Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
19. April 2015

Der Gute Hirt

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Der zweite Sonntag nach Ostern ist der Sonntag des Guten Hirten, der Guthirtsonntag. Das Evangelium, das Sie soeben gehört haben, spricht vom Selbstzeugnis Jesu: „Ich bin der gute Hirt.“ Und die Epistel greift dieses Thema auf, indem sie ausführt: „Ihr waret wie irrende Schafe, aber ihr habt euch bekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen (Christus).“ Die ersten Christen hatten eine besondere Vorliebe für das Bild des Guten Hirten. Sie malten es an die Wände der Katakomben. Und aus dem 2. Jahrhundert gibt es eine alte Inschrift, die Aberkiosinschrift. In dieser Inschrift bekennt sich der Verfasser zu Jesus als dem Guten Hirten: „Ich bin Aberkios“, so heißt es in der Inschrift, „Schüler des heiligen Hirten, der Schafherden weidet, der große Augen hat, der überall hindurchschaut; er hat mich gelehrt zuverlässiges Wissen.“ Der irdische Priester ist Vertreter und Werkzeug des Guten Hirten, des ewigen Hohenpriesters. Uns Priestern ist der Sonntag des Guten Hirten Anlass zur Selbstprüfung. Jeder muss sich fragen: Bin ich ein brauchbarer Vertreter, ein taugliches Werkzeug des Guten Hirten? Bin ich, wenn auch nur in ganz entfernter und schwacher Weise, ein Abbild oder ein Zerrbild des Guten Hirten? Seit dem Konzil wird in unzähligen Tagungen, in Büchern und Artikeln danach gefragt, welches das Priesterbild ist, also was der Priester von sich selbst halten soll, wie er sein und wonach er sich ausrichten soll. Ja, meine lieben Freunde, diese Frage ist längst geklärt. Der Priester ist das Abbild des Guten Hirten.

Was sehen wir, wenn wir den Guten Hirten anschauen? Wir sehen erstens seine wahre Hirtenliebe: „Eine größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Schafe“ – niemand nimmt es von mir, ich gebe es selbst hin. Er hat alles hingegeben: seine Ehre, seine Freude, seine Freiheit, sein Glück, alles gab er für die Seinen, sein Leben bis zum letzten Blutstropfen. Die Epistel sagt es in ergreifender Weise: „Christus hat für uns gelitten, er, der keine Sünde getan hat, in dessen Wort kein Trug gefunden wurde, der geschmäht wurde und selber nicht schmähte, der litt und selber nicht drohte, sondern sich dem auslieferte, der ihn ungerecht verurteilte. Er selbst trug unsere Sünden an seinem Leibe auf das Kreuzesholz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.“ Diese göttliche Hirtenliebe gilt allen ohne Ausnahme; für alle ist Christus gestorben. Wenn der Priester seinem Herrn ähnlich werden soll, muss er an erster Stelle lieben, wahre Liebe zu den Seinen haben. Liebe ist Hinneigung zu einem als gut erfassten Gegenstand. Liebe ist eine Form affektiver Zuwendung zu anderen. Vom heiligen Johannes Bosco stammt das schöne Wort: „Lieben heißt: Das Glück des anderen suchen.“ Auf den Priester angewandt, muss man sagen: Für den Priester heißt lieben: Das Heil des anderen suchen. Vom Priester wird die Liebe des Guten Hirten verlangt. Die Hirtenliebe gründet nicht in den menschlichen Werten des anderen; das wäre eine natürliche Liebe. Nein, die Hirtenliebe gründet in der Gemeinschaft der heiligmachenden Gnade, in der Verbundenheit durch Christus. Vom Hirten wird eine übernatürliche Liebe verlangt. Diese übernatürliche Liebe fordert eine innere Zuneigung zu allen Gliedern der Gemeinde, um Jesu und um des Heiles willen. Diese Liebe verlangt Hilfeleistung in geistlicher und leiblicher Not. Und das ist die große Frage, die heute vor jedem Priester aufsteht: Priester, katholischer Priester, liebst du die Deinen? Weißt du, wen du vertrittst? Den Guten Hirten. Eiferst du ihm nach in der Liebe zu den Anvertrauten? Wendest du alles auf, um ihnen zu dienen: deine Kraft, deine Zeit, dein Geld? Besitzest du die Liebe des Herzens, die Wohl und Wehe mit den Ihren teilt, die sich freut mit den Fröhlichen, und die weint mit den Weinenden? Was sehen wir am Guten Hirten?

Wir sehen zweitens seine Hirtensorge. Beim alttestamentlichen Propheten Ezechiel ist von Hirten die Rede, die nicht ihre Herden, sondern sich selbst weiden. In ihnen lebt also nicht die Sorge um die anderen, sondern nur die Selbstsucht, die an sich selber denkt und nur für sich selbst sorgt. Eines ist sicher, meine lieben Freunde, ein Priester, der es sich bequem macht, ist kein Nachbild des Guten Hirten. Unverträglich mit dem Bild des Guten Hirten ist die Einschränkung der Verfügbarkeit auf eine bestimmte Stundenzahl. Die niedergelassenen Ärzte haben sich den Nachtdienst vom Leibe geschafft; er ist an die Notärzte übergegangen. Nicht so die Priester. Wir müssen auch heute bereit sein, zu nächtlicher Zeit Kranken und Sterbenden zu Hilfe zu eilen. Es war in einer Nacht zum Rosenmontag, als in Budenheim noch der beschrankte Bahnübergang bestand; ein mit Italienern besetztes Auto raste in einen Zug. Ich wurde Nächtens gerufen – der Pfarrer war nicht da –, um diesen Menschen, soweit es noch möglich war, beizustehen. Zu einem Priester in dieser Gemeinde kam einmal eine Person in einem seelsorglichen Anliegen. Was sagte er zu ihr? „Beeilen Sie sich, die Astronauten kommen jetzt gerade herunter.“ Ist das Hirtensorge? Ist das Beobachten der Landung der Astronauten wichtiger als die Sorge an Seelen? „Der Herr ist mein Hirte“, heißt es im 22. Psalm, „nichts wird mir mangeln; er führet mich auf grüne Aue.“ Mit diesen Worten ist die Tätigkeit des Priesters beschrieben. Unermüdlich sucht er seine Gemeinde zu betreuen. Die Gemeinde ist seine Braut, jawohl genau das ist sie. Die Betreuung vollzieht sich gewiss an oberster Stelle mit Gottesdienst, Predigt und Sakramentenspendung. Aber nicht nur. Der Seelsorger muss sich das Wohl der ihm Anvertrauen angelegen sein lassen darüber hinaus im Führen und Raten, im Lehren und Zurechtweisen, im Besuchen und Trösten. Er darf nicht warten, bis die Menschen zu ihm kommen; er muss zu ihnen gehen. Jeder andere Berufstätige legt am Feierabend, am Wochenende, im Urlaub seinen Beruf ab. Der Bauzeichner lässt um 17 Uhr seinen Zirkel sinken; der Priester nimmt um 20 Uhr die Mappe hervor, in der er seine Sonntagspredigt vorbereitet. Der Lehrer klappt am Freitag sein Lesebuch zu; der Priester betet sein Brevier bis in die Nacht hinein. Der Arzt verbringt jedes Jahr Wochen, manchmal mehrmals im Jahre, seinen Urlaub auf Ischia oder Teneriffa; der Priester bezieht für 3 Wochen eine Sommerfrische im Bayrischen Wald – für die Gesundheit muss er ja sorgen. Alle Urlauber sind ihrer Pflichten ledig, sie genießen die Erholung; der Priester hat auch im Urlaub seine Gebetspflichten, die mehrere Stunden beanspruchen, zu verrichten. Der gute Hirt vergisst die Seinen niemals, weder am Feierabend noch im Urlaub. Der göttliche Gute Hirte weiß um einen jeden, er kennt sie alle: die Brotlosen, die Heimatlosen, die Obdachlosen, die Arbeitslosen, die Elternlosen, die Trostlosen, die Gottlosen; alle, alle kennt er. Und wo eine Seele ringt, oder wo eine Seele vor ihm flieht: er bleibt bei ihr und geht ihr nach. „Die Meinen kennen mich.“ Niemand darf sagen: Ich kenne den Guten Hirten nicht. Ähnlich muss sich der Priester verhalten, der dem Guten Hirten nachfolgen will. Alle seine Anvertrauten muss er kennen, muss er suchen, muss er hüten. Er soll doch einmal sprechen können wie der göttliche Gute Hirt: Ich habe keinen von denen verloren, die du mir anvertraut hattest. Zu diesem Zweck muss er in seiner Gemeinde dauerhaft anwesend sein, erreichbar im Pfarrhaus, ansprechbar in den Straßen. Ich habe es nie verstanden, wie Priester großzügig mit ihrer Zeit umgehen können und sich fortwährend auf Reisen begeben und bei allen möglichen Gelegenheiten anwesend sind, aber nicht in ihrer Pfarrei. „Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich.“ Die Frage geht an jeden katholischen Priester: Gehst Du zu den Menschen? Besuchst Du sie treppauf, treppab? Vor vielen Jahren besuchte ich in München zwei alte Damen, in den Siebzigern. Sie unterhielten ein Schreibbüro; ich hatte etwas für sie zu schreiben. Und da erzählten mir diese beiden alten Damen: „Wir sind über siebzig Jahre alt. In dieser Zeit ist nie ein katholischer Priester zu uns gekommen“ – und ich kam ja auch nur, um ihnen Arbeit zu bringen. „Guter Hirt, du wahre Speise, dich barmherzig uns erweise, nähre uns auf unserer Reise.“

Der Gute Hirt nährt die Seinen. Er nährt sie mit dem Brot des Lebens und mit dem Wort des Heiles. Der Priester ist bestellt zum Austeilen der Geheimnisse Gottes. Ihm ist aufgetragen, seine Gemeinde zu nähren. Zu diesem Zweck sind zwei Tische aufgestellt: Einer ist der Tisch des heiligen Altars; auf ihm liegt der kostbare Leib Christi. Der andere ist der Tisch des göttlichen Gesetzes; auf diesem liegt die heilige Lehre, die uns im rechten Glauben unterweist. O wie ehrwürdig ist das Amt des Priesters, dem es gegeben ist, den Herrn der Herrlichkeit mit heiligen Worten auf den Altare herabzurufen, mit seinen Lippen ihn zu preisen, mit seinen Händen ihn zu halten, mit seinem Munde zu genießen und anderen zum Genusse zu reichen. Ich habe nie begriffen, wie ein Priester erklären kann: „Wenn ich keine Gemeinde habe, zelebriere ich die Messe nicht.“ Die Zelebration schafft ja die Gemeinde. Mit großer Sorgfalt und mit nimmermüdem Eifer muss der Priester der Verkündigung obliegen. Auch in der Predigt vertritt er den Guten Hirten. Wie verantwortungsvoll und wohltätig ist der Dienst am Worte, am Worte Gottes, an der Lehre der Kirche. Hier ergeht die Weisung, welche die Menschen lenkt. Hier erfahren sie, was sie zu tun haben, was sie erhoffen dürfen. Wie kann es ein Priester verantworten, von der Lehre der Kirche abzuweichen? Wie kann er es verantworten, unvorbereitet auf den Ambo zu steigen. Mir sagte einmal ein Priester: „Ich weiß manchmal nicht, wenn ich zum Ambo gehe, was ich predigen soll.“ Ist diese Nachlässigkeit mit der Hirtenpflicht zu vereinbaren?

Der gute Hirt ist kein Mietling. Der Mietling flieht, wenn der Wolf kommt, denn er sorgt für sich zuerst. Auch der irdische Priester darf kein Mietling sein, darf seine Gemeinde nicht verlassen, wie es soeben der Stadtpfarrer von St. Ludwig in Darmstadt getan hat, weil ihm ein irdisches – ein scheinbares irdisches – Glück winkt. Der belgische Priester Damian de Veuster begab sich zu den Aussätzigen auf die Insel Molokai. Er steckte sich an; seine Glieder begannen abzufaulen. Er begab sich nicht in eine europäische oder amerikanische Klinik, er hielt aus bei seinen Aussätzigen, bis der Tod ihm den Kelch aus der Hand nahm. Der Mietling flieht, wenn der Wolf kommt. Die schlesischen Priester waren keine Mietlinge. Als die Rote Armee in Schlesien einbrach, da haben sie bei ihren Gemeinden ausgeharrt, und 62 schlesische Priester haben ihre Treue mit dem Tode bezahlt. Seit dem Konzil haben Zehntausende von Priestern ihren Posten verlassen, ihren Dienst aufgegeben, ihren heiligen Beruf mit einer anderen Beschäftigung vertauscht. Darunter sind auch Mainzer Diözesanpriester. Ich hatte die traurige Genugtuung, dass diejenigen meiner Schüler, die das Priesteramt aufgeben haben, allesamt Gegner meiner Lehre waren. Papst Johannes Paul II. hatte die Angewohnheit, an die Priester an Gründonnerstag einen Brief zu schreiben. Darin stellte er die katholische Lehre vom Priestertum den Priestern vor, den Glanz, aber auch die Verantwortung des Priestertums. Im ersten Gründonnerstagsbrief von 1979 kündigte er an, dass die Tage der routinemäßigen Dispens vom Priestertum vorüber seien. Johannes Paul II. sprach davon, ein Priester müsse sein freiwillig gegebenes Versprechen halten. Die Kirche, besonders die Ehepaare, hat ein Recht darauf, dass er zu seinem Worte steht.

Der göttliche Hohepriester, der göttliche Gute Hirt ist sittlich makellos, ein Hoherpriester, wie es der Hebräerbrief sagt: heilig, schuldlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern. Christus, der Gute Hirt, versagt nicht, er kennt keine Nachlässigkeit, keine Trägheit. So ist der irdische Priester nicht. Er trägt den göttlichen Schatz in irdenen Gefäßen. Der menschliche Priester spürt sein Ungenügen, sein Zurückbleiben gegenüber den Forderungen seines Berufes, sein Versagen. Der Fall eines Priesters ist schlimmer als die Verfehlung eines Laien. Sein Stand, seine Berufung, seine Verpflichtung zur Vorbildlichkeit wiegen schwerer als das Getauftsein und das Gefirmtsein der Laien. Und doch ist und bleibt er ein schwacher, ein versuchlicher Mensch. Ich war einmal Zeuge, wie ein Mädchen seinem Großvater sagte: „Ich gehe nicht zur Firmung“, weil sich ein Priester etwas hatte zu Schulden kommen lassen. Sie wollte das Sakrament deswegen nicht empfangen. Da nahm sie der Großvater beiseite und sagte zu ihr: „Kind, sieh, Priester sind halt auch Menschen, sind halt auch schwache Menschen. Man darf nicht Gott entgelten lassen, was Menschen verfehlen.“

Was sehen wir, wenn wir den göttlichen Guten Hirten anschauen? Wir sehen drittens sein Hirtenauge. Es überschaut die ganze Herde in der Nähe und in der Ferne. Es ist das allsehende Auge Gottes. Er sieht die Zerrissenheit in den Menschenseelen, die in Schuld und Gottesferne leben. Er sieht die Zerklüftung der Menschheit, die in Hass und Zwiespalt lebt und die Familie der Kinder Gottes zerreißt. Menschenseelen bedürfen in ihrem Kampf und in ihren Nöten stets des Schutzes, des lenkenden Stabes, der aufhelfenden Hand. Zu diesem Zweck erweckt der göttliche Hohepriester Diener und Verwalter seiner Geheimnisse. Der Priester weiß oder ahnt, wie es in vielen Menschen aussieht: Groll, Neid, Hass, Missgunst, Unversöhnlichkeit, Verbitterung, so viel Unfriede, Zwist und Streit unter den Menschen, die doch dazu berufen sind, eine einzige Gottesfamilie zu bilden und sich zu helfen und zu stützen. Es ist seine heilige Pflicht, sich dieser Menschen anzunehmen. Seelsorge ist Dienst an den schuldbeladenen, gottesfernen Menschen. Der gute Priester hat Anteil an dem Blick des Guten Hirten. Er kennt die Menschen seiner Umgebung, er sieht die Spaltungen und Trennungen, er hört die verwirrten und feindseligen Reden, er weiß um die religiöse Not so vieler Angehöriger fremder Gemeinschaften. Der Priester, der dem Guten Hirten nachfolgen will, muss von der Absicht durchdrungen sein, alle Menschen, die ihm begegnen, zu Gott, zu Christus, zur Kirche zu führen. Im Priester muss apostolischer Geist, missionarischer Drang sein. Wer um die Seelen nicht kämpft, kann sie auch nicht erringen. Priester, katholischer Priester so geht die Frage heute an uns, drängt es dich, den Menschen deiner Umgebung, allen Menschen, die du erreichen kannst, Anteil am Heilswerk Christi zu verschaffen? Wir Priester haben keine Geringschätzung für die Brüder und Schwestern, die in anderen religiösen Gruppierungen außerhalb der katholischen Kirche leben; wir achten und ehren sie. Sie leben von den Bruchstücken des christlichen Erbes, die sie mitgenommen haben aus der Spaltung. Und manche von ihnen erbauen uns ob des Eifers und des Ernstes, mit dem sie versuchen, ein christliches Leben zu führen. Aber wir wissen auch: ihre Existenz ist irregulär. Sie stehen außerhalb der Herde, die Christus um seinen römischen Nachfolger gesammelt wissen will. Christus ist es, der mit heißem Herzen nach ihrer Heimkehr verlangt. Und diese Sehnsucht muss auch im Priester leben, es darf ihm keine Ruhe lassen, dass es Menschen gibt, die noch nicht heimgefunden haben zur Herde Christi. Ein Budenheimer Pfarrer sagte eines Tages zu mir, wenn katholische Christen vereinzelt und einsam unter Protestanten leben, dann würde er ihnen raten, sich den Protestanten anzuschließen. Wie weit hat sich dieser Priester verirrt. Vor Jahrzehnten hätte ein solcher Rat als Beihilfe zum Glaubensabfall gebrandmarkt werden müssen. Anfang der Fünfzigerjahre hatte ich in einem völlig protestantischen Dorf in Sachsen die einzige katholische Frau eines Bauern zu besuchen. Der Pfarrer sagte zu mir: „Wenn Sie im Nebenort die Messe lesen, gehen Sie immer zu dieser katholischen Frau.“ Wie Recht hat dieser Pfarrer gehabt. Der Glauben dieser Dame musste gestärkt werden durch den Besuch des Priesters, die Gemeinschaft mit den Gläubigen sollte sie erfahren, indem der Priester zu ihr kam. Das ist die Sorge des guten Hirten.

Meine lieben Freunde, ich verheimliche es nicht: Der Beruf des Priesters ist schwer. Ich glaube nicht, dass es einen schwereren Beruf gibt. Wie anstrengend der Beruf ist, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass die Lebenserwartung der protestantischen Pfarrer um 10 Jahre höher ist als die der katholischen Priester. Kein Beruf hat einen Maßstab, an dem sich der Berufstätige misst wie der Priester. Sein Maßstab ist der göttliche Gute Hirt. Dieser Maßstab ist von einer Erhabenheit, die entmutigen müsste, wenn nicht der Herr selber einlüde, Mitarbeiter an seinem Werke zu werden. Und darum ergeht, meine lieben Freunde, meine Brüder, meine Schwestern, heute an Sie die innige Bitte: Betet, dass jene, die er zu seinen Dienern und zu Verwaltern seiner Geheimnisse erwählt hat, in der Erfüllung des übernommenen Amtes treu befunden werden.

Amen.        

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