26. Mai 2005
Eucharistie, Geheimnis des Glaubens
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte, zur Verehrung des heiligen Fronleichnam Versammelte!
Das Geheimnis des Glaubens, welches wir heute feiern, hat viele Namen. Wir sprechen von der heiligen Messe, von der heiligen Kommunion, von der heiligen Eucharistie, vom heiligsten Altarsakrament. Den umfassendsten Ausdruck für dieses göttliche Geheimnis gibt die Wendung wieder: das eucharistische Opfersakrament. In diesem Begriff „eucharistisches Opfersakrament“ sind alle Aspekte dieses heiligen Geheimnisses enthalten, und es sind deren drei, nämlich 1. das Opfer, 2. der Empfang der heiligen Speise, die Kommunion, und 3. die bleibende Gegenwart des Herrn in den Gestalten.
Es muss – um Gottes willen – festgehalten werden, dass in der heiligen Messe ein Opfer dargebracht wird. Kein Wüten der Feinde der katholischen Kirche kann uns davon abbringen, die heilige Messe als ein Opfer zu bekennen. Wir opfern in dieser heiligen Messe das, was Gott uns selber schenkt, nämlich seinen Sohn. Das Gebet unmittelbar nach der heiligen Wandlung sagt es, dass wir eine hostia immaculata, pura et sancta darbringen, ein heilige, unbefleckte, makellose Opfergabe, nämlich den Leib und das Blut des Herrn Jesus Christus selber, der sich gegenwärtigsetzt, damit wir etwas zu opfern haben. Denn was wir geben können, das ist gering, das ist im Vergleich zu dem, was Gott uns schenkt, minimal. Es ist nicht unbeachtlich, es ist nicht wertlos, es ist vielmehr unverzichtbar, dass wir opfern, aber es muss unser Opfer mit der höchsten Opfergabe vereinigt werden. Und deswegen kann man und muss man in der heiligen Messe, die wir feiern, auch schon von Anfang an vom Opfer sprechen, wenn wir die Gaben bereiten, Brot bereitstellen, Wein herbeibringen, unsere Opfergabe in das Körbchen tun, das gehört zusammen, das ist ein Ausdruck dafür, dass wir unser Opfer mit dem Opfer Christi vereinen. Denn nur dadurch wird ja das Opfer Christi unser Opfer, dass wir in sein Opfer eingehen, dass wir uns mit ihm verbinden, daß wir sagen: Mein Jesus, du gehst durch Tod und Auferstehung zum Vater. Nimm mich mit! Laß mich nicht zurück! Ich klammere mich an dich. Nimm mich mit! Die heilige Messe ist ein Opfer, das höchste Opfer, das reine Opfer, das Opfer, das der Prophet Malachias angekündigt hatte, das vom Aufgang bis zum Niedergang auf der ganzen Erde dargebracht wird. Und deswegen sprechen wir vom eucharistischen Opfersakrament.
Die heilige Messe ist aber auch eine Speisung. Wenn das Opfer dargebracht ist, reicht es uns Gott – Gott reicht es uns! – zur Speise. Es soll unsere Speise sein für Zeit und Ewigkeit. Es ist eine Speise besonderer Art; es ist eine Engelsspeise; es ist ein Himmelbrot. Es ist kein Sättigungsmahl, das uns hier zufrieden stellen soll, nein, es ist eine Speise, die uns eine Anzahlung für die Ewigkeit gibt, das pharmakon athanasias, wie es schon im 1. Jahrhundert heißt, das Heilmittel für die Unsterblichkeit. Deswegen ist diese Speise so kostbar, und deswegen mahnt der Apostel, sich zu besinnen, ob man würdig ist, diese Speise zu empfangen. Es ist nichts Geringeres als unser Herr und Heiland selber, den wir aufnehmen in unser Herz durch die Gabe, die unser Mund berührt. Ich habe mir schon manchmal gedacht: Wenn der Herr uns nahe sein wollte, wenn er sich uns schenken wollte, ja, wie sollte er es machen? Wie hätte er es denn sonst machen können, wenn nicht so, wie er es gemacht hat? Er hat eben die Grundnahrungsmittel Speise und Trank hergenommen und sich darin den Menschen dargeboten. Es ist das von genialischer Weisheit und von göttlicher Kraft. Damit nicht ein Missverständnis entsteht, als ob wir irdisches Fleisch essen würden, deswegen verbirgt sich der Herr in einer Speise, die nun tatsächlich Speise auch für den Leib ist, in dem Brote. Es soll eben nicht der Eindruck entstehen, wir seien Kannibalen, die gewissermaßen das Menschenfleisch essen. Nein, um diesem Missverständnis zu wehren, ist der Herr dazu übergegangen, Brot und Wein bereitzustellen, in denen er sich verbirgt in unsagbarer Weise. Es kommen Tausende, und er geht nicht zu Ende. Es kommen Gute, und es kommen Böse, und immer ist es der gleiche Herr. Wahrhaftig, das eucharistische Opfersakrament ist auch eine Speisung. Wir nennen sie Kommunion, d.h. Vereinigung; Vereinigung mit unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. „Gott wird klein, sinkt dir ein, Menschenherz heißt sein Schrein“, hat Johannes Sorge, der im Ersten Weltkrieg gefallene Dichter, einmal geschrieben. Gott wird klein, sinkt dir ein, Menschenherz heißt sein Schrein.
Damit aber auch die Gewissheit besteht, dass der Herr in dieser Speise enthalten ist, bleibt er in unserer Gegenwart, in unserer Mitte, solange die Elemente, solange die Gestalten vorhanden sind. Es kann ja immer noch jemand kommen, der ihn empfangen möchte. Es kann ein Kranker ihn rufen. Es können auch Menschen kommen, die noch nicht bei der heiligen Messe waren, und die muss er auch noch speisen. Deswegen muss er warten. Er muss warten, bis der eucharistische Frühling kommt! Denn er ist noch lange nicht gekommen. Auch wenn reihenweise die Menschen zur Kommunion eilen, der eucharistische Frühling in den Herzen, der ist noch weit entfernt, der steht noch aus. Und so muss er warten im Tabernakel. Er wartet mit großer Geduld. Er wartet, bis alle kommuniziert haben.
Wir verehren den gegenwärtigen Herrn und Heiland. Die rote Lampe kündigt uns, dass er gegenwärtig ist, dass er auf uns wartet und dass er uns einlädt, zu ihm zu kommen und zu ihm zu rufen und zu flehen und ihn zu loben und ihm zu danken. In alle Ewigkeit nicht, meine lieben Freunde, wird die katholische Eucharistielehre mit den protestantischen Auffassungen in eins gehen, in alle Ewigkeit nicht! Es wird uns immer wieder berichtet, dass protestantische Pfarrer nach dem, was sie Abendmahl nennen, den sogenannten Wein in den Ausguß gießen. So denken sie also über dieses Geschehen.
Wir nennen dieses heilige Geheimnis eucharistisches Opfersakrament, weil es ein bleibendes Sakrament ist. Das Sakrament bleibt, solange die Gestalten vorhanden sind. Die Gegenwart Christi beharrt unter uns, solange die Gestalten vor uns stehen.
So ist also, meine lieben Freunde, der heutige Tag ein Tag des Dankes, des Jubels und der Freude. Die Einsetzung des eucharistischen Opfersakramentes geschah am Gründonnerstag, und das haben wir ja auch an diesem Tage bedacht. Aber der Jubel kann sich natürlich in der Leidenswoche nicht entfalten. Er kann es erst jetzt, wo alles blüht und grünt, wo die Sonne lacht. Heute können wir mit Jubel und Dankbarkeit dieses Sakrament hinaustragen zu den Menschen, in die Häuser, in die Wohnungen und über die Straßen, damit jede Zunge bekenne: Hochgelobt und gebenedeit sei das allerheiligste Sakrament des Altares von nun an bis in Ewigkeit.
Amen.