1. Oktober 2023
Halte, was du hast (Apk 3,11)
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Der Apokalyptiker Johannes erhielt von Gott den Befehl, dem Engel der Gemeinde von Philadelphia zu schreiben: Halte, was du hast, damit niemand deine Krone nehme. Dem Empfänger der Botschaft wird also aufgetragen, sein empfangenes Gut zu bewahren. An diesem Erhalten hängt sein Heil, unter dem Bild der Krone ausgesagt. Was in der Apokalypse geschrieben steht, ist zeitlos gültig. Es hat also auch uns etwas zu sagen. Wir sind in derselben Lage wie die Empfänger der Schreiben, die der Apokalyptiker an die Gemeinden in Kleinasien richtete. Wir werden wie sie aufgefordert, das zu bewahren, was wir empfangen haben, entweder unmittelbar von Gott oder durch die Mittlerschaft seiner Kirche. Erhalten und bewahren ist heute nicht gefragt. Unsere Gegenwart ist auf weite Strecken eine Wegwerfgesellschaft. Entsorgen ist heute leicht gemacht. Die Entsorgungswagen fahren alle vierzehn Tage vor und nehmen mit, was vor die Haustür gestellt wird. Entsorgen ist nicht ohne Gefahren. Wie oft hat man etwas von äußeren Gegenständen des Bedarfs weggeworfen, was man später gut hätte verwenden können oder man dringend gebraucht hätte! Es gibt Gegenstände, für die es keinen Ersatz gibt, wenn sie einmal aufgegeben sind. Wer Briefe seiner Eltern und Großeltern in den Ofen gesteckt hat, wird niemals mehr in der Lage sein, sie zu lesen. Wer etwas aufgibt, sollte sich fragen, was er dafür eintauscht. Die Mentalität des Fortschaffens breitet sich von den materiellen Dingen auf geistige Werte aus. Regierung und Parlament machen sich daran, unbequeme Gesetze zu entsorgen. Die Tötung kleiner Kinder im Mutterlieb soll straffrei gestellt werden. Die Beihilfe zum Selbstmord soll ermöglicht werden. Die Mentalität des Wegwerfens hat sich auch in unserer Kirche verbreitet. Anstrengende, unbequeme Wahrheiten und Normen werden leichthin fallen gelassen. Für die Preisgabe hat man schnell die Ausrede bei der Hand: Das ist überholt, das kann man heute nicht mehr sagen. Wie kann überholt sein, was der ewige unveränderliche Gott geboten hat? Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil tat ein Kollege, seines Zeichens Professor der Dogmatik, den Ausspruch: „Alle bisherigen Bücher über die Kirche sind Makulatur.“ Er verwechselte Entfaltung und Schwerpunktsetzung in der Lehre mit Abänderung und Umwandlung. Die Kirche ist nicht die Metropole des Umsturzes, sondern die Hauptstadt der Geduld. Was von Gott stammt, kann nicht veralten. Er bleibt sich selbst treu. Glaubenswahrheiten und sittliche Gebote verlieren niemals ihre Geltung, weil sie Ausfluss des ewigen Gottes sind. In der katholischen Kirche muss man festhalten, was überall, was immer, was von allen geglaubt worden ist. Denn das ist wahrhaft und eigentlich katholisch, wie schon die Bedeutung und der Sinn des Namens erklärt, welcher so viel wie „allüberall, allumfassend“ besagt (Vinzenz von Lerin).
Das größte Geschenk, das wir empfangen haben, ist die Offenbarung Gottes. Die Offenbarung ist der Inbegriff des Heilshandelns Gottes. Sie ist die übernatürliche Weise, in der es Gottes Weisheit und Güte gefallen hat, sich selbst und die ewigen Dekrete seines Willens dem Menschengeschlecht zu enthüllen. Nach verbindlicher katholischer Lehre ist die Offenbarung Gottes mit dem Tod des letzten Apostels abgeschlossen. Was folgt, ist ihre Erklärung. Die Offenbarung Gottes ist in Schrift und Überlieferung enthalten. Eine weitere Quelle der Offenbarung existiert nicht. Die verbindliche Auslegung der Offenbarung ist dem Lehramt von Papst und Bischöfen übertragen. Die Mehrheit der deutschen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken haben sich von diesen Wahrheiten abgewandt. Der unselige Synodale Weg gibt die katholische Lehre von Offenbarung und Lehramt auf. In völliger Verkehrung der Bedeutung des sogenannten Glaubenssinnes des Volkes Gottes wird dieser als das ausgegeben, was die Menschen der jeweiligen Zeit für akzeptabel halten. Dies gilt vornehmlich von den sittlichen Geboten. Was die Menschen der jeweiligen Periode als sittlich erlaubt ansehen, sei moralisch zulässig. Der Synodale Weg, also der organisierte Verrat, konstruiert ein Lehramt der Christen und dessen Vorrang vor dem kirchlichen Lehramt von Papst und Bischöfen. Hier geschieht etwas Ungeheuerliches. Hier wird Gottes Wahrheit von Menschen zertreten. Wir rufen den am Synodalen Weg Beteiligten zu: Haltet, was ihr habt! Werft nicht weg, was Gott euch an Erkenntnissen geschenkt hat!
Die Kirche hat von Anfang an den Befehl des Herrn im Abendmahlssaal „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ als die Bestellung der an diesem Ort befindlichen Apostel zu Priestern und Stellvertretern des Herrn verstanden und sich daran gebunden gesehen. Dementsprechend hat sie für die gesamte Zeit ihres Bestehens nur Männern die übernatürliche Gleichgestaltung mit Christus verliehen, die in der Spendung der Priesterweihe liegt. Weihen, die von abtrünnigen Gemeinden an Frauen gespendet wurden, hat die Kirche als häretisch und ungültig verurteilt. Die Aussage, dass die Kirche keine Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, ist ein katholisches Dogma, also von höchster und bleibender Verbindlichkeit. Die nie unterbrochene Praxis der Kirche, nur Männer zu Priestern zu weihen, der stetige Widerstand gegen Versuche, diese Praxis zu durchbrechen, die Verurteilung des Unternehmens, Frauen zu weihen, und seine Qualifikation als ungültig haben das Dogma begründet. Dass Papst Johannes Paul II. diese Erklärung als endgültig verkündet hat, ist nicht die Aufstellung des Dogmas, sondern seine Einschärfung. Das Dogma selbst ist so alt wie die Kirche. Dennoch wird seit Jahrzehnten an dieser Lehre gerüttelt. Zahlreiche Theologen und Bischöfe fordern die Weihe von Frauen zu Priestern. Sie haben den Boden des katholischen Glaubens verlassen. Der Synodale Weg ist ein Irrweg. Wir rufen ihnen zu: Bleibt beim Glauben der katholischen Kirche! Haltet fest am Dogma! Kehret zurück zum Glauben der Kirche!
Die katholische Kirche hat eine ausgedehnte, klare und bewährte Lehre bezüglich des Gebrauches der menschlichen Geschlechtlichkeit. Keuschheit ist das sittlich geordnete Verhalten gegenüber den Geschlechtsgütern. Die katholischen Christen wissen, wie sie nach Gottes Willen mit der Gabe der Geschlechtskraft umzugehen haben. Wenn sie sich so verhalten, bewahren sie sich den Frieden mit Gott, gehorchen den Gesetzen der Natur und erfreuen sich der inneren Ordnung ihres Lebens. Die Sünde der Unkeuschheit besteht in dem ungeordneten Streben nach Geschlechtslust. Jede außerhalb der Ehe direkt gewollte sexuelle Lust ist sündhaft. Die Kirche weiß aus ihrer Erfahrung von Jahrtausenden, welche Verwüstungen unreines Tun in den Seelen anrichtet. Die Sünde der Unkeuschheit schließt nach deutlichen Aussprüchen der Heiligen Schrift vom Himmelreich aus (1 Kor 6,9f.; Gal 5,19f.). Wie zu erwarten war, hat der Synodale Weg dem sexuellen Libertinismus einen Freibrief ausgestellt. Alle geschlechtlichen Betätigungen, sofern sie unter Erwachsenen im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen, werden gutgeheißen. Die Sündhaftigkeit homosexueller Praktiken wird bestritten. Die ausschließliche Zweigeschlechtlichkeit in Form von Mann und Frau wird abgelehnt. Man mache sich bewusst, was hier vor sich geht. Die Lehre und die Erziehung der Kirche seit zweitausend Jahren werden verworfen. Der Synodale Weg führt die Kirche und ihre Glieder in das Heidentum zurück, aus dem sie unser Herr erlöst hat. Eine Minderheit rechtgläubiger Theologen hat den am Synodalen Weg beteiligten Bischöfen, Priestern und Laien ein Stoppschild vorgestellt: Halte, was du hast! Was ihr vorhabt, ist ein Anschlag gegen fundamentale Normen der katholischen Sittenlehre. Der Synodale Weg zeigte sich davon unbeeindruckt. Er schritt weiter auf dem Weg der Selbstzerstörung. Das gläubige Volk kann den vom Glauben der Kirche abweichenden Bischöfen nicht mehr vertrauen.
Halte, was du hast! Die Mahnung des Apokalyptikers Johannes war kaum je aktueller als nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Eine regelrechte Mentalität des Abräumens, des Beseitigens, des Fortschaffens hat weite Kreise der Kirchenglieder ergriffen. Priester und Bischöfe in großer Zahl haben sie sich zu eigen gemacht. Die davon ausgelöste Bewegung hat die Kirche verarmt, verunstaltet, ja in ihren Fundamenten erschüttert. Der bisher schlimmste Auswuchs ist der Synodale Weg. Hier wird die Axt an die Wurzel der Kirche gelegt. Wenn diesem Prozess der Selbstzerstörung nicht Einhalt geboten wird, ist, menschlich gesprochen, das Ende der katholischen Kirche gekommen.
Amen.