Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
31. Januar 2021

Die Presse und unser Glaube

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Zeitungen sind in regelmäßigen Abständen erscheinende Publikationen, die durch Aktualität, Universalität (inhaltliche Vielfalt) und Publizität (Zugänglichkeit für jedermann) gekenn-zeichnet sind. Zeitungen dienen der Information, der Meinungsbildung und der Unterhaltung. Indem Zeitungen in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschaffen und verbreiten und Kritik üben, dienen sie auch als Kontrollorgan z.B. von Regierung, Parlament, Parteien und Verwaltung. Die Presse war das erste Medium, das Informationen, Meinungen, Belehrung und Unterhaltung an eine prinzipiell unbegrenzte Öffentlichkeit vermitteln konnte. Durch die Presse bekam der Einfluss von Medien auf die öffentliche Meinung, auf die politische Willensbildung, auf die Integration und das Selbstverständnis von Gruppen und Gesamtgesellschaft, auf die Verbreitung innovativer und revolutionärer Ideen eine neue Qualität. Zeitungen finanzieren sich zum einen aus dem Verkaufserlös, zum weitaus größeren Teil aber aus dem Anzeigen- und Beilagenverkauf. Die Gesamtauflage deutscher Zeitungen beträgt etwa 32 Millionen Exemplare. Tageszeitungen erreichen in Deutschland 79% der Gesamtbevölkerung. Die tägliche Zeitungsnutzdauer beträgt etwa 31 Minuten. Die Statistik liefert nur Durchschnittswerte. Die Wirklichkeit des Einzelnen sieht anders aus. Eine Nachbarin erzählte mir: „Mein Mann liest die Zeitung von vorn bis hinten und von hinten bis vorn.“ Die Reichweite, welche eine Zeitung anstrebt, ist verschieden. Es gibt Blätter, die überwiegend lokal oder regional ausgerichtet sind, und andere, die hauptsächlich ein ganzes Land und darüber hinaus die Erde im Auge haben. Medien sind geschäftliche Unternehmen. Sie suchen Abonnenten und Käufer. Sie geben ihren Kunden, was diese angeblich wollen, und verdienen damit Geld. Jeder Redaktionsvolontär lernt bereits in der ersten Ausbildungswoche den Grundsatz: Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Sie bringen Aufmerksamkeit, sie sind Erfolgsgaranten.

Man teilt die Zeitungen und Zeitschriften in die säkulare, weltliche und in die religiöse, die Kirchenpresse. Jede Zeitung hat eine bestimmte Ausrichtung, verfolgt eine bestimmte Absicht, besitzt eine eigene Linie. Die Tendenz, mit der dies geschieht, zeigt sich einmal in der Auswahl und Formulierung der Meldungen, zum anderen in der Kommentierung und Beurteilung derselben, schließlich auch an der Stelle in der Zeitung, wo etwas untergebracht wird und welcher Umfang ihnen zugebilligt wird. Der Einfluss der Presse auf die Meinungsbildung der Bevölkerung ist außerordentlich stark. Es ist nicht gleichgültig, welche Tageszeitung jemand konsumiert. Er wird unweigerlich von der Stimmung, der Richtung, der Tendenz derselben beeinflusst. Selbst die gebildete Schicht unter der Bevölkerung ist fast kritiklos dem ausgeliefert, was sie in ihrer Presse liest. Ein englischer Geistlicher tat den Ausspruch: „Wenn in England die Bibel etwas behauptete und die ‚Timesʻ sagte das Gegenteil, würden von 510 Personen 500 der Zeitung ‚Timesʻ Glauben schenken.“ Häufig kann man in Gesprächen die Bemerkung hören: „Es hat ja in der Zeitung gestanden.“ Damit ist für viele Menschen die Sache klar und die Tatsächlichkeit der Behauptung gesichert.

Die weltliche Presse befasst sich gewöhnlich auch mit religiösen und kirchlichen Gegenständen. Sie geht auf amtliche Verlautbarungen und Feste ein, behandelt Personalfragen und zeigt eine Vorliebe für Verfehlungen von Kirchengliedern. Dabei besteht die Taktik der Berichterstattung gewöhnlich darin, die lokalen kirchlichen Verhältnisse schonend bis wohlwollend zu behandeln, aber die überörtlichen und übergreifenden Aktivitäten der Kirche um so kritischer zu beurteilen. In jedem Falle weiß sich die weltliche Presse nicht der katholischen Wahrheit verpflichtet. Sie stellt weltanschaulich völlig entgegengesetzte Gegenstände nebeneinander, so dass das eine genauso berechtigt ist wie das andere. In dieser Presse werden Ehe und bloßes Zusammenleben, die geschlechtsverschiedene Verbindung zwischen Mann und Frau und die Beziehung zwischen Schwulen kommentarlos parallelisiert. Diese Presse sieht in der Erwartung des Todes nach Gottes Willen und in der Selbsttötung zwei gleichberechtigte Weisen, mit dem Ende des irdischen Lebens umzugehen. So wird das sittliche Urteil der Leser getrübt und verfälscht.

Die Kirche war früher in der säkularen Presse mit manchen Organen vertreten. Vor 1933 konnte sie sich regelmäßig auf die zahlreichen Zeitungen stützen, die von der Deutschen Zentrumspartei herausgegeben wurden oder ihr nahestanden. So verstanden, zählte Deutschland 1933 375 katholische Zeitungen mit 2,6 Millionen Abonnenten. Das nationalsozialistische Regime hat sie ausnahmslos vernichtet. Eine Auferstehung dieser Blätter hat nicht stattgefunden. Es existiert keine katholische Tageszeitung mehr. Nach dem Kriege hat die Kirche Anstrengungen unternommen, um auch in der weltlichen Presse präsent zu sein. Sie hat Blätter subventioniert, die Religion und Kirche freundlich gegenüberstanden. Ich erinnere an den „Rheinischen Merkur“. Die Bischöfe haben ihn inzwischen fallen gelassen und zu einem Anhängsel der durchweg kirchenunfreundlichen „Zeit“ gemacht.

An die weltliche Presse wären vom katholischen Standpunkt aus viele Fragen zu richten und manche Ausstellungen zu erheben. Was bei der heutigen deutschen Presse zuerst auffällt, ist die Gleichgerichtetheit in den meisten Fragen. Sie hat einige wenige Wortführer, viele Mitläufer, manche Chronisten, kaum Skeptiker. Dazu kommt die Ächtung von Nonkonformisten. Die Wächterfunktion ist eine öffentliche Aufgabe der Medien. Sie entfällt fast gänzlich wegen des Konformismus. Die Masse der Journalisten folgt der Regierungschefin, die ihre Politik als alternativlos erklärt, statt ihr Wächter- und Kontrollamt auszuüben. Propagierte Alternativlosigkeit ist der Weg, der in die gesellschaftliche Unfreiheit führt. Von der sogenannten öffentlichen Meinung geht ein Konformitätsdruck aus. Politiker wie Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß sahen sich einem erbarmungslosen Journalismus ausgesetzt. Frau Merkel lässt man in Ruhe, weil sie mit ihrer Politik immer weiter nach links gerutscht ist. Die größte Gefahr für die Pressefreiheit kommt von innen her, aus dem Hang zum Konformismus und zur Hörigkeit gegenüber dem Zeitgeist. Die Vielfalt der Presse nutzt nichts für die Wahrheitsfindung, wenn alle von Flensburg bis Garmisch dasselbe schreiben und dasselbe auslassen. Die zweite Beobachtung: Die gesamte Presse ist nach links gerückt. Auf allen Bastionen wurde unter dem Namen Political Correctness die linke Meinungsdiktatur eröffnet. Dem linken Mainstream ist es gelungen, konservatives Denken als rechts, intolerant oder vormodern zu brandmarken und so beinahe vollständig zu ächten. Was heißt „links“ und wer steht „links“? Der linke Mainstream negiert die Grundlagen des christlichen Glaubens. Glaube und Religion, so wird gesagt, vermöchten keine Formel für das Weltgeschehen und keine Methode für die Erfassung und Bewältigung der Wirklichkeit anzubieten. Die Folge dieser Einstellung ist einmal: Wer seine Überzeugung auf der Grundlage des christlichen Glaubens vertritt, wird als Fundamentalist oder gar als Rechtsradikaler diffamiert. Der Linkstrend der Presse höhlt sodann die Religion aus. Der Linkstrend trägt dazu bei, dass die Seelsorge zur Psychotherapie, die Mission zur Entwicklungshilfe, die Caritas zur Sozialarbeit, der Gottesdienst zur Folklore wird. Die linke Publizistik will die Familie als Ort der Erzeugung von Unterschieden abschaffen, die Autorität (als Machtmissbrauch diffamiert) schleifen, die Sexualität entfesseln. Diese Presse hat die Gender-Ideologie, welche die geschlechtliche Identität des Menschen zur freien Wahl stellt, verbreitet und hoffähig gemacht. Für diese Presse ist die Freigabe der Abtreibung, kaschiert als Recht der Selbstbestimmung der Frau, nur noch eine Frage der Zeit.

Die dritte Beobachtung der deutschen Presse zeigt: Die säkulare Presse ist voreingenommen gegenüber den Religionsgemeinschaften. Die katholische Kirche wird eindeutig schlechter behandelt als andere vergleichbare Großorganisationen. Die evangelische Kirche kommt besser weg, weil sie sich dem gesellschaftlichen Mainstream angepasst hat. Die katholische Kirche ist bei ethischen Themen ein Fels in der Brandung, der oft dem Mainstream entgegensteht. Das gefällt den meisten Journalisten nicht.

Die vierte Beobachtung bezieht sich auf die Tendenz der Berichterstattung. Innerhalb der kirchlichen Erscheinungen gilt die Vorliebe der säkularen Presse eindeutig jenen, welche gegen Lehre und Dogma, gegen Ordnung und Disziplin der Kirche Stellung beziehen. Ein Autor schreibt richtig: „Attraktiv an der Kirche sind nur die Rebellen, am liebsten exkommunizierte und suspendierte Irrlehrer“ (Berger, Widerworte 59). Wann immer der Heilige Stuhl ein unbequemes Dokument herausgibt, um eine bestimmte Frage zu klären, steuern die meisten deutschen Zeitungen einen ablehnenden oder nörgelnden Kommentar bei. Sie unterstützen den Anpassungskurs der meisten Bischöfe an die sogenannte Moderne, der den Niedergang der Kirche nicht aufgehalten, sondern beschleunigt hat. Wenn Vertreter der Kirche reden, wie die Welt redet, bekommen sie Beifall. Jeder Theologe, der sich gegen Lehre und Ordnung der Kirche ausspricht, kann auf Unterstützung und Förderung durch die Presse rechnen. Gläubige und kirchentreue Theologen kommen entweder nicht zu Wort oder werden (z.B. durch Kommentare und Leserbriefe) ins Abseits gestellt, als ultrakonservativ, reaktionär, überholt ausgegeben.

Die weltliche Presse macht Feinde und Gegner aus. Gegen sie werden unaufhörlich Vorkommnisse und Unterstellungen vorgebracht, die geeignet sind, ihr Bild in der Öffentlichkeit zu trüben und ihr Ansehen zu untergraben. Die skandalisierten Vorfälle wirken auch dann, wenn sie sich als falsch herausstellen. Wenn die Skandalisierungswelle volle Fahrt aufgenommen hat, ist aufklärender Widerstand in der Regel aussichtslos. Der Druck der massierten öffentlichen Angriffe wird so stark, dass die Opfer ihm nicht gewachsen sind. Ein rühriger katholischer Bischof, der sich durch ungebrochene Verkündigung der vollständigen kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre missliebig gemacht hat, wird als Trinker hingestellt, wenn er gern mal eine Flasche Bier trinkt. Der Ausburger Walter Mixa verlor seinen Bischofsstuhl infolge publizistischer Angriffe. Der Limburger Bischof Tebartz van Elst wurde durch die Medien aus seinem Amt gejagt. Die Wirkung der religionsfeindlichen Presse ist gewaltig. Der französische Ministerpräsident Combes erklärte, der katholischen Kirche in Frankreich seien drei Viertel ihrer Anhänger durch die Presse abwendig gemacht worden. Die Entchristlichung der Massen und die Abfallbewegungen sind zum großen Teil das Werk der Presse. Nicht selten sind Christen in einer verzwickten Lage, wenn sie an ihrem Wohnsitz auf eine und die einzige Zeitung angewiesen sind. Auf das Abonnement derselben können sie aus mehreren Gründen nicht verzichten. Aber sie müssen das Blatt auch dann ertragen, wenn seine Linie von der eigenen Überzeugung abweicht.

Die Tendenz oder die Richtung einer Zeitung wird von dem Herausgeber und von den Journalisten bestimmt. Die Verleger der privatwirtschaftlichen Presse haben als Eigentümer das Recht, die grundsätzliche politische oder weltanschauliche Ausrichtung ihres Blattes zu bestimmen. Die Tätigkeit der Journalisten ist das Sammeln, Prüfen, Auswählen, Bearbeiten, Berichten, Analysieren und Disponieren. Journalisten können weitgehend autonom bestimmen, wie über einzelne Themen berichtet wird. Der Journalist unserer Tage sucht das Exzentrische, das außerhalb der Norm liegende, den Skandal. Und gibt es gerade keinen, dann schafft er sich einen. Das gehört zu den Spielregeln der modernen Empörungsgesellschaft. Übertreibungen werden von den meisten Journalisten als vertretbar bezeichnet. Der Philosoph Peter Sloterdijk sieht den Zustand des Journalismus in einem Zustand der „Verwahrlosung“.

Deutschlands Journalisten ticken links. Etwa 90 Prozent bezeichnen sich selbst als linksstehend. Links wird gleichgesetzt mit liberal, fortschrittlich, tolerant. Besser gesagt: Sie halten sich an den Zeitgeist. Der Zeitgeist ist materialistisch, konsumorientiert, kirchenfremd. Sie haben die Befürchtung, die positive oder gar wohlwollende Darstellung katholischen Wesens könnte Teilen ihrer Leserschaft missfallen oder zum Ärgernis gereichen.

Wer durch Schreiben an die Öffentlichkeit tritt, sollte dem Gegenstand gewachsen sein, über den er schreibt. Bei Themen wie Religion und Transzendenz, Sinnsuche, Glaube und Gott sollte man sich die größte Mühe geben, um sicherzustellen, dass man das, was man kritisiert, nach besten Kräften zu verstehen versucht hat. Doch dieses Erfordernis bleibt häufig unberücksichtigt. Man kann nur staunen, was sich Journalisten alles zu beschreiben und zu beurteilen zutrauen. Die wenigsten Journalisten besitzen ein solides Wissen über die theologischen und kirchlichen Gegenstände, über die sie schreiben. Sie verbreiten sich über Inhalte, von denen sie selbst nur kümmerliche und lückenhafte Kenntnis haben. Die heiligsten Dinge werden von Schreibern, die davon wenig wissen und selbst keinen Bezug zu ihnen haben, vorgestellt und beschrieben, beanstandet und bemäkelt, verurteilt und angeprangert. Im Zweifel ist das, was man nicht versteht, fundamentalistisch. Woher kommt die Ablehnung, der Hass gegen die katholische Religion und Kirche? Die Verkündigung des katholischen Glaubens stört ihre Feinde. Sie wollen nichts wissen vom dreieinigen Gott, von dem Erlöser Jesus Christus, von der wirklichen Gegenwart des Herrn im Sakrament der Eucharistie. Die Verkündigung der katholischen Sittenlehre stört ihre Feinde. Sie wollen nichts hören von Geboten Gottes, welche die gesamte Menschheit binden und verpflichten, die unveränderlich und bleibend gültig sind. Besonders lästig sind ihnen jene Gebote, welche die Geschlechtlichkeit des Menschen ordnen. Sie sind selbst in Beziehungen oder Verbindungen verstrickt, welche die Kirche aufgrund ihres Glaubens als sittlich unerlaubt bezeichnen muss. Zahlreiche Journalisten gehören Vereinigungen an oder stehen solchen nahe, die den Kampf gegen die katholische Kirche auf ihre Fahne geschrieben haben. Von dem Journalisten Matthias Matussek stammt das Wort: „Wer für Katholizismus eintritt, der begeht öffentlich Selbstmord.“ (pur-magazin 1/2013, S.30)

Die Kirche hat ein Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses gegründet. Hier sollte versucht werden, dem notorischen Mangel an gläubigen Journalisten abzuhelfen. Die Gründung hat ihren Zweck nicht erreicht. Ihr fehlen die gläubigen Mitglieder. Die mit Kirchensteuermitteln ausgebildeten Journalisten sympathisieren am häufigsten mit den Grünen. Nur 14% bezeichnen sich als gläubiges Glied der Kirche. Die Ausrichtung des Instituts zeigte sich in einem spektakulären Fall. Der geistliche Direktor der katholischen Journalistenschule Michael Broch trat zurück, nachdem er behauptet hatte, Papst Benedikt XVI. fahre die Kirche gegen die Wand, die kirchliche Sexualmoral sei antiquiert, der Zölibat müsse auf den Prüfstand, der Klerikalismus verursache die Krise der Kirche und die Bischöfe besäßen eine Art Bunkermentalität.

Katholische Presse umfasst jene Zeitungen und Zeitschriften, die das aktuelle Geschehen vom katholischen Standpunkt zu erfassen und zu kommentieren vorgeben. Kirchenpresse sind jene Zeitungen und Zeitschriften, die sich im Besitz der Hierarchie, einer kirchlichen Gemeinschaft oder Organisation befinden und gegenüber der kirchlichen Autorität und Disziplin bindende Verpflichtungen eingegangen sind. Die Kirche hat Blätter ins Leben gerufen und unterhalten, welche die Zeit im Licht der Ewigkeit beurteilen, die Kirchenzeitungen. Kirchenzeitungen können und müssen Hilfsmittel der Seelsorge sein, der Vorbereitung und der Ergänzung der Seelsorge, der Gemeinschaft der Pfarrangehörigen, der Erfassung der Zugewanderten und der Fernstehenden dienen. Sie tun dies durch Berichte, Belehrung und Anregung. Es gab eine Zeit, in der sich der katholische Christ auf die Kirchenzeitung verlassen konnte. In ihr fand er die Glaubens- und Sittenlehre der Kirche wieder, hier wurde sein Vertrauen zur Ordnung und Disziplin der Kirche gestärkt. Als die Kirche noch gesund war, galten die Kirchenzeitungen als „zweite Kanzel“, „Sprachrohr des Bischofs“ und „Arm der Seelsorge“. Diese Charakterisierung ist als Wort und als Sache verschwunden. Heute verstehen sich Kirchenzeitungen als „Forum“ oder „Dialog“. Weit verbreitet war die „Bildpost“. Das „Echo der Zeit“ zählte zu den am häufigsten zitierten Zeitungen. Die Zeitschrift „Mann in der Zeit“ hatte in der besten Zeit eine Auflage von 720000.

Die Erschütterungen in der Kirche sind an der kirchlichen Presse nicht spurlos vorübergegangen. Die Kirchenbindung von Millionen katholischer Christen ist zurückgegangen. Der Hang zur Unverbindlichkeit in der Glaubens- und Sittenlehre ist gewachsen. Die Leserschaft der Kirchenzeitungen ist überaltert. Die Leserzahlen sinken parallel zu den Zahlen der Kirchenbesucher. Die Kirchenpresse ist nicht mehr imstande, dem Forumsauftrag und dem Dienst an der öffentlichen Meinung in der Kirche nachzukommen. In den Kirchenzeitungen hat sich ein fundamentaler Wandel vollzogen. Die meisten versagen vor ihrer Aufgabe. Sie bauen den Glauben nicht auf, sondern ab. Sie fördern nicht die Kirchlichkeit ihrer Leser, sondern mindern sie. Die Kirchenzeitungen haben einen großen Anteil an der Stimmung der Auflehnung, der Aufsässigkeit und der Revolte, die sich seit Jahrzehnten in unserer Kirche verbreitet. Sie sind „progressiv“, voreingenommen für jede Regung in der Kirche, die lästige oder angeblich nicht zeitgemäße Einrichtungen oder Lehren abgeschafft wissen will. Man spricht sich für das Frauenpriestertum, für die Verbilligung der Geschlechtsmoral, für die Abschaffung der priesterlichen Enthaltsamkeit aus. Bei ihnen ist folgendes Vorgehen zu beobachten. Zuerst wird die Lehre oder Ordnung der Kirche korrekt dargestellt. Aber daneben oder bald darauf werden, in Zitaten oder in Leserbriefen, abweichende oder gegensätzliche Meinungen abgedruckt. Es ist dem Leser überlassen, für welche Version er sich entscheidet. Die Lehre und die Ordnung der Kirche werden so als vereinbar mit deren Bestreitung oder als zu verwerfen mit deren Ablehnung hingestellt. Es ist den Kirchenzeitungen nicht schwer, Ansichten, die von der Lehre und Ordnung der Kirche abweichen, in ihre Spalten aufzunehmen. Sie brauchen nur jene beamteten, von den Bischöfen mit kirchlicher Sendung ausgestatteten Theologieprofessoren zu zitieren, die Gegenstände der verbindlichen Glaubens- und Sittenlehre, von der Disziplin ganz zu schweigen, zerfetzen und suggerieren, dies sei die Lehre Christi. Davon gibt es mehr als genug. Heute ist es soweit gekommen, dass die Widersacher und Feinde der Kirche sich in der Kirche selbst befinden und sie von innen heraus zu zerstören suchen. In so mancher Redaktion von Kirchenblättern scheinen Kryptoprotestanten und Systemveränderer zu sitzen. Je mehr die Kirchenbindung der Katholiken zurückgeht, umso geringer wird die Zahl der Bezieher von Kirchenzeitungen. Die meisten gläubigen Katholiken haben erkannt, dass sie sich auf die diözesanen Kirchenzeitungen nicht mehr verlassen können. Sie haben sich eigene Zeitschriften geschaffen wie den „Fels“ und das „Theologische“. Dazu kommen die Publikationen der Initiativkreise und der Verbände, die der kirchlichen Tradition verpflichtet sind. Die Wirkung dieser verdienstvollen Publikationen reicht über ihre Abonnenten nicht hinaus. Die Öffentlichkeit erreichen sie nicht. Daneben gibt es noch eine Reihe zahlenmäßig nicht starker Zeitschriften, die zwischen Treue zur Kirche und Konzessionen an den Zeitgeist lavieren.

Der tiefste Grund der Machtlosigkeit und Hilflosigkeit der Katholiken in der Öffentlichkeit und speziell im Pressewesen ist ihr eigener Zustand. Die Entwicklung der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat die katholische Bevölkerung nachhaltig gespalten. Auf der einen Seite steht die kleine Minderheit gläubiger, kirchen- und papsttreuer Katholiken, auf der anderen Seite die große Mehrheit der mehr oder weniger protestantisierten ehemaligen Katholiken. Die Tatsache lässt keine Hoffnung auf den Aufbau einer starken, einflussreichen katholischen Publizistik zu. Es dürfte unmöglich sein, eine katholische Zeitung ins Leben zu rufen, die von der Mehrheit der katholisch Getauften akzeptiert wird. Angesichts der Verhältnisse, wie sie heute sind, sollten folgende Grundsätze gelten. Erstens: Was den Lesern der Zeitungen vor allem nottut, ist die Unterscheidung der Geister, also Kritikfähigkeit aus dem Glauben. Sie sollten prüfen, was ihnen vorgesetzt wird, um es entweder zu akzeptieren oder zu verwerfen. Ihre Kritik hätten sie den Redaktionen umgehend zu unterbreiten. Zweitens: Die katholischen Leser sollten die Blätter unterstützen und abonnieren, die der Lehre und Ordnung der Kirche treu sind. Es existiert nur eine einzige Wochenzeitung, die sich ohne Abstriche der Lehre und der Ordnung der katholischen Kirche verpflichtet weiß. Sie heißt „Die Tagespost“. Sie räumt den Meldungen und Kommentaren über religiöse und kirchliche Gegenstände ergiebigen Platz ein. Politik und Weltgeschehen, Kultur, Literatur und Geschichte werden angemessen berücksichtigt. Ihr Nachteil ist, dass sie nur einmal in der Woche, Donnerstag, erscheint und so mit ihrer Berichterstattung den Ereignissen nachhinkt. Gläubige Kreise lassen eine Vielzahl von Blättern erscheinen, aus denen Stärkung des Glaubens und Förderung der Frömmigkeit gewonnen werden kann. Ich erwähne aus der großen Zahl die gehaltvollen Monatsschriften „Der Fels“ und „Theologisches“. Empfehlenswert sind auch die Publikationen mancher Initiativkreise. Wir wollen doch unerschütterlich in der heiligen Religion und in unserer geliebten Kirche verharren. Also lassen wir uns nicht durch glaubensfremde und kirchenfeindliche Blätter verbilden und verführen.

Amen.

 

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