Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
8. Mai 2016

Zeugnis von Christus ablegen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Die Sache Jesu schien aussichtslos zu sein am Abend, bevor er litt. Die Jünger waren zerstreut, die Apostel waren furchtsam, der Herr selber ausgeliefert den Heiden. Vor Pilatus bekannte er, dass er gekommen sei, für die Wahrheit Zeugnis abzulegen, aber die Juden nahmen in der Masse sein Zeugnis nicht an. Als dann die Verhaftung erfolgte, da flohen alle Jünger, und die Sache Jesu schien verloren. In der Tat, menschlich bestand keine Aussicht für das Fortgehen der Sache Jesu, menschlich war alles am Ende. Aber das Werk des Herrn wurde doch gesichert, weil es einen Bürgen dafür gab. Und dieser Bürge ist der Heilige Geist, der Geist Gottes. „Wenn der Beistand kommt, den ich vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird über mich Zeugnis ablegen.“ Die Juden wollten den Herrn aus dem Wege schaffen, seine Ehre zertreten, seinen Namen auslöschen. Aber der Herr erstand zu neuem Leben in der Macht des Geistes, durchwirkt vom Heiligen Geiste, verklärt durch die Herrlichkeit des Geistes. Und es kam der Pfingsttag, da hörte die Stadt Jerusalem die Botschaft, das Zeugnis von Jesus, und bald hört es das ganze Land und dann das ganze römische Weltreich, dass der verurteilte und hingerichtete Nazarener lebt, dass er ein himmlisches Leben in der Herrlichkeit des Vaters besitzt und mit göttlicher Macht herrscht. Die Urgemeinde wuchs, nahm zu. „Der Herr, der Herr!, aber brachte täglich zu der Gemeinde solche hinzu, die gerettet werden sollten.“ Der Herr wendet sogar das Herz seines grimmigsten Verfolgers sich zu: „Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?“ Der Geist hat ihn ergriffen, und der Geist beherrscht fortan das Leben dieses Mannes. Was er redet, was er schreibt, was er duldet, das geschieht alles im Heiligen Geiste. Rasch ist das Römische Reich von Christengemeinden durchsetzt, und alle Gläubigen bekennen denselben Glauben: den Vater im Himmel, den eingeborenen Sohn und den Geist Gottes. Alle bekennen die Gottheit Christi: Gott von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott, Licht vom Licht. Christus, Gott von Gott, ist der Felsengrund des christlichen Glaubens. Und wenn es so ist, wie, meine lieben Freunde, ich Ihnen sagen muss, dass viele evangelische Theologen die Gottheit Christi bestreiten, es ist dies der Felsengrund unseres Glaubens. Eine Gemeinde, die nicht mehr die Gottheit Christi bekennt, ist keine christliche Gemeinde mehr. Alle Väter haben mit Petrus bekannt: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Christus ist mit ihnen. Alle scharen sich um seinen Opferaltar, alle essen von seinem Himmelsbrot, alle opfern das gleiche Gotteslamm; Christus ist mitten unter ihnen. Aber die schönste Frucht des Geistes Gottes ist der neue Mensch, der im Lichte des Glaubens und in der Kraft der Gnade heranwächst. Schon von der Urgemeinde lesen wir, dass die Menge der Gläubigen ein Herz und eine Seele war. Die christliche Liebe war unter ihnen, es wurde einem jeden mitgeteilt, was er nötig hatte; ein urchristlicher Kommunismus, aber ein Kommunismus aus der Liebe Gottes unter dem Antrieb des Geistes. Und dann kommt der Apostel, der das Hohelied der Liebe gesungen hat: „Wenn ich mit Menschen- und Engelszungen redete, aber die Liebe nicht hätte, dann wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich die Weissagung hätte und alle Geheimnisse wüsste, die Liebe aber nicht hätte, dann wäre ich nichts. Und wenn ich einen Glauben hätte, der Berge versetzt, hätte aber die Liebe nicht, dann wäre ich nichts. Und wenn ich meinen ganzen Leib hingäbe zum Verbrennen, hätte aber die Liebe nicht, es nützte mir nichts.“ Die Juden wunderten sich und die Heiden staunten: „Seht, wie sie einander lieben“, so wurde von den ersten Christen gesagt: Seht, wie sie einander lieben. Die Christen lebten der Welt das Leben Christi vor. Christus lebte in seinen Brüdern und Schwestern. Der Geist legte in ihnen Zeugnis von Christus ab.

Mit dem Zeugnis des Geistes verband sich das Zeugnis der Apostel. „Auch ihr werdet Zeugnis ablegen, weil ihr von Anfang bei mir waret.“ Das Zeugenamt gehört notwendig zum Apostel. Paulus kann sogar sagen: „Ich bin nicht gesandt, zu taufen, ich bin nur gesandt, zu predigen.“ Schon früh am Anfang des öffentlichen Wirkens hatte Christus Apostel, Jünger um sich gesammelt, und als dann einer ausschied wegen Verrat, da musste ein Neuer gewählt werden. Aber es konnte nur einer sein, der „immer bei uns war von Anfang an, als Jesus mit uns war und bei uns ein und aus ging“. Unmittelbar vor seinem Heimgang zum Vater hat Jesus die Apostel in die Welt entlassen: „Ihr werdet in der Kraft des Heiligen Geistes hinausgehen und meine Zeugen sein in ganz Jerusalem, in Judäa, in Samaria, bis an die Grenzen der Erde.“ Der Heilige Geist sollte sie geleiten. Zunächst waren sie furchtsam, verkrochen sich, aber dann kam das Pfingstfest und da blühte ihre Kraft auf. Jetzt aber treten sie als Zeugen vor die Welt. Noch in der Stunde der Geistsendung erfährt die Welt aus dem Munde des Petrus, dass Jesus lebt und herrscht: „Das gesamte Haus Israel soll wissen, mit Sicherheit erkennen, dass Gott ihn zum Herrn und Messias gemacht hat, eben den Jesus, den ihr gekreuzigt habt.“ Bald stehen sie im Tempel und legen Zeugnis ab für ihren Herrn: „Der Gott unserer Väter hat seinen Knecht, Jesus, verherrlicht. Den Anführer des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten erweckt, des sind wir Zeugen.“ Und die Apostel machen ihren Zeugenmut bekannt, als ihnen verboten wird, vom Herrn zu reden, als ihnen geboten wird, ihn totzuschweigen, sein Andenken auszulöschen. „Es ist uns unmöglich, von dem zu schweigen, was wir gesehen und gehört haben.“ Ja, die Apostel bezeugen das, was sie ganz erfüllt, mit Freimut vor dem Hohen Rat: „Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr umgebracht habt, als ihr ihn ans Kreuz hängtet. Diesen Führer und Heiland hat Gott zu seiner Rechten erhöht, um Israel Nachlass der Sünden und Umkehr zu schenken.“ Paulus, dieser glühende Mann, hat das Zeugnis von Tod und Auferstehung des Herrn zum Kern seines Evangeliums gemacht: „Denn das habe ich vor allen anderen Dingen euch verkündet, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist, gemäß der Schrift, dass er begraben wurde und dass er auferstanden ist am dritten Tage, gemäß der Schrift.“ Und sein Zeugnis kann keine Drohung und keine Hetze unterdrücken. „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündete. Ein Zwang liegt auf mir, dass ich das Evangelium verkünden muss.“ Und für dieses Evangelium hat er sein Leben in die Schanze geworfen. Er ist der Sklave Christi, er sagt von sich: „Ich trage die Malzeichen Christi an meinem Leibe.“ Welches sind denn die Malzeichen Christi? Nun, das sind seine Wunden, das sind auch die Wunden am Leibe des Paulus. „Fünfmal erhielt ich vierzig Streiche weniger einen (also 39), einmal wurde ich gesteinigt, dreimal habe ich die Ruten empfangen, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, trieb eine ganze Nacht auf dem Meere umher.“ Wer das kann, der kann es nur in der Kraft des Geistes. Wer führt ein solches Leben auf eigene Faust? Nur ein Mensch, der von einem Geist erfüllt ist: „Leben ist für mich Christus, und Sterben ist für mich Gewinn.“

Das ist es, meine lieben Freunde, was auch uns zur Aufgabe gemacht wird, nämlich Licht der Welt, Salz der Erde zu sein. Das heißt doch, dass die Jünger in der Welt auffallen sollen, dass man sie nicht soll übersehen können. Licht ist das, was den Tag erhellt, Salz ist das, was die Speisen schmackhaft macht. Sie sollen durch ihr ganzes Leben und Wirken Christus bezeugen, Zeugnis ablegen. „Tadellos und lauter“ sollen sie sein, schreibt Paulus an die Philipper, „untadelige Kinder Gottes mitten unter einem irren und wirren Geschlecht, unter dem ihr leuchtet wie Sterne im Weltall.“ Und Petrus erklärt das gleiche: „Führet euren Wandel unter den Heiden trefflich, damit, wenn sie euch als Übeltäter verleumden, sie eure guten Werke sehen und Gott am Tage der Heimsuchung verherrlichen.“ Und so sehen wir die Urgemeinde es erfüllen das Wort, Zeugen zu sein. „Sie lobten Gott“, heißt es, „und genossen Ansehen beim ganzen Volk.“ Es kamen immer mehr solche dazu, die an den Herrn glaubten, eine Menge Männer und Frauen, ja gar eine große Anzahl von jüdischen Priestern fanden den Weg zum Glauben und wurden kraftvolle Zeugen des göttlichen Herrn; sie warben für ihn. Im Abendmahlsaal hatte der Herr nach seinem Scheiden die Apostel auch mit ihrer schwersten Aufgabe vertraut gemacht. „Sie werden euch aus den Synagogen stoßen. Es kommt die Stunde, da jeder, der euch tötet, Gott einen Dienst zu tun glaubt.“ Diese Kämpfe müssen also kommen, und sie werden dauern, solange es Christen gibt in dieser Welt, verbale Angriffe. In Berlin, meine lieben Freunde, wurde ein Flugblatt verteilt, wo die katholische Kirche als „Kinderfickersekte“! bezeichnet wurde. Hunderte und tausende von Zeugen stehen auf und bezeugen, dass Christus lebt, aber die Welt ist voll Hass und Grimm. Sie kann es nicht ertragen, dass ihr die Botschaft von Christus gebracht wird. Sie kämpft mit Haft und Kerker, mit Ruten und Geißeln, mit Polizeiaufgebot, mit Militärgewalt gegen die Christen, und die Christen haben keine anderen Waffen als den Namen und den Geist ihres Herrn. Sie stehen vor dem Hohen Rat, sie bekennen sich zum Namen des Herrn. Man verhängt ein Redeverbot über sie, und sie predigen weiter. Man geißelt sie, da gingen sie freudig vom Hohen Rate, weil sie gewürdigt worden waren, für Christus Schmach zu erleiden. So steht Stephanus vor seinen Richtern und seinen Henkern. Sie brüllen über ihn, sie halten sich die Ohren zu, sie wollen ihn nicht hören. Aber er kann nicht schweigen von dem Herrn, der seine Seele erfüllt. Sie fallen mit Fäusten und Steinen über ihn her. Er verblutet, er stirbt, aber sein letztes Wort ist ein Wort des Zeugnisses für seinen Herrn: „Vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“ So kämpfen, so siegen die Christen in Jerusalem. So wird es auch bald sein in Rom; sie sind wehrlos gegen die äußere Gewalt, die Welt ist stärker. Aber sie sind der Welt überlegen durch ihre innere Kraft. Sie sitzen auf den Anklagebänken der Weltgeschichte, und sie füllen die Zellen der Gefängnisse, und sie vergießen ihr Blut für ihren Gott und Heiland, aber sie bestehen die Kraftprobe, die Gott ihnen zugedacht hat. Das Teuflische an der Verfolgung ist immer, dass die Christen nicht als Christen verfolgt werden, sondern unter Vorgabe anderer Gründe: als Staatsverbrecher, als Religionsfeinde, als Gotteslästerer. Im Römischen Reich wurden die Christen verurteilt als Gottlose, weil sie die Götterwelt ablehnten. Die Christen stehen auf einmal als Feinde des Kaisers und der Götter da, der Pöbel erhebt sich gegen sie, die Freunde fallen ab, die Familienmitglieder trennen sich von ihnen. So waren die Christen oft von allen verlassen und mussten standhalten gegen eine ganze Welt. „Das werden sie euch antun, weil sie weder den Vater kennen noch mich.“ Ein furchtbares Urteil über das jüdische Volk, das seinen Messias in der Masse nicht erkannt hat, aber auch ein Urteil über die Heidenwelt, die in ihrem Gewissen Gottes Stimme gehört hat und aus der Natur Gottes Werk erkennt und doch vom wahren Gott nichts wissen will. So werden die Christen, die getreuen Zeugen, zum Gericht für die Welt. Jetzt werden sie angeklagt, verurteilt, hingerichtet, aber einst werden sie die Ankläger sein und Gericht halten mit ihrem Herrn über die Welt. „Aber das habe ich zu euch gesprochen, damit, wenn jene Stunde kommt, ihr euch daran erinnert, dass ich es euch gesagt habe.“

Amen.  

Schrift
Seitenanzeige für große Bildschirme
Anzeige: Vereinfacht / Klein
Schrift: Kleiner / Größer
Druckversion dieser Predigt