23. Juni 2011
„Wirklich, wahrhaft und wesentlich gegenwärtig“
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte, zur Anbetung und Verehrung unseres Herrn, der im heiligsten Sakrament gegenwärtig ist, Versammelte!
Jahrhundertelang, man kann sagen: anderthalbtausend Jahre lang, war der Glaube an das eucharistische Opfersakrament nicht angefochten. Erst als die Glaubensneuerer im 16. Jahrhundert auftraten, wurde der Inhalt des Sakramentes geleugnet. Die Heilige Schrift bezeugt uns an vier Stellen, dass der Herr dieses Sakrament am Abend vor seinem Leiden eingesetzt hat. Die beiden Evangelisten Matthäus und Markus stellen die eine Fassung dar, der Evangelist Lukas und der Apostel Paulus die andere Fassung. Sie stimmen in allen wesentlichen Zügen überein, wenn auch in den Worten der eine oder andere Unterschied festzustellen ist. Alle vier Zeugen der Worte des Herrn sagen: „Das ist mein Leib.“ So hat Jesus gesagt. Das, was er in seinen Händen hatte, das ist sein Leib. Nicht wie Karlstadt, der Häretiker, meinte, dass Jesus auf sich gezeigt habe: Das ist mein Leib. Welch ein Unsinn! Nein, sondern was er in seinen Händen hielt, von dem sagte er: „Das ist mein Leib.“ Und als er dann den Kelch nahm, da sagte er: „Das ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird.“
Die Kirche hat diese entscheidenden Worte: „Dies ist mein Leib. Dies ist mein Blut“ immer dahin verstanden, dass der wahre Leib und das wahre Blut unter den Gestalten von Brot und Wein zugegen sind. Schon das bloße Dasein eines vierfachen Berichtes, der in allem übereinstimmt, was wesentlich ist, schon das Dasein eines vierfachen Berichtes zeigt, dass das Verständnis der Kirche berechtigt, ja allein berechtigt ist. Es ist ausgeschlossen, dass vier Schriftsteller, die zu verschiedenen Zeiten und für verschiedene Adressaten schrieben, das Vorhandensein einer so ungeheuren Aussage unkommentiert gelassen hätten, wenn Jesus es anders gemeint hätte als im wörtlichen Verständnis.
Diese Überlegung gewinnt an Beweiskraft, wenn man sich erinnert, dass die Evangelisten anderswo erläuternde Zwischenbemerkungen einschalteten, wenn ein Wort Jesu unverständlich war. Als Jesus vom Sauerteig – vom Sauerteig der Pharisäer – sprach, da erklärte der Evangelist Matthäus diese Rede: „Er meinte nicht den Sauerteig des Brotes, sondern die Lehre der Pharisäer, die falsche Lehre der Pharisäer.“ Einmal hat Jesus gesagt: „Brecht diesen Tempel ab, und ich werde ihn in drei Tagen wieder aufbauen.“ Da waren die Zuhörer entsetzt: „Der Tempel ist in 46 Jahren gebaut worden, und du willst ihn in drei Tagen wieder aufbauen?“ Johannes erklärt, wie es Jesus verstanden wissen wollte: „Er meinte den Tempel seines Leibes.“ Also, wenn Jesus hier, bei der Einsetzung der Eucharistie, unverständlich gesprochen hätte, dann hätten die Evangelisten mit Sicherheit eine Erklärung beigefügt. Aber sie fügten keine bei, weil sie überzeugt waren, dass, was Jesus sagte, in sich verständlich ist. Diese Gewißheit, daß die Worte Jesu wörtlich genommen werden müssen, wird erhärtet durch die Folgerungen, die der Apostel Paulus aus der wörtlichen Auslegung zieht. Wir haben sie eben in der Epistel gehört: „Wer unwürdig ißt und trinkt, der versündigt sich am Leibe und Blute des Herrn.“ Ja, warum denn? Weil der Leib und das Blut des Herrn gegenwärtig sind. Die Schwere des Verbrechens hängt von zwei Momenten ab, von der objektiven Würde des Genossenen (Leib und Blut des Herrn) und von der subjektiven Schuld des Nichtunterscheidens des Herrenleibes. Auch die Appositionen und die bestimmten Artikel machen uns gewiß, wie der Herr seine Worte verstanden wissen wollte. Und seitdem betet die Kirche den im Sakrament gegenwärtigen Herrn an. Auf dem Katholikentag in München 1960, den ich miterlebt habe, wurde von protestantischen Zeitungen geschrieben: „Die Katholiken betreiben Brotanbetung.“ Brotanbetung! Zu dieser Ansicht konnten sie kommen weil die Protestanten davon überzeugt sind, dass die Worte des Herrn nur bildlich zu verstehen sind. Bildlich. Der schlimmste von allen heißt Huldreich Zwingli. Dieser Schweizer sogenannte Reformator erklärte: „Das Brot ist bloßes Zeichen – Zeichen! – des Leibes Christi und bedeutet ihn.“ Also ein inhaltsleeres Symbol, keine Gegenwart, keine wirkliche Gegenwart des Herrn, sondern nur ein inhaltsleeres Zeichen, ein inhaltsleeres Symbol. Das ist die Auffassung, die sich die meisten Protestanten inzwischen angeeignet haben. Luther selbst hielt an der wirklichen Gegenwart fest. Aber er gab auf den Opfercharakter der Eucharistie, er gab auf die Wesensverwandlung in der Eucharistie und er gab auf die Dauer des Verbleibens des Herrn im Sakrament. Drei wesentliche Eigenschaften des eucharistischen Opfersakramentes gab er preis, den Opfercharakter der Messe, die Transsubstantiation, die Wesensverwandlung, und die Andauer, das Bleiben, die Permanenz des Leibes Christi, nachdem er einmal auf die Altäre herabgerufen ist. Ein dritter sogenannter Reformator, nämlich Calvin, suchte eine Vermittlung zwischen den beiden. Und so erklärte er: „Transsubstantiation fällt weg, Anbetungswürdigkeit fällt weg. Aber in dem Augenblick, wo man den Herrn empfängt, da kommt eine Kraft von ihm. Es gibt keine wirkliche Gegenwart, die fällt auch weg. Aber eine Kraft von Jesus wird dem Empfänger zuteil.“
Meine lieben Freunde, gegen all diese irrigen Lehren hat das Konzil von Trient den katholischen Echaristieglauben, wie er 1.500 Jahr unangefochten bestanden hat, dargelegt: „Christus ist im Sakrament wirklich, wahrhaft und wesentlich zugegen.“ Diese drei Ausdrücke sind mit Absicht gewählt. Wirklich, das geht gegen Zwingli, für den eben nur eine zeichenhafte Gegenwart gegeben ist, ein Symbol, ein äußeres, ein inhaltsleeres Symbol. Dann die zweite Aussage, wahrhaft, das ist gegen die bildliche Gegenwart, die bildhafte Gegenwart, wie sie von Ökolampad vertreten wurde, das ist ja ein Gefolgsmann des Zwingli gewesen. Und wesentlich, das richtet sich gegen Calvin, der sagte: Es ist ein Kraft von Jesus zugegen, aber nicht die wirkliche Gegenwart. Die wahre, die wahrhaftige, wirkliche und wesentliche Gegenwart ist seit dem Konzil von Trient zum wesentlichen Unterscheidungsmerkmal der katholischen Eucharistielehre von allen protestantischen Abweichungen geworden.
Meine Lieben Freunde, wenn Sie einmal nach Bayern kommen und das Kloster Ottobeuren besuchen, das Benediktinerkloster Ottobeuren, dann bitten Sie den Pater, der Sie führt. er möge Ihnen das Bild zeigen, wo Christus mit den Glaubensneuerern an einem Tische sitzt. Jeder, die drei genannten Irrlehrer und Jesus auch, jeder hat ein Spruchband vor sich, auf dem seine Eucharistieauffassung aufgezeichnet ist. Zwingli: „Das ist ein Bild des Leibes Christi.“ Calvin: „Das ist eine Kraft von Christus.“ Luther: „Das enthält Christus.“ Nur Jesus schaut auf das Brot, das er in den Händen hält, schaut auf die wunderbare Gabe, die er uns vermittelt, und spricht: „Das ist mein Leib!“
Amen.