Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
3. April 2016

Zeugen der Auferstehung Jesu

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Das Handwerkszeug des Journalisten sind sieben Fragen: Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Warum? Woher? Diese sieben Fragen stellt sich der Journalist, der einen Vorgang untersuchen will, und diese Fragen sind berechtigt. Dieses Handwerkszeug lässt sich auch auf die Auferstehung Jesu anwenden. Wer diese Fragen stellt und beantwortet, der gewinnt einen umfassenden Einblick in das Ostergeschehen. Wer? Wer hat mit Ostern zu tun? Es ist der Jesus von Nazareth, es ist der Wanderprediger, der Krankenheiler, der Bezwinger der Dämonen. Der Auferstandene ist kein anderer, als der in Galiläa und Judäa gewandert ist, aber auch der in Jerusalem ans Kreuz geheftet wurde. Der Gekreuzigte und der Auferstandene sind identisch. Es ist nicht so, wie im Koran steht, dass am Kreuze ein anderer gehangen hat als Christus. Das ist Unsinn. Der am Kreuz Gehangene ist der Auferstandene. Als der Herr das erste Mal den Jüngern in Jerusalem erschien, waren sie verwirrt, erschrocken, unsicher. Sie meinten, einen Geist zu sehen, und da verweist der Auferstandene auf seine Hände und Füße: „Ich bin es, betastet und schaut.“ Sie erkennen die Wundmale an seinen Gliedmaßen: „Wahrhaftig, das ist der Gemarterte, das ist der mit Nägeln ans Kreuz Geheftete, das ist derselbe.“ Der dem Thomas seine Wunden zeigte, ist derselbe, der am Kreuze diese Wunden empfing. Wer ist der im Mittelpunkt des Ostergeschehens Stehende? Es ist Jesus von Nazareth. Was ist mit ihm geschehen? Der entseelte Leib des Herrn ist lebendig geworden. Er ist in einer verklärten Gestalt lebendig geworden. Der auferstandene Herr tritt unter seine Jünger und verlässt sie, ohne dass sich die Türen öffnen. Das kann nur jemand, der nicht in der materiellen Gestalt, wie wir sie vor uns haben, lebt. Das muss einer sein, der seine irdische Gestalt verwandelt hat. Das ist nur möglich, weil er eine himmlische Gestalt angenommen hat; sie unterliegt nicht den Hemmnissen der irdischen Materie. Dass er aber derselbe ist, das beweist er, indem er mit ihnen spricht, indem er mit ihnen isst, indem er mit ihnen trinkt; das beweist die Wirklichkeit seines Lebendigwerdens. Wann ist das geschehen? Am Sonntag nach dem Schmerzensfreitag, dem Freitag der Hinrichtung des Herrn. Das Datum steht fest. Nach den besten Berechnungen ist es der 9. April des Jahres 30. Das Grab des Gekreuzigten, des Leichnams ist leer. Wo hat man das festgestellt? Nun, am Ort des Grabes, da, wo man ihn nach seinem Tode hin verbracht hat. Niemand hat bezweifelt, dass das Grab Jesu leer ist. Niemand hat den Leichnam Jesu vorweisen können. Der Hohe Rat war ratlos, die Leiche Jesu war verschwunden. Dass er auferstanden ist, wollten sie natürlich nicht zugeben, also erfanden sie eine Propagandalüge. Die Hohen Priester und die Ältesten berieten sich, nahmen Geld und gaben es den Soldaten mit den Worten: „Sagt: Seine Jünger sind nachts gekommen und haben ihn, während wir schliefen, entwendet.“ Welcher Widerspruch, meine lieben Freunde. Wer schläft, kann nichts beobachten; schlafende Wächter sind keine echten Zeugen. Wären – so müssen wir fragen, um auch allen Einwänden zu begegnen –, die von der Hinrichtung Jesu betäubten, angsterfüllten Jünger imstande gewesen, das Grab zu erbrechen und den Leichnam Jesu fortzuschaffen? Wären sie mutig geworden, wenn sie die Leiche Jesu entfernt hätten? Wird man durch einen Betrug mutig? Wird man durch eine Lüge todesbereit? Wären sie durch den Leichenraub zu der Überzeugung gekommen, Jesu sei auferstanden? Das sind ja alles Unmöglichkeiten, Unwahrscheinlichkeiten, die uns sicher machen: Der Gekreuzigte ist wahrhaft auferstanden. Wie? Wie ist das geschehen? Durch die verwandelnde Macht Gottes. Dieser Gott, der Tote lebendig macht, und das, was nicht ist, ins Dasein ruft, der hat durch sein machtvolles Eingreifen den Gekreuzigten, den Gemarterten in veränderter, in himmlischer Gestalt lebendig gemacht. Dieser Glaube an den Gott, der Tote lebendig macht, war schon im Alten Bund verbreitet. Sie kennen vielleicht die Geschichte der makkabäischen Mutter, die zusah, wie sieben Söhne, einer nach dem anderen, zu Tode gebracht wurden. Und als der Jüngste zum Sterben kam, zuletzt, da wies die Mutter auf den Himmel und auf die Erde hin und sagte, „dass Gott dies alles aus nichts geschaffen hat“. Der Gott, der alles aus nichts geschaffen hat, konnte auch den Leib Jesu verwandeln. Er hat ihn umgewandelt, er hat ihn neu geschaffen, er hat ihn mit der verdienten Herrlichkeit umkleidet.

Woher, meine lieben Freunde, woher wissen wir, dass Jesus lebendig geworden ist? Nun, wir wissen es von den Zeugen. Was wir vom Auferstandenen wissen, das verdanken wir Zeugen, denen, die nach seiner Auferstehung mit ihm gegessen und getrunken haben. Die Auferstehung Christi war ein einmaliges Ereignis. Nirgendwo wird aus inneren Gründen gesagt, dass Jesus auferstanden ist, nein, es sind äußere Gründe, nämlich das Überzeugtwerden durch die Wahrnehmung. Man lässt nur einen Beweis zu, nämlich den Beweis, den Tatsachen verlangen, das Zeugnis derer, die die Wirklichkeit des Ereignisses erfahren und festgestellt haben. Wer ist ein Zeuge? Ein Zeuge ist eine Person, die in einem Verfahren über eigene Wahrnehmung Aussagen machen kann. Gerichtszeugen oder Tatzeugen sind Personen, die über zeitlich zurückliegende Wahrnehmungen in gesetzmäßiger Form sachdienliche Angaben machen können. Sie berichten über Dinge, die anderen nicht zugänglich sind. Zeugen, die etwas beweisen sollen, müssen glaubwürdig sein. Glaubwürdig ist, wer den Glauben rechtfertigt, der ihm entgegengebracht wird. Gibt es glaubwürdige Zeugen der Auferstehung? Wer sind die Zeugen der Auferstehung? Es sind die Apostel. Sie sind die erwählten Zeugen des Lebens, des Sterbens und des Auferstehens Jesu. Aber nicht sie allein, auch viele andere Jünger und Jüngerinnen Jesu sind Zeugen der Auferstehung. Denken Sie an die Fünfhundert, denen Jesus erschienen ist; auch sie sind Zeugen. Sie sind die von Gott vorherbestimmten Zeugen. Da kann natürlich die Frage entstehen: Warum ist der auferstandene Herr nicht auch anderen erschienen? Seinen Gegnern und Feinden, den Gleichgültigen und den Uninteressierten? Wir wissen es nicht, meine lieben Freunde. Wir wissen es nicht, ob er nicht auch solchen erschienen ist: etwa der Wache am Grabe, dem Hohen Priester Kaiphas, dem Landpfleger Pontius Pilatus, seiner Frau, die sich für Jesus verwendet hatte. Es ist uns nicht überliefert, ob sich der Herr ihnen als Lebendigen gezeigt hat – unmöglich ist es nicht. Wir wissen auch nicht, ob sich der Auferstandene seiner Mutter und seinen Brüdern, also seinen Verwandten, gezeigt hat. Es ist dies durchaus wahrscheinlich, denn die Mutter war beim Pfingsttag zugegen, und die Verwandten des Herrn haben sich zum Glauben bekehrt. Wodurch? Ja vermutlich durch die Überzeugung von der Auferstehung ihres Jesus, durch die Begegnung mit ihm. Wenn der Auferstandene sich seinen Neidern und Hassern nicht gezeigt hat, dann wird er dafür gute Gründe gehabt haben. Sie wollten ihn loswerden. Sie wollten im Leben nichts von ihm wissen, haben immer nur darauf gesonnen, wie sie ihn unschädlich machen können. Sie mochten erst recht nichts von ihm hören, nachdem sie ihn zur Strecke gebracht hatten. Sie dachten nicht daran, sich in die Schar derer einzureihen, die seine Auferstehung bezeugten. Sie wollten den Umgebrachten noch einmal töten, durch Totschweigen. In der Pfingstpredigt führt Petrus aus: „Gott hat Jesus auferweckt, des sind wir Zeugen.“ In der Halle Salomons, im Tempel zu Jerusalem, sagte er nichts anderes: „Ihr habt den Urheber des Lebens getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt, des sind wir Zeugen.“ Und wiederum in Caesarea am Meere predigt er genauso: „Wir sind Zeugen von all dem, was Jesus getan hat im Lande der Juden in Jerusalem. Ihn haben sie getötet, indem sie ihn ans Kreuzesholz geheftet haben. Aber ihn hat Gott am dritten Tage erweckt und ihn erscheinen lassen.“ Paulus hat kein anderes Evangelium. Er hat in Antiochien (im heutigen Syrien) gepredigt: „Er erschien viele Tage hindurch denen, die mit ihm von Galiläa nach Jerusalem hinausgezogen waren, und diese sind nunmehr seine Zeugen vor dem Volke.“ Zeuge sein für die Auferstehung, ist so wesentlich, dass nur jemand als Nachfolger des Judas in Frage kommt, der von Jesu Auferstehung durch die Erscheinung überzeugt worden ist. „Einer von denen, die mit uns zusammen waren, von Anfang an, muss Zeuge der Auferstehung sein.“ Und so haben sie dann den Matthias gewählt. Die in Jesus geschehenen Heilsereignisse sind auf keinem anderen Weg als dem über die Zeugen erreichbar. Die Zeugen überbrücken den zeitlichen Abstand von Kreuz und Auferstehung zu unserer Gegenwart. Bezeugen ist Handeln zwischen zwei Subjekten. Der Zeuge hat etwas erfahren, das sich für sein Leben als relevant rausstellt. Er tritt jetzt in Beziehung zu einem anderen Subjekt, um ihm davon mitzuteilen. Der Zeuge hat die Pflicht der Aussage. Er hat wahrheitsgemäß und vollständig über das Beweisthema auszusagen. An Zeugen muss man zwei Fragen richten: Können Sie die Wahrheit bezeugen? und: Wollen Sie die Wahrheit bezeugen? Die Jünger Jesu können die Wahrheit sagen, denn sie sind Augenzeugen. Sie sind dabei gewesen, sie haben den Auferstandenen gesehen, nicht einmal, sondern wiederholt. Sie haben ihn betrachtet; ein Gespenst kann man nicht betrachten. Sie haben ihn betastet; ein Gespenst kann man nicht betasten. Einer hat den Finger in die Wunden seiner Hände und Füße und die Hand in seine Seitenwunde gelegt. Sie haben mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken; ein Gespenst isst und trinkt nicht. Das Reden, Essen und Berühren zeigt, dass es sich um äußere Wahrnehmungen, nicht um inneres Geschehen, um Halluzinationen, um Vorstellungen, um Einbildungen handelt. Die Jünger berichten nicht phantastische, selbsterfundene Märchen, sie berichten Erlebnisse. Die Jünger wollen aber auch die Wahrheit sagen. Sie waren Juden; sie kannten das Gesetz des Alten Bundes. Dort wird im Namen Gottes wiederholt gefordert, keine falschen Zeugenaussagen zu machen. Von Zeugen wird also Wahrheit und Wahrhaftigkeit erwartet. Und sie waren entschlossen, diesem Gebot nachzukommen. Die Jünger wollen die Wahrheit sagen, weil Gott es ihnen geboten hat. Sie waren aber auch mit der tröstlichen Gewissheit erfüllt, dass Gott mit ihrem Jesus war, wie er umherzog, Wohltaten spendend, und die Erinnerung an diese Zeit, die Dankbarkeit bewog sie, gebot ihnen, die Wahrheit zu sagen. Sie wollen die Wahrheit sagen, weil der Herr ihnen aufgetragen hat, dem Volke zu predigen und zu bezeugen, dass er der von Gott bestimmte Richter der Lebenden und der Toten ist. Es ist ein heiliges Vermächtnis, seinen Tod und seine Auferstehung zu verkündigen. Die Verkündiger der Auferstehung haben keinen irdischen Lohn davon erwarten können. Sie wurden deswegen nicht geehrt, nicht bevorzugt, nicht bezahlt; das Gegenteil war der Fall. Sie wurden vor Gericht geladen, sie erhielten Predigtverbot, sie wurden eingesperrt, sie erlitten die Prügelstrafe. Aber sie hörten nicht auf, Jesus, den Auferstanden, zu verkündigen. „Wir können nicht von dem schweigen, was wir gesehen und gehört haben, wir können es nicht; es liegt ein heiliger Zwang auf uns.“ Wie drückt es Paulus aus: „Wehe mir, wenn ich das Evangelium vom Auferstandenen nicht verkündige!“ Die Apostel haben für ihren Glauben Verfolgung, Strafen, sogar den Tod erlitten. Da gibt es einen Einwand. Man sagt mir, es gibt Menschen, die von einer falschen Lehre überzeugt sind und an dieser falschen Lehre festhalten, trotz Nachteilen und Strafen, ja selbst bis in den Tod. Ich gebe zu, das gibt es. Aber das ist der wesentliche Unterschied zu den Zeugen der Auferstehung. Diese Auferstehungszeugen sind für eine Tatsache in den Tod gegangen. Die Anhänger einer Weltanschauung gehen für eine Lehre in den Tod; das ist ein wesentlicher Unterschied. Die Jünger Jesu sind Zeugen einer Tatsache, die Genossen einer Weltanschauung sind Parteigänger einer Ideologie; das ist der Unterschied.

Schließlich die letzte Frage: Warum ist das alles geschehen, meine lieben Freunde, warum? Weil es unmöglich war, dass die Todesherrschaft den festhalten konnte, welcher der Urheber des Lebens ist. Weil Gott zeigen wollte, dass sein hingerichteter Sohn kein Verbrecher, sondern ein Geopferter war. Weil die Auferstehung die Annahme des Kreuzesopfers durch den Vater im Himmel bestätigt. Weil der Auferstandene hingeht, um seinen Jüngern und uns allen eine Wohnung zu bereiten. Weil er den Geist der Wahrheit senden muss, der erst kommen kann, wenn er in verklärter Gestalt in den Himmel eingegangen ist. Weil wir einen ewigen Hohen Priester brauchten, der ein unvergängliches Priestertum hat, der immerdar für die eintritt und sie errettet, die durch ihn sich Gott nahen, der alle Zeit lebt, um Fürbitte für uns einzulegen, deswegen musste er auferstehen. Deswegen, meine lieben Freunde, heute am 8. Tage nach dem Fest der Auferstehung wollen wir uns befestigen im Zeugnis der Jünger Jesu. Stellen wir uns zu Maria Magdalena, die so wunderbar ausgerufen hat: „Ich habe den Herrn gesehen!“ Gesellen wir uns zu den Emmausjüngern, die sagten: „Brannte nicht unser Herz, als er mit uns ging und uns die Schrift erklärte?“ Halten wir es mit den Elfen, die jubelnd ausgerufen haben: „Der Herr ist wahrhaft auferstanden und dem Simon (Petrus) erschienen.“

Amen. 

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