Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
25. Dezember 1999

Die Ant­wort der Men­schen auf Weih­nach­ten

Im Namen des Vaters und des Soh­nes und des Hei­li­gen Geis­tes. Amen.

Geliebte, in hei­li­ger Weih­nachts­freude Ver­sam­melte!

Am Fest der Geburt unse­res Herrn und Hei­lan­des steht das objek­tive Gesche­hen im Vor­der­grund. Er ist ein Mensch gewor­den. Das ist der wesent­li­che Inhalt die­ses Fes­tes. Aber das objek­tive Gesche­hen ver­langt eine Ant­wort, muß sub­jek­tiv auf­ge­nom­men wer­den. Wenn Gott in die Welt hin­ein­ruft, dann will er ein Echo hören, und mit die­sem Echo wol­len wir uns heute befas­sen. Wir wol­len auf die Men­schen der Weih­nacht schauen und sehen, wie sie sich ange­sichts des Weih­nachts­ge­heim­nis­ses ver­hal­ten haben. Ihr Bei­spiel wol­len wir nach­ah­men.

Was gehört zu Weih­nach­ten? Wie ver­hal­ten sich die weih­nacht­li­chen Men­schen? Ers­tens: Es gehört zu Weih­nach­ten ein Hören, ein Hor­chen und ein Lau­schen. Hören, Hor­chen und Lau­schen muß man, weil zu Weih­nach­ten eine große Stille ist. Wir sin­gen von der stil­len, hei­li­gen Nacht; und wahr­haf­tig, in der Stille ist das Wort Got­tes auf die Erde her­ab­ge­stie­gen. „Als das Schwei­gen das All umfing“, so betet die Lit­ur­gie, „als die Nacht auf ihrem Laufe die Hälfte erreicht hatte, da stieg dein all­mäch­ti­ges Wort vom himm­li­schen Throne herab.“ In der Stille der Nacht kommt das Reich Got­tes mit dem, der es bringt. In der Stille der Nacht leuch­ten die Sterne, die den Weg wei­sen. Die Sterne sind kein lau­tes, geräuschma­chen­des Vehi­kel; sie sind eine Bot­schaft der Stille. Wer des­we­gen das Weih­nachts­ge­heim­nis erfas­sen will, der muß stille wer­den, der muß die geschäf­ti­gen Stim­men in der eige­nen Brust zum Schwei­gen brin­gen und der muß auf­hö­ren, auf das Gezi­schel der Welt zu lau­schen. In der Stille nur kann man hören und hor­chen. Und es ist viel zu hören; es ist viel zu erhor­chen an Weih­nach­ten. Alles hat seine Spra­che. Die Sterne spre­chen; das stumme Kind, das wei­nende Kind in der Krippe redet; die Engel spre­chen; die Armut des Stal­les ist eine Bot­schaft, die wir hören müs­sen. Wir müs­sen lau­schen auf die Grund­ge­sin­nung Got­tes, die zu Weih­nach­ten laut wird, näm­lich: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er sei­nen eige­nen Sohn für sie dahin­gab.“ Wir müs­sen lau­schen auf die Gesin­nung des Hei­lan­des, von dem Pau­lus im Gala­ter­brief schreibt: „Er hat mich geliebt und sich für mich dahin­ge­ge­ben.“ Wir müs­sen lau­schen auf das, was die Engel sin­gen: „Ehre Gott in der Höhe und Frie­den den Men­schen auf Erden, die sein Wohl­ge­fal­len haben.“ Weih­nach­ten kann nur fei­ern, wer stille wird und in der Stille lauscht auf das, was Gott ihm zu sagen hat.

Das Zweite, was an Weih­nach­ten not­wen­dig ist, ist das Auf­bre­chen. Die Hir­ten haben die Bot­schaft gehört, aber sie ist bei ihnen nicht zum einen Ohr hin­ein- und zum ande­ren hin­aus­ge­gan­gen, son­dern sie haben sich auf­ge­macht. „Kommt, laßt uns sehen, was in Beth­le­hem gesche­hen ist!“ Und sie gin­gen eilends dahin. Weih­nach­ten kennt keine Lethar­gie, keine Müdig­keit. Sie gin­gen eilends hin und fan­den das Kind und Maria und Josef. Auf­ge­bro­chen sind auch die Wei­sen aus dem Mor­gen­lande. Es war ein Auf­bruch ihres Her­zens, bevor sie ihre Sat­tel­ta­schen gepackt und ihre Reit­tiere bestie­gen haben; ein Auf­bruch des Her­zens, ein Auf­bruch im Glau­ben. Sie haben das Zei­chen gedeu­tet, das Gott ihnen geschickt hatte. Und dann sind sie mar­schiert zu dem Kinde, das der Stern ihnen ange­zeigt hatte. Auf­ge­bro­chen sind auch Simeon und Anna. Vom Hei­li­gen Geist getrie­ben, so sagt die Schrift, kamen sie in den Tem­pel. Man muß auf­bre­chen, wenn man Weih­nach­ten rich­tig fei­ern will. Wir brau­chen uns nicht von einem Ort zu einem ande­ren zu bege­ben, aber es muß ein sitt­li­cher Auf­bruch sein. Im Her­zen muß ein Ent­schluß auf­ste­hen, im Her­zen muß etwas neu wer­den. Da kann man nicht sagen: Die­ses oder jenes Gebot kann ich nicht hal­ten. Du kannst es, wenn du willst, du kannst es, weil du mußt! Da kann man auch nicht sagen: Das mir gesche­hene Unrecht, die mir wider­fah­rene Belei­di­gung kann ich nicht ver­zei­hen, kann ich nicht ver­ge­ben. Du kannst es, wenn du willst, du kannst es, weil du mußt! Weih­nach­ten ist ein Auf­bruch, und wer nicht auf­bricht zu Weih­nach­ten, der hat kein Recht, das Weih­nachts­ge­heim­nis zu fei­ern.

Die­je­ni­gen, die an der Krippe ange­kom­men sind, das ist das Dritte, knie­ten nie­der. In allen Krip­pen­dar­stel­lun­gen wird gezeigt, wie die an der Krippe Befind­li­chen nie­der­knien. Es steht nicht in der Hei­li­gen Schrift, daß die Hir­ten nie­der­ge­kniet sind, aber wir dür­fen es anneh­men, denn sie hat­ten ja die Bot­schaft gehört: „Heute ist euch der Hei­land gebo­ren, wel­cher ist Chris­tus, der Herr.“ Und vor dem Chris­tus und Herrn, da muß man nie­der­knien, da muß man in die Knie gehen. Von den Wei­sen wird es aus­drück­lich berich­tet: Sie knie­ten nie­der, sie fie­len auf die Knie und hul­dig­ten ihm. Sie bete­ten ihn an. Und sie brach­ten ihm Geschenke dar, Geschenke, wür­dig des­sen, den sie durch ihr Knien ver­ehr­ten. Und so müs­sen auch wir, meine lie­ben Freunde, zu Weih­nach­ten in die Knie gehen. Wir müs­sen nie­der­knien vor die­sem Kin­der. In dem Nie­der­knien liegt die Aner­ken­nung beschlos­sen, daß Got­tes Wort Fleisch gewor­den ist. In dem Nie­der­knien ist Anbe­tung ent­hal­ten. „Kommt, wir wol­len ihn anbe­ten“, so beten wir Pries­ter im Bre­vier der Weih­nachts­tage. „Chris­tus ist gebo­ren; kommt, wir wol­len ihn anbe­ten.“ Und auch hier gilt wie­der: Wer ihn nicht anbe­ten will, der hat kein Recht, Weih­nach­ten zu fei­ern. Wenn einer in Chris­tus nur den Sach­wal­ter Got­tes sieht, wie Hans Küng in Tübin­gen, der soll Weih­nach­ten bei­seite las­sen. Hier ist nicht der Sach­wal­ter Got­tes gebo­ren, hier ist Gott gebo­ren! Und darum müs­sen wir knien. Das Knien besagt auch die Anglei­chung an seine Gesin­nung, und diese Gesin­nung ist aus­ge­spro­chen in der Absicht, Gott zu ver­herr­li­chen und den Men­schen das Heil zu brin­gen. Das ist die Gesin­nung, in der wir unsere Geschenke an der Krippe dar­brin­gen wol­len, daß wir fortan uner­müd­lich tätig sind, um Got­tes Ehre zu meh­ren und den Men­schen das Heil zu brin­gen. Was kommt auf unsere Per­son an? Wenn auch unser äuße­rer Mensch auf­ge­zehrt wird, der innere Mensch wird jeden Tag erneu­ert. Wer Weih­nach­ten fei­ern will, der muß Geschenke mit­brin­gen, und das ein­zige Geschenk, das vor Gott wahr­haft gilt, das ist ein hoher Ent­schluß, das ist ein gera­der Wille, das ist eine echte Absicht, Got­tes Ehre zu meh­ren und den Men­schen das Heil zu brin­gen.

Und schließ­lich das Vierte, das an den weih­nacht­li­chen Men­schen zu beob­ach­ten ist. Aus der Freude der Weih­nacht strömt ihr Lob. Weih­nacht ist ein Fest der Freude. Die Engel haben von der Freude gesun­gen. „Seht, ich künde euch eine große Freude.“ Und die weih­nacht­li­chen Men­schen haben die Freude auf­ge­nom­men. Als die Wei­sen den Stern sahen, da hat­ten sie eine über­aus große Freude. Sie wuß­ten, sie sind auf dem rech­ten Wege; die­ser Stern führt sie zum neu­ge­bo­re­nen König. Freude hat Eli­sa­beth emp­fun­den. Als Maria zu ihr kam, da bewegte sich das Kind in ihrem Leibe vor Freude. Freude hatte Simeon, als er das Kind in seine Arme nahm. Das war das letzte Abend­leuch­ten die­ses Grei­ses. Noch ein­mal durfte er Freude erle­ben, Heil hat er in sei­nen Hän­den getra­gen, ein Licht zur Erleuch­tung der Hei­den und ein Ruhm für das Volk Israel. Diese Freude spricht sich aus im Got­tes­lob. Die Engel haben das Lob Got­tes gesun­gen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Men­schen auf Erden, die guten Wil­lens sind.“ Die Hir­ten kehr­ten zurück, und so heißt es in der Hei­li­gen Schrift: „Sie lob­ten und prie­sen Gott für all das, was sie gese­hen und gehört hat­ten.“

Lob­preis ist auch das erste Wort aus dem Munde des Kind­leins in der Krippe. Der Hebrä­er­brief hat es ihm in den Mund gelegt, gewiß nicht wört­lich, aber dem Sinne nach: „Siehe, ich komme, dei­nen Wil­len zu erfül­len. Brand­op­fer und Spei­se­op­fer hast du nicht gewollt, aber einen Leib hast du mir berei­tet. Und siehe, das steht in der Schrift­rolle über mich geschrie­ben: Ich komme, dei­nen Wil­len zu erfül­len.“ Das ist ein wah­rer Lob­ge­sang gewe­sen, der auch wider­tö­nen soll in unse­ren Gesän­gen. „In dulci jubilo“, so laßt uns sin­gen, „und seid froh.“ „Sin­gen wir mit Fröh­lich­keit, loben Gott in Ewig­keit! Heut schenkt er uns sei­nen Sohn.“

Wenn wir Weih­nach­ten fei­ern wol­len, meine lie­ben Freunde, dann müs­sen wir vier Vor­be­din­gun­gen erfül­len. Wir müs­sen hor­chen und lau­schen auf das, was Gott uns sagen will; wir müs­sen auf­bre­chen mit einem gro­ßen Ent­schluß, und wir müs­sen nie­der­knien in Anbe­tung und Ver­herr­li­chung des gegen­wär­ti­gen Got­tes. Wir müs­sen ihn auch loben, damit uns wirk­lich gna­den­rei­che, geseg­nete Weih­nacht werde.

Amen.

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