Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
15. Januar 2012

Gottes Wille über die Ehe

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Als ich vor sechzig Jahren den priesterlichen Dienst begann, hatten wir am 2. Sonntag nach Erscheinung des Herrn immer die Belehrung der Bischöfe über das Ehesakrament zu verlesen. Darin waren die wesentlichen Daten über Natur, Ansprüche und Forderungen der kirchlichen, der sakramentalen Ehe enthalten. Seit dem Konzil ist diese Belehrung weggefallen. Ob das zur Förderung des Ehesakramentes beigetragen hat? Sie alle wissen, dass ein eindeutiger Schwund des Eheverständnisses bei weitesten Kreisen unserer Bevölkerung festzustellen ist. Die Menschen wissen nicht mehr, dass Ehe etwas Heiliges, ja eines der sieben Sakramente ist. Wir wollen uns deswegen heute drei grundlegende Wahrheiten über das Ehesakrament vor Augen stellen:

1. Ohne Gott kommt eine Ehe nicht zustande.

2. Ohne Gott wird eine Ehe nicht geführt.

3. Ohne Gott wird eine Ehe nicht aufgelöst.

Der erste Satz lautet: Ohne Gott kommt eine Ehe nicht zustande.

Ein Herr, der geschieden war und sich wieder verheiraten wollte, sagte zu einem Priester: „Wir spenden uns ja das Sakrament selber, da kann mir die Kirche gar nicht rein reden.“ Meine lieben Freunde, dass sich die Eheleute, dass sich die Brautleute das Sakrament selber spenden, ist nur die halbe Wahrheit; denn alle Sakramente haben einen ersten Spender, einen Hauptspender und das ist Jesus Christus. Nur Er ist imstande, mit der Ehewillenserklärung der Gatten Gnade zu verbinden. Die Brautleute tuen mit, ganz gewiß. Sie tuen unerläßlich mit, aber der erste Spender, der Hauptspender bleibt Christus. Die Brautleute leisten Ihm einen menschlichen Dienst. Durch ihr Ja-Wort kommt ihre Ehe zustande. Aber die Gnade des Ehesakramentes wird von Gott gegeben, das Eheband, das da geknüpft wird, das wird von Gott hergestellt. Außerdem steht der Christ ja nie allein. Er tut alles, was er tut, als Glied der Kirche. Und deswegen ist auch die Kirche an der Eheschließung beteiligt. Alle Sakramente sind Eigentum der Kirche. Und die Kirche stellt die Ehefähigkeit fest, ob also Menschen geeignet sind, eine Ehe zu schließen. Sie stellt eine bestimmte Eheschließungsform auf.

Die katholischen Christen schließen ihre Ehe vor dem Pfarrer. Und normalerweise kommt eine Ehe nur auf diese Weise zustande. In Deutschland haben wir seit dem Kulturkampf – 1871 bis 1878 – die Zwangszivilehe, d. h. wer vor dem Staat als verheiratet gelten will, muss sich vor dem Standesamt stellen und dort seine Ehewillenserklärung abgeben. Die standesamtliche Eheschließung ist eine Eheschließung ohne Gott. Sie ist vor dem Gewissen unverbindlich. Die standesamtliche Eheschließung begründet ein bürgerliches Verhältnis, aber nicht eine christliche Ehe. Ein Katholik, der  vom Standesamt kommt, ist nicht gültig verheiratet. Seine Eheschließung findet statt in der Kirche, vor dem Pfarrer und zwei Zeugen. Diese klare Lösung ist nach dem Konzil verunklart worden. Wodurch? Es gibt heute die Möglichkeit, dass, wenn ein Katholik einen Protestanten heiratet, er von der Verpflichtung, die Ehe vor dem katholischen Priester einzugehen, befreit wird. Es gibt tatsächlich, Gott sei es geklagt, die Möglichkeit der Dispens.  Und wo schließen die beiden dann ihre Ehe? Auf dem Standesamt. Tatsächlich auf dem Standesamt! Nicht in der evangelischen Kirche: Denn in der evangelischen Kirche werden keine Ehen geschlossen. In der evangelischen Kirche wird über die auf dem Standesamt geschlossene Ehe ein Segen gesprochen. Das verstehen viele nicht. Sie begreifen nicht, dass nach dem Verständnis der evangelischen Kirche in ihren Gotteshäusern keine Eheschließung stattfindet. Protestanten schließen ihre Ehe auf dem Standesamt. Und der Katholik, der mit einem Protestanten nach Dispens von der Eheschließungsform sich verheiratet, der muss ebenfalls auf dem Standesamt seinen Ehewillen erklären.

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist nicht nur die standesamtliche Verbindung, sondern auch die sakramentale Ehe in Mißkredit geraten. Viele Paare verzichten sowohl auf die sakramentale Ehe als auch auf den standesamtlichen Akt. Wesen und Rang der Ehe sind ihnen verloren gegangen. Wer keinen Glauben hat, bei dem ist das verständlich. Wer keinen Glauben hat, für den ist der Trauschein entbehrlich. Wer keinen Glauben hat, der verzichtet sowohl auf den Akt im Standesamt als auch im Gottesdienst der Kirche. Das ist konsequent. Die Krise der Eheauffassung ist eine Krise des Glaubens an den Wert, an die Hoheit, an die Sakramentalität der Ehe. Ohne Gott kommt keine Ehe zustande. Das war der erste Satz.

Der zweite: Ohne Gott wird eine Ehe nicht geführt.

Nach katholischer Lehre ist die sakramentale Ehe ein Abbild der Verbindung Jesu mit der Kirche.  Christus ist der Bräutigam und die Kirche seine Braut. Und von diesem Bräutigam fließt Gnade um Gnade auf die Braut über. Die Kirche lebt von der Gnadenschenkung Christi. Und so lebt auch jedes Sakrament von dieser Gnadenschenkung Christi, im besonderen das Ehesakrament. Das Urbild der Ehe ist das Verhältnis Christi zu seiner Kirche. Das besagt im einzelnen folgendes: Die Ehe, das Ehesakrament, bewirkt die Vermehrung der heiligmachenden Gnade. Sie heiligt die Ehegatten und gibt ihnen übernatürliche Kraft zur Erfüllung ihrer Standespflichten. Das Ehesakrament verleiht ihnen weiter das Anrecht auf aktuelle Gnaden, auf helfende Gnaden, damit sie ihre  Standespflichten erfüllen können. Heiligmachende Gnade, helfende Gnaden spenden, das ist die Wirksamkeit des Ehesakramentes. Die Ehe wird geführt in der Kraft Christi.

Man hat mit Recht gesagt, die Ehe ist ein Dreibund, weil Christus zu den Gatten hinzutritt. Die Gatten werden durch das Ehesakrament einander Gnadenmittler, und zwar durch das ganze Eheleben hindurch. Die Ehe ist ein Dauersakrament. Also nicht ein vorübergehendes, wie die Taufe. Wenn die Taufe geschehen ist, dann ist sie beendet. Nein, das Ehesakrament ist, wie die Eucharistie, ein bleibendes Sakrament, sie hat Dauer. Während der ganzen Dauer des Ehelebens vermag dieses Sakrament Ansporn und Kraft zu vermitteln. Die Ehe wird nur geführt mit Gott; ohne Gott wird eine Ehe nicht geführt. Und das besagt, weil Gott die personale Liebe ist, dass die Ehe eine Angelegenheit der Liebe ist und sein soll.

O Liebe –, meine Freunde, das am meisten geschändete Wort in allen Sprachen. Die Liebe, von der wir in der Lehre der Kirche sprechen, ist eine dreifache: die begehrende, die schenkende und die dienende Liebe. Die begehrende Liebe, die den anderen besitzen will, die schenkende Liebe, die sich selbst dem anderen überantworten will, und die dienende Liebe, die dem anderen beistehen will, die höchste Liebe ist die dienende. Sie muss die schenkende Liebe durchdringen und sie muss die begehrende Liebe zügeln.

Von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia, die sechzehn Kinder geboren hat, sechzehn Kinder, stammt das schöne Wort: „Alles Glück der Ehe besteht im gegenseitigen Vertrauen und Entgegenkommen! Die törichte Liebe vergeht bald, aber man muss einander achten und dienen.“

Wahre Liebe ist nicht zu begrenzen. Wahre Liebe will Dauer. Was Lothar Matthäus macht, wenn er jetzt vier Ehen hinter sich gebracht hat, was ist das für eine Liebe, was ist das für eine Ehe? Wahre Liebe will Dauer, kennt kein Ende, setzt keine Frist. Wahre Liebe fordert Treue bis zum Tode. Ehegatten müssen einander treu sein, weil der treue Gott sie zusammen gegeben hat und ihnen mit seiner Treue beisteht: Er fordert Treue im Handeln, Treue aber auch im Denken und im Wollen. Als der große russische Schriftsteller Dostojewski zum Sterben kam, da sagte er zu seiner Frau „Vergiss nie Anja, dass ich dich immer geliebt und auch nicht in Gedanken betrogen habe!“

Wahre Liebe bildet auch die Tugenden aus, ohne die eine Ehe, eine glückliche Ehe, nicht bestehen kann. Ich will nicht alle Tugenden, die notwendig sind, hier aufzählen, sondern ich will mich auf zwei beschränken, nämlich auf die Tugend, sich zusammenzunehmen, und auf die Tugend, etwas hinzunehmen. Sich zusammennehmen, d.h. sich beherrschen, d.h. sich beschränken, d.h. sich zurückhalten, sich mäßigen, sich bezähmen, sich selbst besiegen und sich selbst enthalten. Sich zusammennehmen heißt, die Ehe darf nicht der Ort sein, wo man sich entspannt. Jeder muss vor dem anderen Form behalten. Gerade in der Ehe darf man sich nicht gehen lassen. Sich zusammennehmen heißt auch, nicht schelten und toben, nicht anschnauzen und zanken, aber auch nicht verstummen, so dass man mit dem anderen nicht mehr spricht. Etwas hinnehmen bedeutet, die Schwächen, die Mängel, die Fehler des anderen ertragen. Nachsichtig sein, übersehen: Geduld haben, erdulden, jawohl, das ist notwendig: dulden. „Ja, wenn der andere schon nicht duldet“, so hat man mir manchmal schon gesagt, „dann muss ich eben dulden.“ Vergeben und Verzeihen, versöhnlich sein, nicht vergelten, sich nicht rächen wollen. Alle diese Tugenden sind notwendig für eine gute Ehe. Ohne Gott wird eine Ehe nicht geführt.

Die dritte Wahrheit lautet: Ohne Gott wird eine Ehe nicht aufgelöst.

Aus dem Ehewillen der Gatten, aus dem sakramentalen Ehevertrag entsteht ein Band, das Eheband. Es entsteht ein Bund: der Ehebund. Dieses Band und dieser Bund binden die Gatten. Sie binden sie zusammen lebenslänglich, zu ungeteilter Lebensgemeinschaft. Die Ehe ist unauflöslich, weil sie ein Abbild der Verbindung Christi mit der Kirche ist. Kirche und Christus gehören immer zusammen, können niemals getrennt werden, und deswegen muss auch die Ehe unauflöslich sein. Die auflösliche Ehe wäre nicht mehr ein Abbild der Verbindung der Kirche mit Jesus Christus, sondern ein Zerrbild. Die Ehe ist kein Privatvertrag, wie man eine Ferienwohnung mietet und wieder kündigt. Gott hat den Vertrag am Altare unterzeichnet, und er nimmt seine Unterschrift nicht zurück. Es kann in manchen Fällen so sein, dass nach genauer Untersuchung  festgestellt wird, eine Ehe ist nicht gültig zustande gekommen. Es hat entweder der Ehewille gefehlt oder die Ehefähigkeit oder die Eheschließungsform. Wenn eines dieser drei Elemente gefehlt hat, dann ist die Ehe von Anfang an ungültig, und dann kann und dann soll die Kirche erklären: Diese Ehe ist nichtig. Das ist keine Aufhebung dieser Ehe, sondern das ist die Feststellung einer von Anfang an bestehenden Ungültigkeit der Ehe.

Die Dinge dürfen nicht verwechselt werden. Sie werden manchmal polemisch verwechselt, um unserer Kirche etwas anzuhängen. Erklärung der Nichtigkeit und Trennung des Ehebandes sind total verschiedene Dinge.

Die anderen Religionen haben die Unauflöslichkeit der Ehe preisgegeben, leider auch unsere evangelischen Brüder. Als Luther sich von der Kirche trennte, da trennte er sich auch vom göttlichen Gebot der Unauflöslichkeit der Ehe. In einer zeitgenössischen Zuschrift hieß es damals: In Nürnberg, das damals protestantisch geworden war, in Nürnberg stoßen jetzt die Männer ihre Ehefrauen fort. Damit hat sich Luther den Beifall vieler Männer, die sich von ihren Frauen lösen wollten, erworben. Sie traten seiner Gemeinschaft bei, und jetzt konnten sie sich ihrer Frauen entledigen. Daraus erklärt sich teilweise der Erfolg dieser Bewegung. Daraus erklärt sich auch die bleibende Anziehung des Protestantismus. Im Protestantismus kann man sich scheiden lassen und wieder heiraten: ein-, zwei-, drei-, viermal, soviel, wie man will. Wenn katholische Christen sich scheiden lassen wollen, treten sie zum Protestantismus über.

Sie kennen alle Johann Strauss, den Walzerkönig von Wien. Johann Strauss ließ sich von seiner Frau scheiden. Er wollte wieder heiraten. Aber damals konnte man in Österreich als geschiedener Katholik keine neue Ehe eingehen. Was tat Strauss? Er fuhr in das protestantische Coburg. In Coburg trat er zum Protestantismus über und heiratete eine evangelisch getaufte Jüdin. Das sind die Ehen von Johann Strauss.

Ein anderes Beispiel ist der polnische Staatspräsident Pilsudski. Er war ein Zeitgenosse von Hitler. Als Pilsudski gestorben war, hat Hitler meines Wissens zum ersten und einzigen Male eine katholische Kirche besucht, nämlich das Requiem für Pilsudski in der Hedwigskirche in Berlin. Aber ich will etwas anderes erklären. Pilsudski wollte sich nach Scheidung wieder verheiraten. Er trat zum Protestantismus über, ließ sich scheiden und heiratete von neuem. Niemand verkennt, dass der Wille Gottes über der Ehe, der unauflöslichen Ehe auch zu Härten führen kann. Niemand leugnet das, aber es ist das kein größeres Unglück als auch andere Unglücke, etwa Krankheit und Not, und man muss auch an den verlassenen Partner denken, dem Unrecht geschieht. Was tut die verlassene Frau des Bundespräsidenten Wulff?

Der Staat nimmt in Anspruch, seine bürgerliche Ehe zu trennen. Was er da tut mit seiner Scheidung, das ist im göttlichen, im  kirchlichen Bereich ungültig. Eine bürgerliche Scheidung vermag keine Ehe, keine sakramentale Ehe aufzulösen. Wir hatten im Jahre 2010 in Deutschland 187.000 Scheidungen, in einem Jahr, 187.000 Scheidungen. 39% aller Ehen werden geschieden. Und was ist die Lösung? Da wird uns empfohlen, die Kirche soll ihre Ehegesetze ändern. Sie kann sie nicht ändern, weil Christus sie nicht ändert.

Ich habe hier, meine lieben Freunde, eine Notiz. Sie stammt von Dr. Karl Sonnenschein, dem großen Apostel von Berlin. Sonnenschein war ein begnadeter Seelsorger, der aber ganz und klar auf dem Boden der kirchlichen Lehre stand. Ich möchte Ihnen diese Notiz vorlesen. Gestern rief sein Freund an, ob ich heute zu sprechen bin? „Soll ich zu Ihnen ins Hotel kommen?“ Nach der Predigt fahre ich hin. Ein Zimmer im Hotel zwischen Zweihundert und Dreihundert. Nun sitzen wir uns gegenüber. Ein Fünfziger, leicht meliert, sonst frisch. In Berlin hat er alle Monate ein paar Tage zu tun. Ein erfolgreicher Kaufmann. Wir sprechen zunächst von leichten Dingen, dann kommen wir zum Thema. „Wir sind beide Katholiken, meine Frau und ich. Wir sind kirchlich getraut. Unser Kind ist jetzt zwölf Jahre alt. Nun geht es nicht mehr. Erst erfuhr ich‘s, dann gestand sie: Drei Jahre ein Verhältnis mit einem Herrn, der mit uns verkehrt, hinter meinem Rücken, der mit mir zur Jagd geht. Wir rechneten ab. Wir machten Frieden. Wir schlossen die Akten über diese drei Jahre. Sie versprach‘s heilig. Nun habe ich mich sieben Monate gequält, aber es geht nicht. Nein, es geht wirklich nicht. Es gibt Gefühle, die man nicht kommandieren kann. Wir müssen auseinander. Die Verwandten haben das schon lange gesagt: „Lass sie ihn doch heiraten.“ Das will sie nun auch. Bei uns in Österreich ist das für Katholiken unmöglich. So wird sie Protestantin, er Protestant. Was soll ich tun?“

Lassen Sie mich zuerst ein Doppeltes sagen:

1. Sie wollen nicht mein Urteil, sondern das Urteil der Kirche. Alles Persönliche scheidet aus. Sie wollen nicht, dass ich biege. Sie sind Katholik und kennen Dogma und Ethik. Die Kirche bleibt sich treu. Sie sieht, wie ihr Herr und Meister, nicht auf die Person. Was dem Commerzienrat billig ist, ist seinem Chauffeur recht. Es gibt nur ein Gesetz und keine Ausnahme für die Reichen, für die Gebildeten, für die Ästheten.

2. Lassen Sie mich ausdrücklich und mit innerer Bewegung sagen, dass es mir schwer fällt, ein Gesetz zu predigen, das den anderen belastet und mir selbst vielleicht erspart bleibt. Sagen Sie dem Prediger nicht, er habe leicht reden. Das Gesetz wird darum nicht falsch, weil es den, der es auf Anruf verkündet, mit seiner Schwere nicht trifft. Wir sind alle ganz kleine und ganz schwache Menschen. Niemand von uns ist sicher, das große Opfer, wenn es von uns verlangt wird, zu tragen. Aber auch diese Erwägung scheidet aus. Gesetz bleibt Gesetz. Sind Sie beide religiös, wirklich religiös?  Ihre Frau, sagen Sie, ist nie eine ernste, bewußte, opferbereite Katholikin gewesen, sonst müsste dieser Konflikt von beiden Seiten überwunden werden können. Ich weiß, dass es Wiedergeburt gibt. In der Taukraft des Christentums werden die Dinge innerlich überwunden. Eine Volksmission, eine Generalbeichte, eine Osterkommunion. Zwei Menschen nebeneinander, wie einst auf den roten Kissen des Hochzeitstages vor dem Tabernakel. Zwei Christen, die sich verzeihen, die ihre Pflicht wieder finden; das ist Auferstehung. Christliche Ehen sind heilbar. Sie hängen an Ihrem Kinde. Nun geht es Tag für Tag in den behüteten Unterricht bei den Schwestern. Die Auflösung Ihrer Ehe zerhagelt die Seelenreinheit dieses Kindes. Kinder sind immer bis zum Letzten logisch. Sie verlangen die Verwirklichung des Gesetzes, auch bei den Eltern. Was wollen Sie diesem Kinde sagen? Um dieses Kindes willen muss Heroisches geschehen, müssen die beiden Eltern Christen werden und christliches Gesetz halten. Versagt Ihre Frau, treibt sie im Kielwasser ihrer unbeherrschten Leidenschaften den falschen Weg, dann fassen Sie das Steuer umso fester und halten den rechten.

Sie sagen, dass Sie selbst ein überzeugter Katholik sind. Aber Sie finden, dass unsere Religion in diesem Punkte Unmögliches verlangt. Sie finden, dass sie sich dieser Zeit anpassen müsse. Eheliche Treuepflicht ist eine fundamentale. Sie verlangen mit Recht die absolute Gleichheit für beide. Wenn Sie die Treue halten, dürfe die Frau sie nicht brechen. Aber Christentum verlangt ganze Konsequenz, die nicht erst mit der Ehe beginnt. Liegen auf der Schale Ihres Lebens nicht vielleicht doch Gegengewichte, die uns das Gebot geben, nicht in formalen Unterscheidungen hängen zu bleiben? Gerechtigkeit verlangt, dass nicht nur die moderne Frau, auch der moderne Mann ‚mea culpa‘ sagt.

Im übrigen hindert Sie die Kirche nicht, wenn alte Gemeinschaft unmöglich wird, wirklich unmöglich, getrennt zu leben. Sie schlägt nur die Fensterläden zu, die auf eine neue Ehe ausschauen. Das mag hart sein, Sie sagen – brutal. Haben Sie daran gedacht, dass in diesen Dingen nur Härte, wenn Sie wollen, nur Brutalität klare Bahn schafft? Die Tragik Ihres Schicksals ist Eisenklammer, die eine ganze Welt hält. Am Schicksal eines Dutzend dieser tragischen Ehen, erhärtet sich die Stabilität von Millionen. Wir sehen immer nur das Sichtbare, nur die Katastrophe, nie die Verhütung.

Der Gedanke, dass feierlich gelobte Lebensgemeinschaft untrennbar ist, dass nur der kalte Tod sie löst, ist für Millionen von Ehen absolute Sicherung, Überspannung jeder Kluft, granitne Unzerreißbarkeit. Wortlos fügt sich millionenfach Hand in Hand. Ich sagte Ihnen schon, solcher Zwang kann ethisch sein, er ist es in religiöser Atmosphäre. Dort gibt es innere Erneuerung. An uns ist es, äußere Form mit innerer Kraft zu verbinden. Sie fragen mich, ob Ihre sittliche Kraft in Ihrem Alter dazu reicht? Schauen wir statt auf uns auf die anderen: die Lungenkranken, denen keine Ehe gegönnt ist; die Frühwitwen, denen wirtschaftliche Not jedes neue Heim zerschlägt; die Andersveranlagten, die ein Leben lang ihre Not tragen müssen. Was sollen wir ihnen sagen? Es gibt nur eine Antwort: Opfer! Ohne Opfer hat es nie ganze Kultur gegeben, noch weniger ganzes Christentum. Sein Geheimnis beginnt hier, seine Kraft. Lassen Sie uns beginnen, Christen zu sein.

Amen. 

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