Predigtreihe: Kirche und Gesellschaft (Teil 2)
25. Januar 2009
Die hohe Bedeutung der katholischen Soziallehre
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Alle Welt spricht von der Finanzkrise, und sie wächst sich aus zu einer Wirtschaftskrise. Die Wirtschaftskrise droht in eine Rezession einzumünden, und es gibt Fachleute, die aus der Rezession einen wirtschaftlichen Zusammenbruch befürchten. In einem gewissen Sinne kann man sagen: Die Wirtschaft ist unser Schicksal.
Die Krise ist von Menschen gemacht. Sie haben entweder fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt. Wo Menschen handeln, gibt es Handlungsanweisungen, gibt es Normen. Die Trägerin der Normen muss auch auf diesem Gebiete die Kirche sein. Die Kirche ist Normträgerin für alle Bereiche des menschlichen Handelns. Keiner ist ausgenommen. Es gibt ein Evangelium für die Wirtschaft. Es gibt eine katholische Wirtschaftsethik. Es gibt eine katholische Soziallehre.
Erster und oberster Punkt dieser Lehre ist, dass die Menschen die irdischen Dinge im Lichte der ewigen Werte betrachten müssen. „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele?“ Die Wesensaufgabe des Menschen ist, auf Erden sein Heil zu wirken für die Ewigkeit. Dieser Wesensaufgabe kommt er nur nach, wenn er mit einer gewissen Gelassenheit die irdischen Dinge betrachtet. Er muss über den Dingen stehen. Den Himmel kann man gewinnen, ob man reich oder arm ist. Vielleicht hat schon der heilige Joseph gedacht: Warum muss der Gottessohn in einer Höhle zur Welt kommen? Warum muss er jahrelang, jahrzehntelang schwere Handarbeit leisten? Wäre es nicht viel rationeller, viel nützlicher, wenn er frühzeitig seine Lehrtätigkeit und seine Heilungstätigkeit aufnähme?
Die Kirche weiß, dass die Güter der Erde für alle Menschen da sind. Jeder Mensch soll das Lebensnotwendige haben. Darüber hinaus aber darf ein jeder sich durch Fleiß und Sparsamkeit etwas an Eigentum erwerben. Das Eigentum ist ein Grundrecht des Menschen. Die Kirche hat das Privateigentum immer als ein natürliches Recht der Menschen verteidigt. Wenn nämlich das Privateigentum ungebührlich belastet oder leichtfertig bedroht wird, dann liegt darin eine Beeinträchtigung der Schaffensfreude, des Unternehmungsgeistes und der Selbstverantwortung. Eigentum muss sein. Aber es gilt auch das, was im Artikel 14 unserer deutschen Verfassung steht: „Eigentum verpflichtet.“ Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Das Privateigentum hat Schranken. Das Gemeinwohl steht höher als das Wohl des Einzelnen. Dieser muss bereit sein, mit Rücksicht auf das Gemeinwohl die nötigen Opfer an Hab und Gut zu bringen. Diese echt christlich-katholische Soziallehre hat in Deutschland ihren Probierfall bestanden, als nach dem Kriege Millionen Menschen in das Restdeutschland strömten, die ihren Besitz, die ihr gesamtes Eigentum verloren hatten. Der Lastenausgleich war eine Tat der christlich-katholischen Soziallehre, dass diejenigen, die ihren Besitz gerettet haben, denen mitteilen, die ihren Besitz verloren haben. Die Kirche mahnt auch zu ernstem Wirtschaftsstreben. Es heißt nicht nur: Bete, es heißt auch: Arbeite! Wer das Gebet versäumt, begeht einen Fehler, aber auch der, der die Arbeit versäumt. Die Kirche will, dass der Mensch schafft, dass er arbeitet und dass er die Arbeit zur Ehre Gottes verrichtet. „Alles meinem Gott zu Ehren.“ Arbeit im Dienste Gottes nach dem Maß der Anlagen ist ein göttliches Gebot. Die Kirche lehrt auch das Ethos der Arbeit. Man soll die Arbeit nicht nur als „verfluchte Maloche“ ansehen, sondern soll sie als einen Dienst an der Gestaltung der Schöpfung begreifen, man soll sie zur höheren Ehre Gottes verrichten.
Noch ist diese Wahrheit nicht überall durchgedrungen. Vor einiger Zeit hat man eine Untersuchung vorgenommen, wie die Arbeitnehmer zur Arbeit stehen. Da ergab es sich, dass 87 Prozent, dass 87 Prozent keine echte Verpflichtung gegenüber ihrer Arbeit verspüren. 69 Prozent arbeiten lediglich nach Vorschrift, und 18 Prozent haben die innere Kündigung schon vollzogen. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass durch dieses Verhalten der Arbeitnehmer in Deutschland jährlich ein Schaden von 245 Milliarden Euro entsteht.
Besonders leidvoll sind die Verhältnisse im öffentlichen Dienst. Auch darüber liegen Untersuchungen vor, genaue Untersuchungen. Nach diesen Untersuchungen sind die Vollzeitkräfte im öffentlichen Dienst nur zu 53 Prozent ausgelastet und die Teilzeitkräfte nur zu 47 Prozent. Diese Zahlen geben zu denken. Sie zeigen, dass wenig Engagement in die Arbeit und Drückebergerei weit verbreitet sind. Klar ist das Ziel jeder Wirtschaftsordnung: Es muss das Gesamtwohl sein. Die Wirtschaft muss dem Volke dienen. Sie darf nicht einigen wenigen nützen. Die Wirtschaft muss dem Volke zum Leben verhelfen. Nicht nur an den eigenen Vorteil denken, nicht mit einem mörderischen Mammonismus und Raubtierkapitalismus darf man leben, sondern mit einer Haltung, die sich aus der christlichen Soziallehre ergibt. Das Wort von der „sozialen Marktwirtschaft“ ist ein gutes Wort. Es vereint nämlich die Vorteile des Strebens (Marktwirtschaft) mit der Rücksicht auf den Schwachen (soziale Marktwirtschaft). Sie steht in der Mitte zwischen dem menschenverachtenden Kapitalismus und dem mörderischen Sozialismus.
Der christliche Sozialethiker weiß, dass die Träger des Wirtschaftslebens immer nur die freien schaffenden Persönlichkeiten sind: der Unternehmer. Das Unternehmertum ist eine Auswirkung der freien schaffenden Persönlichkeit. Der Unternehmer gründet und leitet ein Unternehmen. Er unternimmt etwas, und dadurch geschieht etwas. Das Unternehmertum ist der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. Der dynamische Unternehmer setzt Innovationen, Neuerungen am Markte durch. Diese Neuerungen werden später nachgeahmt und schaffen für eine ganze Millionenschar von Menschen Werte, werden also in breiter Form verwertet. Ein solcher Unternehmer ist – und Sie kennen ihn alle – Heinz Horst Deichmann, der größte Schuheinzelhändler in Europa. Er fing nach dem Kriege mit einem Geschäft in Essen an. Heute hat das Unternehmen 2.200 Filialen, verkauft jährlich 112 Millionen Paar Schuhe, beschäftigt 25.000 Mitarbeiter und hat einen Umsatz von 2,71 Milliarden Euro. Deichmann ist ein Unternehmer, dem selbst Gewerkschaften nichts Nachteiliges nachreden können. Er sagt von sich selbst: „Wir haben eine gute und motivierte Mannschaft, die eine überdurchschnittliche Pro-Kopf-Leistung erwirtschaftet.“ Und er sagt: „Wir möchten, dass es den Mitarbeitern gut geht und sie sich im Unternehmen wohlfühlen.“ Er erklärt weiter: „Für uns gilt der Satz: Das Unternehmen muss den Menschen dienen. Das bezieht sich gleichermaßen auf die drei Bereiche Kunden, Mitarbeiter und Menschen, die in Not geraten sind. Wir geben das, was wir können.“ Das ist ein vorbildlicher Unternehmer. Er ist auch ein religiöser Mensch.
Die Frage des Lohnes, des Gehaltes, der Bezahlung, steht unter bestimmten Postulaten. Es soll die Wertschöpfung durch die Arbeit vergolten werden. Deswegen fordert die Kirche den „gerechten Lohn“. Wann ist ein Lohn gerecht? Nun, zunächst einmal muss der Lohn der Arbeitsleistung entsprechen. Für ein größeres Maß von Arbeit gebührt ein höherer Lohn. Der Lohn soll auch einem genügsamen, rechtschaffenen Menschen zum Unterhalt dienen. Es muss ein Mindestmaß an Lohn bezahlt werden, damit das zum Leben Erforderliche damit beschafft werden kann. Wir haben jetzt diese Debatte um den Mindestlohn. Beide Seiten bringen berechtigte Überlegungen in die Debatte ein. Die einen sagen: Der Lohn muss dem Menschen und der Arbeit würdig sein. Die anderen sagen: Der Lohn darf einen Betrieb nicht überfordern, denn wenn der Betrieb überfordert wird, geht er pleite, und dann verlieren wir Arbeitsplätze. In diesem Spagat muss eine Lösung gefunden werden, eine Lösung, die beiden Forderungen entspricht. Die Kirche hat ein soziales Evangelium. Sie hat die Lohnunterdrückung, den Lohnraub, die Lohnvorenthaltung als „himmelschreiende Sünde“ bezeichnet, als himmelschreiende Sünde, das heißt als eine Sünde von solcher Bosheit, dass sie zum Himmel um Rache ruft. Es ist also eine Sünde, den Arbeiter, den Arbeitnehmer auf seinen Lohn warten zu lassen, ihm den Lohn unter allerhand Vorwänden zu schmälern. Ausbeutung und Unterdrückung des Arbeitnehmers sind dadurch ausgeschlossen. Im Mittelalter, meine lieben Freunde, im geschmähten Mittelalter, gingen die Klagen um Lohn allen anderen Klagen im Gerichte vor. Sie mußten innerhalb von drei Tagen erledigt werden.
Es liegt im Interesse des Arbeitgebers, dass die Arbeitnehmer gut und ausreichend entlohnt werden, weil nur so auf Arbeitswilligkeit und Fleiß der Arbeitnehmer zu rechnen ist. Besondere Gaben und Fähigkeiten, die in den Arbeitsprozeß eingebracht werden und die einen Vorsprung gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern begründen, dürfen besonders entlohnt werden. Schließlich ist auch die Frage der Ersetzbarkeit oder der Unersetzlichkeit zu bedenken. Damit wird ja heute das hohe Einkommen von Managern gerechtfertigt. Aber es ist eine wohl gerechtfertigte Überzeugung, dass die Schere zwischen hohen und niederen Einkommen zu groß ist. Managergehälter in zweistelliger Millionenhöhe bringen sozialen Unfrieden in unser Land. Solche Gehälter sind aber, wie Sie wissen, an der Tagesordnung. Herr Ackermann bezieht 14 Millionen, Herr Zetsche bezieht 10 Millionen, Herr Reizle bezieht 8 Millionen im Jahr.
Unter den gegebenen Bedingungen ist es nicht zu vermeiden, dass Menschen sich unterscheiden in der Anlage, in den Fähigkeiten, aber auch natürlich im Fleiß. Und so gibt es im Wirtschaftsleben solche, die führen, und andere, die geführt werden, die mitschaffen. Das ist unaufhebbar. Wie immer Sie die Wirtschaft gestalten wollen, der Unterschied zwischen führenden Persönlichkeiten und geführten läßt sich nicht ausschalten, und es wäre ungerecht, wenn der Führung nicht der entsprechende Lohn würde. Aber freilich, diese unvermeidlichen Gegensätze sollten nicht in einen Klassenkampf ausarten. Der Klassenkampf ist der Krieg der einen gegen die anderen. Die Kirche hat immer dem Ständewesen das Wort geredet. Das heißt, die in einem bestimmten Beruf, in einer bestimmten Berufssparte arbeiten, sollen sich als solidarisch spüren, sollen diese Berufssparte als ihr Eigentum ansehen, für die sie sich mit besten Kräften einsetzen ohne mörderische Gegensätze.
Ausdruck des Klassenkampfes ist der Streik. Der Streik ist die gemeinsame Arbeitsniederlegung als Kampfmaßnahme, um eine Forderung durchzusetzen oder um sich gegen eine Benachteiligung zu wehren. Der Streik ist ein schweres Übel für die Streikenden selbst, für die bestreikten Arbeitgeber und für die unbeteiligten Dritten. Deswegen kann der Streik nur zulässig sein, wenn er als letztes Mittel eingesetzt wird, um ein wertvolles Ziel zu erreichen. Es müssen die üblen Folgen gegenüber dem Ziel, das erstrebt wird, abgewogen werden. Und das ist, so scheint es, nicht immer der Fall. Wir haben den langen Streik der Lokomotivführer erlebt, die mit hohen Lohnforderungen sich durchsetzen wollten und sich auch durchgesetzt haben. Meine lieben Freunde, wer eine Monopolstellung besitzt wie die Lokomotivführer und wer diese Monopolstellung ohne Rücksichtnahme auf die Öffentlichkeit ausnutzt, der handelt unrecht. Die Bahn hat eine Monopolstellung und mit ihr die Lokomotivführer. Ihr Streik schädigt nur sekundär den Arbeitgeber, er schädigt die Allgemeinheit. Millionen- wenn nicht Milliardenwerte sind durch diesen Streik zugrunde gegangen. Das war nicht immer so. Bis 1993 waren die Lokomotivführer Beamte. Beamte dürfen nicht streiken, und durch die Beamteneigenschaft wurde dieser Streik 143 Jahre vermieden. Dann hat man meines Erachtens übelberaten die Beamteneigenschaft abgeschafft. Nicht die Lokführer haben die Beamteneigenschaft aufgegeben, sondern der Staat wollte es so. Und was ist die Folge davon? Nun erheben die Lokführer eigene Forderungen, jetzt schon wieder 6,5 Prozent, nicht wahr, und suchen diese Forderung mit Streikdrohung oder mit Streikführung durchzusetzen.
Der Staat kann die Wirtschaft nicht sich selbst überlassen. Er muss dazu beitragen, dass die Menschen zu sozialer Gesinnung erzogen werden. Er soll dafür sorgen, dass die Angehörigen des Volkes in die Lage versetzt werden, sich das zum Leben Erforderliche ungestört zu erwerben. Der Staat kann freilich die private Anstrengung und Bemühung und Sorge nicht abnehmen. Die Selbstverantwortung, die Eigeninitiative und die persönliche Freiheit sind dem Menschen aufgegeben. Der Staat muss aber dort eingreifen, wo die Kräfte des Einzelnen versagen und wo es das Gemeinwohl fordert. Der Staat muss den wirtschaftlich Schwachen stützen. Er muss ihn vor Schaden bewahren, z.B. ungemessene Arbeitszeit verbieten, übertriebene Inanspruchnahme der Arbeitskraft untersagen, die Sonntagsarbeit einschränken, die Arbeit in gesundheitsschädlichen Räumen zumindest in Grenzen halten, die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen überwachen. Der Staat muss auch den wirtschaftlich Schwachen sicher stellen gegen Krankheit, Unfall, Arbeitsunfähigkeit. Seit 1883 sind in Deutschland vorbildliche Sozialgesetze geschaffen worden. Sie verbinden sich mit dem Namen Bismarck, aber Bismarck war ja nur der Kanzler der damaligen Zeit. Ausgearbeitet wurden die Gesetze von Parlamentariern, und darunter spielten die katholischen Parlamentarier der Zentrumspartei eine maßgebende Rolle.
Im Jahre 1941, meine lieben Freunde, nahmen wir in der Schule die Sozialgesetzgebung durch. Ich meldete mich und sagte: „Daran hat der katholische Abgeordnete Graf von Galen einen führenden Anteil.“ Da wurde der Lehrer wild: „Hier betreiben wir deutsche Geschichte und keine konfessionelle“, sagte er. „Wenn dir das nicht paßt, mußt du dir eine andere Schule suchen.“ Es stimmte aber, was ich sagte. Graf von Galen war der führende Parlamentarier, der die Sozialgesetzgebung durchgesetzt hat. Und in der Weimarer Republik war es ebenso. Acht Jahre lang, von 1920 bis 1928, war ein katholischer Priester Sozialminister, Heinrich Brauns. Ihm ist die Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik zu verdanken.
Es gibt eine Wirtschaftsmoral. Die Wirtschaft, das wirtschaftliche Handeln stehen unter moralischen Gesetzen. Was sittlich unzulässig ist, das muss auch wirtschaftlich verfehlt sein. Auch hier wurde eine Umfrage unter den Managern getätigt, und die kam zu interessanten Ergebnissen. Jeder dritte Spitzenmanager vertritt die Haltung, nach der Moral nicht teilbar ist. Wenn man sich auf unmoralische Aktivität einläßt, korrumpiert man nicht nur sich selbst, sondern auch das Unternehmen. Ich zitiere einen Vorstand: „Sie können kein guter Kaufmann sein, wenn Sie nicht moralisch sauber sind. Das geht nicht, das kriegen Sie nicht hin. Sie machen kurzfristig Geschäfte, aber auf lange Sicht nicht.“ Aber nur ein Drittel, nur ein Drittel der Manager teilt diese Ansicht. Zwei Drittel sind der gegenteiligen Ansicht, man könne in der Wirtschaft nicht nach ethischen Gesichtspunkten handeln. Ich zitiere einen dieser Manager: „Die großen Konzerne wissen auch, dass Schmiergeld und Bestechung etwas ganz Normales außerhalb der Bundesrepublik sind. Ob es die feine Art ist? Ich halte es nicht gerade für das Optimum, aber es ist etwas, was in der globalen Welt möglich ist und vielleicht sogar erwartet wird.“ Ein anderer sagt: „Es gibt Länder, da müssen Sie entscheiden, ob Sie Business machen oder ob Sie nicht Business machen. Wenn Sie Business machen, dann gibt es einfach Praktiken, die für unsere moralischen Begriffe nicht in Ordnung sind.“
Dass solche Praktiken nicht nur in den arabischen Ländern üblich sind, sondern auch in Deutschland, erfahren wir durch die großen Wirtschaftsprozesse. Ich erinnere Sie an den bedeutenden Prozeß gegen die Manager vom Volkswagenwerk. Die Vorstände des Volkswagenwerkes haben den Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrates, Volkert, mit knapp zwei Millionen Euro – ja wie soll ich sagen – gekauft oder bestochen oder beschenkt. Sie haben einem ihrer Manager gesagt: „Erfüllen Sie Volkert jeden Wunsch ohne Grenzen!“ Und das ist geschehen. So hat Volkert also knapp zwei Millionen Euro eingestrichen, ihm wurden Lust- und Luxusreisen bewilligt, er erhielt einen Scheinvertrag für seine brasilianische Geliebte. Das Motto war: „Geht es Volkert gut, geht es Volkswagen gut.“ Sie sehen, dass es mit der Moral auch in unseren Breiten vielfach nicht weit her ist.
Aber zum Schluß will ich noch auf das Entscheidende zu sprechen kommen, nämlich auf das christliche Liebesgebot. Denn das ist ja nun die Seele aller Tätigkeit im wirtschaftlichen Bereich. Die Kirche erzieht zu wahrer Nächstenliebe, und sie veranlaßt uns, dem Nächsten zu helfen. Wer nicht nach seinem Vermögen dem notleidenden Nächsten hilft, der sündigt gegen die Liebe, unter Umständen schwer. Die Menschen denken, es gäbe nur die Sünden gegen das 6. Gebot. Nein, es gibt sehr viele, es gibt unzählige Sünden gegen das Liebesgebot. „Was ihr meinem Nächsten nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan.“ Das Gericht erfolgt nach dem Maß der Liebe. Wer Vermögen besitzt in dieser Welt und seinen Bruder in Not sieht, ihm aber das Herz verschließt, wie kann in dem die Liebe Gottes wohnen? „Meine Kinder“, sagt der Apostel Johannes, „laßt uns lieben, nicht mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit.“
Amen.