lieben, nimmt in dem armseligen kleinen Menschenherzen Wohnung, erfüllt es mit seinen Gaben, durchglüht es mit dem Feuer seiner Liebe. Er stärkt, was schwach ist, er bereichert, was arm ist, er erwärmt, das kalt ist, er lässt wider grünen, was verdorrt ist, er heilt alle Schäden. Der große englische Kardinal Manning hat ein schönes Gebet zum Heiligen Geist verfasst. Es lautet wie folgt: „O Heiliger Geist Gottes, nimm mich auf in die Zahl deiner Schüler, leite, erleuchte und heilige mich, fessele meine Hände, auf dass sie nichts Böses tun, bedecke meine Augen, dass sie das Böse nicht mehr sehen, heilige mein Herz, dass das Böse nicht mehr in mir wohne, sei du mein Gott, sei du mein Führer. Wohin immer du mich führst, will ich gehen. Was du mir verbietest, dem will ich entsagen, und was immer du befiehlst, das will ich, von dir gestärkt, vollbringen.“ Dieses schöne Gebet hat der große, soziale Kardinal Manning im 19. Jahrhundert verfasst.

Wir begehen das Fest der heiligsten Dreifaltigkeit, oder besser der Dreieinigkeit. Die Dreieinigkeit ist und bleibt für jeden menschlichen Verstand ein undurchdringliches Geheimnis. Gott ist unbegreiflich. Ja, meine lieben Freunde, das muss so sein, das kann gar nicht anders sein. Die Unbegreiflichkeit ist eine Wesenseigenschaft Gottes. Einen Gott, den wir begreifen könnten, dessen könnten wir uns bemächtigen, den könnten wir übermächtigen, dessen könnten wir uns bedienen. Nein, es muss so sein. Gott muss unbegreiflich sein, damit wir ihn nicht in unsere Gewalt bringen können. Wir wollen uns gewiß bemühen, in das Geheimnis der Dreieinigkeit einzudringen, aber wir sollen auch wissen, dass es unmöglich ist, Gott zu begreifen. „Wer die Majestät erforschen will, den zerdrückt ihre Herrlichkeit.“ So heißt es im Buche der Weisheit. Wer die Majestät erforschen will, den zerdrückt ihre Herrlichkeit.

Machen wir also weiter gläubig und mit inniger Liebe das heilige Kreuzzeichen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Es soll unser ganzes Wesen, unsere Gestalt, unsere Seele, unsere Gedanken, unseren Willen umfassen. Wir wollen es am Morgen machen, wenn wir uns ans Tagewerk begeben. Wir wollen es am Abend machen, wenn wir uns erinnern an das letzte Ziel. Wir wollen es vor dem Beten machen, damit die Gnade Gottes in uns bleibe. Wir wollen es in der Versuchung machen, damit wir gegen die Gefahren gewappnet werden. Wir wollen es beim Evangelium machen und in der heiligen Messe beim Segen, damit das Wort Gottes in uns bleibe im Acker unserer Seele. Vom heiligen Sturmius, dem Gefährten des heiligen Bonifatius, wird berichtet, wie er in dem damaligen unwirtlichen deutschen Gebiet sich zur Ruhe begab, indem er das Kreuzzeichen über sich schlug. Irgendwo im Gestrüpp legte er sich zur Ruhe, aber immer im Schutze Gottes durch das Zeichen des Kreuzes. Wenn wir im Kreuzzeichen unser Heil suchen, werden wir es auch finden, meine lieben Freunde. Jesus Christus hat, dem Willen des Vaters gehorsam, durch seinen Tod unter Mitwirkung des Heiligen Geistes uns das Leben geschenkt. Und im Namen des dreifaltigen Gottes wollen wir unser Lebenswerk, unsere Gebete und unsere Tage verbringen.

Amen.

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