Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
13. Juni 2021

Das heiligste Herz Jesu

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir haben am vergangenen Freitag das Fest des heiligsten Herzens Jesu begangen. Es ist der Höhepunkt der Verehrung dieses Herzens. Was ist der Gegenstand der Herz-Jesu-Verehrung? Wen verehren wir da? Erstens: Die Verehrung richtet sich erstens auf das leibliche Herz des Erlösers, und zwar nicht auf das isolierte, sondern auf das lebendige, mit der göttlichen Person vereinigte und darum anbetungswürdige Herz. Ähnlich wie wir das Haupt, das Blut oder die Wunden Jesu verehren, immer in Verbindung mit seiner Person, so geschieht es auch in der Verehrung des heiligsten Herzens Jesu. Die zweite Person der Gottheit hat ja eine menschliche Natur, also auch ein menschliches Herz angenommen. Diese menschliche Natur ist geheimnisvoll und unauflöslich mit seiner Gottheit verbunden. So dürfen wir nicht bloß sinnbildlich, sondern in Wirklichkeit vom Herzen Gottes reden. Und mehr: Wir müssen dieses Herz als das Herz des Gottmenschen, als wahrhaft göttliches Herz anbeten; denn es ist das Herz der göttlichen Person. Kurz und gut: Das eigentliche Formalobjekt und Motiv der Anbetung ist die durch die hypostatische Union bedingte Göttlichkeit dieses Herzens.

Die Verehrung richtet sich zweitens auf das Herz als die innerste Mitte der leibhaften Person, d.h. auf die Personmitte des Herrn, nämlich seine ganze gottmenschliche Liebe, verstanden als Liebe zum himmlischen Vater und zu den Menschen. Im Herzen Jesu erblicken wir den Sitz der zugleich göttlichen und menschlichen Liebe Christi zur gefallenen und erlösten Menschheit. Jesu Liebe ist eine Liebe bis zum Tode. Als er davon sprach, dass er dem grausamen Martertod entgegengehe, erklärte er, dies geschehe, damit die Welt erkenne, „dass ich den Vater liebe“.

Die Verehrung des Herzens Jesu ist, recht verstanden, keine neue Andacht, sondern so alt wie das Christentum. Maria und Joseph, der Lieblingsjünger Johannes, Maria Magdalena und unzählige andere haben sie gepflegt. Die Liebe, mit der die reinen gottliebenden Seelen aller Jahrhunderte dem Heiland anhingen, war im Grunde nichts anderes als die Liebe zu seinem göttlichen Herzen. Die ausdrückliche Herz-Jesu-Verehrung entstand im Mittelalter. Sie wurde im Anschluss an Joh 19,34 (Ein Soldat stieß ihm mit der Lanze in die Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus) von Bernhard, Mechthild, Gertrud, Bonaventura und anderen gepflegt. Ihre weite Verbreitung und allgemeine Einführung wurde veranlasst durch die Privatoffenbarungen der Margareta Maria Alacoque. Sie empfing Erleuchtungen über das heiligste Herz. Eine Vision ließ sie erkennen, was dieses Herz alles zu leiden hatte. An einem Fronleichnamstage zeigte ihr Christus sein Herz in der Form eines Feuerbrandes. Er forderte sie auf, sich für die Einsetzung eines Festes des heiligsten Herzens zu verwenden.

Der Zweck der Herz-Jesu-Verehrung ist dankbare Gegenliebe zu wecken, die Nachahmung des Tugendbeispiels zu fördern und Sühne für die ihm zugefügten Unbilden zu leisten. Die Herz-Jesu-Verehrung erstrebt eine umfassende Hingabe an das Herz des Herrn zur möglichst tiefen Einheit der Liebe und des Lebens mit ihm. Jeder gute Christ, besonders aber der Priester, sollte die Herz-Jesu-Verehrung begrüßen und ein eifriger Verehrer des göttlichen Herzens Jesu sein.

Es gibt mannigfache Formen der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu. Die erste Weise, wie wir zum Herzen Jesu finden, ist das Gebet. Angefangen von den Briefen der Apostel über die Mystiker des Mittelalters bis zu den Frommen der Neuzeit existiert eine Fülle von Gebeten zum Herzen des Heilandes. Thomas von Kempen, Julius Landsberger, Kartäuser in Köln, Gertrud die Große, Mechthild von Helfta haben uns ergreifende Gebete zum heiligsten Herzen Jesu hinterlassen. Die Kirche gibt uns die Litanei vom heiligsten Herzen Jesu in die Hand. Darin wird uns durch zahlreiche Anrufungen die Erhabenheit und die Liebenswürdigkeit dieses Herzens erschlossen. Viele dieser schmückenden Aussagen sind der Heiligen Schrift entnommen. Andere bieten eine ganze dogmatische Lehre dar. Die Herz-Jesu-Litanei zeigt uns den Reichtum dieses Herzens. Die Kirche gibt uns Stoßgebete, mit denen wir jederzeit unsere Ergebenheit gegen das heiligste Herz bekennen und seine Hilfe anflehen können: Ehre, Liebe, Dank dem heiligsten Herzen Jesu. Alles für dich, heiligstes Herz Jesu. Heiligstes Herz Jesu, ich vertraue auf dich. Die Kirche hat den Herz-Jesu-Freitag eingerichtet. Sie lädt uns ein und mahnt uns, jeden ersten Freitag im Monat durch besondere Verehrung des Herzens Jesu zu begehen mit heiliger Beicht, heiliger Messe, Empfang des Herrenleibes, Beten der Herz-Jesu-Litanei und Empfangen des eucharistischen Segens. Die Verehrung des heiligsten Herzens Jesu ist nicht auf den Kirchenraum beschränkt. Wenn und wo es möglich ist, sollte das Bild des heiligsten Herzens Jesu in unserer Wohnung aufgestellt werden.

Eine besondere Form der Verehrung des Herzens Jesu ist die Weihe an dieses Herz. Weihe ist ein Ritus, durch den eine Person (oder eine Sache) in besonderer Weise in den Dienst Gottes gestellt wird. Die Herz-Jesu-Weihe ist feierlicher Akt der Hingabe an das Herz des Herrn. Weihe ist Anvertrauung. Wer sich dem Herzen Jesu weiht, gibt sich in seine Hut und stellt sich unter seinen Schutz. Weihe ist Übergabe. Wer sich dem Herzen Jesu übergibt, will sich nicht mehr selbst gehören, sondern dem, dem er sich übergeben hat. Weihe ist Indienststellung. Wer sich in den Dienst des Herzens Jesu stellt, macht die Anliegen dieses Herzens zu den seinen.

Eine weitere Weise, sich dem Herzen Jesu zu verbinden, ist die Sühne. Sühne bedeutet eine Leistung, die Gott für die Sünden, die (menschlich gesprochen) ihn beleidigen, seiner Ehre Abtrag tun und ihm Unrecht zufügen, Abbitte, Genugtuung und Ersatz bieten soll. Der Heiland Jesus Christus erfährt die Verkennung und die Verunehrung von Seiten der Menschen, auch den Undank seiner eigenen Bekenner. Das Bewusstsein der eigenen Sündhaftigkeit legt den Gläubigen die Sühne für sich selbst nahe. Vor allem aber die stellvertretende Genugtuung für die Sünden der Menschen, besonders der gleichgültigen und lauen Christen, der Unkeuschen und Lästerer, der Kirchenfeinde und der Ungläubigen. Der innere Zweck der Sühne ist ein doppelter: 1. Ersatzleistung für die dem (im Himmel verklärten und dem eucharistischen) Heiland zugefügte Beleidigung und Verunehrung, 2. Tröstung insofern als der Heiland in seinem Erdenleiden des Trostes bedürftig war und ob seiner Allwissenheit all das voraussah und als Tröstung entgegennahm, was treue Seelen für ihn bis zum Ende der Zeiten in mitleidender Sühne tun. Damit verbindet sich als äußerer Zweck die Versöhnung Gottes, die Abwendung oder Milderung von Strafen und die Erlangung von Gnaden. In diesem Sinn wird die Sühne auch für die Armen Seelen und in den Anliegen der Kirche geübt. Die Sühneleistung ist eine Betätigung der Liebe und Verehrung Gottes (Christi), der Liebe zu den unsterblichen Seelen und zur Kirche. Sie ist eine Betätigung des allgemeinen Priestertums, daher Aufgabe des Einzelnen wie der Gemeinschaft. Sie entspricht der dankbaren Liebe zum beleidigten Gott und der Gerechtigkeit, welche die Gott zugefügte Verunehrung wieder gutmacht und die verletzte Ordnung wieder herstellt. Formen der Sühne sind mannigfaltig: eigentliche Sühnegebte, das Herz-Jesu-Fest, Sühneandachten und -prozessionen, Sühnemessen, Sühnekommunionen, persönlich sühnende Opfer und Tugendakte. Besonders wertvoll ist das Sühneleiden und sühnende Leidensapostolat als Leidensgemeinschaft mit Christus. Die biblische Begründung liefert Kol 1,24: „Nun freue ich mich der Leiden, die ich für euch dulde. Ich leide so für den Leib Christi, die Kirche, in meinen Fleische, was von den Leiden Christi noch aussteht.“ Je mehr und je vollkommener die Gläubigen mit Christus als Glieder an seinem Leibe mitleiden, desto eher wird das von Gott dem mystischen Christus zugedachte Leidensmaß erfüllt. Das Sühnegebet am Fest des heiligsten Herzens Jesu hebt an: Gütigster Jesus, dessen Liebe zu den Menschen aufs undankbarste vergessen, ja mit so viel Geringschätzung und Verachtung vergolten wird, blicke hernieder auf uns, die wir vor deinem Altare knien, um die sündhafte Gleichgültigkeit der Menschen und die Beleidigungen, die dein liebevolles Herz von allen Seiten verwunden, durch eine besondere Huldigung zu sühnen. Die Sühne bildet eine wesentliche Aufgabe der Herz-Jesu-Verehrung.

Auch für unsere Zeit ist die Herz-Jesu-Andacht überaus notwendig und heilsam. a) Gegenüber der Gleichgültigkeit und Gedankenlosigkeit der großen Masse in religiösen Dingen erweckt die Herz-Jesu-Andacht feurigen Eifer und tatkräftiges Christentum. „Die Liebe Christi drängt uns“ (2 Kor 5,4). Diese Liebe sagt niemals: Es ist genug. Sie strebt weiter und höher. Sie ist die Grundlage allen geistlichen Fortschritts, aller Heiligkeit in der Kirche. b) Gegenüber der kalten Selbstsucht, dem berechnenden Eigennutz bringt uns die Herz-Jesu-Andacht heiligen Opfersinn. „Weil Christus für uns sein Leben hingegeben hat, sollen auch wir für unsere Brüder unser Leben hingeben“ (1 Joh 3,17). c) Gegenüber dem völkermordenden Hass bildet die allgemeine Verehrung des Herzens Jesu eine lebendige Predigt der göttlichen Liebe. Papst Benedikt XV. erklärte am Fest der Erscheinung des Herrn 1918: „Das Reich der Liebe muss überall gleichsam auf den Thron erhoben werden, zuerst in den Familien, dann in den Gemeinden, schließlich unter den Völkern.“

Der Herr lässt sich an Großmut nicht übertreffen. Der Herr hat seiner Jüngerin, Margareta Maria Alacoque, wunderbare Verheißungen für die Verehrer seines Herzens gegeben. Ich nenne einige.

  • Ich werde ihnen die für ihren Stand notwendigen Gnaden verleihen.
  • Ich werde ihren Familien den Frieden schenken.
  • Ich werde sie in allen ihren Leiden trösten.
  • Ich werde ihre sichere Zuflucht im Leben und vor allem in der Stunde des Todes sein.
  • Ich werde selbst die Häuser segnen, in denen ein Bild meines heiligsten Herzens aufgestellt und verehrt wird.

Einst erschien Kaiser Konstantin das Kreuz als Unterpfand des Glaubens und als Zeichen des Sieges. Heute steht ein anderes Zeichen vor unseren Augen, ein Zeichen der Hoffnung, ein glückverheißendes, ganz göttliches Zeichen, das heiligste Herz, von Flammen umgeben. Dort- hinein müssen wir unsere Hoffnung versenken, dort müssen wir unser Heil erflehen, dort unsere Hilfe erbitten. Segne mich, mildreichster Jesus, segne mich und erbarme dich meiner nach der Güte deines mildreichsten Herzens.

Amen.

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