13. Juli 2025
Die Eucharistie als relatives Opfer
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Die Eucharistie ist die Feier des Herrenleidens. Diese Tatsache erweist das eucharistische Opfer als beziehentliches Opfer. Es ruht nicht in sich selbst. Es hängt gänzlich vom Kreuzesopfer ab. Ja, das eucharistische Opfersakrament geht darin auf, zum Kreuzesopfer in Beziehung zu stehen. Es ist nicht bloß dieselbe Opfergabe und derselbe Opferpriester, sondern auch dasselbe Opfergeschehen. Es ist das jeweils im Hier und Jetzt des kirchlichen Lebens erscheinende Kreuzesopfer. So bleibt die Einmaligkeit des Kreuzesopfers unangetastet, und doch ist die Eucharistie ein wahres Opfer. Die Eucharistie ist das von der Kirche gefeierte Kreuzesopfer Christi. Zugleich wird ersichtlich, dass die Kirche in der Eucharistie nicht ein menschliches Opfer neben dem Opfer des Herrn aufrichtet. Luther hat die Messe mit größter Heftigkeit als Menschenwerk verurteilt. In Wirklichkeit ist sie das immer von neuem gegenwärtig gesetzte Erlösungswerk des Herrn. Gerade die Eucharistie ist ein Erweis der Kraft und der Reichweite des Kreuzesopfers. Sie ist die Darstellung und die Auswirkung des Kreuzesopfers. Sie ist der Modus, durch den das Kreuzesopfer zu seiner Erfüllung kommt. Das eucharistische Opfer verdunkelt das Kreuzesopfer nicht, sondern bringt es zur Erscheinung. Es ist daher keine Beeinträchtigung der Ehre des Herrn zugunsten der menschlichen Selbstherrlichkeit, die ihr Werk neben dem Werke Christi auftürmt, sondern die Offenbarung der Ehre des Herrn.
Das Werk Christi innerhalb der Geschichte ist abgeschlossen. Die Zukunft wird über das Kreuz nicht hinausführen. Aber was Christus getan hat, muss sich entfalten, indem die Menschen von seiner Kraft erfasst werden. Dies vollzieht sich auf mannigfache Weise. Ein Modus von besonderer Intensität ist das eucharistische Opfer. Aber dieses eine Geschehen steht nicht wie alle anderen in der Geschichte. Es durchstrahlt und durchformt vielmehr die ganze menschliche Geschichte; an bestimmten Punkten leuchtet es so hell und machtvoll auf, dass das gläubige Auge darin seine Gestalt sehen, in gegenwärtiger Dichte sehen kann. Das eucharistische Opfer verdunkelt das Kreuzesopfer nicht, sondern bringt es im Gegenteil zur Erscheinung.
Am Kreuz war Christus der Opferpriester, er, der Mittler zwischen Gott und den Menschen (1 Tim 2,5). Er hat in vorbehaltloser Liebe und in letzter Gehorsamsbereitschaft seinen Leib freiwillig dem Vater hingegeben. Er hat am Kreuze sein Priestertum ausgewirkt und bleibt der Hohepriester unseres Bekenntnisses auf ewig (Hebr 3,1). Er hat seine priesterliche Tätigkeit nicht beendet, sondern übt im Himmel vor dem Vater immerwährenden Dienst (Hebr 7,24) als der Mittler des Neuen Bundes. Dieser Dienst vor dem Vater begreift auch Christi Tun in der kirchlichen Liturgie. Christus übt inmitten der Gemeinschaft der Getauften sein Hohespriestertum aus. Wie jedes andere Sakrament wird auch das eucharistische Opfersakrament letztlich von Christus vollzogen. Auch hier ist er der Heilswirker, der uns im sakramentalen Symbol ergreift und in sein eigenes Leben hineinzieht. Er ist der Opferpriester. In der Basilika des heiligen Laurentius vor den Mauern Roms, zu Monza und anderswo finden sich Darstellungen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert, auf denen Christus das Messopfer feiert.
Aber Christus vollzieht das eucharistische Opfersakrament nicht – wie das Kreuzesopfer – unmittelbar durch die Gebärde seines menschlichen Leibes, sondern durch den Dienst der Kirche. Als Christus die Eucharistie stiftete, hat er sein Leidensmysterium der Kirche anvertraut. Sie soll es dem himmlischen Vater darbringen. Dadurch dass Christus der Kirche sein eigenes Opfer anvertraute, wird es ihr Opfer. Sie kann dem Vater im Himmel das Opfer des Hauptes als ihr eigenes darbringen. Dadurch dass Christus der Kirche sein eigenes Opfer anvertraute, wird es ihr Opfer. Sie kann dem Vater im Himmel das Opfer des Hauptes als ihr eigenes darbringen. Sie opfert, indem sie sein in der Eucharistie gegenwärtiges Fleisch und Blut in der Teilnahme an seiner Opferbewegung dem Vater darbietet. Sie wird so in das Opfer ihres Hauptes, in seinen Opfertod hineingezogen und tritt so durch Christus vor das Antlitz des Vaters. Aber sie hat das Opfer Christi nicht zu freier Verfügung. Sie ist gebunden an den Liebeswillen Christi. Er bleibt der Herr des Opfergeschehens. Die Kirche kann keine selbstherrliche Initiative entfalten; sie opfert, indem sie von der von Christus vollzogenen Bewegung zum Vater hin erfasst wird, indem sie sich für die von Christus gewirkte Gegenwärtigsetzung als seine Hand und als sein Mund benutzen lässt. Die Kirche ist sein Werkzeug, sein Mund und seine Hand, aber so, dass sie dies sein will. Der Priester tritt in die Rolle Christi ein. Er spricht nicht mehr als er selbst, sondern als Christus kraft der Teilhabe am Hohenpriestertum Christi, die ihm durch die Priesterweihe zukommt. Christus wird beim eucharistischen Sakrament durch den irdischen Priester dargestellt. Aus diesem Grunde spricht der Priester, der in der Person Christi konsekriert, die Wandlungsworte als Worte Christi, damit niemand glaube, es sei eine andere Opfergabe (Thomas v. A.). Man darf bei dieser Überlegung nur nicht denken, Christus sei beim eucharistischen Opfergeschehen bloßer Zuschauer. Er wirkt vielmehr im Wort des Priesters; sonst müsste dessen Wort ohnmächtig bleiben. Christus ist also der Opferpriester, der im Tun des menschlichen Priesters handelt.
Das eucharistische Opfer besteht in Folgendem. Christus setzt in der nie unterbrochenen Liebe (die ihn am Kreuze durchglühte) innerhalb der Kirche sein Fleisch und sein Blut im sakramentalen Symbol als Opfergabe gegenwärtig. Die Kirche bringt sie als Opfergabe dar und geht in jene Bewegung der Hingabe ein, in der Christus selbst in den Tod schritt. So tritt auch sie vor das Antlitz des Vaters. Da vollzieht die Kirche ihre Hingabe, insofern sie eingeht in das Opfer ihres Hauptes, das sie als ihr eigenes Opfer darbringt. Die Kirche gehört also wesentlich zum eucharistischen Opfer. Man darf dies nicht als das Opfer Christi verstehen, an dem die Kirche auch beteiligt ist. Es ist vielmehr das von der Kirche dem Vater dargebrachte Opfer Christi. Diese Erklärung vermag die Einzigkeit des neutestamentlichen Opfers und die Dieselbigkeit von Kreuzesopfer und Messopfer gut verständlich zu machen. Das Kreuzesopfer wird gegenwärtig gesetzt, damit die Kirche in sein Geschehen eingehen kann. Sie leistet dies dadurch, dass sie den gegenwärtig gesetzten Leib und das gegenwärtig gesetzte Blut als ihre Opfergabe dem himmlischen Vater darbringt, indem sie an seiner Hingabe teilnimmt. Der Grund dafür, dass die Kirche zu diesem Vorgehen fähig ist, liegt darin, dass Christus ihr Haupt und sie sein Leib ist. Ihr Opfer schließt die Bitte in sich, der himmlische Vater möge das Opfer seines Sohnes nicht bloß als dessen persönliches, individuelles Opfer gelten lassen, sondern es annehme als Opfer des Hauptes, an dem der ganze Leib beteiligt ist. Das Opfer der Kirche schließt weiterhin den Glauben und die Zuversicht in sich, dass der himmlische Vater das Opfer des Herrn als das Opfer des ganzen Leibes annimmt. In jeder eucharistischen Feier erklärt die Kirche immer wieder von neuem, dass sie das Opfer Christi als ein repräsentatives Opfer betrachtet. Wie der Priester beim eucharistischen Opfer die Rolle Christi einnimmt, so nahm Christus in dem geschichtlichen Vorgang seines Todes die Rolle der ganzen Menschheit ein. Dass er dies konnte, beruhte auf der freien barmherzigen Liebe des himmlischen Vaters. Die Kirche ist sich bei jeder Eucharistiefeier des gnadenhaften Charakters der durch Christus vollzogenen Repräsentation bewusst. Sie drückt dieses Bewusstsein aus in den zahlreichen Annahmegebeten der Liturgie. Für das eucharistische Opfer ist sowohl der Bezug auf die Vergangenheit, nämlich auf das Kreuzesopfer Christi, wie der Bezug auf die Gegenwart, nämlich auf die Kirche wesentlich. Wie die Eucharistie die sakramentale Erscheinung des Kreuzesopfers ist, so ist sie zugleich die Applikation des Kreuzesopfers auf die Kirche. Sie ist beides in einem. Denn das Kreuzesopfer wird nur gegenwärtig gesetzt, indem es der Kirche zugewandt wird. Relation und Applikation durchdringen sich. Denn die Eucharistie ist das von der Kirche dem himmlischen Vater zur Förderung der Gottesherrschaft und zum Heile der Menschen im sakramentalen Symbol dargebrachte Kreuzesopfer.
Die Eucharistie ist das Opfer des ganzen Leibes Christi. Die ganze Kirche dient Christus bei der Vergegenwärtigung des eucharistischen Opfers als Werkzeug. Wenn die Kirche Eucharistie feiert, dann tut sie dies als Gemeinschaft, aber sie tut es durch ganz bestimmte Glieder. Es ist von Anfang an Überzeugung der kirchlichen Gemeinschaft gewesen, dass Christus mit dem Wort „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ die Apostel zu Priestern einsetzte und ihnen zugleich ihre wichtigsten priesterlichen Vollmachten übertrug. Diese wurden von ihnen ihren Nachfolgern, den Bischöfen und deren Gehilfen im Priesteramt weitergegeben, und nur ihnen. Nur der Amtspriester kann das eucharistische Opfersakrament gültig vollziehen. Wenn also auch nur der Priester bei der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi unmittelbar als Werkzeug dient, so sind doch alle Glieder der Kirche am Opfer beteiligt. In dem von Christus ermächtigten Priester opfert die kirchliche Gemeinschaft als solche. Er vertritt das ganze Wir der Kirche. So ist jedes Glied der Kirche am eucharistischen Opfer beteiligt. Die durch die Taufe verliehene Christusgemeinschaft befähigt und verpflichtet jeden Getauften, sich in bewusster Hingabe an dem von der Kirche Gott dargebrachten Opfer des Herrn zu beteiligen. Das Sonntagsgebet der Kirche deutet die durch die Taufe begründete Verpflichtung dahin aus, dass sie mindestens jeden Sonntag betätigt werden muss. Im Opfer der hl. Messe besitzt die Kirche ihr erhabenstes Gut, ihren größten Reichtum, die höchste Form ihrer Frömmigkeit. In ihr erfüllt die Kirche ihren eigentlichen und ersten Beruf, für den sie geschaffen ist. Heiligeres, Segensvolleres kann sie nicht vollbringen, als was sich in der Feier der hl. Messe vollzieht. Heiligeres, Segensvolleres gibt es auch für den Christen nicht, als die hl. Messe im rechten Geiste mitzufeiern.
Amen.