7. Juli 2024
Was Jesus von den Frauen verlangt
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Was Jesus von den Frauen verlangt. Erstens verlangt er ihre Lebensarbeit. Es sind ihm in seinem öffentlichen Leben einige Frauen als Jüngerinnen nachgefolgt. Sie dienten ihm und den Aposteln in den irdischen Bedürfnissen und Nöten. Was ist aus dieser kleinen Zahl der Frauen geworden? Ein unermesslich langer Zug von Frauen, die ihm nachfolgen und dienen mit ihrer fraulichen Arbeit, mit ihrer fraulichen Liebe. Er hat damit der Frau einen Lebensinhalt gegeben, der von bleibender Bedeutung ist. Er hat zum ersten Mal gezeigt, dass die Frau nicht bloß für den Mann ist, sondern für Gott; dass ihr Tun nicht bloß dem Manne dienen soll, sondern in die Ewigkeit hineinreicht. Er hat ihr einen Zugang zum Ewigen, Unendlichen eröffnet. Das äußert sich im Familienleben, im Staats- und Volksleben, im kirchlichen Leben.
Im Familienlieben. Die natürliche Aufgabe der Frau liegt in der Ehe und der Geburt von Kindern. So hat es Gott gewollt. Kinder zu gebären bedeutet für die israelitische Frau göttlichen Segen und höchstes Glück (Gen 4,1.25; 24,60; 29-30). Christus hat sich zu diesem Verständnis wie selbstverständlich bekannt. Die Kirche hat seine Lehre in Gebote und Gesetze gefasst. Kinder zu gebären ist nach 1 Tim 2,15; 5,14 der natürliche Beruf der Frau. Die Ehe ist in erster Linie auf die Erzeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet. Die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes ist ein soziales Gut höchsten Wertes. Ohne diesen Naturzweck verlöre das Geschlechtsleben sein inneres Gesetz und seine Richtschnur. In der Mutterschaft kommt der Frau ihre innerste Lebenserfüllung zu. Dieser Aufgabe entspricht die Anlage ihres Herzens zur Mütterlichkeit. Natürlich entfaltet sich diese am ehesten im Erlebnis leiblicher Mutterschaft, aber durchaus nicht immer, erst recht nicht ausschließlich. Mütterlichkeit ist eine Mitgift und Aufgabe einer jeden Frau. Der Wesenszug der Frau ist Mütterlichkeit. Das Muttertum wurzelt im Empfangen und Tragen; es reift zur opferfreudigen, sich nie versagenden Hingabe. Jesus hat der Frau eine neue Aufgabe zugewiesen: die Aufgabe, Kindern Gottes das Leben zu schenken. Den Auftrag, durch ihre Mütterlichkeit für das Blühen und Wachsen des Reiches Christi zu sorgen, hat ihr Christus allein gegeben. Das hat erst das Christentum offenbar gemacht, diese Kraft, welche die Frau hat, das kommende Geschlecht zu erziehen; es nicht bloß leiblich in die Welt zu setzen, sondern auch geistig zu prägen. Diese Erkenntnis, dass die Mutter die geborene Pädagogin ist, die Erstberufene, die in ihrer Mütterlichkeit die vollendetste Kraft der Erziehung trägt. Wir wissen heute, dass im Wesentlichen die Menschen, die aus der Familie kommen, so geartet sind, wie die Mutter sie gestaltet hat. Was die Mutter ihnen gibt, geht nicht verloren, ob im Guten oder im Bösen; was sie versäumt, kann nicht eingeholt werden; was sie aufgebaut hat, wird nie ganz niedergerissen.
Die Frau ist sodann nach Gottes Willen gleichwertige Gefährtin und Partnerin des Mannes in der Ehe. Der Frau ist aufgeben, sich in das Leben des Mannes einzufühlen und sein Schicksal, seinen Beruf und seinen Existenzkampf mitzutragen. Frauen gelten als Garanten häuslichen und ehelichen Glücks, als Vermittlerinnen humaner Werte wie Selbstlosigkeit, Sanftheit, Zartheit, Sensitivität, Innerlichkeit, Unschuld. Sie befähigen Männer als „Gesellschaftswesen“, sich der Dynamik und dem Druck des Arbeits- und Erwerbslebens auszusetzen.
Im Staatsleben. In Europa hat die Frau heute auf allen Rechtsgebieten die Gleichstellung mit dem Mann erreicht. Die Umstände und die Gesellschaft führen fast alle Frauen in einen Beruf. Die Quote der Frauen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen, beträgt in den Industrieländern 70 bis 90 Prozent. Sechs von zehn erwerbstätigen Frauen sind verheiratet. Die Festlegung der Frauen auf Erwerbstätigkeiten in Krankenpflege, Grundschulunterricht, Dienstleistungssektor und Kinderbetreuung ist weltweit zu beobachten. Doch werden diese Berufe heute schon durch viele andere Tätigkeiten überschritten. Die Frau ist heute in vielen Ländern zu allen Berufen und zu jeder politischen Stellung zugelassen. Frauen sind tätig als Staatsanwälte und Richter. Frauen ziehen in die Parlamente ein, besetzen Ministerposten, werden zu Staatspräsidenten gewählt. Frauen werden in Medizin und Wissenschaft, in Geschäft und Technik tätig. Bedingt durch ihre außerhäusliche Arbeitssituation können die verheirateten Frauen ihren häuslichen und familiären Aufgaben nur schwer nachkommen. Die Einstellung zur Elternschaft und Kindern hat sich verändert. Kinder werden, wenn überhaupt, seltener und später geboren. Beruf und Karriere gehen vor. Im Staat vertritt die Frau die weibliche Seite der Kultur, die mütterliche Liebe in allen Bereichen, besonders auf pflegerischem und pädagogischem Gebiet. Die Frau könnte die Aufgabe haben, die Atmosphäre zu vermenschlichen und das Persönliche zu retten. Es könnte die Aufgabe der Frau sein, dem Staat eine Seele einzuflößen, aus der Maschine etwas Lebendiges, aus der Organisation einen Organismus zu machen. Sie sollte das tun, was die Frau allein tun kann, aus dem Staat eine Gemeinschaft machen, seelische Wärme und inneren Kontakt der Menschen fördern.
Im religiösen und kirchlichen Leben. Frauen gelten als religiöser denn Männer. Ihre Religiosität hat eigene Züge. Die Frau ist in ihrem religiösen Verhalten für das Geheimnis der Gnade aufgeschlossener als für das Wunderwerk der Schöpfung, dessen Erhellung und Nachahmung. Sie findet leichter einen Zugang zu der sich verschenkenden Güte Gottes als zu seiner Weisheit, Allmacht und Gerechtigkeit. Sie fühlt sich dem menschgewordenen und leidenden Erlöser tiefer verbunden als dem verklärten Christus und Weltenrichter. Die Religiosität der Frauen strahlt auf die Kinder, das Volk aus. Was haben heilige Frauen wie Elisabeth von Thüringen und Hedwig von Schlesien für ihr Volk und für ihre Zeit bedeutet! An den Reformbewegungen der Kirche waren stets Frauen in beträchtlichem Maße beteiligt. Es sei an heilige Frauen wie Katharina von Siena, Margareta Maria Alacoque und Johanna Franziska von Chantal erinnert. Es lässt sich in keiner kirchlichen Statistik aufzählen, was die christlichen Frauen in der Kirche und für die Kirche geleistet haben: in der Liebestätigkeit, in der Heidenmission, in der Heimatmission der Großstädte. Das ist unübersehbar und um so größer, weil es zumeist verborgen bleibt. Das Beste daran ist das Persönliche, das Frauliche, das Unsagbare, das die Frau bei ihrer Arbeit mitbringt. Das ist es, was Jesus von den Frauen verlangt, und es geht so weit, dass er ihnen sogar einen eigenen Beruf gegeben hat. Es gibt Frauen, die nur dafür da sind, seinem Reich zu dienen. Die junge Kirche weiß sich in der Einstellung Jesu, wenn sie Frauen im Dienst der Kirche unterhält in karitativen Aufgaben, in Mühewaltung (Röm 16,3.6.12; Phil 4,2f.; 1 Tim 3,21), im christlichen Unterricht. Großes Ansehen haben die Stände der Jungfrauen und der Witwen. Das Ordensleben gestattet vielen Frauen Einflussnahme im Bereich von Kirche und Wohlfahrt. Es gab eine Zeit in Deutschland, in der in zahlreichen Krankenhäusern Ordensschwestern die Pflege der Kranken leisteten. Sie waren hoch angesehen und bei den Patienten beliebt. In der Psychiatrischen Klinik der Münchener Max-Ludwig-Universität waren in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts katholische Ordensschwestern beschäftigt. Der nationalsozialistische Gauleiter drang darauf, dass sie entfernt würden. Der Direktor der Klinik, Professor Oswald Bumke, trat ihm entgegen, indem er erklärte: „Wenn Sie die Schwestern herausnehmen, können Sie mich gleich mitnehmen.“
Zweitens verlangt Jesus von den Frauen ihr Lebensopfer. Er hat die Jungfräulichkeit zum Prinzip erhoben, zum Prinzip des religiösen Fortschritts. „Wer es fassen kann, der fasse es.“ Nicht jedem ist es gegeben, dass er um des Reiches Gottes willen die Jungfräulichkeit hochhält. In den Augen Jesu ist sie ein Opfer und soll sie ein Opfer sein. Jesus hat das Opfer, den Verzicht, die Entsagung zum Grundsatz gemacht. Zu einer Gnade, um die man betet. Das ist unendlich weittragend für das ganze christliche Leben überhaupt und für das Frauenleben im Besonderen. Eine religiöse Gemeinschaft, welche die Jungfräulichkeit als Ideal und Stand fallen lässt, ist nicht mehr die Stiftung Jesu. Wie Jesus sich dieses Opfer denkt, sehen wir an der Art, wie er seine Mutter behandelt. Sie durfte ihn zur Welt bringen in der Fremde, in einem Stalle, sie durfte ihn aufziehen und pflegen, wie es nur eine Mutter kann. Als er erwachsen war, ging er seine Wege. Er hat die Mutter nicht mitgenommen, sie durfte nicht in seiner Nähe sein. Nur gleichsam aus der Ferne konnte sie ihm mit den übrigen Frauen folgen. Sie hat in seinem öffentlichen Leben keine Rolle gespielt; er hat sie selbst ferngehalten. Als er sterbend am Kreuze hing, da durfte sie wieder kommen und ihn auf ihren Schoß nehmen. In dieser furchtbaren Stunde, wo nur noch der Verzicht am Platz war, durfte sie wieder erscheinen. So denkt er sich das Opfer der Frau: in dieser Selbstlosigkeit. Sie bringt ihre Gabe dar und kehrt wieder zurück in das Schweigen, ohne etwas verlangen. Dort, wo es Schweres zu erfüllen gibt, da ist die Frau; wo es gilt, Ehre einzuheimsen, da tritt sie zurück. Sie ist dazu da, das Opfer der Stille, des Schweigens, das Lebensopfer zu bringen, ohne etwas zu verlangen, ohne ein Aufsehen damit zu machen. Es ist im Grunde das, was die Menschen an sich schon der Frau zutrauen und immer zugetraut haben: dass sie zum Dienen da sein soll. Das hat im Gedanken Jesu die Bedeutung: Weil er der Frau das Größte zutraut, verlangt er von ihr das Größte. Sie ist das lebendige Symbol selbstloser Hingabe an eine heilige Sache; das Symbol des selbstlosen Dienens, das nichts für sich verlangt, sondern zufrieden ist, schenken zu dürfen. Ihr Frauen, geht hin und danket dem Herrn. Denn ihr habt keinen besseren Freund als ihn.
Amen.