Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
11. Januar 2009

Die Geschichtlichkeit der Weisen aus dem Morgenland

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

In Freiburg im Breisgau ist ein zehnbändiges Lexikon erschienen, das „Lexikon für Theologie und Kirche“. Dieses Lexikon will den gesamten Wissensstoff, der die Theologie und benachbarte Gebiete berührt, darbieten, zuverlässig darbieten. Das Werk ist von der Deutschen Bischofskonferenz mit hohen Summen bezuschußt worden. Der Hauptherausgeber ist Walter Kasper, früherer Rottenburger Bischof und jetzt Kardinal. Das Lexikon ist, wie der Name sagt, für Theologie und Kirche bestimmt, also für die Wissenschaft und für das Leben. Wer dieses Lexikon in die Hand nimmt, der erwartet, darin sorgfältig und wissenschaftlich einwandfrei über Glaube und Lehre der Kirche unterrichtet zu werden. In der jüngsten Auflage nun vom Jahre 1995 schreibt der Verfasser des Artikels  „Drei Könige“: „Die Historizität der Magiergeschichte wird heute kaum noch behauptet.“ Ich wiederhole: „Die Historizität (also die Geschichtlichkeit) der Magiergeschichte wird heute kaum noch behauptet.“ Das heißt nicht mehr und nicht weniger als: die Kirche und die Gläubigen haben 2000 Jahre lang eine Legende, eine fromme Erfindung für Geschichte gehalten. Jetzt endlich, im Jahre 1995, ist das Licht aufgegangen und, so wird formuliert: Die Historizität der Magiergeschichte wird heute kaum noch behauptet.

Wir sehen, der Unglaube hat Weihnachten erreicht. Aufschlußreich ist die Feststellung des Verfassers, die Geschichtlichkeit des Berichts von den Weisen werde „heute“ kaum noch behauptet. Was heißt „heute“? Das heißt, früher wurde die Geschichtlichkeit sehr wohl behauptet, aber heute ist es anders. Wenn wir in der 1. Auflage dieses Lexikons nachschauen aus dem Jahre 1931, so lesen wir dort, dass überhaupt kein Zweifel besteht an dem Erscheinen der Magier und dass alle Ableitungen, etwa aus dem hellenistischen Mitraskult, fehl am Platze sind. In der 2. Auflage von 1959 heißt es: „Die Kirche hat immer an der Geschichte von den Magiern als einem historischen Ereignis festgehalten.“ Heute, sagt der Verfasser des erwähnten Artikels, ist es anders. Ich frage: Seit wann ist für unser Verständnis der Heiligen Schrift und somit für unseren Glauben maßgebend, was heute behauptet wird? Wir gläubigen Christen sind nicht von heute, wir sind 2000 Jahr alt. Was heute behauptet wird, das kann morgen verworfen werden. Der Wind der Meinungen dreht sich schnell. Wir halten uns an das, was immer bleibt, und das ist die Wahrheit. Die Wahrheit veraltet nicht.

Ich frage weiter: Was besagt es, dass die Geschichtlichkeit heute „kaum noch“ behauptet wird? Kaum, das heißt, es gibt doch noch welche, die die Geschichtlichkeit behaupten. Und seit wann entscheiden über Geschichtlichkeit und Ungeschichtlichkeit Behauptungen von Theologen? Wir nehmen unseren Glauben doch nicht von Theologen entgegen, sondern vom Heiligen Geist durch die Vermittlung der Kirche. Das ist die Glaubensquelle.

Der Abfall zum Unglauben ist zwar erschütternd groß in unserer Zeit, aber er hat keineswegs alle berufenen Verkünder des Glaubens erfaßt. Und Gott sei es gedankt, auch im Bereich des Protestantismus gibt es gläubige Theologen. Ich ziehe die „Theologische Realenzyklopädie“ heran, ein gewaltiges Werk der evangelischen Wissenschaft. In diesem Lexikon „Theologische Realenzyklopädie“ vom Jahre 1982 schreibt der Verfasser des Artikels „Drei Könige“: „Nichts hindert daran, in dem Bericht ein historisches Ereignis zu erkennen.“ Ich wiederhole: „Nichts hindert daran, in dem Bericht ein historisches Ereignis zu erkennen.“ Wir freuen uns über diese Feststellung, denn sie entspricht unserer wissenschaftlichen Überzeugung und unserem Glauben.

Wenn die Weisen nicht nach Bethlehem gekommen sind, gibt es natürlich auch keinen Stern, der ihnen den Weg gewiesen hat. Dann sind alle Überlegungen darüber, was für ein Stern es gewesen sein könne, müßig. Aber siehe da, die Naturwissenschaftler früherer Zeiten und unserer Zeit sind anderer Meinung als die ungläubigen Theologen. Sie halten nach wie vor daran fest, dass ein Stern den Weisen den Weg nach Bethlehem gewiesen hat. Das hat schon Johannes Kepler im 16. Jahrhundert getan, der große Astronom und Physiker, und das tun heutige Astronomen und Astrophysiker. Sie sind von dem Geschwätz irrlichternder Theologen unbeeindruckt. Sie sind überzeugt, dass Matthäus Geschichte berichtet, wenn er erzählt, dass ein Stern die Männer aus dem Orient zu Christus führte.

Nun hat man freilich Überlegungen angestellt, was für ein Stern es gewesen sein könne. Es kommen drei verschiedene Möglichkeiten in Frage. Es könne ein Komet gewesen sein. Ein Komet ist ein Himmelskörper, der in der Sonnennähe große Mengen flüchtiger Gase und auch feste Teilchen freisetzt. Es könne, so sagt man, auch eine Nova gewesen sein. Eine Nova ist ein alter Stern – der Name ist eigentlich nicht richtig. Eine Nova ist ein alter Stern, der aber plötzlich einen gewaltigen Lichtesausbruch zeitigt, tausend- bis millionenfach mehr Licht wird auf einmal von diesem Stern ausgestrahlt. Das wäre eine  Nova. Die wahrscheinlichste Lösung liegt darin, dass sich der Königsstern Jupiter und der Judenstern Saturn im Sternbild der Fische getroffen haben. Ein Treffen von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische scheint die wahrscheinlichste Lösung zu sein für den Stern von Bethlehem. Warum? Jupiter galt als der Königsstern, also als der hervorragendste unter den Sternen. Saturn galt als der Judenstern. Noch heute gebrauchen ja die Engländer für den Samstag den Ausdruck „saturday“, d.i. Saturnstag. Beide Planeten kreisen um die Sonne. Der Jupiter in 12 Jahren, der Saturn in 30 Jahren. Und dabei überholen sie sich und stehen manchmal in einer Linie, und das nennt man Konjunktion, Verbindung. Kepler hat als erster auf diese Konjunktion aufmerksam gemacht. Er sagte: Die große Konjunktion hat sich im Jahr 7 v. Chr. ereignet, und er meinte, dass diese Konjunktion etwas mit dem Stern der Weisen zu tun habe. Aber jetzt wird man freilich fragen: Wie stimmt denn das mit dem Jahr 7? 7 v. Chr. soll Christus geboren sein? Ja, warum nicht? Unsere Zeitrechnung ist nämlich falsch angesetzt. Sie stammt von dem Mönch Dionysius Exiguus, und dieser Mönch hat im Jahre 525 willkürlich das Jahr 1 mit der Geburt Christi angesetzt. Es bestehen also gar keine Bedenken, die Geburt Jesu in das Jahr 7 (oder auch 6) zu verlegen.

Man hat Forschungen angestellt nach den Bewegungen der Planeten und ist dabei auf Keilschrifttafeln in Sippar gestoßen. Sippar liegt im heutigen Irak. In diesen Keilschrifttafeln von Sippar am Euphrat, wo eine Ausbildungsstätte für Astronomen sich befand, in diesen Keilschrifttafeln ist die große Konjunktion vom Jahre 7 v. Chr. verzeichnet. Die Weisen aus dem Morgenlande, die nach unserer Annahme sternkundig waren, wußten darum, dass sich Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische begegnen. Und dreimal, dreimal dicht aneinander vorübergingen. Sie hatten neben ihrem astronomischen Wissen auch astrologische Tendenzen. Sie haben also aus den Sternbewegungen Geschicke auf Erden abgeleitet. Das Sternbild der Fische stand für sie für Wasser, für Länder am Wasser, also Syrien und Palästina. Jupiter deutete auf den König, auf den Weltherrscher, und Saturn auf die Juden. So haben sie also angenommen, dass ein König der Juden erscheinen werde, und das war der Anlaß für die Weisen aus dem Morgenlande, aufzubrechen, um dem Stern zu folgen. Sie hatten erfahren, dass die Juden auf einen Messias hoffen und von ihm Befreiung von dem doppelten Joch erwarten, das ihnen durch Herodes und die römischen Besatzer auferlegt war. Es schien, als ob mit dem dreimaligen Zusammentreffen der beiden Planeten die Geburt eines neuen Königs angezeigt werde.

Tatsächlich gibt es drei solche Konjunktionen von Jupiter und Saturn. Die erste Ende Mai des Jahres 7, die zweite im Juli des Jahres 7 und die dritte im November des Jahres 7. Man nimmt an, dass sie bei der zweiten Konjunktion im Juli aufgebrochen sind, sich auf den Weg gemacht haben, um zu prüfen, ob ihre Deutung der Himmelserscheinung sich bewahrheitete. Es ist besonders bedeutsam und bemerkenswert, dass Jupiter und Saturn vom 12. bis 14. November stillstanden, weniger als eine Vollmondbreite von einander entfernt waren. Und wer in diesen Tagen in der Abenddämmerung von Jerusalem nach Bethlehem ging, dem wiesen die zwei Planeten am Südhimmel den Weg. Ja, kurz vor dem Ziel standen sie direkt über dem Ort still, glänzten sie direkt über dem Ort. Es scheint also, dass diese astronomischen Beobachtungen und Berechnungen den Bericht des Matthäus vollgültig bestätigen.

Es ist also nichts mit der Unwissenschaftlichkeit, die zugleich Unglaube ist, die uns der Verfasser des Artikels „Drei Könige“ in dem berühmten „Lexikon für Theologie und Kirche“ vorsetzen will. Wir sind überzeugt: Der Stern von Bethlehem hat wirklich geleuchtet. Die Weisen aus dem Morgenlande sind ihm wirklich gefolgt. Sie haben wirklich Jesus und seine Mutter gefunden; sie sind auf die Knie gefallen und haben das Krippenkind angebetet. Wir können nur hoffen und bitten, dass die Gnade des Jungfrauensohnes auch den Verfasser dieses Artikels im „Lexikon für Theologie und Kirche“ erreiche und sein Herz anrühre, damit auch er komme, niederfalle und anbete.

Amen.

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