Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
6. September 2015

Gott lässt seiner nicht spotten

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In der eben gehörten Epistel aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Galatien steht der Satz: „Gott lässt seiner nicht spotten.“ Dieser Satz beinhaltet zwei Aussagen. Erstens, dass es Menschen gibt, die Gottes spotten. Gottes spotten heißt: ihn verächtlich behandeln. Zweitens, dass Gott sich den Spott nicht gefallen lässt. Wenn sein Gesetz unbeachtet bleibt, dann erwächst aus dieser Missachtung Unheil für den Menschen. Gott lässt seiner nicht spotten. Vielleicht fragt der eine oder andere von Ihnen: Stimmt das? Straft Gott wirklich seine Missachtung? Höhnen nicht die Übermütigen: Ich habe gesündigt, und was ist mir geschehen? Nichts. Sagt nicht der Atheist: Gott straft das Böse nicht? Ruft nicht der Herrscher in der Ballade von Heinrich Heine, Belsazar, ruft nicht der babylonische Herrscher: „Jehova, dir künde ich ewig Hohn. Ich bin der König von Babylon“?

Gott lässt seiner nicht spotten. Er ist der Schöpfer und Herr der Natur. Er hat seine Gesetze der Natur eingeprägt, die wir in der Physik, in der Chemie, in der Biologie gelernt haben. Die Naturgesetze lassen nicht mit sich spaßen. Wenn der Mensch sie missachtet, schlägt die Natur zurück. Die Menschen haben drauflos gewirtschaftet: immer mehr Ansprüche, immer mehr Annehmlichkeiten, immer mehr Lebensqualität, wie Willi Brandt gefordert hat. So hat man die Natur ausgebeutet, den Energieverbrauch ins Unermessliche gesteigert. Jetzt spüren wir die Folgen. Das Klima ändert sich: Dürre nimmt zu, Wüsten breiten sich aus, Gletscher schmelzen, der Wasserspiegel des Meeres steigt, Inseln werden überschwemmt. Der Juli war der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1880. Das Rhein-Main-Gebiet leidet besonders unter der Trockenheit. Es hat seit Februar in unseren Breiten viel zu wenig geregnet. Seit Jahresbeginn hat es auf dem Frankfurter Flughafen 160 Liter Regen auf den Quadratmeter nicht geregnet. Spricht vielleicht der Klimawandel einen Kommentar zu dem Satze: Gott lässt seiner nicht spotten?

Seit vielen Jahren kennen wir die Antibiotika. Das sind Stoffwechselprodukte, die empfindliche Mikroorganismen entweder abtöten oder ihre Vermehrungsfähigkeit hindern. Wir kennen etwa 7000 Antibiotika, davon sind einige für medizinische Zwecke brauchbar. Antibiotika werden daher in der Tierzucht verwendet; man füttert sie den Tieren, den Schlachttieren. Rückstände der Antibiotika im Fleisch können dazu führen, dass der Mensch gegen Antibiotika resistent wird, dass sie bei ihm nicht mehr wirken. Es gibt biologische Gesetze, und man hat diese biologischen Gesetze missachtet. Vielleicht erfüllt sich auch hier das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten.

Die Berge ziehen viele Menschen an. Es ist immer wieder ein Erlebnis, hinaufzusteigen in die Höhe und von da den Blick über die Bergwelt zu genießen. Aber das Bergsteigen birgt Gefahren. Man bedarf der gehörigen Ausrüstung, Anleitung, Führung. Auch das Wetter muss mitspielen. Kälteeinbrüche, Regengüsse, Gewitter können den Bergsteigern gefährlich werden. Es gibt auch im Bergsteigen Gesetzmäßigkeiten, die beachtet werden wollen. Man kann nicht mit Turnschuhen auf den Großglockner steigen. Bis jetzt – bis jetzt! – sind dieses Jahr in den Bergen Österreichs 87 Menschen zu Tode gekommen, weil sie die Gesetzmäßigkeiten des Bergsteigens nicht beachtet haben. Gilt auch hier vielleicht das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten?

Wir kennen unsere Politiker. Ihr Hauptinteresse besteht darin, gewählt und wiedergewählt zu werden, und so tun sie alles, um die Wähler zu ködern, versprechen ihnen möglichst viel Wohlleben und möglichst wenig Anstrengung. Der Blick auf den Schlitz in der Wahlurne verstellt den Ausblick auf die Zukunft. Das ist der Unterschied zwischen einem Politiker und einem Staatsmann: Der Politiker denkt an die nächste Wahl, der Staatsmann denkt an die nächste Generation. Freiheit heißt das Hauptwort unserer Politiker, Freiheit auf jedem Gebiete, Freiheit zum Ausleben, zum Genuss, Lüsternheit und Libertinismus werden allenthalben ermutigt und gefördert; niemand spricht von der Enthaltsamkeit, Beherrschung oder Verzicht. Ordnung und Disziplin gelten als rechte Parolen. Von Gehorsam, Pflicht und Dienst wird kaum geredet. Und die Folgen? 2011 wurden in Deutschland 53.000 Angriffe auf Polizisten registriert, 2012 waren es 60.000. 165mal pro Tag wird im Schnitt in Deutschland ein Polizist angegriffen. Haben diese Zahlen etwas zu tun mit dem Worte des Paulus: „Gott lässt seiner nicht spotten“?

Deutschland ist kinderfeindlich. Die große Mehrzahl der deutschen Frauen und Männer ist kinderscheu. Die Parole heißt: Nur keinen dicken Bauch. Die CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär hat dieser Tage in einer Zeitung erklärt, das Verhältnis der deutschen Gesellschaft zu Kindern sei katastrophal, wörtlich: „Ob in der Schule, vom Staat, den Frauenärzten – eigentlich bekommen Frauen bei uns immer nur beigebracht, wie man Kinder verhindert, also wie man zu verhüten hat.“ Die Folgen der Kinderfeindlichkeit liegen zutage. Die Arbeitskräfte reichen nicht aus, Fremde werden hereingeholt – wir haben 4 Millionen Mohammedaner in Deutschland. Sie sind eine gewaltige Macht, und sie werden ihre Ansprüche geltend machen. Deutschland ist nicht mehr ausschließlich das Land der Deutschen. Die deutsche Identität ist dem Wohlstand geopfert worden. Ist vielleicht auch hier das Wort wirksam: Gott lässt seiner nicht spotten?

Gott hat Gesetze über den Gebrauch der Geschlechtlichkeit des Menschen gegeben. Das oberste Gesetz lautet: Geschlechtliche Betätigung ist nur gestattet in einer gültigen Ehe. Ein weiteres Gesetz verbietet jede gleichgeschlechtliche Betätigung; die Kirche hat sie immer als eine himmelschreiende Sünde gelehrt. Völlig unbehindert werden Gottes Gesetze missachtet und verhöhnt. Die Beliebigkeit und Willkür im Umgang mit der Geschlechtskraft wird propagiert und praktiziert. Die staatliche Gesetzgebung zieht sich immer mehr aus dem Schutz der geschlechtlichen Sittlichkeit zurück. An die Stelle der Ehe treten nichteheliche Lebensgemeinschaften; man kommt zusammen und trennt sich, wie es beliebt. Landesweit wird gleichgeschlechtliche Unzucht propagiert und verbreitet. Ist es ein Zufall, meine lieben Freunde, dass so viele, die sich gleichgeschlechtlich betätigen, die Aidskrankheit bekommen, oder erfüllt sich hier das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten?

Jedes Jahr sagen sich Hunderttausende getaufter katholischer Christen von der Kirche los. Alle möglichen Gründe werden dafür genannt, und es gibt viele Gründe. Aber ein Grund wird verschwiegen, nämlich das Verhalten der Bischöfe. In jeder Armee gilt der Grundsatz: Verluste sind ein Vorwurf gegen die Führung. Sollte der Grundsatz in der Kirche nicht gelten? Die Führer der Kirche sind die Bischöfe. Sind sie an den Massendesertionen von Gläubigen unschuldig? Die Bischöfe sind die Gesetzgeber der Kirche. Sie haben seit dem Konzil und danach unzählige Dokumente über die Liturgiereform gefasst – seit Jahrzehnten wird bei uns Litugiereform gemacht. Ich erhebe gegen die Liturgiereform zwei schwerwiegende Vorwürfe:

1.    Die Litugiereform hat den Gottesdienst der Kirche inhaltlich verarmt, dogmatisch ausgedünnt.

2.    Sie hat die Erhebung der Gottesdienstteilnehmer zu Gott zurückgedrängt, sie spirituell verkümmert

Aus der Ehrung und Anbetung Gottes scheint ein gehobenes Zusammensein von Menschen geworden zu sein. Was haben die Bischöfe damit erreicht? Sind die Kirchen voller geworden? Sie sind leer geworden! Die Gläubigen haben die Ummodelung des Gottesdienstes auf ihre Weise beantwortet. Sie sind dem veränderten Kult ferngeblieben und haben sich von der Kirche getrennt. Gilt auch hier das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten?

Die Bischöfe sind die authentischen Lehrer der Kirche. Es ist ihnen aufgetragen, Gottes Wort unverkürzt und unverändert, gelegen oder ungelegen vorzutragen. Wann und wo und wie oft haben die deutschen Bischöfe den unverkürzten Glauben der Kirche gelehrt? Wie viel davon haben sie verschwiegen? Wer von ihnen hat in den letzten Jahrzehnten vom Reinigungszustand nach dem Tode oder von der Verwerfung gesprochen? Welcher deutsche Bischof hat jemals die Unterscheidungslehren zwischen Protestantismus und Katholizismus den Gläubigen unterbreitet? Wer von ihnen hat das unaufhebbare Dogma: „Außerhalb der Kirche ist kein Heil“ gelehrt? Im Augenblick ist die Deutsche Bischofskonferenz damit beschäftigt, die verbindliche Lehre über die Ehe und die Geschlechtlichkeit umzumodeln. Dadurch wird die Glaubwürdigkeit der Kirche erschüttert. Was wird die Folge sein? Dass noch mehr Menschen irre werden an der Kirche, die offenbar nicht mehr weiß, was Gottes Wille über der Ehe und über der Geschlechtlichkeit ist. Auch da erfüllt sich – davon bin ich überzeugt – das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten.

Die Bischöfe sind die Hirten der Gläubigen. Sie sollen sie führen, leiten, weiden. Und wir wissen, wie es erleuchtete Bischöfe getan haben, ein Bischof Colmar von Mainz oder ein Bischof Kaller von Ostpreußen. Zeigen unsere Bischöfe einen mitreißenden Einsatz oder plätschern sie in seichten Gewässern? Wie viele Bischöfe durcheilen ihre Diözese von Nord bis Süd und von Ost bis West, gehen in die Hütten der Armen, suchen die Kranken auf, setzen sich in den Beichtstuhl und hören das Bekenntnis? Welcher Bischof nimmt sich der Abständigen an, der Ausgetretenen, der Zweifelnden? Kennen Sie einen Bischof, der eine verzehrende Seelsorge betreibt? Wenn aber das Beispiel von oben fehlt, wie will man von den Priestern erwarten, dass sie ihr Leben, ihre Zeit, ihre Kraft, ihre Gesundheit an die Gewinnung und Stärkung der Gläubigen wenden? Ist es verwunderlich, dass die Menschen der Kirche davonlaufen, die man nicht gewonnen hat? Gilt hier vielleicht auch das Wort: Gott lässt seiner nicht spotten?

Gott ist weder wehrlos noch machtlos. Aber er wehrt sich anders als die Geschöpfe und er gebraucht seine Macht auch anders als die Geschöpfe. In der Heiligen Schrift ist häufig vom Zorne Gottes die Rede. „Vor Gottes Zorn erbebt die Erde. Völker halten seinen Zorn nicht aus“, schreibt der Prophet Jeremias. „Wer kann vor deinem Zorn bestehen?“, fragt der Prophet Nahum. „Jeder Spötter ist ein Greuel vor dem Herrn“, so steht im Buch der Sprichwörter, „dem Spötter wird Gott selbst zum Spötter werden.“ Im Neuen Testament ist ebenso vom Zorne Gottes die Rede. „Gottes Zorn“, schreibt der Apostel Paulus, „offenbart sich vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Mit deinem Starrsinn und deinem unbußfertigen Herzen häufst du dir Zorn auf für den Tag des Zornes.“ Und selbst der Lieblingsjünger Johannes schreibt: „Wer den Sohn nicht hören will, wird nicht schauen das Leben, sondern Gottes Zorn bleibt auf ihm.“ Die Kirche hat die Botschaft der Heiligen Schrift immer aufgenommen und in ihrer Liturgie zu Worte kommen lassen. Am Donnerstag nach Aschermittwoch heißt es im Kirchengebet: „Gott, du wirst durch die Sünde beleidigt und durch die Buße versöhnt: sieh gnädig auf das Gebet deines flehenden Volkes und wende ab die Geißeln deines Zornes, die wir für unsere Sünden verdienen.“ Und in der Litanei von allen Heiligen rufen wir: „Von deinem Zorne erlöse uns, o Herr.“ Gott zürnt nicht wie ein Mensch. Der Zorn Gottes ist der Abscheu seiner Heiligkeit vor dem Bösen. Thomas von Aquin lehrt eindeutig: „Der Zorn Gottes bezeichnet keine seelische Erregung, sondern die Wirkung des Zornes, nämlich die über den Sünder verhängte Strafe.“ Und Augustinus erklärt lapidar: „Zorn Gottes bedeutet die Gerechtigkeit seiner Strafen.“ Und er fügt hinzu: „Du hast es befohlen, o Gott, und so ist es, dass seine Strafe sich selbst ist ein jeder ungeordneter Geist.“ Heinrich Heine hat in seiner Ballade, die ich am Anfang der Predigt zitiert habe, geschildert, wie Belsazar, der babylonische König, Gott lästert: „Jehova, dir künd ich auf ewig Hohn. Ich bin der König von Babylon.“ Aber die Ballade von Heinrich Heine endet damit, dass in derselbigen Nacht Belsazar von seinen Knechten umgebracht wurde. Babylon endete bei einem Festmahl, Rom ging unter in rauschenden Festlichkeiten. So sterben solche Reiche: Den Becher in der Hand und die Gotteslästerung auf den Lippen.

Amen.

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