Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
10. Juni 1993

Das eucharistische Sakrament

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Verehrung des heiligsten Opfersakramentes unseres Heilandes Versammelte!

An einem Donnerstag, am Donnerstag vor seinem Leiden, hat unser Herr und Heiland das eucharistische Opfersakrament eingesetzt. Im Rahmen des jüdischen Paschamahles hat er eine neue Institution geschaffen, die als das Kennzeichen der Seinigen durch alle Zeiten bis zu seiner Wiederkunft eine Stätte in den Gemeinden haben sollte.

Wir feiern die Einsetzung des eucharistischen Opfersakramentes am Gründonnerstag, und wir feiern sie trotz der Nähe zum Karfreitag, wobwohl sie in die Kar-, in die Trauerwoche fällt. Wir feiern sie mit Freude, denn der Priester trägt selbst am Gründonnerstag weiße Gewänder, und das Gloria erschallt, und die Glocken werden geläutet. Der ganze Himmel ist ja voll Jubel und so kann die Erde nicht schweigen, wenn der Herr sich selbst den Seinen zur Speise gibt.

Aber der Kirche genügt es nicht, am Gründonnerstag die Einsetzung des eucharistischen Opfersakramentes zu begehen. Sie wartet ab, bis das Kirchenjahr in seinem Lauf fortgeschritten ist bis zu seinen Höhepunkten Ostern und Pfingsten, und dann schafft sie noch einmal eine Gelegenheit, damit wir das bekennen und preisen, was sie zutiefst trägt, nährt und aufbaut, nämlich Leib und Blut unseres Herrn und Heilandes.

Das eucharistische Opfersakrament hat verschiedene Aspekte. Wir bekennen, daß die heilige Messe ein Opfer ist. Wie sollte sie kein Opfer sein, wenn sie die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers ist? Wir bekennen, daß in der heiligen Messe der Herr uns seinen Leib und sein Blut hingibt. Wie könnte man sich sonst schuldig machen am Leibe und Blute des Herrn, wenn Leib und Blut überhaupt nicht gegenwärtig wären? Aber freilich: Opfer und Opfermahl haben eigentlich nur dann ihren vollen Inhalt, gewinnen nur dann ihre höchste Qualität, wenn, was hier gegenwärtig wird, anbetungswürdig ist.

Meine lieben Freunde, die Probe auf die Echtheit des Eucharistieglaubens ist nicht die Teilnahme an der Eucharistiefeier, die Probe ist auch nicht die Teilnahme an dem eucharistischen Mahl – die Probe ist die Anbetung! Nur wenn das, was wir hier begehen und was wir hier empfangen, anbetungswürdig ist, dann lohnt es sich, diese Feier zu halten und zu diesem Mahle zu schreiten.

„Brot habe ich auch zu Hause,“ sagte mir einmal ein biederer Handwerker, „wegen Brot gehe ich nicht in die Kirche.“ Wenn heute im Zeichen des sogenannten Ökumenismus Nichtkatholiken zum Empfang der heiligen Kommunion zugelassen werden – wir wissen, daß das auch in Budenheim geschieht –, dann ist das ein Mißbrauch, denn der Protestant hat einen anderen Eucharistieglauben. Wäre er nicht anders, dann müßten die Protestanten sich heute einreihen in die theophorische Prozession, um dem Herrn Anbetung und Verehrung zu leisten. Die Probe auf die Wahrheit des Eucharistieglaubens ist die Anbetung, nicht die Teilnahme an irgendeinem Gedächtnismahl oder einer Gedächtnisfeier. Die Probe ist die Anbetung!

Wir nehmen an dieser Feier teil, und wir empfangen dieses Mahl, weil wir ihn anbeten, der hier gegenwärtig ist und den wir zu uns nehmen. Das bloße Essen nützt nichts, sondern die Anbetung, die Vereinigung mit ihm, die Anerkennung seiner Oberherrlichkeit, dir ist es, die nützt.

Was wir also im eucharistischen Opfersakrament feiern, verehren, empfangen, das ist unser Herr und Heiland Jesus Christus. Wir sprechen von Kommunion – und das heißt zu deutsch Vereinigung. Wir vereinigen uns im eucharistischen Opfersakrament mit Jesus Christus, der Quelle aller Gnaden. Wir vereinigen uns mit ihm, wie er im Himmel lebt. Er lebt im Himmel als ein Lebendiger, nicht als ein Toter, und deswegen empfangen wir Leib und Seele, Fleisch und Blut, Gottheit und Menschheit unseres Herrn und Heilandes. Weil er lebendig gegenwärtig ist, genügt es, ihn unter einer Gestalt zu empfangen, und diese Gestalt ist normalerweise die Gestalt des Brotes. Unter dieser Gestalt ist der lebendige Herr und Heiland verborgen, also mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit. Die Kirche hat gute Gründe, warum sie, als die Massen in sie eingeströmt sind, von der Kelchkommunion abgegangen ist. Zu leicht kann etwas verschüttet werden; viele sträuben sich dagegen, mit anderen aus einem Kelche zu trinken, und der Glaube sagt uns, daß das nicht notwendig ist, um das Opfersakrament würdig und in der Stiftungsintention unseres Heilandes zu feiern. Der Priester als der Vollzieher des Sakramentes ißt dieses Brot und trinkt aus dem Kelche, er vollzieht und vollendet das ganze und ungeteilte Opfersakrament, aber die Gläubigen empfangen nicht weniger, wenn sie mit der Opferspeise gelabt werden, weil – wie gesagt – unser Herr und Heiland ganz und ungeteilt in jeder Gestalt verborgen lebt.

Was wirkt diese Vereinigung? Sie vermehrt die heiligmachende Gnade, schwächt die bösen Neigungen, gibt uns Lust und Kraft zum Guten, tilgt läßliche Sünden, bewahrt uns vor der Todsünde und vermehrt unser Anrecht auf eine selige Auferstehung. Es kann ja nicht anders sein: Wenn der kommt, der das Leben gibt, wenn er in unser Herz einzieht, der die Auferstehung und das Leben ist, dann müssen seine Kräfte, die Leben und Auferstehung garantieren, in uns eingehen und auf uns übergehen.

In anderen Sakramenten ist die Gnade unseres Herrn Jesus Christus lebendig. Aber in diesem Sakrament ist der Urheber der Gnade gegenwärtig, und um so viel mehr steht das eucharistische Opfersakrament über den anderen Sakramenten.

Entsprechend muß man sich vorbereiten, um es zu empfangen. Wir müssen unsere Seele reinigen, und wir müssen mit Andacht zu ihm hinzutreten. Wir reinigen die Seele durch Reue und durch den Empfang des Bußsakramentes. Es ist nützlich, immer wieder vor der heiligen Kommunion Reue und Leid zu erwecken. Man hat in der Meßordnung Pauls VI. das nochmalige Reuegebet und die nochmalige Bitte um Nachlassung der Sünden vor der heiligen Kommunion getilgt. Man sagt: Das ist ja schon am Anfang der Messe geschehen. Dabei übersieht man eine wesentliche Tatsache: Teilnahme an der Messe und Teilnahme am eucharistischen Opfersakrament sind nicht dasselbe. Man kann und soll und muß jeden Sonntag und Feiertag an der heiligen Messe teilnehmen, aber man kann nicht immer und man soll nicht immer und man darf nicht immer das eucharistische Opfersakrament empfangen. Infolgedessen ist es nützlich, ja geboten, vor dem Empfang der Kommunion noch einmal einen Akt der Reue zu setzen, um eben würdig dieses heiligste Sakrament zu empfangen.

Wir sollen es mit Andacht empfangen, und das können wir, wenn wir uns drei Fragen stellen: Wer ist es, der da zu mir kommt? Es ist der Herr des Himmels und der Erde, es ist der König der Engel, der zu mir kommt, und deswegen muß ich ihn anbeten. Ich esse, weil diese Speise anbetungswürdig ist, und ich esse nur deswegen, weil sie anbetungswürdig ist. Andere Speise wird hier nicht verteilt. Zu wem kommt er? Er kommt zu mir, der ich ein armseliges Geschöpf, ja ein armer Sünder bin. Das ist geeignet, Reue und Demut in unserer Seele zu erwecken. Wozu kommt er? Er kommt, um uns mit allen geistlichen Gaben zu überhäufen. Und ich sage noch einmal und werde nicht müde werden, es zu wiederholen: Die Gaben, die uns Christus gibt, werden um so reicher ausfallen, je inniger unsere Sehnsucht ist, von ihnen erfüllt zu werden. Die Sakramente wirken nach dem Maße des Disposition, nach dem Maße der Vorbereitung.

So wollen wir also heute, meine lieben Freunde, nicht nur der Einsetzung des eucharistischen Opfersakramentes gedenken. Wir wollen nicht nur an den vollen Inhalt der Speise denken, die wir hier empfangen, sondern wir wollen uns erinnern, daß hier der Herr des Himmels gegenwärtig ist und daß es vor ihm nur heißen kann: Auf die Knie! „Laßt uns tiefgebeugt verehren dieses heilige Sakrament!“ Tiefgebeugt deswegen, weil hier nicht – wie die Protestanten 1960 beim Eucharistischen Kongreß in München sagten – Brotanbetung erfolgt, sondern weil hier unser Herr und Heiland Jesus Christus angebetet wird unter den Gestalten von Brot und Wein. Deswegen wollen wir ihn anbeten, weil er wahrhaft gegenwärtig ist, weil nur die Akzidenzien von Brot und Wein gegenwärtig sind, aber die Substanz, das innerste Wesen, die Trägerschaft in diesen Akzidenzien, ist unser Herr und Heiland Jesus Christus – jetzt und in alle Ewigkeit.

Amen.

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