Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
13. Juli 2014

Gläubigkeit und Würdigkeit des Spenders der Sakramente

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Sakramente sind sinnenfällige Zeichen, welche die Gnade, die sie anzeigen, denen vermitteln, die gebührend disponiert sind. Die Sakramente bringen ihre Wirkung durch ihren Vollzug hervor. Die Sakramente entfalten für die Erlangung der Gnade eine echte Wirksamkeit. Sie werden nicht vollzogen durch die Gerechtigkeit der Menschen, die sie spenden, sondern sie werden gespendet und vollzogen durch die Kraft Gottes. Die Wirkung der Sakramente aus sich selbst bezeichnet man mit einem lateinischen Wort „ex opere operato“, d.h. also ungefähr: aufgrund des Vollzuges. Das hat nichts mit Magie oder Zauberei zu tun, denn die sakramentalen Zeichen haben nicht in sich die Kraft, Gnade hervorzubringen, sondern es ist Christus, der in ihnen und durch sie die Gnade wirkt. Die Sakramente sind Werkzeuge, Werkzeuge, die sich auf Gott beziehen und in denen Gott seine Heilsgnade schenkt. Der hl. Augustinus hat einmal das schöne Wort gesprochen: „Petrus mag taufen; es ist Christus, der tauft. Judas mag taufen; es ist Christus, der tauft.“ Der Hauptspender ist Christus, und der menschliche Spender ist sein Werkzeug. Mit dieser Lehre werden die Sakramente der Unzulänglichkeit der menschlichen Spender entzogen. Der Empfänger der Sakramente ist nicht dem sittlichen Zustand des Spenders preisgegeben. Das Sakrament und seine Heilswirkung kommt zustande, sofern nur der Spender den Willen hat, Christus beim Vollzug des sakramentalen Gnadenzeichens als menschliches Werkzeug zu dienen.

Der menschliche Spender muss freilich die erforderlichen Voraussetzungen erbringen, um das Sakrament gültig zu spenden. Er muss also zuerst Materie und Form des Sakramentes richtig setzen. Vor einiger Zeit wurde im Fernsehen die Taufe der Tochter des damaligen Reichsmarschalls Göring gezeigt. Der Reichsmarschall Göring ließ seine Tochter im evangelischen Dom zu Berlin von dem evangelischen Reichsbischof Müller taufen. Aber wie geschah die Taufe? Das war im Fernsehen deutlich zu erkennen: Er tauchte den Finger in Wasser und machte auf die Stirn des kleines Kindes ein Kreuzzeichen. Das ist keine Taufe! Das ist ein ungültiges Sakrament, denn Taufe heißt Abwaschung; beim Taufen muss das Wasser fließen.

Selbstverständlich soll der Spender der Sakramente an deren Wirksamkeit glauben. Er soll darüber hinaus im vollen und unversehrten Glauben der Kirche stehen. Er spendet ja die Sakramente als Diener der Kirche. Aber was ist, wenn der Spender nicht von dem geistlichen Inhalt des Sakramentes überzeugt ist? Was ist, wenn er sich innerlich – und vielleicht auch äußerlich – vom Glauben der Kirche getrennt hat? Sind die von ihm gespendeten Sakramente von der Gnade leer? Hier sind in den letzten Jahren gewisse Zweifel aufgetreten. Manche Priester haben sich theologisch verwirren lassen, sind vom Glauben der Kirche abgewichen. Wie steht es mit den von ihnen gespendeten Sakramenten? Vor einiger Zeit erzählte mir ein Kollege, ein glaubwürdiger und besonnener Kollege, er war Zeuge von folgendem Vorgang: Der Pfarrer einer Mainzer Pfarrei teilte die Kommunion aus. Dann gingen ihm die konsekrierten, also durch die Wandlung veränderten Hostien aus. Er ging in die Sakristei und holte unkonsekrierte Hostien und teilte sie aus. Das ist ein Sakrileg! Das ist ein Betrug! Man muss fragen: Wo steht dieser Priester? Welchen Glauben bekennt er? Das Konzil von Trient hat in dieser Materie endgültig Klarheit geschaffen. Es hat nämlich den Satz aufgestellt: „Das Zustandekommen der Sakramente ist nicht abhängig von der Rechtgläubigkeit des Spenders.“ Ich wiederhole noch einmal diesen fundamentalen Satz: Das Zustandekommen der Sakramente ist nicht abhängig von der Rechtgläubigkeit des Spenders. „Wer sagt, die Taufe, obschon im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, mit der Absicht zu tun, was die heilige Kirche tut, aber von Irrgläubigen gespendet, sei keine wahre Taufe, der sei ausgeschlossen.“ Was von der Taufe gesagt ist, gilt auch für die übrigen Sakramente. Der Grund für diese Tatsache liegt darin, dass Christus der verborgene Spender der Sakramente ist. Er ist der Hauptspender. Aus dem Glauben, dass die Sakramentenspendung nicht Menschenwerk, sondern Gotteswerk ist, erklärt sich die Entschiedenheit und Heftigkeit, mit der die Kirche für die Tatsache kämpfte, dass der Irrglaube des sichtbaren Spenders die Wirksamkeit der Sakramente nicht vereitle. Das ist keine neue Lehre; diese Wahrheit ist schon im 3. Jahrhundert festgestellt worden. Damals gab es Irrlehrer, die sich bekehrten und zur Kirche zurückkehrten. Da stellte sich die Frage: Müssen sie noch einmal getauft werden? Es gab Bischöfe wie Cyprian, die der Meinung waren: „Ja, die Ketzertaufe ist ungültig.“ „Aber nein“, sagte der Heilige Vater Stephan in Rom „die Ketzertaufe ist gültig.“ Und diese Lehre, die von Rom immer vertreten wurde, hat sich in der Kirche durchgesetzt. Also auch der ungläubige oder irrgläubige Spender bleibt repräsentationsfähig und symbolfähig für die Spendung der Sakramente. Diese Lehre wurde dann von den großen Theologen ausgebaut, etwa vom hl. Thomas von Aquin, der in seiner „Summa“ schreibt: „Weil der Spender der Sakramente in ihnen als Werkzeug wirkt, handelt er nicht aus eigener Kraft, sondern aus der Kraft Christi. Auch der Ungläubige, auch der Irrgläubige kann ein wahres Sakrament spenden, wenn er nur alles das setzt, was zur Sakramentenspendung notwendig ist.“ Das ist die Lehre des hl. Thomas, das ist die Lehre der Kirche.

Eine andere Frage ist die nach der Würdigkeit des Spenders. Die Würdigkeit besteht im Stand der heiligmachenden Gnade. Würdig ist, wer frei von Todsünden ist. Der Spender soll also im Stande der Gnade sein, wenn er die heiligen Sakramente verwaltet. Er vertritt ja die Stelle Christi, des Allheiligen, und er vermittelt in einem heiligen Ritus anderen Heiligkeit, deswegen soll er persönlich rein und heilig sein. Wer im Stande der Ungnade ist und feierlich die Sakramente spendet, begeht eine schwere Sünde. Aber was ist mit dem Sakrament? Ist es durch die Sünde des Spenders befleckt? Oder wird es gar durch die Sünde des Spenders unwirksam? Die von der Kirche Abgewichenen, also die Häretiker und Irrgläubigen, haben gewöhnlich in völliger Übertreibung alle Diener der katholischen Kirche als in schwerer Sünde befindlich und als für den Dienst Gottes unwürdig hingestellt. Gleichzeitig erklärten sie die von ihnen vorgenommen heiligen Handlungen für befleckt und ungültig. Damit meinten sie eine wirksame Waffe im Kampfe gegen die katholische Kirche zu haben. Wer ihrer Meinung folgte, der legte ja die Wirksamkeit der Bischöfe und Priester lahm. Sie waren befleckt, sie konnten nicht gültig, nicht wirksam Sakramente spenden. Solche Lehren wurden vertreten z.B. von den Waldensern in Oberitalien, von den Hussiten in Böhmen (Tschechoslowakei), von den Wiklifiten in England und Schottland. Gegenüber diesen Leuten hat die Kirche schon einmütig erklärt, dass die Sündhaftigkeit des Spenders das Sakrament nicht unwirksam macht. Endgültige Klarheit hat das Konzil von Trient geschaffen, indem es erklärt: „Wer sagt, der Ausspender, der sich im Stande der Todsünde befinde, bringe das Sakrament nicht zustande oder teile keines mit, obwohl er alles Wesentliche beachtet, was zum Zustandekommen und Mitteilen des Sakramentes gehört, der sei ausgeschlossen.“ Der nicht im Stande der Gnade befindliche Spender verliert die Vollmacht zur Spendung nicht. „Ein stolzer Diener“, sagt der hl. Augustinus, „ein stolzer Diener ist ein Dämon. Aber die Gabe Christi, die durch ihn geht, ist nicht befleckt. Sie fließt rein durch ihn und gelangt unverletzt zum fruchtbaren Erdreich.“ Man kann gegen diese kirchliche Lehre nicht einwenden, niemand könne geben, was er selbst nicht besitzt; niemand könne die Lebensgemeinschaft mit Christus vermitteln, der selber nicht in der Lebensgemeinschaft mit Christus steht. Diese Argumentation geht völlig daneben. Denn der Spender der Sakramente gibt ja nichts aus seinem eigenen Besitz, er teilt etwas mit aus fremdem Besitz, aus dem Besitze Gottes. Der Hauptspender ist Christus, der auch einen sündigen Menschen als Werkzeug benutzen kann. Freilich für den Sakramentenspender ist von Unheil, wenn er als Repräsentant Christi von Christus sich als Werkzeug des Heilstums verwenden lässt und dabei selbst in schwerer Sünde innerlich von Christus abgewendet ist. Ein solches Vorgehen bedeutet eine Missachtung Christi und seines Heilszeichens und ist eine schwere Sünde.

Es fragt sich nun: Wie geartet muss denn die Absicht sein, die Intention des Spenders, auch wenn er ungläubig und unwürdig ist? Welche Absicht muss er haben, wenn auch durch seine Hand das Sakrament wirksam zustande kommen soll? Nun, der sichtbare Sakramentenspender wird von Christus nicht wie ein Stück Holz oder wie ein Stein verwendet, sondern als freier verantwortlicher Mensch, d.h. er muss sich willensmäßig mit Christus verbinden. Sein Wille muss dahin gehen, sich als Werkzeug von Christus für die Sakramentenspendung benutzen zu lassen. Christus vollzieht sein Heilswirken durch die Sakramente nur dann, wenn die Menschen sich von ihm als Werkzeuge benutzen lassen. Dieser Wille begreift in sich den Entschluss, das sakramentale Zeichen zu setzen, und die Absicht, es als Christuszeichen zu setzen. Diese Absicht liegt dann vor, wenn der Sakramentenspender bei dem Vollzug des Sakramentes Diener Christi sein will oder – und das ist die Minimalintention – wenn er einen in der Kirche üblichen Ritus vollziehen will – wenn er einen in der Kirche üblichen Ritus vollziehen will. Oder wie es die Kirche immer wieder ausdrückt: Wenn er das tun will, was die Kirche tut. Erst dadurch wird das Christuszeichen eindeutig, und eine solche Absicht ist auch bei einem irrgläubigen oder unwürdigen Spender nicht unmöglich. Das Konzil von Trient hat feierlich erklärt: „Wer sagt, bei den Ausspendern der Sakramente sei nicht wenigstens die Absicht erfordert, zu tun, was die Kirche tut, wenn sie Sakramente spendet, der sei ausgeschlossen.“ Den Anhängern von Hus und Wiklif wurde die Frage vorgelegt, ob sie glauben, dass ein schlechter Priester, wenn er gehörig Materie und Form gebraucht und die Absicht hat zu tun, was die Kirche tut, wahrhaft die Wandlung vollzieht, wahrhaft die Lossprechung spendet, wahrhaft die Taufe vollzieht, wahrhaft die anderen Sakramente spendet.

Es gibt heute Christen, die bei manchen Spendern der Sakramente besorgt sind, ob sie ihnen wirklich die Sakramente in ihrem vollen Sinn und mit ihrer ganzen Kraft spenden. Diese Besorgnis stützt sich auf das Verhalten und die Äußerungen von Priestern, die Zweifel an ihrer inneren Verfassung aufkommen lassen. Dazu möchte ich, meine lieben Freunde, folgendes sagen: Man darf allgemein annehmen, dass ein Spender der Sakramente, der den Glauben verloren hat, die Spendung der Sakramente einstellen wird. Er spürt den Zwiespalt zwischen den Erfordernissen der gültigen und erlaubten Spendung der Sakramente und seinem eigenen inneren Zustand. Und dieser Zwiespalt wird ihn in aller Regel veranlassen aufzugeben, was er nicht mehr mit Überzeugung und Befriedigung zu tun vermag. Bis dahin dürften die von ihm gespendeten Sakramente gültig sein. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: In Frankreich gab es einen durch seine literarischen Produkte berühmten Priester namens Alfred Loisy. Alfred Loisy war ein gescheiter Mann, aber er hatte durch die Lektüre von Büchern deutscher protestantischer Theologen den Glauben verloren – das gibt er selbst zu. Er zelebrierte trotzdem noch jahrelang weiter die hl. Messe. Erst als er exkommuniziert wurde, stellte er die Messfeier ein. Loisy war keineswegs frivol. Er hatte nicht die perverse Absicht Gott zu verspotten, indem er die Messe feierte, sondern er führte das, was er als gläubiger Priester gelernt hatte, weiter. Man darf annehmen, dass unter seiner Hand die Wandlung gültig zustande gekommen ist. Die Besorgnis, dass bei einem oder bei vielen Spendern die Sakramente in der Gegenwart ihre Heilswirksamkeit nicht mehr besitzen, diese Besorgnis ist in der Regel unbegründet. Man darf darauf vertrauen, dass Gott solche Mängel, welche die Sakramente unwirksam machen, verhindert. Dass er jedenfalls durch die Mängel des menschlichen Sakramentenspenders das Heil eines Menschen nicht in Gefahr kommen lässt. Gott ist getreu, getreu auch in seiner Mitwirkung bei der Spendung der heiligen Sakramente.

Amen.        

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