Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Das eucharistische Opfer (Teil 7)

28. Juli 1996

Die Konsekration als wesentliche Opferhandlung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir haben an den vergangenen Sonntagen das Opfer des Neuen Bundes zum Gegenstand unserer Überlegungen gemacht. Opfern heißt, eine sichtbare Gabe darbringen, um Gott als den höchsten Herrn zu ehren und dadurch die eigene Hingabe zu beweisen.  Das Opfer des neuen Bundes ist das Kreuzesopfer. Am Kreuze hat sich Christus aus freiem Willen den Händen der Sünder überliefert, um durch sein heilbringendes Leiden der Menschheit den Frieden mit Gott zu verdienen. Das Kreuzesopfer wird lebendig im Meßopfer der katholischen Kirche. Das heilige Meßopfer ist eine sakramentale Epiphanie des Kreuzesopfers. Das Meßopfer ist das Kreuzesopfer in sakramentaler Gestalt. Im Meßopfer geschieht die Repräsentation, die Gegenwärtigsetzung, und die Zuwendung des Kreuzesopfers. – Es bleibt uns heute, zwei Fragen zu beantworten, nämlich

1. Welches ist die wesentliche Opferhandlung der heiligen Messe?

2. Was macht die Konsekration zur wesentlichen Opferhandlung?

Die erste Frage lautet: Welches ist die wesentliche Opferhandlung der heiligen Messe? Wir opfern, wie wir gesehen haben, in der heiligen Messe mancherlei Gaben. Wir bringen Brot und Wein zum Altar, und das ist eine Opfergabe, denn es muß aus dem Vermögen der Menschen ausgesondert und für das Opfer bereitgestellt werden. Wir bringen in der Kollekte unsere Geldgaben, die mit dem Opfer Christi verbunden werden; das sind auch Opfergaben. Vor allem aber opfern wir uns selbst. Wir versuchen im Meßopfer, unseren Willen Gott zu übereignen. Wie sagt so schön der große Bischof Sailer vom Priester, wenn er das Meßopfer darbringt: „Hier schlachtet er seine liebste Leidenschaft!“ Hier, im Meßopfer. Aber das alles ist nicht die eigentliche, die wesentliche Opferhandlung, sondern das, was ich eben genannt habe, lagert sich lediglich an die wesentliche Opferhandlung an. Die wesentliche Opferhandlung ist auch nicht die Kommunion. Sie ist der Genuß der Opferspeise; aber der Genuß der Opferspeise setzt den Vollzug des Opfers voraus. Die Kommunion geschieht auch nicht im Namen Jesu, sondern zum Nutzen des Empfängers. Die wesentliche Opferhandlung ist auch nicht das Gebet nach der Wandlung, wo wir Christus aufopfern; denn dieses Gebet wird nicht im Namen Christi gesprochen, sondern im Namen des Priesters und im Namen der Gemeinde. Schließlich ist auch die Brechung der Hostie und die Versenkung in den Kelch und die Vermischung nicht die wesentliche Opferhandlung; denn das ist ein Ritus, der nur an den Gestalten vollzogen wird, aber nicht an dem, der in den Gestalten verborgen ist. So bleibt nur eine einzige Handlung übrig, die als die wesentliche Opferhandlung der heiligen Messe bezeichnet werden kann, nämlich die Konsekration. Die Wandlung ist die wesentliche Opferhandlung der heiligen Messe.

Warum ist sie dies? Erstens, weil Christus sie selbst eingesetzt hat. Er hat uns beim Letzten Abendmahl dieses wunderbare Geschehen geschenkt. Zweitens, weil der Priester die Wandlung im Namen Christi an der Opfergabe selbst, nämlich an Christus vornimmt. In diesem Geschehen spricht der Priester tatsächlich in real-mystischer Identität mit Christus, in der Person, in der Rolle, in der Gestalt Christi. Drittens, weil die Wandlung – und nur die Wandlung – durch die Trennung der Gestalten eine Darstellung, eine Repräsentation des Kreuzesgeschehens ist. Denn dadurch, daß die Gestalten durch die  Kraft der Worte getrennt gegenwärtig gesetzt werden, bildet das Meßopfer das Kreuzesopfer ab. Es ist also tatsächlich die heilige Wandlung der Kern der heiligen Messe. Deswegen kniet das ganze Volk nieder; deswegen schweigt das Volk bei diesem heiligen Geschehen, weil hier vor Ergriffenheit gleichsam die Stimme aufhört zu sprechen, weil hier Christus selbst das Opfer durch seinen Priester vollzieht.

Die zweite Frage lautet: Was macht die Konsekration zur Opferhandlung? Das Wesen der Opferhandlung liegt in der Darbringung, in der Oblation. Bei der Darbringung aber sind zwei Seiten zu unterscheiden, eine äußere, sichtbare und eine innere, verborgene. Die äußere, sichtbare Darbringung im Meßopfer besteht darin, daß kraft der Worte unter der Gestalt des Brotes nur der Leib und kraft der Worte unter der Gestalt des Weines nur das Blut Christi gegenwärtiggesetzt wird. Mit der Lebendigkeit des Leibes Christi hängt es zusammen, daß selbstverständlich der Leib mit dem Blut verbunden ist und das Blut mit dem Leibe. Aber kraft der Worte wird nur der Leib gegenwärtiggesetzt und nur das Blut. Und das ist wichtig, ja entscheidend, weil dadurch eine Abbildung des Kreuzesgeschehens vollzogen wird. Denn am Kreuze hat sich, als der Herr hingerichtet wurde, das Blut vom Leibe getrennt. Trennung des Blutes vom Leibe ist das Geschehen beim Tode. Weil im Meßopfer der Tod des Herrn gegenwärtiggesetzt wird, deswegen muß in der Messe dieses Abbild vollzogen werden. Kraft der Worte wird nur der Leib und nur das Blut Christi sakramental hingestellt, kraft der Kontromitanz – also der Begleitschaft – ist selbstverständlich kein toter Leib und kein entferntes Blut zugegen, sondern mit dem Leibe das Blut und mit dem Blute der Leib. Das ist die äußere Seite. Die innere Seite der wesentlichen Opferhandlung besteht darin, daß Christus dieselbe Hingabe, denselben Gehorsam, dieselbe Liebe erneuert, die er am Kreuze hatte. Es wird bei der Wandlung der Opferakt Christi lebendig, kraft dessen er sich dem Vater im Himmel hingibt. Das also macht die Doppelkonsekration zur wesentlichen Opferhandlung. Hier wird kultisch die Trennung der Gestalten dargestellt, und hier wird innerlich der Opferakt Christi gegenwärtiggesetzt.

Die Menschen haben im Laufe der Geschichte immer das Verlangen gespürt, Opfer darzubringen. Der Mensch ist ja zur Liebe berufen, und die Liebe will sich ausdrücken; die Liebe will sich hingeben. Und die Hingabe an Gott vollzieht sich nirgends tiefergehend als im Opfer. Wenn immer der Mensch seinsgerecht lebt, dann bringt er Gott Opfer dar. Die Opfer vor Christus waren Schattenrisse des einen Opfers Christi. Sie waren unkräftig, wenn sie auch rührende Versuche waren, Gott zu versöhnen und in Gemeinschaft mit ihm zu treten. Seitdem das Kreuzesopfer Christi geschehen ist, haben wir ein wirksames, ein wirkkräftiges Opfer. Dieses ist das Opfer, das wahrhaft in Gemeinschaft zu Gott führen und die Sünden vergeben kann. Dieses Opfer ist deswegen der höchste Schatz unserer Kirche. Wer an dieses Opfer rührt, meine lieben Freunde, der rührt an das Wesen des Christentums. Wer dieses Opfer nicht schätzt, der vergeht sich gegen den Geist des Christentums. Und wer dieses Opfer verschandelt, der begeht ein Sakrileg, wie es schlimmer nicht gedacht werden kann.

Unsere heilige Aufgabe ist es, mit wahrer innerer Sehnsucht uns zu diesem Opfer einzufinden, in heiliger Opfergesinnung ihm beizuwohnen, mit wahrer Liebe die Opferfrucht zu empfangen und in einem Leben, das diesem Geschenk gemäß ist, zu verwirklichen, was wir empfangen haben. Wir sollen das, was Christus im Meßopfer vollzieht, in uns aufnehmen und in unserem Leben verwirklichen, damit wir mit ihm ein Opfer werden, damit das Opfer Christi auch für uns wirksam werden kann.

Amen.

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