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Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Der Heilige Geist (Teil 2)

1. Juni 2020

Der Heilige Geist II

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der Heilige Geist ist lebendig und macht lebendig. Er ist der Lebendigmacher. Wenn der Heilige Geist in uns einkehrt, wirkt er durch seine Gnade folgendes. Erstens. Er reinigt uns von allen schweren Sünden. Seine Gnade vertilgt alle Makel unserer Seele. Heiligmachende Gnade und Todsünde sind miteinander unvereinbar. Zweitens. Er vereinigt uns mit Gott und macht uns zu einem Tempel des Heiligen Geistes. Wer den Heiligen Geist in sich hat, ist mit Christus so vereinigt, wie die Rebe mit dem Weinstock. Durch den Heiligen Geist werden wir der göttlichen Natur teilhaftig; und das nicht bloß dem Namen nach, sondern in Wirklichkeit. Durch den Heiligen Geist werden wir gleichsam vergöttlicht (Thomas von Aquin). Unsere Seele wird Gott ähnlich, heilig und himmlisch. Der Heilige Geist macht uns zu einem Tempel Gottes. Der Heilige Geist wohnt zwar zunächst in der Seele des Menschen und gibt dieser das wahre Leben. Da aber die Seele im Körper ist, so ist auch unser Körper eine Wohnung des Heiligen Geistes. Darum fragt Paulus die Christen in Korinth: „Wisst ihr nicht, dass ihr ein Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1 Kor 3,16). Und an anderer Stelle sagt er: „Ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes“ (2 Kor 6,16).

Drittens. Der Heilige Geist verklärt unsere Geisteskräfte und verleiht uns dadurch die göttlichen und sittlichen Tugenden als Fähigkeiten. Im Besonderen lässt er in unserer Seele das Licht des Glaubens erstrahlen (2 Kor 4,6) und entzündet in uns das Feuer der göttlichen Liebe (Röm 5,5). Er gibt uns die Fähigkeit, an Gott zu glauben, auf ihn zu hoffen und ihn zu lieben. Mit anderen Worten: Er gießt uns die drei göttlichen Tugenden ein. Auch macht er uns fähig und geneigt, der Eingebung und dem Antrieb des Heiligen Geistes Folge zu leisten. Mit anderen Worten: Er verleiht uns die sieben Gaben des Geistes. Durch den in der Seele wohnenden Geist wird das Herz des Menschen zum Guten geneigt. Weil durch die Gnade unser Wille zur Ausübung des sittlich Guten geneigt gemacht wird, so besitzt man auch die sittlichen Tugenden als Fähigkeiten – nicht als Fertigkeiten; diese müssen durch Übung erworben werden. Auf diese Weise wird unser Seelenleben ein anderes. Das innere Leben eines Geistträgers und eines Geistlosen ist gänzlich verschieden. Der Geistlose hat Weltliebe; der Geistbegabte hat Gottesliebe. Er kann mit Paulus sagen: „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20). Ein solcher Mensch erfreut sich des inneren Friedens und unaussprechlichen Trostes trotz aller Leiden. Denn der Heilige Geist ist ein Tröster (Joh 14,26).

Viertens. Der Heilige Geist verleiht uns die wahre Zufriedenheit. Durch ihn erlangt man einen Frieden, der nicht von dieser Welt ist. Fünftens. Der Heilige Geist wird unser Lehrmeister und Erzieher. Er unterweist uns über die Lehre der katholischen Kirche. Ohne den Heiligen Geist kann man die christlichen Wahrheiten kennenlernen, aber nicht ihren Inhalt erfassen. Das Wort Gottes bleibt unverständlich ohne die (innere) Erleuchtung des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist wird auch unser Erzieher. Das Ziel seiner Erziehung ist die Mitwirkung mit der Gnade Gottes bei der Bildung des wahren und vollkommenen Christen. Sechstens. Der Heilige Geist treibt uns zu guten Werken an. Durch sein himmlisches Licht und seine göttliche Glut wirkt er auf uns ein, so dass wir Früchte der göttlichen Liebe bringen. Wer den Heiligen Geist besitzt, vermag daran zu erkennen, ob er die Früchte des Geistes vorweisen kann: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Milde, Enthaltsamkeit. Der Heilige Geist macht durch seine Gnade unsere Werke verdienstlich; denn er macht unsere Handlungen zu heiligen. Siebtens. Der Heilige Geist macht uns zu Kindern Gottes und zu Erben des Himmels. „Wir haben nicht den Geist der Knechtschaft empfangen, sondern den Geist der Kindschaft, in dem wir rufen: Abba, (lieber) Vater!“ (Röm 8,15). „Alle, die vom Geist Gottes getrieben werden, sind Kinder Gottes“ (Röm 8,14). Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi (Röm 8,17). Denn Kinder haben Anspruch auf das Besitztum (Erbteil) des Vaters. Wenn unser irdisches Wohnhaus aufgelöst werden wird, werden wir ein Gebäude von Gott empfangen, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, ein ewiges Haus im Himmel (2 Kor 5,1). Der Heilige Geist wird in Ewigkeit bei uns bleiben.

Meine lieben Freunde! Erstens. Es kommt darauf an, würdig zu werden des Wirkens des Heiligen Geistes. Würdig ist, wer empfangsbereit für Gottes Wirken ist. Empfangsbereit ist, wer sich nach Gottes Ankunft sehnt, sich nach Kräften dafür rüstet, in Demut und Geduld Gottes Wirken erwartet, wer aufrichtig und unermüdlich fleht: „Komm’, o Geist der Heiligkeit, aus des Himmels Herrlichkeit, sende deines Lichtes Strahl.“ Zweitens. Es kommt darauf an, würdig des Evangeliums Christi zu wandeln (Phil 1,27). Wer im Geist lebt, ist verpflichtet, im Geiste zu wandeln, ja, sich vom Geiste treiben zu lassen! Würdig des Evangeliums wandelt, wer die Früchte des Geistes bringt. Die Früchte des Geistes bringt, wer in der Furcht Gottes lebt. Es muss stets die heilige Furcht in uns sein, Gottes Gaben könnten einem Unwürdigen gegeben sein. Drittens. Es kommt darauf an, würdig zu bleiben des Wirkens des Heiligen Geistes. In der Heiligen Schrift ergeht oft die Aufforderung an die Christen, das zu bewahren, was sie empfangen haben. Der Gemeinde in Philippi ruft der Apostel Paulus zu: „Haltet fest am Wort des Lebens“ (2,16). Im Brief an die Hebräer heißt es wiederholt: „Lasset uns festhalten am Bekenntnis“ (4,14). „Lasset uns festhalten an der Hoffnung“ (6,18). O meine Freunde, lasset uns bewahren den Geist Gottes!

Amen.

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