Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
27. März 2016

Christus erstand wahrhaft vom Tod

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, in heiliger Osterfreude Versammelte!

Der heutige Tag ist von geistlicher Freude erfüllt, denn Christus ist aus dem Tode erstanden. Die Freude dieses Tages erstreckt sich über die ganze Woche, über die Osteroktav, ja, eigentlich bis zum Pfingstfest. Noch mehr: Jeder Sonntag ist eigentlich ein Auferstehungstag, ein Tag, an dem wir der Auferstehung gedenken. Und unser ganzes Leben ist von der Auferstehung geprägt; wir sind österliche Menschen. Wir tragen den Glauben an den Sieg Jesu in uns. Aus dem Kreuzweg ist ein Lichtweg geworden. Wir haben den Herrn in seinem Leid, in seiner Pein und seiner Qual betrachtet. Wir haben die Ratlosigkeit des Karfreitags erlebt, und wir haben den Karsamstag in erwartendem Schweigen verbracht. Aber am ersten Tag der Woche, da ist die Osterbotschaft zu hören: Dux vitae mortuus, regnat vivus – Der Fürst des Lebens, der gestorben ist, ist lebendig geworden. Das überwältigende Neue der Auferstehung ist so wichtig, dass die Kirche es ohne Unterlass verkündet und das Gedenken daran auf jeden Sonntag ausweitet. Der Sonntag ist tatsächlich unser wöchentliches Osterfest. Es ist bezeichnend, dass die Russen, unsere österlichen Brüder, den Sonntag als Auferstehungstag bezeichnen. Es ist wesentlich für unseren Glauben und für unser christliches Zeugnis, die Auferstehung Jesu als ein geschichtliches Ereignis zu verkünden, als ein geschichtliches Ereignis, das von vielen glaubwürdigen Zeugen bestätigt worden ist. Heute wie gestern versuchen die Feinde des Kreuzes Christi unseren Glauben als einen Mythos, als eine Vision hinzustellen, die mit der Geschichte nichts zu tun habe. Viele, sehr viele katholische und evangelische Theologen sagen: Geschichtlich ist nur der Glaube der Jünger, geschichtlich ist nicht die Auferstehung. Das ist ein fundamentaler Fehler! Was geschichtlich ist, das kann man nach Ort und Zeit festlegen. Was durch Angabe von Ort und Zeit festliegt, das ist historisch. Und genau das ist bei der Auferstehung Jesu der Fall. Der Ort ist die Grabstätte in Jerusalem, die man heute noch besichtigen kann. Die Zeit ist der dritte Tag nach der Hinrichtung Jesu. Am 7. April des Jahre 30 wurde die Grabkammer des Joseph von Arimathäa mit dem Leichnam Jesu belegt. Am 9. April des Jahres 30 wurde sie leer aufgefunden. Warum? „Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden. Da sieht man seiner Gottheit Macht, sie macht den Tod zuschanden.“ Da kommen die Einwände der Ungläubigen. Man sagt: Ein toter Leichnam kann nicht wieder lebendig werden. Völlig richtig, von alleine kann er es nicht. Aber wenn der über ihn kommt, der das Leben selber ist, dann kann er es. Man sagt: Es ist noch nie passiert. Vollkommen richtig, aber es ist ja auch noch nie ein Gott vom Himmel herabgestiegen, hat gelitten, ist gestorben und dann wieder auferstanden. Man sagt: Ein toter Leib kann nicht wieder lebendig werden. Völlig klar, solange man nur mit menschlichen Kräften rechnet. Aber wenn die Macht Gottes ins Spiel kommt, da ist es anders. Das ist ja der Fehler der Ungläubigen, dass sie nicht mit der Macht Gottes rechnen. Sie rechnen nicht mit dem Gott, der Tote lebendig macht, der das Nichtsein ins Sein ruft. Die Auferstehung Jesu ist auch nicht das, als was sie die Leugner gern ausgeben. Sie ist nicht die Wiederaufnahme des irdischen Lebens Jesu, keine Rückkehr ins das vorhergehende Leben. Das war der Fall bei der Tochter des Jairus, bei dem Jüngling von Naim und bei Lazarus. Sie wurden durch Jesu Auferweckung dem irdischen Leben wiedergegeben. Die Auferstehung Jesu ist etwas total anderes. Sie ist die Verwandlung seiner menschlichen Natur in die Ewigkeitsgestalt, die er bei Gott trägt. Die Auferstehung ist der Übergang zu einer neuen Dimension des Lebens, die bisher auf Erden noch nicht zu erkennen war. Die Auferstehung Jesu ist auch keineswegs ein Geschehen, das nur ihn selbst angeht. Sie ist ein Ereignis von universaler Bedeutung, sie gilt der gesamten Menschheit. Denn Jesus ist ja das Haupt der Menschheit, er ist ja der neue Adam. Alle, die nach ihm leben und die von ihm geprägt sind, sind Kinder des neuen Adams. Was an ihm geschah, das soll an allen seinen Kindern geschehen. Die Auferstehung Jesu weist auf die von uns erwartete Auferstehung der Toten am Ende der Weltgeschichte hin. Ja, diese allgemeine Auferstehung hat in ihm schon begonnen, sie ist durch ihn eingeleitet worden. Wir werden folgen, wenn die Stunde Gottes schlägt. Darüber hinaus ist die Auferstehung Jesu auch die Bürgschaft unseres ewigen Lebens, bevor die Ereignisse des Jüngsten Tages eintreten. Wir sind überzeugt, dass wir durch vernünftige philosophische, also vom Glauben absehende Überlegungen die Unsterblichkeit der Seele beweisen können. Aber der Vernunftbeweis genügt uns nicht. Jesu Auferstehung umkleidet vielmehr diejenigen, die zu ihm gehören, mit der Unsterblichkeitsgewissheit. Wodurch? Er hat es uns gesagt: „Ich gehe hin, euch ein Heim zu bereiten. Ich will, dass auch ihr seid, wo ich bin.“ Das wird sich an uns erfüllen, wenn wir über die Schwelle des Todes treten. Die Auferstehung lässt die Keime der Unsterblichkeit, die uns bei der Taufe und in der Eucharistie eingesetzt wurden, reifen, lässt sie zum Ziel kommen. Wenn der Leib stirbt, bleibt die Seele kraft dieser Auferstehungskeime am Leben. Wenige Jahrzehnte nach der Himmelfahrt Jesu schrieb der Bischof von Antiochien, Ignatius, in einem seiner Briefe: „Die Eucharistie ist ein pharmakon taes athanasias“ (griechisch) – ein pharmakon taes athanasias, d.h. ein Heilmittel der Unsterblichkeit.“ Das macht die Kraft der Auferstehung Jesu.

Die Auferstehung des Herrn hat das Dasein der Augenzeugen verändert. Sie sind andere Menschen geworden, weil sie die Auferstehung glaubend erlebt und angenommen haben, ja, sie haben sie mit ihrem Blut bezeugt. Der Hohe Rat verbot den Aposteln, von der Auferstehung Jesu zu reden. Da antworten ihnen Petrus und Johannes: „Es ist uns unmöglich, das, was wir gesehen und gehört haben, nicht auszusprechen.“ Es ist uns unmöglich, das, was wir gesehen und gehört haben, nicht auszusprechen. Millionen gläubiger Russen begrüßen sich am Ostertage mit den Worten: Christus ist erstanden, und Millionen geben die Antwort: Er ist wahrhaft auferstanden. Wahrhaft, d.h. wirklich, d.h. leibhaft, „secundum carnem“, wie wir heute in der heiligen Messe beten, nach dem Fleische, nicht, wie der berühmteste aller evangelischen Theologen sagt, er ist bloß ins Kerygma aufgestanden, in die Verkündigung. „Triumph – der Tod ist überwunden. Zum Leben der Unsterblichkeit ist selbst durchs Grab der Weg gefunden. Bekenner Christi, singt erfreut: Alleluja, Alleluja!“ Christus ist der Todesüberwinder. Er hat es bewiesen, als er während seines irdischen Lebens mehrere Menschen aus dem Tod ins Leben rief, durch Wunder, die er gewirkt hat und die zur Erschütterung der Zeugen geführt haben. Aber er hat nicht nur andere dem Tode entzogen, sondern er hat den Tod besiegt, er ist der Todesüberwinder. Er lebt in der Herrlichkeit, weil er die Macht des Todes überwunden hat und das menschliche Dasein zu einer neuen Gemeinschaft des Lebens mit Gott und in Gott geführt hat. Das ist die Grundlage unserer Hoffnung. Sie erleuchtet unser ganzes irdisches Pilgerleben. Der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus ist das Herz der ganzen Botschaft, er ist der Kern unseres Credo. Wer nicht mehr an die leibhaftige Auferstehung Jesu glaubt, ist kein Christ mehr! Paulus hat den Glauben maßgeblich ausgedrückt im 1. Brief an die Gemeinde in Korinth. In Korinth hatte sich nämlich etwas Merkwürdiges ereignet: Die Korinther verkündeten die Auferstehung Jesu, leugneten aber die allgemeine Auferstehung. Jesus, sagten sie, ist auferstanden, aber die anderen werden nicht auferstehen. Dagegen sprach sich Paulus energisch aus: „Wenn Christus auferstanden ist, werden auch die anderen auferstehen. Seine Auferstehung ist das Signal für die allgemeine Auferstehung.“ Und er fordert die Korinther auf, an diesem Glauben festzuhalten. „Ich erinnere euch, Brüder“, schreibt er, „an das Evangelium, das ich euch verkündet habe. Ihr habt es angenommen, es ist der Grund, auf dem ihr steht. Durch dieses Evangelium werdet ihr gerettet, wenn ihr es so festhaltet, wie ich es euch verkündet habe“ – wenn ihr es so festhaltet! Heute stehen Irrlehrer auf – auch im katholischen Bereich – und sagen, der Glaube sei kein Fürwahrhalten. Ja, meine lieben Freunde, was ist er dann? Haben sie nicht gelesen bei Paulus: „Wenn ihr so festhaltet, an dem Wortlaut, den ich euch verkündet habe, dann werdet ihr gerettet werden“? Ist das kein Fürwahrhalten? Paulus fügt hinzu, er habe überliefert, was er selbst empfangen hatte. Er hat es also nicht erdichtet, nicht erfunden, er hat es durch Weitergabe erhalten von den Zeugen, die es erlebt haben. In der Tradition geht es um Fakten, um Tatsachen, um die Wirklichkeit. Ein Bericht über Fakten veraltet nicht, meine lieben Freunde, er nimmt auch nicht zu, er bleibt so, wie ihn die Zeugen formuliert haben. Der berühmteste und einflussreichste evangelische Theologe unserer Zeit schreibt: „Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testamentes glauben.“ Ich verstehe nicht, was die Erfindung des elektrischen Lichtes und des Radioapparates mit feststehenden Tatsachen zu tun hat. Fakten bleiben Fakten, was immer sich auch im Bereich der Technik tun mag. Man kann auch das Fernsehen benutzen und die Raumfahrer beobachten und trotzdem an der wirklichen, an der leibhaftigen Auferstehung Jesu festhalten. Was wahr ist, bleibt immer wahr. Paulus berichtet vor allem über den Tod Jesu. Er ist gestorben – und da bringt er zwei Zusätze an –, nämlich für unsere Sünden und gemäß der Schrift. Er ist gestorben gemäß der Schrift, d.h. der Tod Jesu gehört in die Heilsgeschichte hinein; gemäß der Schrift heißt: nach dem Ratschluss und Willen Gottes, der in der Schrift seinen Niederschlag gefunden hat; gemäß der Schrift heißt: nach dem Plan und nach der Voraussicht Gottes. Jesus ist kein Verruchter, kein Gescheiterter, kein Verunglückter; er ist das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegträgt. Jesus starb nicht deswegen, weil er ein Prophet war – wie Herr Kasper behauptet –, er starb nicht deswegen, weil er der jüdischen Obrigkeit lästig war, er starb, weil er sich am Kreuze Gott als wahres und eigentliches Opfer dargebracht hat. Er starb, weil er sich im Opfertod für die Menschheit dem Vater hingegeben und so die Welt mit Gott versöhnt hat. Er starb, weil er stellvertretend die Genugtuung für die Menschen geleistet hat. Alle diese Wahrheiten, meine lieben Freunde, werden heute bestritten! Wer die erlöserische Kraft des Leidens und des Sterbens Jesu streicht, zerstört das Christentum in der Wurzel. Gemäß der Schrift ist er auch auferweckt worden, d.h. nach dem Ratschluss und Willen Gottes; derselbe Gott, der zuließ, dass sein Sohn den Händen der Frevler überliefert wurde, derselbe Gott hat ihn dem Grabe entrissen. Am ersten Pfingstfest verkündet Petrus: „Gott hat die Wehen des Todes gelöst und ihn auferweckt. Es war unmöglich, dass er von ihnen festgehalten wurde.“ Meine lieben Brüder und Schwestern, meine lieben Christen, lassen wir uns vom Glanz des auferstandenen Herrn erleuchten. Nehmen wir ihn gläubig an und folgen wir großherzig seinem Evangelium, wie es die Zeugen des Faktums der Auferstehung getan haben, wie es einige Jahre später Paulus getan hat, der dem göttlichen Meister auf dem Weg von Jerusalem nach Damaskus begegnet ist. Wir können die Verkündigung dieser Wahrheit, die das Leben aller verändert, nicht für uns behalten. Wir müssen sie ins Ohr flüstern und wir müssen sie von den Dächern ausrufen: „Christus erstand wahrhaft vom Tod. Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“

Amen.    

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt