Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
6. Januar 2001

Epiphanie – Offenbarung vor der Welt

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte, zur Feier der Erscheinung unseres Herrn Versammelte!

Dunkelheit umhüllte die Welt, als der Erlöser geboren wurde. Es war Nacht, und Finsternis bedeckte die Völker. Aber der da im Dunkel zur Welt kam, sollte der Welt offenbar werden. Darum hatte Gott verfügt, daß in seinem Leben Ereignisse stehen, die ihn aller Welt kundmachen. Die Kirche hat drei dieser Ereignisse zusammengefaßt und läßt sie am Fest Erscheinung des Herrn begehen. Diese drei Ereignisse sind erstens ein Wunderstern, zweitens eine Wunderstimme und drittens ein Wunderwerk.

Ein Wunderstern hat die Magier aus dem Morgenlande zum Heiland geführt. Generationen von Astronomen haben sich damit beschäftigt zu fragen: Welcher Stern war es, der den Weisen aus dem Morgenlande voranleuchtete? Es sind verschiedene Antworten darauf gegeben worden – ein Komet, ein neuer Stern, eine Konjunktion von zwei Planeten. Die Frage, welcher Stern es war, der den Männern aus dem Morgenlande voranleuchtete, ist zweitrangig. Entscheidend ist, daß es eine Lichterscheinung war. Es war eine Lichterscheinung, von Gott gewirkt, um Menschen aus dem Heidentum zum Heiland zu führen. Es war ein Wunderstern. Wie immer man ihn auch erklären mag, ob als Kometen oder neuen Stern oder Konjunktion von Jupiter und Saturn, es war ein Wunderstern, der die Huldigung der Natur vor ihrem Schöpfer darstellte.

Die zweite Erscheinung des Herrn geschah am Jordan. Als alles Volk sich taufen ließ, da ließ auch Jesus sich taufen. Aber seine Taufe war mit Begleitumständen ausgestattet, die bei anderen Täuflingen nicht zu beobachten waren. Der Himmel riß auf, und der Heilige Geist kam in taubengleicher Gestalt auf Jesus herab. Eine Stimme erscholl: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefaßt habe.“ Wiederum wissen wir nicht, wie die Einzelheiten dieses Geschehens vonstatten gegangen sind. In jedem Falle ist sicher: Hier hat sich der Vater im Himmel zu seinem Sohn Jesus Christus bekannt. Er sollte das noch öfters tun. Er wird es vor allem am Ende seines Lebens tun, wenn er ihn aus dem Grabe reißt und ihn auferweckt. Aber schon am Anfang seiner Sendung, am Beginn seines öffentlichen Wirkens bekennt sich der himmlische Vater zu seinem Sohn. Und auf diese Weise vermag das Volk zu erkennen, daß er der gottgesandte Erlöser ist. Eine Wunderstimme erscholl vom Himmel.

Bald darauf setzt der Herr ein Wunderwerk. Als die Menschen einer Hochzeitsgesellschaft in Verlegenheit geraten, als man munkelt: Ja, wie wird’s denn weitergehen mit der Hochzeit, weil der Wein ausgegangen ist?, da wandelt er Wasser in Wein; da zeigt er sich als den Herrn der Elemente. Er wird das noch bei anderen Gelegenheiten beweisen, daß er der Schöpfer und Herr der Natur ist, wenn er über das Wasser wandelt und wenn er dem Sturm gebietet: „Schweige! Verstumme!“ Da legt sich der Sturm, und das Seebeben hört auf. Aber hier macht er den Anfang seiner Wunder, „und seine Jünger glaubten an ihn“. Das ist der entscheidende Satz. Der Wunderheiland ist erschienen; er beginnt sein Wunderwirken mit einem Wunder in Kana, und seine Jünger glauben an ihn.

Meine lieben Freunde! Wer die Wunder aus dem Leben Jesu entfernt, wer an den Naturwundern rüttelt wie der Bischof Kasper, der zerstört das Christentum in der Wurzel. Christus ist nicht bloß ein Therapeut wie Apollonius von Tyana. Therapeutisch haben auch andere gewirkt. Nach dem Kriege machte ein Mann in Bayern großes Aufsehen, der angeblich durch seelische Beeinflussung schwere Krankheiten zu heilen vermochte. Aber er war nicht der Messias, er war ein Pseudomessias. Der wahre Messias ist der Herr über die Krankheit, weil er der Herrscher der Natur ist. Wenn man fragt, warum das nicht auch heute passiert, dann muß die Antwort lauten: Weil heute der Herr nicht mehr auf Erden wandelt. Das ist damals geschehen, als Gott sich geneigt hat und auf Erden erschienen ist. Und das war eben seine Epiphanie, daß er durch sein Wunderwirken wie mit einem blitzartigen Geschehen die Herrschaft Gottes, den Anbruch der Herrschaft Gottes kundtat. Das geschieht eben nicht alle Tage, und deswegen lassen sich auch die Wunder nicht wiederholen. Sie sind mit der Person Jesu verknüpft, und wer sie von der Person Jesu trennt, der vernichtet die Person Jesu.

Es kommt also alles darauf an, daß wir gläubig die Wunder Jesu annehmen als Bestätigung seiner göttlichen Macht, als Erscheinung seines Kommens auf diese Erde. Aber wie steht es denn um den Glauben an Jesus, an seine Wunder? Wie steht es mit dem Glauben an Gott zweitausend Jahre nach seinem Erscheinen im christlichen Abendland, im christlichen Deutschland? Wie steht es um den Glauben? Der deutsche Hochschulverband, die Vereinigung der deutschen Universitätslehrer, richtet in jedem Monat an einen Professor einen Fragebogen, den dieser Professor beantwortet. In diesem Fragebogen lautet eine Frage: Was bedeutet Ihnen Gott? Ich habe hier den Jahrgang 1999 der Zeitschrift des Hochschulverbandes vor mir. Es sind also in dieser Zeit 12 Fragebogen versandt und ausgefüllt worden. Wie aber lauten die Antworten deutscher Universitätsprofessoren auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott? Sie lassen sich in zwei Gruppen scheiden, in zwei Gruppen, die es immer gegeben hat und die es immer geben wird, nämlich in die Gruppe der Ungläubigen und in die Gruppe der Gläubigen.

Ein Professor für systematische Philosophie an der Universität Marburg antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Eine emotional besetzte Erinnerung an kindliche Vorstellungen von Allwissenheit, Gerechtigkeit und spärlicher Barmherzigkeit.“ Eine emotional besetzte Erinnerung, also nicht ein lebendiger Glaube in der Gegenwart, sondern eine Erinnerung aus der Vergangenheit. Ein anderer Professor in Gütersloh antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Das große Unbekannte.“ Ich will nicht sagen, daß das radikaler Unglaube ist, aber es ist Agnostizismus, d. h. die Meinung, daß man Gott nicht erkennen kann, daß man nicht weiß, ob es ihn gibt, daß man hier einfach nicht fragen darf, weil es keine Antwort darauf gibt. Ein Professor an der Universität München antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Eine Hilfskonstruktion zum Verständnis der Welt.“ Eine Konstruktion, d. h. eine Erfindung, eine Erfindung des menschlichen Geistes. Eine Hilfskonstruktion zum Verständnis der Welt. Wieder ein anderer Professor, der Generalsekretär der Ständigen Konferenz der Kulturminister, also ein sehr einflußreicher Mann. antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Von Zeit zu Zeit.“ Diejenigen von Ihnen, welche den „Faust“ gelesen haben, wissen, woher dieses Zitat stammt: Von Zeit  zu Zeit. Nämlich im „Faust“ von Goethe kommt diese Wendung vor: „Von Zeit zu Zeit“, sagt der Teufel, „seh ich den Alten gern.“ Also radikaler Unglaube dieses Professors. Eine Professorin für Mathematik an der Universität Göttingen antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott? mit einer Gegenfrage: „Gibt es den?“ Gemeint ist Gott. „Gibt es den?“ Sie ist sich also über die Existenz Gottes nicht im klaren. Und schließlich die letzte Antwort dieser Gruppe der Ungläubigen, der Intendant des Schauspielhauses in Frankfurt, Professor Eschberg, antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Illusion.“ Das heißt Einbildung. Das sind die Antworten einer Reihe von Professoren auf die entscheidende Frage nach dem Glauben, nach dem Glauben an Gott, der ja grundlegend für die Religion ist. Nur wer an Gott glaubt, der kann auch an Christus glauben, der kann auch an die Wunder glauben, denn Gott ist der allmächtige Herrscher, der Schöpfer Himmels und der Erde.

Um so bedenkenswerter sind darum die Antworten, welche die Gläubigen unter den Professoren geben. In München lehrt der jüdische Professor Wolfsohn. Er antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Daß es jemanden gibt, der sogar über uns Professoren steht.“ Eine gute Antwort, nicht wahr? Daß es jemanden gibt, der sogar über den Professoren, die sich manchmal wie Halbgötter vorkommen, steht. Ein anderer Professor der Universität München antwortet auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Anfang und Vollendung.“ Er erkennt also in Gott den Schöpfer und den Erlöser. Anfang und Vollendung. Sehr schön antwortet ein Professor der Naturwissenschaften von der Universität Leipzig: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Behütet sein.“ Für ihn ist Gott der Garant des Schutzes. Was bedeutet Ihnen Gott?: „Behütet sein.“ Ein weiterer akademischer Lehrer gibt zur Antwort auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Daß es über uns Menschen eine Macht gibt.“ Nicht schlecht ausgedrückt. Daß es über den Menschen eine Macht gibt, also eine überlegene Macht, die alles Menschliche überschreitet. Der Kultusminister des Landes Niedersachsen, Thomas Oppermann, beantwortet die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott?: „Hilfe bei der Bewältigung eigener Begrenztheit.“ Schön ausgedrückt. Hilfe bei der Bewältigung eigener Begrenztheit. Und ähnlich lautet auch die Antwort eines weiteren Naturwissenschaftlers, des Professors Warnecke. Was bedeutet Ihnen Gott?: „Weg zur Bescheidenheit.“ Weg zur Bescheidenheit.

Das sind zwölf Antworten von zwölf Professoren auf die Frage: Was bedeutet Ihnen Gott? Im ganzen muß man sagen, ist das Ergebnis dieser Befragung nicht entmutigend. Es zeigt, daß aus der geistigen Elite unseres Volkes noch ein beträchtlicher Teil, ja, wie es scheint, der überwiegende Teil von der Existenz, von der Macht und von der Güte Gottes überzeugt ist. Es war also doch nicht umsonst, als Gott seinen Sohn Jesus Christus offenbarte. Es war nicht vergeblich, daß er den Wunderstern schickte, und es hat etwas eingebracht, als er eine Wunderstimme über dem Täufling im Jordan erschallen ließ. Auch das Wunderwerk Jesu in Kana ist nicht vergeblich geschehen. Es hat doch in allen Zeiten und durch zwei Jahrtausende hindurch viele Menschen gegeben, die sich von der Erscheinung unseres großen Gottes haben anrühren lassen, die Glauben gefaßt haben und die das getan haben, was Johannes, der Evangelist, von den Jüngern Jesu nach dem Wunder von Kana schreibt: „Seine Jünger glaubten an ihn.“

Das soll unser Gelöbnis in dieser Stunde heute sein. Wir wollen an ihn glauben. Wir wollen uns in diesem Glauben nicht erschüttern lassen. Wir wollen uns von niemandem irremachen lassen in unserem Glauben, sondern wir wollen ihn festhalten als die Kraft und den Sieg unseres Lebens.

Amen.

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