Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  

Predigtreihe: Die Argumente der Ungläubigen (Teil 12)

12. April 2004

Die Auferstehung – Fundament des Glaubens

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

„O ihr Unverständigen, wie langsam kommt ihr doch zum Glauben an all das, was die Propheten verkündet haben!“ So hat der Herr zu den Emmaus-Jüngern sprechen müssen. Sie hatten die Botschaft der Propheten gehört, aber sie waren nicht imstande, sie auf das Geschehen der drei Tage von Karfreitag bis Ostersonntag anzuwenden. Deswegen klagt er: O ihr Unverständigen, wie lange dauert es doch, bis ihr all das versteht, was die Propheten über Jesus, über den Christus, vorhergesagt haben!

Das Verstehen des Christusereignisses nennt man Glauben. Glaube ist ein alltäglicher Begriff. Wir sprechen oft vom Glauben. Wir glauben dem Sprecher im Rundfunk, wenn er die Zeit ansagt, daß es jetzt 6 Uhr am Morgen ist; wir glauben dem Bäcker, daß seine Brötchen nahrhaft sind, auch wenn wir keine Lebensmittelanalyse durchführen; wir glauben dem TÜV, daß das Auto fahrtüchtig ist, auch wenn wir nicht die einzelnen Teile des Wagens untersuchen. Und so geht es weiter. Wir glauben der Fluggesellschaft, daß sie uns richtig an das Ziel bringen wird, das wir gebucht haben; und wir springen in den Swimmingpool, weil wir überzeugt sind, daß darin Wasser ist und nicht Salzsäure. Wir glauben also fortwährend in unserem alltäglichen Leben.

Der Glaube an die religiösen Wahrheiten ist von anderer Art. Er stützt sich nicht auf den Augenschein oder auf die gewöhnliche Verlässigkeit der Menschen, er stützt sich auf die Offenbarung Gottes. Weil einmal einer erschienen ist, der gesagt hat: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, deswegen glauben wir an Jesus Christus. Und er hat es ja nicht nur gesagt, er hat es bewiesen. Für die Wahrheit seiner Worte, für die Glaubwürdigkeit seiner Person sprechen sein heiliges Leben, seine Weissagungen und Wunder, vor allem das Wunder der Auferstehung. Achten Sie darauf, daß im Neuen Testament immer zwei Reihen von Aussagen zu finden sind: Jesus ist auferstanden, und Jesus ist auferweckt worden. Das ist kein Widerspruch. Wenn wir sagen: Jesus ist auferstanden, dann wollen wir damit sagen, daß in ihm göttliche Kraft war. Wenn wir die andere Aussage erwähnen – er ist erweckt worden –, dann wollen wir damit bekennen, daß der himmlische Vater sein Ja unter dieses Leben gesetzt hat. Er ist erweckt worden, weil der Vater dem Leben und Lehren und Leiden dieses Christus zustimmt.

Wenn uns jemand kommt und sagt: Es gibt sehr viele Religionen, man kann sich eine auf dem Jahrmarkt der geistlichen Bewegungen aussuchen, dann sagen wir: Gut, aber bringt mir einmal einen Religionsstifter, der totgeschlagen wurde und dann auferweckt wurde! Dann können wir über die Konkurrenz mit dem Christentum reden. Solange das nicht der Fall ist, ist das Christentum konkurrenzlos, so lange steht in der christlichen Urkunde das Wort: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ Die christliche Religion ist nicht eine, die von unten nach oben geht, sondern eine, die von oben nach unten geht. In der christlichen Religion suchen nicht die Menschen ihren Gott, sondern in der christlichen Religion sucht Gott die Menschen. In der christlichen Religion streben nicht die Menschen von der Erde zum Himmel, sondern senkt sich der Himmel auf die Erde. Das ist der wesentliche Unterschied zu allen anderen Religionen. In ihnen spricht sich die numinose Sehnsucht des Menschen aus, der Drang nach dem Heiligen, und insofern stehen sie vor Christus im Advent. Aber seitdem Christus erschienen ist, sind sie in der Gegnerschaft zu Christus. Es ist deswegen ganz irrig, die nichtchristlichen Religionen als Vorbereitungen für das Christentum zu verstehen; das waren sie, bevor Christus erschien. Jetzt sondern sie sich von dem Christusereignis ab und stehen im Widerstand und im Aufstand gegen ihn.

Die Auferstehung des Herrn ist von den Ungläubigen immer wieder in Zweifel gezogen worden. In der Tat, wenn es gelingt, dieses Fundament des Christentums zu zerschlagen, dann ist das Christentum erledigt, dann gilt tatsächlich, was Paulus sagt: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist nichtig euer Glaube und leer unsere Predigt.“

Schon im Neuen Testament sieht man, wie der Unglaube bemüht ist, die Auferstehung zu diskreditieren. Die jüdische Obrigkeit versuchte den Leichnam Jesu als gestohlen auszugeben. Man hat die Diebstahlshypothese erfunden: Die Jünger sind gekommen und haben den Leichnam Jesu entfernt und dann das Gerücht verbreitet, er ist auferstanden. Gegen diese Hypothese erhebt der Charakter der Jünger Einspruch. Die Jünger waren keine Verbrecher, Diebe und Täuscher. Gegen diese Hypothese erhebt auch die Wache am Grabe Einspruch. Wie kann man sagen – und das hat schon Augustinus in einer Osterpredigt erwähnt –, wie kann man sagen, die Wächter haben geschlafen, und dann sind die Jünger gekommen und haben ihn gestohlen? Wie kann man schlafen und gleichzeitig ein Ereignis bezeugen, das während des Schlafes geschehen sein soll? Ja, schlafende Zeugen, so ruft Augustinus aus, schlafende Zeugen führst du an? Da hast du selber geschlafen.

Eine subtilere Form, mit der Auferstehung fertigzuwerden, ist die psychologische Hypothese. Die Jünger hätten aus ihrem Unterbewußtsein die Überzeugung emporsteigen lassen, daß Jesus auferstanden sei. Sie waren gewiß niedergeschlagen und entmutigt, aber ihr Unterbewußtes hat weitergearbeitet und hat aus Sehnsucht nach einem Sieger und Triumphator die Auferstehung Jesu erfunden. Meine lieben Freunde, für die Erfindung dieser Hypothese oder besser für die Erfindung dieser aus dem Unbewußten aufsteigenden Überzeugung bleiben nur die Stunden vom Karfreitag bis zum Ostersonntag. Da müßte das Unterbewußte gewaltig gearbeitet haben, um in dieser Zeit eine derartige ungeheuerliche Tatsache herauszuzaubern. Nicht aus dem Unterbewußten ist ihnen die Auferstehung gewiß geworden, sondern aus den Sinnen. Was sie erfahren haben, das verkünden sie, nicht was sie sich erdacht haben. Das Christentum ist nicht eine aus dem Unterbewußten herausgesponnene Hypothese, das Christentum ist die Überzeugung von der Wirklichkeit des Auferstandenen, der den Jüngern erschienen ist als eine von außen auf sie eindringende Macht. Und ihre Zweifel, ihre oft erwähnten Zweifel haben uns mehr geholfen zu glauben, als wenn sie sogleich und rasch bereit gewesen wären, sich dem Auferstandenen zu übergeben. Nein, ihre Zweifel führten sie zur Nachprüfung, und diese Nachprüfung erleichtert uns den Glauben.

Wenn wir am Osterfest die Auferstehung des Herrn feiern, dann laufen wir nicht Mythen und nicht Fabeln nach. Meine lieben Freunde, die Jünger waren entmutigt und niedergeschlagen; sie waren, wie wir eben gehört haben, traurig und bedrückt. Auf einmal sind Mut und Tapferkeit mit Überzeugungstreue und Verkündigungseifer in ihnen zu finden. Dieser Umschlag erklärt sich nur, wenn etwas Ungeheuerliches geschehen ist, etwas, was keiner erwartet und was niemand für möglich gehalten hätte, nämlich: Der Herr ist wahrhaft auferstanden. Achten Sie bitte auf dieses Wort „wahrhaft“, das schon im Neuen Testament steht! Es wird eben damit gesagt: Das ist keine Auferstehung in der Phantasie, in der Einbildung, ins Kerygma, wie Rudolf Bultmann sagt, sondern eine Auferstehung in der Wirklichkeit, eine Auferstehung, die in der Welt der Erscheinungen, in der Welt der körperlichen Identität geschehen ist.

Wir brauchen uns also nicht irremachen zu lassen von Leuten, die uns den Glauben rauben wollen. Wir dürfen mit voller Überzeugung an dem Satz festhalten: „Wir haben den Herrn gesehen“, wie die Jünger es verkündet haben. Wir dürfen auch heute ungetrübt und unvermindert bekennen: Der Herr ist wahrhaft auferstanden, und wir haben ihn gesehen, seine Macht und seine Herrlichkeit.

Amen.

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