12. Januar 2025
Die heilige Familie
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Christus hat die Familie geheiligt. Sein Leben in Nazareth ist wie ein Erlösungsprogramm der Familie geworden. Christentum, Kirche, Familie gehören zusammen. Davon gilt: „Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen“ (Mt 29,6). Heute ist leider das Familienleben vielfach zersetzt, aufgelöst, weil der Geist Christi von ihm gewichen ist. Ich nenne einige charakteristische Erscheinungen. Deutlich zugenommen haben in den letzten Jahrzehnten das Heiratsalter, die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften (auch mit Kindern), die Zahl nichtehelicher Geburten, die Zahl allein erziehender Mütter und Väter, die Zahl der Scheidungen (auch bei Familien mit Kindern), die Zahl erwerbstätiger Mütter mit Kindern unter 15 Jahren. Deutlich rückläufig sind die Kinderzahl pro Ehe bzw. Familie und die Zahl der Ehen, die überhaupt Kinder haben. Die Institution Familie hat deutlich an Stabilität und damit an Sicherheit für ihre Mitglieder verloren.
Familie ist die natürliche Lebensgemeinschaft von Vater, Mutter und Kind zum Zweck der Beschaffung des täglichen Lebensbedarfs und zur vollen Entfaltung der in dieser Gemeinschaft vereinigten Glieder. Familie ist ein realer gesellschaftlicher Organismus, hervorgegangen aus der einfachsten organischen Zelle der Gesellschaft, der Ehe, und selbst wieder die Urzelle aller sittlichen Gesellschaftsbildungen. Vor zweitausend Jahren begann die Erlösung der Welt in einer Familie, der heiligen Familie von Nazareth. So muss auch heute das Heil mit der Erlösung der Familie beginnen.
I.
Die Heilige Schrift ist eine unvergleichliche Lehrmeisterin für uns; eine Pädagogin nicht nur in Worten und Gebeten, sondern auch und noch mehr durch die Bilder des Lebens, die uns bietet. Ein Familienbild von einzigartiger Schönheit ist das alttestamentliche Buch Tobias. Da reden die Tatsachen von einem echten, frommen Familienleben.
1. Das Lob des Jünglings. Der junge Tobias hatte nichts Kindisches in seinem Wesen und in seinen Werken. Wohlgemerkt: Nicht heißt es da „nichts Kindliches“. Das Kindliche ist etwas Schönes, etwas Edles. Das Kindische ist unausgewachsen, unentwickelt, unkultiviert, unerweckt. Vor dem Kindischen müssen die Eltern die heranwachsende Jugend schirmen. Als alle anderen zu den goldenen Kälbern eilten, ging Tobias allein hinauf nach Jerusalem, zum Tempel Jahwes, seines Gottes. Damals wuchs Gras auf den Straßen nach Jerusalem. Tobias hatte den Mut und die Kraft, seinem Gott treu zu bleiben. Die Kinder der christlichen Familie dürfen es nicht treiben wie die anderen. Sie dürfen keine Menschenfurcht haben. Christliche Eltern müssen ihren Kindern die Furcht vor Menschen aberziehen. Immer wieder wird behauptet, die Jugend sei das Alter des Vergnügens. Das ist nicht wahr. Die Jugend ist das Alter des Heroismus (Paul Claudel).
2. Zum Manne herangewachsen nahm sich Tobias eine Frau „aus seinem Stamme“, also auch aus der gleichen Religion. In Israel war die gemischte Ehe verboten. Heute fragen die meisten vor Verlobung und Eheschließung kaum nach Religion und Konfession. Tertullian schildert das innerste eheliche Zusammengehen und Zusammenleben gerade auf gleichen Pfaden der Religion. Da muss geistige Einheit und Harmonie herrschen. Einmal um der Gatten willen. Wenn Eheleute sich in der Religion nicht einig sind, fehlt ihnen die tiefste Verbundenheit. Zum anderen um der Kinder willen. Ihnen sollen die Gatten ein und denselben Glauben vermitteln. 3. Der Vater Tobias lehrte seinen Sohn von Anfang an Gott fürchten und die Sünde meiden. Die Furcht ist dem Menschen gegeben als Warnung vor dem Bösen und Gefährlichen. Die Furcht vor dem sittlich Bösen zieht den Menschen von dem Unerlaubten ab. Sie führt zu Umkehr und Reue. Sie weckt Mut, Klugheit und Beharrlichkeit. Die rechte Furcht Gottes verabscheut und flieht alles Böse, weil es eine Beleidigung des geliebten Gottes darstellt; sie ist mehr ein Akt der Liebe und Ehrfurcht. 4. Der Vater Tobias hatte sich einen schweren Dienst des Erbarmens unter den Mitgenossen der Babylonischen Gefangenschaft ausgesucht: Er beobachtete, wie seine Stammesgenossen rechtlos und wehrlos waren. Sie wurden ausgebeutet, misshandelt, getötet. Die Leichen blieben unbestattet, ja es war verboten, sie würdig zu beerdigen. Sie wurden den wilden Tieren überlassen. Tobias konnte dieses Unrecht nicht ansehen. Er nahm sich der ermordeten Landsleute an und übergab sie in der Nacht dem Erdreich. Man machte ihm Vorhaltungen, dass er sich dadurch in große Gefahr begebe. Tobias ließ sich nicht abhalten, weiterhin den Dienst der Barmherzigkeit zu üben. 5. Der junge Tobias bereitete sich durch Gebet in der Familie auf die Ehe vor. „Lasset uns Gott bitten. Denn wir sind Kinder der Heiligen und können uns nicht verbinden wie die Heiden.“ Darin war er ein leuchtendes Vorbild für die heutigen jungen Leute. Über die Ehe dachte er heilig und voller Ehrfurcht. Denn: „wir sind Kinder der Heiligen.“ Welch eine herrliche Losung! Ihr gilt es zu folgen. Denn Ehen werden im Himmel geschlossen. Dann dürfen sie auf Gottes Segen rechnen. Die Ehe ist eine göttliche Natureinrichtung mit heiligen Zielen für die Menschheit. Die Ehe ist das Abbild der Verbindung Christi mit der Kirche.
II.
1. Am Urbeginn der Menschheitsgeschichte, auf dem ersten Blatt der Heiligen Schrift, erscheint die Familie. Dem ersten Menschen, einem Mann, fehlt etwas. Es ist nicht gut, dass er allein ist. So entschließt sich Gott, ihm eine Gehilfin zu schaffen, die zu ihm passt. Es entsteht die Ehe und aus ihr die Familie.
2. In die erste Familie gibt Gott seine Befehle. a) An erster Stelle die religiösen Befehle: „Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, nur vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen. Denn sobald du davon issest, bist du dem Tod verfallen.“ Das Sittengesetz, das uns sagt, was geboten und verboten ist, stammt von Gott. Die Menschen haben es anzunehmen und zu erfüllen. Kein Mensch, kein Bischof und kein Papst kann göttliche Gebote ändern oder abschaffen. Was der Synodale Weg sich angemaßt hat, ist der Aufstand gegen Gott.
b) Gott gab den Menschen den Kulturbefehl. Er soll den Garten bebauen und pflegen. Der Mensch ist zur Arbeit geschaffen. Es besteht eine gottgewollte, naturrechtliche Pflicht zur Arbeit. Die Arbeit ist Mittel sittlicher Selbstpflege, soziale Gemeinschaftspflicht und Quelle geistiger und körperlicher Gesundheit. Arbeit wirkt sozial verbindend, besonders in der Familie. Der Ruf, der heute ergeht, nach immer mehr Freizeit und immer weniger Arbeitszeit, nach kürzerer Lebensarbeitszeit und früherer Verrentung dient weder dem Menschen noch der Gesellschaft. Zum Auswirken des Kulturbefehls gibt Gott dem Menschen Macht. Der Mensch soll herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über jedes Lebewesen, das sich auf der Erde regt. Die Macht eröffnet die Möglichkeit der Benutzung, zwingt aber zugleich zu Achtung und Schonung und wird so zum Dienst an der untergeordneten Kreatur. Der Mensch besitzt Autorität über die außermenschliche Welt. Es ist eine verliehene Autorität, die in der Verantwortung vor Gott steht. Tierschutz und Pflanzenschutz sind von der Religion gestützte Pflichten des Menschen.
c) Gott gab den Menschen den Fortpflanzungsbefehl: Seid fruchtbar und mehret euch! Sie sollen das Leben, das sie von Gott empfingen, weitergeben. Leben vom Leben Gottes. Das ist heiliger Anteil am Schöpferwalten des Allmächtigen. Die Hauptabsicht Gottes bei der Verbindung zweier geschlechtsverschiedener Personen zur Ehe war die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft. Zu ihr drängen der Naturtrieb und das Verlangen der beiden Geschlechter nach Gemeinschaft und gegenseitiger Ergänzung; ihr entspricht die Ausstattung von Mann und Frau mit verschiedenen körperlichen Organen, die der menschlichen Fortpflanzung dienen sollen. Mit dem Naturzweck verlöre das Geschlechtsleben sein inneres Gesetz und seine Richtschnur. Aus der Familie ergeben sich Gattenpflichten. Opferbereite Liebe und unwandelbare Treue erhalten und festigen das lebenslängliche Band zwischen Gatte und Gattin. Der Familiengedanke ist das Hauptbollwerk gegen die sinnliche Leidenschaft und Selbstsucht einzelner Familienglieder. Aus der Familie ergeben sich Elternpflichten. Den Eltern obliegt gegenüber den Kindern gemeinsam Ernährung und Schutz, Erziehung und berufliche Ertüchtigung. Das Ziel der elterlichen Erziehung ist die Mündigmachung der Kinder. Die elterliche Autorität wird ergänzt durch Liebe, Billigkeit und Gerechtigkeit. Aus der Familie ergeben sich Kindespflichten. Es sind Ehrfurcht gegenüber den Eltern, Liebe (Teilnahme an Freude und Leid, Wohltun in Krankheit, Alter und Not) und Gehorsam, bereitwillige Einordnung in das Erziehungsziel und in die Hausordnung. d) Gott gab den Menschen den Innerlichkeitsbefehl: Deine Begierde soll unter dir sein, und du sollst über ihr herrschen! Der Mensch soll Herrscher sein wie sein Gott. Die höchste Herrschaft ist die über das „Ich“. Einen Akt, der nach seiner ganzen Natur zum Dienst der Gattung bestimmt ist, durch bewusstes Tun aus dem Rahmen seines Naturzweckes herausnehmen und zur Befriedigung individueller Lust benutzen, heißt die wesentliche Ordnung der Schöpfung umkehren und den Urheber der Natur beleidigen. Mit der Erhebung des Geschlechtsgenusses zum Selbstzweck wird der Zusammenhang mit den sittlichen Zwecken der Persönlichkeit, die soziale Verantwortlichkeit sowie alle Rücksicht auf Familie, Nachkommenschaft und Gesellschaft verloren.
Aufgrund der Befehle Gottes ergeben sich die Imperative. 1. Habet Ehrfurcht vor der gottgeweihten Familie. Ehrfurcht besagt höchste Wertschätzung. Sie ist durch Nähe und Distanz zum Gegenstand gekennzeichnet. Die Distanz ist als Abstand und Scheu zu verletzen geprägt. 2. Anerkennt die Majestätsrechte des ewigen Gottes in ihr: Sie gehen von ihr in die Welt hinaus. Die Familie ist nicht der Willkür von Menschen und Parlamenten ausgeliefert. 3. Betet für die Familien. Betet für die Familien, die sich heute und morgen bilden, dass Gottes Segen auf ihnen ruhe. „Wenn der Herr das Haus nicht baut, bauen die Bauleute vergebens.“ Die heilige Familie von Nazareth segne die Familien von heute, mache sie gottesfürchtig und gottgetreu. Die heilige Familie von Nazareth segne unsere Jugend und mit ihr die Zukunft unseres Volkes.
Amen.