Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
28. Mai 2007

Zeitgeist oder Gottes Geist

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In diesen Pfingsttagen fragen sich manche: Was machen wir an Pfingsten? Es wäre viel wichtiger, zu fragen: Was machen wir mit Pfingsten? Denn Pfingsten ist die Geburtsstunde des christlichen Daseins. Seitdem die Christen Geistträger sind, haben sie Heimatrecht am Herzen Gottes gefunden. Christen sind Geistträger. Christen sind pfingstliche Menschen.

Seit 2000 Jahren gehört das Pfingstfest zum christlichen Leben. Es haben sich in dieser Zeit manche erbauende, aber auch einige seltsame Haltungen zu dem Fest herausgebildet. Der Geheimrat Goethe nannte Pfingsten das „liebliche Fest“. Nun, vermutlich hat das Pfingstgeheimnist bei ihm in derselben Linie gelegen wie das Osterfest: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“ Bei vielen Menschen steht zu Pfingsten das Naturerlebnis im Mittelpunkt. Die Menschen planen Ausflüge, Reisen, Fahrten. Die Wirte stellen die frisch lackierten Tische hinaus und warten auf die Gäste, und sie sehen zum Himmel empor, wie das Wetter werden wird, ob das Geschäft gut wird oder weniger gut. Pferde- und Kanurennen werden in diesen Tagen ausgetragen, und die Lottobuden freuen sich über ihren Zustrom. Ich habe nichts gegen Ausflüge; ich habe nichts gegen Fahrten; ich habe nichts gegen Reisen. Ich habe nur etwas dagegen, wenn all dies das Geheimnis des Pfingstfestes verdrängt! Denn in den Büchern der Liturgie, da lese ich: „Der Geist des Herrn erfüllt das Weltall“ und weiter: „Du wirst das Antlitz der Erde erneuern.“

Die hier angekündigte Erneuerung hat in diesen 2000 Jahren begonnen und hält bis heute an. Freilich zweifeln manche daran, ob dieser Erneuerung wirklich durchgreifend ist, ob diese Erneuerung wirklich Erfolg gehabt hat, ob sie auch tatsächlich sichtbar wird. Meine lieben Freunde, vor einigen Jahren hat ein fränkischer General ein Buch über den Zweiten Weltkrieg geschrieben. Da kommt er auch auf den Vorwurf zu sprechen: Das Christentum hat versagt. Dieser General, Gareis, hat darauf die Antwort gegeben: „Nicht das Christentum hat versagt, sondern die Menschen haben sich als unwillig erwiesen, es zu leben!“ Wahrhaftig, genau so ist es. Es liegt nicht am Heiligen Geist, dass Pfingsten ein Naturerlebnis geworden ist, es liegt an den Menschen, die sich dem Heiligen Geist nicht erschlossen haben.

Und doch ist es nicht überall so. Es gibt neue Menschen, es ist in diesen Jahrhunderten des Christentums vieles neu geworden. Ich lasse mir das nicht ausreden. Ich kenne Menschen, und ich verstehe mich auf Menschen. Ich weiß wie viele sich in der Kraft des Geistes bekehrt haben. Ich weiß, wie viele aus dem Morast ausgestiegen sind. Ich weiß, wie viele sich zur sittlichen Höhe emporgearbeitet haben. Ich weiß, wie viele um Tugend ringen, sich bemühen, das Bild auszuformen, das Gott in ihnen sehen will. Wir dürfen ja nicht vergessen: Die Erneuerung, die der Geist bewirkt, setzt bei jeder Generation neu an; sie vererbt sich nicht. Die Erneuerung muss nicht nur bei jeder Generation, sie muss bei jedem Menschen neu ansetzen. Und da kann es eben sein, dass sie misslingt. Nicht das Christentum hat versagt, sondern viele haben sich als unwillig erwiesen, es zu leben!

Im 2. Jahrhundert verfasste der Christ Aristides eine Verteidigungsschrift für die Christen und sandte sie dem Kaiser Hadrian zu. In dieser Verteidigungsschrift des Aristides, da steht der Satz: „Wahrhaft neu ist dieses Volk, eine göttliche Mischung ist in ihm.“ Tatsächlich, Aristides hat das Wesen des Christentums getroffen. Wahrhaft neu ist dieses Volk, eine göttliche Mischung ist in ihm, nämlich die Mischung des Heiligen Geistes.

Man wird auch zugeben müssen, dass der Heilige Geist das Wort Christi wahrgemacht hat, dass er die Kirche einführen wird in alle Wahrheit. Wir wissen jetzt, in welchem Namen das Heil zu gewinnen ist. Wir wissen, es ist der Name Jesus. „In keinem anderen Namen ist Heil.“ Und dessen hat uns der Heilige Geist gewiß gemacht. Wir wissen, dass Gottesliebe und Nächstenliebe die höchsten und ersten Gebote sind, und auch das wieder verdanken wir dem Wirken des Heiligen Geistes. Wir wissen, was gut und böse ist. Wir brauchen nicht mehr zu suchen. Der Heilige Geist hat es uns geoffenbart, und er sorgt dafür, dass diese Offenbarung nicht untergeht. In dieser Kirche hat er 2000 Jahre das Wissen um gut und böse erhalten. Und nur jene, die sich von diesem Bereich, von dieser Heimstatt des Geistes entfernt hatten, die sich aus der Kirche hinausbegeben haben, nur die wissen es nicht mehr. Und so kommt es, dass es heute christliche, sich christlich nennende Gemeinschaften gibt, die nach 2000 Jahren immer noch nicht wissen, dass homosexuelle Betätigung Todsünde ist. Was im Islam richtig ist, das hat er vom Judentum und vom Christentum. Und was im Buddhismus richtig ist, das hat er von der Uroffenbarung. Wir aber sind belehrt durch den Heiligen Geist.

Und stets überrascht dieser Geist die Welt durch Neuwerden in einem Menschen, im Tun und Ertragen. Es gibt doch Menschen, die Gott die Ehre geben. Es gibt doch Menschen, die die Früchte des Heiligen Geistes in sich bezeugen: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit. Solche Menschen gibt es, und sie zeugen für den Geist. Die Früchte des Heiligen Geistes sind offenbar geworden in unseren Gemeinden. Sie zeigen sich in unseren Gottesdienstbesuchern. Jawohl, das lasse ich mir nicht nehmen. Sie haben den Appell des Apostels aufgenommen und verwirklicht: „Wenn wir durch den Geist das Leben haben, dann wollen wir auch im Geiste wandeln.“

Man wird einräumen müssen, dass die Bemühungen noch nicht vollendet sind. Wir sind noch keine vollkommenen Menschen, und das Wirken des Geistes in uns findet immer noch Hindernisse. Aber auch die Bemühungen sind doch wertvoll. Auch das Sich-Mühen um das Gute und das tägliche Ringen gegen die eigenen Fehler, das ist doch eine Wirkung des Heiligen Geistes. Ich denke an den Verkehr. Viele beklagen sich über die Rücksichtslosigkeit der Verkehrsteilnehmer. Meine lieben Freunde, man soll auch einmal davon sprechen, dass es sehr rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer gibt. Ich bin manchmal überrascht, wie viel höfliche und hilfsbereite Verkehrsteilnehmer es gibt. Auch das ist doch etwas Gutes, ein Bemühen um das Gute. Und wenn ich erlebe, wie eine junge Dame ein Kind, das sich im Schmutz befleckt hat, aufnimmt, mit ihrem eigenen Taschentuch abwischt, dann sage ich mir: Auch das ist eine Frucht des Heiligen Geistes; auch in deren Herz hat der Heilige Geist seine Wirkung entfaltet. Der Geist des Guten ist in der Welt, daran ist gar kein Zweifel möglich. Der Geist des Guten wirkt in der Welt. Es gibt keine neutralen Handlungen. Entweder gut oder böse! Allein eine kleine Tat der Güte ist doch auch etwas Großes. Die Liebe ist immer groß, und sie hat ihren Wert vor Gott. Wo etwas Großes geschieht, da ist der Heilige Geist am Werk.

Christus hat nicht gesagt, dass zu einer bestimmten Zeit alles auf Erden in seinem Sinne erneuert und vollendet sein wird. Er hat durch seinen Opfertod ein neues Verhältnis zwischen uns und dem Vater geschaffen. Aber er hat auch für den Einzelnen dir persönliche Umkehr gefordert, die der Mensch allerdings in seiner Freiheit ablehnen kann. Nicht das Christentum hat versagt, sondern viele Menschen haben sich als unwillig erwiesen, es zu leben! Wo immer aber ein Christ sich bemüht, tiefer in das Reich Gottes hineinzuwachsen, dort wird er stets mehr neu. Und wenigstens da, wo dieser Mensch steht, da wird das Antlitz der Erde erneuert gegen das Böse. Denn dieser Mensch gebraucht die Dinge dieser Welt in Zuordnung zu Gott. Aller sündhaften Wirksamkeit wird Gott einmal ein Ende setzen im endgültigen Sieg des Heiligen Geistes. Einmal wird es einen neuen Himmel und eine neue Erde geben, wo der Friede wohnt, und wo wir alle um Gott uns sammeln.

Amen.

 

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