Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
16. April 2001

Das Auferstehungszeugnis des Paulus

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, in heiliger Osterfreude Versammelte!

Paulus war ein Mann voller Leidenschaft. Aber diese Leidenschaft war keine menschliche, sondern eine von Gott eingegebene. Er brannte nicht wegen menschlicher Ziele, sondern ob seiner göttlichen Aufgabe. Der Herr, der ihm vor Damaskus erschienen war, hatte seine Hand auf ihn gelegt, und seitdem kannte er nichts anderes als Jesus und seine Botschaft. Das Evangelium war der Inhalt seines Lebens, und das Evangelium war auch der Grund, weswegen er, dieser leidenschaftliche Mann, in größte Erregung geraten konnte. Das eben war der Fall, als ihm berichtet wurde, daß es in Korinth, einer seiner ältesten Gemeinden, Leute gebe, die sagen: Es gibt keine Auferstehung von den Toten. Das versetzte Paulus in höchste Erregung, und er setzte an, diese Behauptung zu widerlegen, indem er in vier Schritten den Korinthern vorstellte:

1. die Tatsache der Auferstehung,

2. ihre Bedeutung für uns,

3. die Folgen ihrer Leugnung und

4. die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes.

Zuerst macht Paulus den Korinthern die Tatsache der Auferstehung klar. Da ist es nun bezeichnend, daß er sich auf beide Fakten stützt, nämlich auf die Beerdigung, das Begräbnis Jesu und in der Folge das leere Grab und auf die Erscheinungen. Paulus legt großen Wert darauf, zu betonen, daß Jesus gestorben ist und begraben wurde. Ja, warum denn? Weil es keinen Auferweckten geben kann, wenn es keinen Gestorbenen gibt. Zuerst muß einer getötet worden sein, damit er auferweckt werden kann. Und wenn er auferweckt wird, dann muß das Grab leer sein, denn es ist ja nicht ein anderer auferweckt worden, sondern derselbe, der gemartert und gekreuzigt wurde, an dessen Leib man die Wundmale sehen kann, wenn auch in verklärter Weise. Die Beerdigung ist also für Paulus von höchster Bedeutung, denn sie sichert die Identität des Auferstandenen mit dem Gekreuzigten. Der Auferstandene ist kein anderer, auch wenn er anders geworden ist; es ist derselbe, der am Kreuze gehangen hat und gesprochen hat: „Es ist vollbracht!“

Dazu kommen die Erscheinungen. Paulus zählt sie der Reihenfolge nach auf. Es sind ihrer sechs. Erst die Erscheinung vor Kephas; Kephas ist der hebräische Name für Petrus; Fels heißt dieses Wort im Hebräischen. Dann ist der Herr den Zwölfen erschienen. Eigentlich waren es ja nur noch elf, nicht wahr, aber die Bezeichnung hatte sich eingebürgert: die Zwölf, der Zwölferkreis. Danach ist er fünfhundert Brüdern auf einmal erschienen. Ein einzelner mag sich täuschen, auch eine kleine Gruppe kann sich in der Täuschung vereinigen, aber fünfhundert auf einmal – das ist ausgeschlossen. Wenn sie alle Jesus gesehen haben, dann muß er wirklich und wahrhaftig vor ihnen erschienen sein. Und Paulus hebt noch hervor: „Von denen die Mehrzahl jetzt noch am Leben ist.“ Man kann also hingehen und sie fragen. Weiter ist er dem Jakobus erschienen; dann sämtlichen Aposteln. Zuletzt von allen ist er ihm selbst erschienen, ihm der eine „Mißgeburt“ ist, wie er sagt, weil er die Kirche Gottes verfolgt hat. Aber an der Wirklichkeit der Erscheinung des Auferstandenen, die ihm widerfahren ist, läßt er nicht rütteln. Die Tatsache der Auferstehung steht für Paulus unverbrüchlich und unerschütterlich fest.

Auch die Bedeutung der Auferstehung hebt er hervor. Er tut es in der Anrede an die Korinther in negativer Weise, die ich jetzt positiv darstellen werde; denn von der Auferstehung hängt ab unser Glaube. Der Glaube ist Glaube an die Auferstehung. Ohne die Auferstehung ist der Glaube leer. Von der Auferstehung hängt ab die Verkündigung, denn die Verkündigung ist Botschaft von der Auferstehung, und ohne Auferstehung ist die Verkündigung leer. Auferstehung ist Abschluß des Heilswerkes, also Vergebung der Sünden. Ohne Auferstehung sind die Korinther noch in ihren Sünden. Da nützt die Taufe nichts, da ist auch die Taufe leer. Auferstehung ist der Grund unserer Hoffnung. Weil es einen Auferstandenen gibt und weil dieser Auferstandene der Anführer eines zahllosen Heeres ist, deswegen dürfen wir hoffen auf das ewige Leben und unsere Auferstehung. Paulus weiß, daß Christus der Erstling der Entschlafenen ist, der auferweckt wurde, aber dem Erstling folgt eben die ganze Schar der übrigen Entschlafenen. Alle, die in Christus sind, werden wie er auferstehen, ein jeder, wenn die Reihe an ihm ist, als Erstling Christus. Diese Bedeutung der Auferstehung drückt Paulus in negativen Fragen an die Korinther aus. Wenn es Leute gibt, sagt er, die behaupten, es gibt keine Auferstehung, dann gilt: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, so ist unsere Predigt ohne Sinn, ohne Sinn euer Glaube. Dann sind wir als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugen, daß er Jesus auferweckt habe. Wenn Christus nicht auferstanden ist, so ist euer Glaube nichtig, dann seid ihr noch in euren Sünden. Wenn wir bloß in diesem Leben auf Christus unsere Hoffnung setzen, so sind wir bejammernswerter als alle Menschen.“

Das führt dann gleich über zu der dritten Stufe der Erklärung, nämlich welches die Folgen der Leugnung der Auferstehung sind. Wenn es keine Auferstehung gibt, dann ist ja eigentlich unser Mühen und unser Kampf umsonst, sagt Paulus. „Täglich sterbe ich“ – er meint: Täglich setze ich mich der Gefahr aus, werde mißhandelt, werde eingesperrt, werde hintergangen. „Täglich sterbe ich. Wozu setzen wir uns stündlich der Gefahr aus, wenn Christus nicht auferstanden ist?“ Dann machen wir es doch so wie die anderen: „Wenn ich nur nach Menschenart in Ephesus mit wilden Tieren gekämpft habe, was nützt es mir, wenn Tote nicht auferstehen? Laßt uns dann essen und trinken, denn morgen sind wir tot!“ Das ist die Folge, wenn man die Auferstehung leugnet. Dann verliert das menschliche Leben seinen Horizont, dann verliert es sein Ziel, ja, dann verliert es seinen Sinn. „Laßt euch“, so mahnt Paulus seine Korinther, „nicht von den Irrlehrern irreführen! Böser Umgang verdirbt gute Sitten. Werdet gründlich nüchtern und sündigt nicht!“ Er mahnt also, sich von denen zu trennen, welche die Auferstehung leugnen, denn sie stecken die anderen möglicherweise mit ihrer Leugnung an, und dann verlieren sie ihren christlichen Stand.

Freilich sieht auch Paulus die Schwierigkeit, die darin besteht, zu erklären, wie der Auferstehungsleib beschaffen ist. Es ist ja ein Leib ganz anderer Art. Er erscheint plötzlich; er verschwindet ebenso rasch wieder. Man braucht ihm nicht die Tür zu öffnen, wenn er kommt oder wenn er geht. Er hat einen Leib, der verklärt ist und der anders aussieht, als es der Leib des irdischen, des auf der Erde wandelnden Jesus war. Und so versucht Paulus, den Unterschied zu erklären. Er greift dabei zu bestimmten Bildern, um den Korinthern diesen Unterschied klar zu machen. „Mit was für einem Leibe kommen die Toten zum Vorschein? Du Tor! Was du säst, keimt nicht auf, wenn es nicht zuvor abstirbt.“ Er erinnert also an den Vorgang, den wir jetzt im Frühjahr in unseren Gärten beobachten. Wir legen den Samen in das Erdreich, und dort muß das Samenkorn gleichsam sterben. Es muß sich auflösen, damit daraus eine Pflanze wächst. Ähnlich-unähnlich, meint Paulus, ist es auch mit der Auferstehung. „Gesät wird ein irdischer Leib, aber der aufsteht, ist ein himmlischer Leib. Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt wird in Unverweslichkeit. Gesät wird in Häßlichkeit, auferweckt wird in Herrlichkeit. Gesät wird in Hinfälligkeit, auferweckt wird in Kraft. Gesät wird ein sinnlicher Leib, auferweckt ein vergeistigter Leib.“ Hier hat er also eine ganze Reihe von Gegensätzen aufgebaut zwischen dem irdischen und dem auferweckten Leibe. Der irdische Leib ist verweslich, der himmlische Leib ist unverweslich. Der irdische Leib ist hinfällig, der himmlische Leib ist kraftvoll. Er greift auch noch zu einem anderen Vergleich, indem er sagt: „Es gibt verschiedene Körper. Nicht alles Fleisch ist dasselbe Fleisch. Ein anderes ist das Fleisch des Menschen, ein anderes das der Vierfüßler, anders das der Vögel, anders das der Fische.“ Damit will er ebenfalls sagen: Wie es schon im irdischen, natürlichen Bereich Unterschiede gibt, so erst recht, wenn man den himmlischen Körper mit dem irdischen Körper vergleicht. Und noch einen letzten Vergleich führt er an: „Schaut euch das Himmelsgewölbe an“, sagt er. „Anders ist der Glanz der Sonne, anders der Glanz des Mondes, anders der Glanz der Gestirne. Denn Stern unterscheidet sich von Stern.“ Damit will er wieder sagen: So wie es in der Welt der Gestirne Unterschiede gibt, leuchtende Körper und andere, die beleuchtet werden, so ähnlich-unähnlich ist auch das Verhältnis vom irdischen und vom Auferstehungsleib.

Der Apostel Paulus weiß, daß an der leibhaftigen Auferstehung des Herrn alles, buchstäblich alles hängt. Ohne die Auferstehung des Herrn verliert das Christentum seinen Sinn. So erklärt sich die Erregung und die Leidenschaft, mit der er im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes die Auferstehung verteidigt und gegen irrige Deutungen in Schutz nimmt. Er weiß: Nur wenn Jesus lebt, gibt es einen Anwalt beim Vater. Nur wenn Jesus lebt, gibt es einen Richter der Lebenden und Toten. Nur wenn Jesus lebt, haben wir eine Zuversicht auf ewiges Leben. Das drückt das Kirchenlied in ergreifender Weise aus, wenn es singt: „Jesus lebt, mit ihm auch ich. Tod, wo sind nun deine Schrecken? Jesus lebt und wird auch mich von dem Tode auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht. Dies ist meine Zuversicht.“

Amen.

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