30. Juni 2024
Wie sich Jesus zu den Frauen gestellt hat
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Geliebte im Herrn!
Wir wollen fragen, wie sich Jesus zu den Frauen gestellt hat. Zu diesem Zweck wollen wir die Frauen betrachten, die in sein Leben getreten sind. Er hat sein Leben nicht an eine Frau gebunden. Doch hat er ein positives Verhältnis zu den Frauen gewonnen. Nie spricht Jesus geringschätzig über die Frauen. Jesus durchbricht die enge Sitte seiner Zeit und redet eingehend mit ihnen. Verschiedene von Jesus geheilte Frauen ziehen mit ihm und unterstützen ihn und seine Jünger aus ihrem Vermögen. Er hat den Frauen etwas gegeben, und er hat etwas von ihnen verlangt.
Was hat er ihnen gegeben? Zunächst: Er hat die Frauen ernstgenommen. Das war nicht selbstverständlich in der Welt, in der er lebte. Es ist durchaus nicht immer der Fall, dass die Menschen einander ernst nehmen, und doch ist es das Einfachste, das wir einem Menschen schenken können. Wenn jemand einen Menschen nicht ernst nimmt, ist kein Vertrauen möglich, kein Austausch, kein gutes Verhältnis. Gerade Frauen sind sehr empfindlich für jeden Mangel an Ernstnehmen. Daran sind nicht bloß die Männer schuld, sondern auch die Frauen; sie nehmen einander häufig nicht ernst. Es gibt keine härteren Urteile und keine schärfere Kritik über Frauen als die von Frauen selbst. Rasch wird der Stab gebrochen über sie: Dumme Gans – hysterisch – eingebildet. Frauen werden oft nicht ernst genommen. Jesus hat sie ernst genommen, sehr ernst.
Da war die blutflüssige Frau. Niemand konnte ihr helfen. Eines Tages hört sie: Jesus kommt in ihr Dorf. Sie fasst den Entschluss, zu ihm zu gehen. Dann kommt er – allerdings zu der Tochter des Jairus, des Synagogenvorstehers, des tonangebenden Mannes im Dorf; seine Tochter geht vor. Die kranke Frau hat keine Gelegenheit, ihn anzugehen, mit ihm zu reden. Sie denkt: Wenn ich nur sein Gewand berühren kann, heimlich, und nur die Quaste, das reicht, dann werde ich schon gesund werden. Das tut sie dann auch, drängt sich vor, drängt sich durch, mit viel Sanftmut und Geduld, wie das Frauen zu tun pflegen. Jetzt ist sie ihm ganz nahe; es gelingt ihr, so eine hängende Quaste zu fassen. Aber sie wird entdeckt. Jesus wendet sich um. „Wer hat mein Gewand berührt?“ Petrus hat natürlich gleich seine Meinung. „Herr, wer soll dich angerührt haben? Da stoßen und drängen sich alle, da kann man nicht nachschauen, wer dich angerührt hat.“ Jesus sagt: „Es hat mich jemand angerührt; eine Kraft ist von mir ausgegangen.“ Er schaut in die Reihe herum. Er sieht die Frau. Er weiß: Sie ist es. Sie muss bekennen. Sie wird geheilt. Und er lobt sie für ihren Glauben. Man hätte gegen die Frau allerhand einwenden können, und wenn jemand von den Umstehenden sie bemerkte, hat er das vielleicht auch getan. Sie wird wohl auch von den Jüngern Jesu nicht sehr freundlich angesehen worden sein: „Jetzt kommt die auch noch hierher! Sie weiß doch, dass wir zu Jairus gerufen sind; seine Tochter kann jeden Augenblick sterben.“ Da kommen schon die Boten und melden: „Das Kind ist gestorben.“ Hätte die Frau Jesus nicht aufgehalten, wäre er wohl noch rechtzeitig gekommen. Und dann: Was ist das für ein Glaube, ein Aberglaube! Wenn sie den Saum seines Gewandes berührt, soll sie gesund werden. Das ist keine geistige Religion, sondern eine magische. Aber sie hat es halt gemacht, so gut sie konnte. Wie sollte sie es in ihrer Einfalt und Schüchternheit anders machen! Jesus hat sie in Schutz genommen, hat nichts gegen ihre Art, ihre Gedanken, ihr Benehmen gesagt. Er hat sie geheilt und um ihres Glaubens willen gelobt.
Da ist eine andere Frau, eine Kanaaniterin, also eine Heidin. Ihre Tochter ist krank. Da hört sie, Jesus sei in die Gegend von Tyrus und Sidon gekommen und befinde sich schon in dem Flecken, in dem sie wohnt. Da ist ihr Entschluss gefasst. Sie geht hinaus auf den Weg, und als Jesus näherkommt, tritt sie vor, verneigt sich und sagt: „Herr, meine Tochter ist sehr krank.“ Es ist ihr, der Heidin, schwer geworden, ihn anzusprechen. Sie weiß ja nicht, wie er sie aufnehmen wird. Aber die Mutterliebe treibt sie. Jesus schaut nicht hin, wendet sich ihr nicht zu, geht vorüber. Sie stutzt einen Moment, denkt, er hat mich wohl nicht gehört, fasst sich, geht ihm nach und wiederholt ihre Bitte. Da er immer noch nichts sagt, spricht sie immer eindringlicher: „Meine Tochter ist sehr krank.“ Da werden die Jünger unwillig. Sie haben sich von Anfang an geärgert. „Nun sag ihr doch etwas, Herr, sie läuft hinter uns her und schreit; die Leute laufen zusammen und fragen, was los ist; es ist peinlich für uns. Sag, sie soll wegbleiben oder sonst etwas.“ Jesus sagt kein Wort, geht weiter, nachdenklich, schweigsam. Sie kommen in das Dorf, sie treten in das Haus, in das der Herr eingeladen ist. Es gelingt ihr, mit hineinzukommen in das Gemach, in dem die Gäste sitzen; sie wirft sich nieder und fängt wieder an, ihre Bitte vorzutragen. Nun muss er etwas sagen. „Frau, was denkst du. Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hündlein hinzuwerfen.“ Er will sagen: Du weißt, dass du eine Heidin bist, ich gehöre dem Volk Israel an, und du weißt, was die Heiden in den Augen der Juden gelten: Es sind Hunde, die irgendwie zum Haus gehören, aber doch kein Recht haben wie die Menschen. Er will damit sagen: Zuerst kommen die Kinder des Hauses und nicht die untergeordneten Geschöpfe, die nicht das gleiche Recht haben. Meine Volksgenossen werden Ärgernis daran nehmen, dass ich ihnen ein Recht entziehe. Man könnte meinen, nun sei sie endgültig entmutigt und werde sagen: „Nun gut, es ist also nichts. Er will mir nicht helfen, ich kann es verstehen.“ Sie ist nicht beleidigt. Jedes Volk betrachtet sich als etwas Besonderes und sieht auf Angehörige anderer Völker herab. Die Frau hört das Wort und entgegnet schlagfertig: „Ja, Herr, das soll man wirklich nicht tun. Aber die Hündlein bekommen doch die Brosamen, die vom Tische ihrer Herren fallen. Mehr will ich ja nicht. Aber solch eine Brosame lass doch abfallen von deinem Tisch.“ Da ist Jesus tief bewegt wie selten im Verkehr mit Menschen. „Wahrlich“, sagt er, „dein Glaube ist groß; dir geschehe nach deinem Wunsche.“ Selten hat der Herr den Glauben der Leute gelobt; meistens befand er ihn zu klein. Selbst zu seinen Jüngern, als sie im See waren und beinahe zu ertrinken fürchteten und um Hilfe riefen: „Herr, rette uns, wir gehen zugrunde“, sagt er vorwurfsvoll: „Ihr Kleingläubigen! Was habt ihr einen kleinen Glauben!“ Man sollte meinen, es wäre an der Zeit gewesen, um Rettung zu rufen, wenn man das Schifflein schon voll Wasser hat. Hier aber fand er den Glauben groß. Warum? Weil dahinter eine mutige und vertrauende Seele stand. Ein Mensch, der sich nicht einschüchtern, nicht verbittern lässt, sondern die Freundlichkeit des Herzens gegenüber aller Enttäuschung bewahrt. Es ist ein Mensch, der die große Liebe hat. „Die Liebe ist langmütig. Die Liebe ist gütig. Sie sucht nicht das Ihre. Sie kennt keine Erbitterung. Sie erträgt alles.“ Diese Liebe kann man nicht entmutigen, erbittern, unterdrücken. So eine Liebe steht hinter dem Glauben dieser Frau, und darum ist ihr Glaube groß. Jesus nimmt sie in Schutz. Man hätte sagen können, sie sei aufdringlich, habe durch ihr Nachlaufen die Regeln des Anstandes verletzt, habe durch ihr Eindringen in das Haus die Leute geärgert. Das alles hätte man sagen können. Jesus hat nichts davon gesagt. Er hat nur den starken, unüberwindlichen Glauben der Frau gesehen.
Dann war eine arme Witwe in Jerusalem. Vielleicht war sie Wäscherin oder Näherin oder Zugehfrau und verdiente täglich die paar Pfennige, von denen sie leben musste. Eines Tages hatte sie ein schweres Anliegen, eine große Sorge, und wollte von Gott etwas erbitten. Da ging sie hinauf in den Tempel, am Abend, als sie ihren Lohn bekommen hatte, und warf ihren Tageslohn in den Tempelkasten. Dann ging sie beten. Jesus stand dort schon eine geraume Weile. Es scheint, er wartete auf die Witwe, nachdem er den ganzen Tag die Leute beobachtet hatte. Da kamen hohe Herren, da kamen feine Damen, da kamen angesehene Leute und warfen ihre Gaben in den Kasten, große Stücke, dass es nur so klirrte. Jesus schaute zu und sagte kein Wort. Nun kam die Witwe, die arme Frau. Jesus wandte sich an seine Jünger und sagte: „Diese Frau hat mehr gegeben als alle anderen.“ Man sieht: Er hat sie ernst genommen mit ihrem guten Willen. Die anderen Menschen mochten denken: Was wirft sie jetzt ihren kärglichen Verdienst in den Opferkasten? Hätte sie ihn für sich behalten. Vielleicht ist sie morgen krank, arbeitsunfähig, kann nicht schaffen, und andere Leute haben Last mit ihr. Hätte sie lieber den Betrag für sich behalten. Solche Leute können nicht sparen, können nicht mit Geld umgehen. Was ist mit diesen paar Pfennigen ausgerichtet? Davon wird der Tempel nicht reich. Der Küster ärgert sich, dass er lumpiges Kleingeld zählen muss. Jesus aber hat es gesehen und das Opfer der armen Witwe gewürdigt. Er hat ernst genommen, was sie getan hat, obgleich es nach außen nur eine winzige Tat war.
Maria von Bethanien war eine Jüngerin und eine Verehrerin des Herrn. Kurz vor seinem Leiden war er bei ihr zu Gast. Nach Johannes kam sie herein und brachte ihre Gabe: ihr Salbentöpfchen und goss es über den Herrn. Bei einer früheren Gelegenheit war Ähnliches geschehen, und Judas hatte sich darüber geärgert, und ganz grundlos war ja sein Ärger nicht. Es war eine Verschwendung, man hätte wirklich das Geld den Armen geben können, vielleicht hätte man davon viele Bedürftige speisen können. Sie hätte zum mindesten ihren Dienst besser einteilen können; warum alles auf einmal? Es war keine Sparsamkeit dabei, keine Vernunft, alles so übermäßig. Jesus aber tadelt das Verhalten der Maria nicht. Die Umsitzenden ärgerten sich über sie. Jesus sah nichts davon an ihr; er schaute nur ihre große Liebe und rühmte sie: „Überall in der ganzen Welt, wo man das Evangelium verkündet, wird man auch zu ihrem Andenken erzählen, was sie getan hat.“ Der Herr hat Maria erst genommen, sie, gegen die man allerhand hätte einwenden können.
Jesus hat den Frauen etwas zugetraut, auch solchen, denen man angeblich nichts zutrauen kann. Da war eine irrende Frau, eine Ehebrecherin, ertappt worden, und wurde unter großem Geschrei vor Jesus geschleppt. Man fragt ihn listig: „Was soll man mit ihr tun?“ Es war eigentlich klar. Das Gesetz hat gesprochen. In solch einem Fall muss die Frau gesteinigt werden, rücksichtslos, erbarmungslos. Sie ist aus der Gemeinschaft des Volkes auszurotten. Jesus schaut sie an, beugt sich nieder, macht mit dem Finger Zeichen am Boden, ohne ein Wort zu sagen. Da drängen sie ihn, er soll sich äußern. Jetzt erhebt er sich und spricht ein Wort: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ Da wenden sie sich schweigend ab. Einer nach dem anderen geht davon. Sie können den Stein nicht werfen. Sie wissen, was er sagen wollte. Dann fragt er die Frau: „Frau, wo sind sie geblieben? Hat keiner dich verurteilt?“ Sie antwortet: „Keiner, Herr.“ Da sprach Jesus: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh hin und sündige fortan nicht mehr.“ Er traut ihr zu, dass sie nicht mehr sündigt. Er traut ihr zu, was ihr das Gesetz Gottes im Alten Bund nicht zugetraut hatte. Er traut ihr zu, was ihr die menschliche Gesellschaft nicht zutrauen wird. Er traut ihr zu, was ihr seine Jünger und Jüngerinnen in aller Zukunft nicht zutrauen werden: Fürsorgerinnen und Helferinnen vom Guten Hirten und die Menschen, die für die Rettung anderer da sind. Sie werden oft mutlos sein und sagen: „Es ist nichts zu machen mit so einem Geschöpf; sie fällt doch wieder, sie bricht wieder aus dem Rettungshaus, aus dem Asyl, sie ändert sich innerlich nicht, es ist nichts zu machen.“ Jesus traut ihr zu, dass sie nicht wieder sündigt. Und wahrlich, wenn es möglich ist, dass so eine Frau aufsteht, ist es nur auf diesem Weg möglich, um dieses Vertrauens willen. Wenn man ihr sagt: „Es ist aus mit dir“, dann ist es aus. Sie hat keine Kraft mehr und nimmt keine Rücksicht mehr. Es kommt auf das Vertrauen an, das man in den irrenden Menschen setzt.
Auch der büßenden Frau hat Jesus etwas zugetraut, der Sünderin im Hause Simons, des Pharisäers. Simon war entrüstet und entsetzt, dass sie in sein Haus kam. Aber Jesus traute ihr zu, dass sie mit der Kraft ihrer Liebe den Zorn Gottes versöhnen wird. Sie hat ihm „viel Liebe gezeigt“, also ist ihr auch „viel vergeben“. Wenn ihr die menschliche Gesellschaft nichts Gutes mehr zutraut, wenn sie den Zorn der Menschen nicht versöhnen kann, den Zorn Gottes hat sie versöhnen können.
Dann gibt es die unbedeutende Frau, mit der man nicht viel anfangen kann, der man keine Tiefe zutraut, wenig Verstand, die Samariterin am Jakobsbrunnen. Dahin war Jesus eines Tages gekommen, in der Mittagshitze, er war müde und setzte sich auf das Mäuerchen des Brunnens. Die Apostel waren in das nahe Dorf gegangen und kauften etwas zum Essen ein. Während er da saß, kam die Frau mit dem Krug auf dem Kopf, und er bat sie: „Frau, gib mir zu trinken.“ Er hatte Durst. Die Frau war erstaunt, denn sie erkannte ihn sofort als Juden. „Du bist doch ein Jude und bittest mich, eine Samariterin, um einen Trunk?“ Juden und Samariter standen sich feindselig gegenüber. So kommen sie ins Gespräch. Es zeigt sich, dass in dieser Frau etwas Tieferes ist, als man gedacht hätte. Sie hat Interesse für große Fragen, sie weiß etwas vom Messias und erwartet von ihm, dass er ihr die großen religiösen Fragen klären werde, die sie hat. Oft hat sie darüber nachgedacht, wer eigentlich recht habe, die Samariter oder die Juden: Wo soll man beten, auf dem Berge Garizim oder auf dem Sion? Wenn man das nur wüsste! Sie hat oft überlegt und darunter gelitten, dass es ihr niemand sagen konnte, aber sie hat es nie kundgetan, dass sie ein solches Anliegen hatte. „Wenn der Messias kommt, wird er uns alles sagen.“ Sie hat vom Messias eine andere Auffassung als sogar die Jünger. Sie erwartet nicht Erhebung und Auszeichnung, nicht Wohlleben in Herrlichkeit und Macht, sondern dass er sie über das Gebet belehrt, wie man besser beten könne. Sie hat eine tiefere, geistige Auffassung. Wer hätte ihr das zugetraut! Und Jesus sagt ihr auch etwas auf ihre Frage. Man könnte denken, seine Worte seien zu hoch gewesen für sie. Er aber zeigt, dass man den Menschen auch etwas Hochgeistiges zutrauen darf. Er sagt ihr: „Frau, Gott ist Geist und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Es kommt nicht auf den Ort an, wo man betet; weder Jerusalem tut es noch der Garizim, noch sonst ein Ort in der Welt. Geist und Wahrheit, das ist es, worin man Gott sucht und anbetet. Mag sein, dass es ihr über ihren Horizont gegangen ist, aber sie hat doch wohl eine Ahnung bekommen, was gemeint ist. Wo immer ein Mensch sein armes Gebet zum Himmel sendet, dringt es zu Gott. Das hat ihr wohlgetan. Sie läuft, ohne dem Herrn etwas zu trinken zu geben (das hat sie vergessen), und holt ihre Bekannten herbei: „Denkt mal, wen ich gefunden habe!“ Und sie bringt viele mit, die nun Jesus kennenlernen und an ihn glauben. Diese armen Leute von Sichar sagen der Frau recht offen, was sie von ihr denken: „Wenn du allein es gesagt hättest, hätten wir nichts darauf gegeben. Aber jetzt haben wir selbst gesehen.“ So sind sie: Niemand traut ihr etwas Rechtes zu; man sagt es ihr ins Gesicht: „Was du sagst, du mit deinen sieben Männern, da gibt man nichts darauf.“ Sie war eine Frau, die nach außen hin keinen besonderen Eindruck machte, und Jesus hat ihr Hohes zugetraut.
Jesus hat die Frau geliebt. Da sind die zwei Schwestern von Bethanien, Martha und Maria. Er war ihr Freund, er ist gern bei ihnen eingekehrt, er stand vertraut mit ihnen. Und wie gern saß Maria zu seinen Füßen und lauschte seinen Worten, und wie glücklich war Martha, ihm aufwarten zu dürfen, wenn er, von der Wanderung müde, sie mit einem Besuch beehrte! Und wie nahe ihm Maria von Magdala stand, sehen wir in der Auferstehungsszene im Garten des Grabes. Da sagte er, um sich zu erkennen zu geben, nur ein Wort: „Maria“, und sie sagt nur ein Wort: „Rabbuni“. Sie bedürfen nicht vieler Reden, sosehr sind sie im schönsten Sinne einander vertraut. Er hat diesen Frauen seine reine Liebe, sein Vertrauen, seine Zeit, seine Lehre, vielleicht auch etwas von seiner Ehre geschenkt. Er hat damit ein Beispiel gegeben für alle kommenden Zeiten, für das seine Person genügt und das bestätigt wird von der Erfahrung seiner Heiligen: dass es möglich ist, die Frau zu lieben, ohne sie zu erniedrigen, zu beleidigen oder als Spielzeug zu betrachten; sie zu lieben wie eine Schwester Christi, wie eine Freundin, eine Künderin seines Herzens. Dieses Beispiel hat er gegeben, und es ist von einigen nachgeahmt worden wie Bonifatius und Lioba, Franz von Assisi und Klara, Franz von Sales und Franziska von Chantal.
Amen.