Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
1. Juli 2001

Über Spender und Empfänger der Taufe

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

An mehreren Sonntagen hatten wir über das Sakrament der Taufe nachgedacht. Sie ist ja die Tür zu der sakramentalen Welt. Niemand kann ein anderes Sakrament empfangen, der nicht getauft ist. Es bleibt uns heute zu bedenken, wer der Spender und wer der Empfänger der Taufe ist.

Erstens also der Spender der Taufe. Wie bei allen Sakramenten gibt es einen Hauptspender und ein Werkzeug des Hauptspenders. Der Hauptspender ist Christus, ist Gott. Ja, wahrhaftig, das ist das Wesen des Sakramentes, daß sich hier Himmel und Erde berühren, daß wir hier nicht irgendwelche Riten vollziehen, die sich nur zwischen Menschen abspielen, sondern daß Gott in diesen Riten handelt. Gott ist der Hauptspender des Sakramentes der Taufe. Er bedient sich eines Werkzeuges, und das ist der Mensch, und zwar jeder Mensch. Es ist ein Glaubenssatz: Jeder Mensch tauft gültig und im Notfalle auch erlaubt.

Das klingt manchen vielleicht befremdlich. Kann denn ein Ungetaufter die Taufe spenden? Ja, das kann er. Er ist ein Werkzeug in der Hand Gottes, der durch die Taufe wirkt. Daß auch ein Ungetaufter taufen können muß, ergibt eine einfache Überlegung. Als alle ungetauft waren, da mußte doch einmal einer anfangen zu taufen, und er war ja selbst ungetauft. Also hat zunächst ein Ungetaufter anderen die Taufe gespendet; dann konnten freilich die Getauften ihrerseits die Taufe weitergeben.

Die Heilige Schrift spricht nicht viel über den Spender der Taufe. Als am Pfingstfest dreitausend Leute getauft wurden, wird man annehmen müssen, daß diese Menge von den Aposteln kaum bewältigt werden konnte. Und so werden sie vermutlich andere herangezogen haben, die ihnen bei der Taufspendung behilflich waren. Von Paulus ist anzunehmen, daß er von dem Jünger Ananias in Damaskus getauft wurde. Als sich die Familie des Hauptmanns Cornelius zum Glauben bekehrte, „ließ Petrus sie taufen". Er ließ sie taufen, d. h. er hat sie nicht selbst getauft, hat andere herangezogen, die ihm bei der Taufe der Familie des Hauptmanns Cornelius behilflich waren. Und Paulus hält sich sogar etwas darauf zugute, daß er in Korinth nur den Crispus und den Gaius und das Haus des Stephanas getauft habe. Er sagt ganz deutlich: „Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden.“

Daß der Kreis der Spender der Taufe so weit ausgedehnt ist, ist offensichtlich in der Absicht Gottes gelegen, dieses Sakrament allen in einfacher und leichter Weise zugänglich zu machen. Der Eingang in das Reich Gottes soll nicht erschwert, sondern erleichtert werden. Freilich darf nicht jeder willkürlich und wahllos die Taufe spenden. Es muß in der Kirche eine Ordnung herrschen, denn durch die Taufe wird man ja Christus eingepflanzt und der Kirche eingegliedert. Die Kirche ist an jeder Taufspendung beteiligt, tätig und leidentlich. Die Kirche ist tätig beteiligt, weil sie durch die beauftragten Taufspender sich neue Glieder einverleibt. Die Kirche ist leidentlich tätig in der Taufe, weil eben die Getauften ihr einverleibt werden; sie bekommt neue Glieder.

In den ersten Jahrhunderten des Christentums war der Bischof der Hauptspender der Taufe. Er zog andere dazu heran, Priester und Diakone. Nach dem heutigen kirchlichen Gesetzbuch sind die ordentlichen Spender der Taufe Priester und Diakone. Priester und Diakone haben normalerweise die Glieder der Kirche zu schaffen, indem sie die Taufe spenden. Aber im Notfalle kann ein jeder die Taufe vermitteln, und wir wissen, daß heute in Familien, in denen die Eltern ihre Pflicht, die Kinder taufen zu lassen, versäumen, Großmütter eintreten, um den Enkelkindern das Geschenk der Taufe zu spenden, manchmal bekanntermaßen, manchmal auch heimlich. In jedem Falle sind diese richtig gespendeten Taufen gültig und haben die Wirkung, die Gott mit der Taufe verbunden wissen will.

Zum Empfang der Taufe ist jeder Mensch befähigt und verpflichtet, jeder Mensch, auch der Behinderte. Auch er kann, soll und muß getauft werden. Die Taufe ist verbunden mit zwei inneren Haltungen, nämlich mit dem Glauben und mit der Umkehr. Taufe und Glaube gehören untrennbar zusammen. „Wer glaubt und sich taufen läßt, wird gerettet werden“, so hat der Herr verkündet. Also zuerst glauben und dann getauft werden. Glaube und Taufe gehören zusammen und lassen sich nicht trennen. Die Taufe ist der inkarnierte Glaube. Die Taufe kann nicht ohne den Glauben sein, und der Glaube setzt sich fort im Empfang der Taufe. Das ist im Neuen Testament oft und oft ausgesprochen, etwa wenn der Apostel Paulus an die Galater schreibt: „Ihr seid alle Kinder Gottes durch den Glauben an Christus Jesus. Ihr alle, die ihr auf Christus getauft wurdet, habt Christus angezogen.“ Also damit wird man ein Kind Gottes und dadurch zieht man Christus an, daß man glaubt und daß man getauft wird. Ähnlich schreibt er im Kolosserbrief: „Ihr seid mit ihm in der Taufe begraben worden und in ihm auferstanden durch den Glauben an die Macht Gottes, der ihn von den Toten erweckt hat.“ Wiederum die Zusammengehörigkeit von Taufe und Glauben: „Ihr seid mit ihm in der Taufe begraben worden und in ihm auferstanden durch den Glauben an die Macht Gottes.“ Um nun noch eine letzte Stelle zu erwähnen. Im Römerbrief heißt es: „Wenn du mit deinem Munde den Herrn Jesus bekennst und in deinem Herzen glaubst, daß Gott ihn von den Toten erweckt hat, so wirst du selig werden. Denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, mit dem Munde aber geschieht das Bekenntnis zum Heile.“

Das zweite Erfordernis neben dem Glauben ist die Umkehr. Es muß eine sittliche Bekehrung erfolgen. Das heißt: Wer getauft werden will, muß bereit sein, das christliche Sittengesetz auf sich zu nehmen und von den Lastern des Heidentums zu lassen. Der Apostel Petrus spricht das deutlich aus in seiner Pfingstpredigt: „Bekehret euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen im Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden.“ Erst die Bekehrung und dann die Taufe. Noch heute muß jeder, der als Erwachsener getauft wird, vom Priester aufgefordert werden, seine Sünden zu bereuen und den Vorsatz zu fassen, sie nicht mehr zu begehen, denn sonst bringt die Taufe nicht ihre volle Wirkung hervor. Wer als Erwachsener getauft wird und seine persönlichen Sünden nicht bereut, dem werden sie auch nicht vergeben, auch nicht durch die Taufe. Die Taufe ist ja kein Automat; die Taufe ist ein Geschehen, das die Bereitschaft des Menschen zum Erfüllen des Willens Gottes voraussetzt.

Was den Glauben betrifft, der zur Taufe vorausgesetzt ist, so wurde am Anfang des Christentums in folgender Weise verfahren. Der Taufspender stellte dem Täufling Glaubensfragen: „Glaubst du an Gott? Glaubst du an Jesus Christus? Glaubst du an den Heiligen Geist?“ Und der Täufling antwortete darauf: „Ja, ich glaube.“ Und damit auch nicht die Umkehr zu kurz kam, fragte er: „Widersagst du dem Satan? Widersagst du seiner Pracht? Widersagst du seinem Pomp?“ Und der Täufling antwortete: „Ich widersage.“ Da haben wir das Zusammen von Glaube und Taufe in diesen Glaubens- und Umkehrfragen der alten Zeit. Später wurden dann Glaubensbekenntnisse verfaßt, die der Täufling sprechen mußte, zunächst ganz einfache. Als Philippus den Kämmerer der Königin Kandake von Äthiopien taufte, da hat der Kämmerer nicht mehr bekannt als: „Ich glaube, daß Jesus der Sohn Gottes ist.“ Darin war alles eingeschlossen, auch die Bereitschaft, alles anzunehmen, was die christliche Verkündigung beinhaltet. „Ich glaube, daß Jesus der Sohn Gottes ist.“ Und derselbe Philippus hat in Samaria das Evangelium verkündet, und welches war sein Inhalt? „Als Philippus die frohe Botschaft vom Reiche Gottes und vom Namen Jesu Christi verkündete, glaubten sie ihm; Männer und Frauen ließen sich taufen.“ Sie haben also die Botschaft angenommen vom Reiche Gottes, das Christus gebracht hat, und von Jesus Christus, der der gottgesandte Retter der Lebenden und der Toten ist.

Nun erhebt sich freilich eine Frage, die zu beantworten ist, nämlich: Wie glauben denn die Kinder? Wir glauben denn die Säuglinge? Wo ist denn bei diesen Täuflingen der Zusammenhang von Glaube und Taufe? Daß die wenige Wochen alten Kinder einen Glaubensakt setzen können, ist nicht anzunehmen. Der Geist ist da, aber er ist noch nicht ausgebildet. Der Geist muß erst durch das Wachstum seine Bildung erfahren. Aber auch hier ist der Zusammenhang von Glaube und Taufe gegeben, denn für sie tritt der Glaube des Paten und der Eltern stellvertretend ein. Der Pate übernimmt die Verpflichtung, das Patenkind, den Täufling, im Glauben zu erziehen, zum Glauben zu führen, im Glauben zu stärken. Und die Eltern haben selbstverständlich die gleiche Pflicht. Aber weil eben Eltern manchmal versagen, deswegen wird noch ein Pate an ihre Seite gestellt, der soll den Glauben, den das Kind in der Taufe als Habitus empfängt, entwickeln und zur Reife führen. Denn der Täufling empfängt, wie ich eben sagte, den Glauben als Habitus, d. h. als Anlage, als Disposition, als Fähigkeit, und deswegen kann er auch später viel leichter diesen Glauben entwickeln, annehmen und ausbilden als einer, der nicht getauft ist.

Selbstverständlich bleibt dem, der getauft ist die Entscheidung für oder gegen Christus nicht erspart. Auch über ihn kommen Stürme, häufig schon in der Pubertät. Aber auch im späteren Alter sucht der Dämon den Glauben aus dem Herzen zu reißen. Da hat er in sich eine starke Stütze durch den Habitus des Glaubens, durch die Anlage zum Glauben, die ihm in der Taufe vermittelt worden ist. Er kann dadurch den Angriffen des Satans viel fester widerstehen und leichter den Glauben behalten als ein anderer, der erst im Erwachsenenalter getauft wird. Die Kirche hat deswegen auch alle Versuche, die Kindertaufe abzuschaffen, die immer wieder von häretischen Sekten ausgegangen sind, abgewiesen. Als die Waldenser im 12./13. Jahrhundert die Kindertaufe verwarfen, da hat Papst Innozenz III. ein Glaubensbekenntnis verfaßt, in dem es heißt: „Wir billigen die Taufe der kleinen Kinder. Wir bekennen und glauben, wenn sie nach der Taufe sterben, bevor sie eine Sünde begehen, so werden sie gerettet. In der Taufe werden alle Sünden vergeben, die Erbsünde und die Sünden, die willentlich begangen sind.“

Im 16. Jahrhundert traten dann die sogenannten Wiedertäufer auf. Sie haben sich – zum Beispiel in der Pfalz – weit verbreitet. Die Wiedertäufer haben diejenigen, die schon getauft waren, noch einmal getauft, weil sie sagten, man könne die Taufe nur im Erwachsenenalter empfangen. Dagegen hat das Konzil von Trient Stellung genommen mit folgenden Sätzen:

„Wer sagt, niemand solle getauft werden außer in dem Alter, in dem Christus getauft wurde, oder in der Todesstunde, der sei ausgeschlossen.“

„Wer sagt, die kleinen Kinder dürfe man nach Empfang der Taufe nicht zu den Gläubigen zählen, weil sie ja noch nicht tatsächlich glaubten, und sie müßten deshalb, wenn sie zu den Jahren der Unterscheidung kämen, wiedergetauft werden, oder es sei besser, ihre Taufe zu unterlassen, als sie ohne eigenen Glaubensakt zu taufen, nur aufgrund des Glaubens der Kirche, der sei ausgeschlossen.“

Und schließlich hat das Konzil von Trient auch noch die Meinung des Erasmus von Rotterdam verurteilt: „Wer sagt, solche kleinen Kinder, die getauft wurden, müsse man in reiferem Alter fragen, ob sie das bestätigen wollten, was die Paten in ihrem Namen bei der Taufe versprochen haben, und wenn sie antworten, sie wollten es nicht, dann müsse man sie ihrem eigenen Gutdünken überlassen, der sei ausgeschlossen.“

Die Meinung, die Erasmus vertrat, ist von einem extremen Liberalismus eingegeben. Der Mensch hat keine unbegrenzte Freiheit. Das gilt im natürlichen wie im übernatürlichen Bereich. Im natürlichen Bereich wird jeder, ohne gefragt zu werden, in eine Familie, in ein Volk hineingeboren. Er kann nie mehr blutsmäßig aus der Familie austreten; er kann sich niemals blutsmäßig aus dem Volke entfernen. Er bleibt, was er war. Was im natürlichen Bereich gilt, das hat auch Geltung im übernatürlichen Bereich. Auch da gibt es gottgesetzte Vorentscheidungen, und eine solche Vorentscheidung ist die Taufe. Einmal getauft – immer getauft. Die Taufe ist nie mehr rückgängig zu machen, und sie erhebt ihren Anspruch, den Anspruch, als Getaufter zu leben, den Anspruch, im Glauben zu verharren, den Anspruch, dem bösen Feind zu widerstehen, wie es bei der Taufe versprochen worden ist.

Es gibt Christen, die wissen nicht einmal ihren Tauftag. Der Tauftag ist unser Geburtstag für den Himmel. Deswegen sollte jeder an den Tauftag denken, sollte ihn auch äußerlich und innerlich begehen, sollte dankbar sein für das Geschenk der Taufe. Wir sind durch die Taufe Glieder der heiligen katholischen Kirche geworden. Das ist ein Glück, ein Glück, meine lieben Freunde, das ich gestern wieder bestätigt fand. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war die Rede von dem amerikanischen Bundesstaat Vermont. In Vermont werben protestantische Geistliche für die sogenannte Eheschließung von Lesben und Schwulen, veranstalten feierliche Veranstaltungen, um diese Leute zusammenzugeben. Einer widersteht dieser Verirrung, einer steht unerschütterlich: der katholische Bischof von Hurlington. Ist das nicht eine Bestätigung unserer Freude, Glieder dieser Kirche zu sein? Ist es nicht eine Bestätigung des Glückes, dieser Kirche angehören zu dürfen? Andere fallen und stürzen, unsere Kirche steht wie ein Turm. Und das verdanken wir der Taufe, die uns dieser Kirche zugeführt hat. Gott sei gepriesen und bedankt, daß er uns zu seiner Kirche geführt hat. Fest soll unser Taufbund immer stehen!

Amen.

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