Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
16. Mai 2004

Der Einspruch der gläubigen Vernunft

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Wir haben am vergangenen Sonntag von Evolution und Evolutionismus gesprochen. Evolution besagt die Entwicklung, das stufenweise Voranschreiten, Evolutionismus ist die Ideologie oder die Hypothese, die diesen Vorgang zu erklären versucht. Dabei spielen, wie man sagt, Mutation und Selektion, also Veränderung und Auswahl im Kampf ums Dasein, die entscheidende Rolle. Eines brauchen die Jünger des Evolutionismus nicht zur Erklärung ihrer Entstehung der Welt, der Pflanzen und der Tiere und des Menschen, eines brauchen sie nicht, nämlich Gott. Sie meinen alles erklären zu können mit dem Zufall. Was geschehen ist und was sich entwickelt hat und was vorangeschritten ist bis zu dem heutigen Stand, das ist dem Zufall zu verdanken. Einer von diesen Evolutionisten sagt, aus lauter Mißtönen ist das große Konzert der Schöpfung entstanden. Aus lauter Mißtönen, das heißt: Wenn man an beliebig viele Menschen Musikinstrumente verteilen würde, wenn man sie jetzt auffordern würde, diese Instrumente in Gang zu setzen und zu benutzen, also zu trommeln, zu blasen, zu streichen, dann würde sich, wenn nur dieser Tonsalat Jahrmillionen anhält, eines Tages die 9. Sinfonie von Beethoven daraus ergeben.

Gegen einen solchen offensichtlichen Unsinn erhebt die Vernunft Einspruch. Nicht der Glaube, die Vernunft erhebt dagegen Einspruch, und deswegen wollen wir heute sehen, was die Vernunft, vom Glauben belehrt, uns darüber sagt. Ich habe hier vor mir die Heilige Schrift des Alten Testamentes. In dieser Heiligen Schrift des Alten Testamentes lautet der erste Satz: „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde." Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Diesen markanten Satz müssen wir uns merken, denn er widerlegt den Atheismus. Nicht der Zufall, sondern Gott hat das Weltall geschaffen. Dieser Satz widerlegt auch den Pantheismus, denn Gott geht nicht im All auf, sondern er ist größer als das All. Dieser Satz widerlegt auch den Polytheismus; wir brauchen keine Vielgötter-Lehre. Ein Gott ist der Schöpfer alle Dinge. Dieser Satz widerlegt auch den Materialismus, denn die Materie hat einen Anfang, sie wurde geschaffen. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

Die Erde hat eine Sonderstellung im Weltall. Es ist nicht so, wie manche Vertreter der Kosmologie behaupten, daß die Erde ein Stern wie jeder andere ist. Nein, die Erde ist eine für das Leben und für den Menschen, und letztlich für den Menschen Jesus Christus entworfene ökologische Nische. Eine für den Menschen, und letztlich für den Menschen Christus entworfene ökologische Nische. Denn nur auf der Erde gibt es Wasser, Kalzium und eine Atmosphäre, die geatmet werden kann. Gott hat alles von Anfang an so eingerichtet, daß der Mensch auf dieser Erde finden konnte, was er zum Leben braucht. Nicht das Wirken der Chemie, der Elektrizität oder irgendwelche geometrische Montage von Molekülen hat die Erde geschaffen, sondern am Anfang schuf Gott die Erde; eine allmächtige Intelligenz hat diese Erde ins Leben gerufen.

Der Mensch ist durch Gott in diese Welt hineingeschaffen worden, und es ist ganz absurd, durch ein atheistisches Vorurteil die Zweckbestimmtheit der Schöpfung zu leugnen. Nein. Es ist ein Grundsatz der abendländischen Wissenschaft, daß es kein Gesetz gibt ohne einen Gesetzgeber. Die Gesetze, die in der Welt wirksam sind, deuten auf einen überragenden Gesetzgeber, der mit einer unermeßlichen Intelligenz und mit einem schöpferischen Willen ausgestattet ist. Das ist der Sinn der Welt, und das ist der Sinn der Erde, eine ökologische Nische für den Menschen zu sein.

Die Heilige Schrift sagt dann: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern." Das Wort, das ich hier mit „schwebte" übersetzte habe, heißt eigentlich „brütete". Der Geist Gottes „brütete" über den Wassern. Damit soll ausgedrückt werden, daß Gott den Wassern Fruchtbarkeit gab, Fruchtbarkeit, um den Menschen, um den Tieren und den Pflanzen zu dienen. Nicht chemophysikalische Bestandteile allein haben diese Erde geschaffen, sondern Gottes Weisheit. Nur zum Leben ist Wasser notwendig, und der Mensch ist geschaffen worden, um einmal über die Lebewesen zu herrschen. Die anthropozentrische Zielgerichtetheit der Erde wird durch diese ersten Verse der Bibel bestätigt.

Gott erschuf die Erde; er erschuf auch das Leben. Das Leben ist von Gott geschaffen worden, und zwar mußte ein bestimmte Reihenfolge eingehalten werden: erst das pflanzliche Leben, dann das tierische, denn das pflanzliche Leben bildet ja die Atmosphäre und gibt die Nahrung, die die Tiere benötigen. Leben im biblischen Sinne besitzen eigentlich nur die Tiere. Indem sie die grünen Kräuter, wie es hier heißt, weiden, brachten sie also nicht den Tod in die Welt. Ohne etwas zu zerstören, deponierten sie auf der Erde eine organisierbare Materie, die dem Wachstum neuer Pflanzen dienen würden.

Wir haben in der Schule gelernt zwischen organischer und anorganischer Chemie zu unterscheiden. Dieser Unterschied ist nicht von der Hand zu weisen. Die organische Chemie unterscheidet sich von der anorganischen aber im Grunde nur dadurch, daß die Stoffe – Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff – anders organisiert sind. Die belebte Materie unterscheidet sich dagegen von der unbelebten durch die Anwesenheit von Chromosomen. Chromosomen sind die Bestandteile, die die Erbsubstanz in sich enthalten, die die Erbinformation in sich enthalten, und gleichzeitig sind sie verantwortlich für den Aufbau von Eiweiß. Das ist eigentlich das Charakteristikum der belebten Materie, des Lebens, daß darin Chromosomen enthalten sind. Und diese Chromosomen enthalten die Erbinformation des Menschen und dienen dem Aufbau von Eiweißen, von Proteinen, wie die Chemie sagt.

Die Schrift des Alten Testamentes erzählt dann die Erschaffung des Menschen. Diese Erschaffung wird als ein Vorgang geschildert, der inhaltsschwer ist für die ganze übrige Schöpfung. Die Erde ist schon gebildet, aber es war noch niemand da, um sie zu bebauen und sie zu pflegen. „Da bildete", so heißt es, „Gott der Herr den Menschen, Staub von der Erde, und hauchte ihm den Odem des Lebens ins Gesicht, und es ward der Mensch zum lebenden Wesen." Der Mensch ist der Staubgeborene, der Staubgewordene. Er soll diese seine Herkunft nicht vergessen. Sie trägt seine Gegenwart und seine Zukunft. Sein Anfang ist die Vergänglichkeit, der Tod. „Weil er von der Erde kommt", so heißt es in der Genesis, „kehrt er wieder zu ihr zurück.“ So gebrechlich ist er, daß der Mensch wieder verscheiden müßte, wenn Gott seinen Odem zurückzöge.

Nun wird von der Erschaffung des Menschen gesagt: „Gott bildete ihn aus dem Lehm der Erde." Es wird also ein Bild gebraucht, ein Bild, wie es aus der Natur, wie es aus der Landwirtschaft bekannt ist. Da muß man die Erde auch manchmal in die Hand nehmen, und daraus kann man etwas bilden. Selbstverständlich darf man die Darstellungsweise nicht mit dem damit gemeinten Inhalt verwechseln. Die Darstellungsweise ist genommen von dem Schaffen aus der ländlichen Erfahrung, aber der Inhalt besagt etwas anderes. Es soll nämlich ausgedrückt werden, daß alles, auch der Mensch, von Gott stammt. Nicht eine blinde Evolution hat den Menschen hervorgetrieben, sondern Gott hat ihn bewußt und gewollt geschaffen. Der heilige Augustinus hat schon zu seiner Zeit dagegen Stellung genommen, daß man diese bildliche Darstellungsweise wörtlich nimmt. „Daß Gott", schreibt er, „mit körperlichen Händen den Menschen aus dem Lehm der Erde gebildet habe, ist doch eine gar zu kindliche Vorstellung." Also Augustinus weist es ab, diesen Text wörtlich zu verstehen; er ist bildlich gemeint. Es soll ausgedrückt werden, daß Gott den Menschen geschaffen hat und daß er von Gott zum Leben gerufen wurde, ja daß er nach dem Ebenbild Gottes geschaffen wurde; er ist Gott ähnlich. Wenn auch die Ähnlichkeit viel weniger groß ist als die Unähnlichkeit, so besteht doch eine Ähnlichkeit zwischen dem Menschen und Gott. Von keinem Tier wird diese Ähnlichkeit ausgesagt, wohl aber vom Menschen, und das erhebt ihn über die gesamte Tierwelt.

Die Erzählung schreitet dann weiter zur Erschaffung der Frau. „Gott der Herr sprach: ,Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. Ich will ihm eine Gehilfin schaffen wie ein Gegenstück zu ihm.'" Gott will den Menschen von seiner Einsamkeit befreien. Die Verbundenheit mit Gott genügt offensichtlich nicht, um dem Menschen das naturhafte Gefühl des Alleinseins zu nehmen. Gott selbst bestätigt dies. Gott macht sich also ans Werk, und zwar versucht er, dem ersten Menschen eine Gehilfin zu geben, indem er Tiere schafft. „Nachdem so Gott der Herr aus der Erde alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels gebildet hatte, führte er sie zu Adam, daß er sähe, wie er sie nenne. Denn so wie Adam jegliches benannte, das ist sein Name. Und Adam nannte mit ihrem Namen alles Vieh und die Vögel des Himmels und alle Tiere des Feldes. Aber für Adam fand sich keine Gehilfin, die ihm gleich war." Ein ganz inhaltsschwerer Satz: Für Adam fand sich keine Gehilfin, die ihm gleich war. Es gibt kein Gegenstück für Adam unter den Tieren. Damit ist die Sonderstellung, die einzigartige Position des Menschen gegenüber dem Tierreich ausgesprochen. Kein Tier paßt zu ihm, kein Tier ist imstande, ihm ein lebendiges und waches und wahres Gegenüber zu sein, auch kein Affe, kein Gorilla und kein Schimpanse.

Die Schrift fährt dann fort: „Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf über Adam kommen und nahm eine von seinen Rippen und verschloß die Öffnung mit Fleisch. Und es erbaute der Herr die Rippe, die er von Adam genommen hatte, zum Weibe und führte es Adam zu." Wie wird jetzt das Urteil ausfallen? Wie wird jetzt Adam das Wesen benennen, das Gott ihm zugeführt hat? „Diese endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Diese soll Männin heißen, denn vom Manne ist sie genommen." Hier wird wiederum in bildlicher Weise etwas ganz Wesentliches zum Gegenüber der Geschlechter ausgesagt: Die Frau ist ein Gegenstück, eine Ergänzung des Mannes. „Deshalb", so fährt die Schrift fort, „wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und sie werden sein zu einem Fleisch." Daß Eva aus der Rippe Adams gebildet wurde, ist natürlich nicht wörtlich zu verstehen, sondern das besagt, daß sie weder die Herrin noch die Sklavin des Mannes ist, sondern seine Gefährtin. Es besagt, daß sie zusammengehören, Mann und Frau, und es soll dadurch auch eingeschärft werden, daß der Mann die Frau lieben muß und daß zwischen ihnen eine innige Lebensgemeinschaft bestehen soll.

Nun gibt es eine Entdeckung der modernen Molekularbiologie, die eine überraschende Bestätigung dieses Schöpfungsberichtes enthält. Wir kennen die Geschlechtschromosomen, also die Chromosomen, die den geschlechtlichen Charakter des Menschen prägen, ob er ein Mann oder eine Frau ist. Die Geschlechtschromosomen unterscheiden sich als XY und XX, das heißt, die erste weibliche Zelle wurde durch die Verdoppelung einer Hälfte eines männlichen Chromosomenpaares gebildet. Ich wiederhole noch einmal diesen fundamentalen Satz der modernen Molekularbiologie: Die erste weibliche Zelle wurde durch die Verdoppelung einer Hälfte eines männlichen Chromosomenpaares gebildet. Die Gattin ist also tatsächlich die Hälfte des Mannes. Sie gehören zusammen, sie sind aufeinander verwiesen. Der Schöpfer hat von Anfang an den Mann und die Frau als ein Paar gesehen.

Wenn wir diese Überlegungen uns vor Augen führen, meine lieben Freunde, dann verstehen wir, was der französische Mathematiker Ampère – bekannt aus der Elektrizitätslehre – vor über 150 Jahren einmal gesagt hat: „Entweder hatte Moses naturwissenschaftliche Kenntnisse, die unseren gleichkommen, oder er war inspiriert." Wahrhaftig, so ist es. Entweder hatte Moses naturwissenschaftliche Kenntnisse, die unseren gleichkommen, als er nämlich die fünf Bücher Moses verfaßte bzw. wer immer daran beteiligt war, oder er war inspiriert. So ist es, meine lieben Freunde, die Entstehung der Erde, die Entstehung des Lebens und die Entstehung des Menschen entzieht sich der Beobachtung. Im wahren, eigentlichen Sinne kann man wissenschaftlich darüber gar nichts mit untrüglicher Sicherheit aussagen, denn niemand war dabei, und niemand kann es beobachtet haben. Also Experiment und Beobachtung, das sind ja die Mittel der Naturwissenschaft, scheiden dabei aus. Warum sollen wir uns dann nicht auf den Bericht verlassen, den Gott uns durch seine Diener, die Schriftenverfasser Moses und die Propheten, überliefert hat? Warum sollen wir uns nicht auf ihre Weisheit verlassen, die uns vor allem im ersten Buch der Heiligen Schrift, in der Genesis, niedergelegt ist?

Wir wollen uns, meine lieben Freunde, durch den Evolutionismus nicht irremachen lassen in unserem Glauben an die Schöpfung durch Gott. Im Anfang schuf Gott Himmel und die Erde. Wir beten nicht im Glaubensbekenntnis: Ich glaube an den Zufall, an den blinden Zufall, sondern: „Ich glaube an Gott, den Allherrscher, den Schöpfer Himmels und der Erde."

Amen.

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