Die Wahrheit verkündigen,
den Glauben verteidigen

Predigten des H.H. Prof. Dr. Georg May

Glaubenswahrheit.org  
22. April 2019

Die Geschichtlichkeit der Auferstehung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Geliebte im Herrn!

Im Jahre 1977 wurde der Liedermacher Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert. Dieser Liedermacher Biermann hat nun folgende Begebenheit erzählt: „Mich besuchten, als ich noch in der Ostzone, der DDR war, einmal dreißig oder vierzig evangelische Pastoren. Diese Pastoren aus dem Osten und aus dem Westen kamen in meine Bude in Ostberlin und wollten mit mir die letzten Probleme der Menschheit lösen. Da war ein Pfarrer, ich glaube aus dem Westen, der wollte sich sympathisch machen, indem er mir etwas sagte, von dem er glaubte, dass es mir gefällt. Es war nämlich die Rede auf die Auferstehung gekommen, und er sagte: ‚Na ja, Herr Biermann, das ist ja alles dummes Zeug mit der Auferstehung; da sind wir ja längst drüber hinweg, das ist doch alles Quatsch.‘ Ich (Biermann) geriet in einen gedämpften Wutanfall über diesen Menschen. Ich hielt ihm eine Predigt darüber, warum nach meiner unchristlichen Meinung die Auferstehung Jesu der wichtigste Teil der Leidensgeschichte ist. Wer die Auferstehung preisgibt, der ist von Gott und allen guten Geistern verlassen.“ So der Liedermacher Wolf Biermann. Ja, es gibt sie, diese Theologen und Pfarrer, die vor lauter Anbiederung das Glaubensbekenntnis der Kirche verfälschen, das Zeugnis der Heiligen Schrift glattbügeln und gefällig machen. Aber wer die Auferstehung preisgibt, der ist von Gott und allem guten Geist verlassen.

Um die Auferstehung Christi anzunehmen, braucht man nicht gläubig zu sein. Man braucht nur die Gesetze der Geschichtswissenschaft zu beachten. Begebenheiten, die geschehen sind, Zeugen, die anwesend waren, die die Wahrheit sagen wollen und sagen können, mehr braucht es nicht, um geschichtliche Ereignisse zu beglaubigen. Und die Auferstehung ist eine historische Tatsache. Sie liegt nach Zeit und Ort fest. Sie geschah am Morgen des ersten Wochentages, also am Sonntag, nach 12 Uhr Mitternacht des Samstags. Sie geschah an dem Ort des Begräbnisses in dem Grab, in dem Joseph von Arimathäa den Leichnam des Gekreuzigten geborgen hatte. Die Auferstehung ist besser bezeugt als die meisten Ereignisse der Geschichte. Nehme ich die Zeugnisse über die Auferstehung nicht an, dann habe ich auch kein Recht, die Geschichtstatsachen des Altertums als hinreichend verbürgt anzusehen. Sie sind viel schlechter bezeugt als die Auferstehung. Die Auferstehung ist, was die Vollständigkeit der Zeugnisse betrifft, mit kaum einem geschichtlichen Ereignis zu vergleichen.

Was ist geschehen? Der entseelte Leib Jesu wurde wieder beseelt. Die Seele Christi hatte die Kraft, den gemarterten Leib zu verwandeln. Es war kein anderer Leib, aber er war anders geworden. Der verklärte Leib hatte manches mit dem gekreuzigten Leib gemeinsam wie die Wundmale an Händen und Füßen und an der Seite. Aber diese Wundmale bluteten nicht mehr, sondern sie leuchteten, ja, sie strahlten. Der verklärte Leib des Auferstandenen konnte Nahrung aufnehmen, obwohl er für sie gar kein Bedürfnis hatte. Er hatte das Vermögen, zu sprechen, obwohl ihm die Sprache des Paradieses zu Eigen war. Was war geschehen, meine lieben Freunde? Nachdem eine Nacht seit dem Tod und Begräbnis Jesu vergangen ist, also am Karsamstag, denkt der Hohe Rat an Sicherheitsmaßregeln. Es mag ihm bekannt geworden sein, dass ein angesehener Mann, Joseph von Arimathäa, den Leichnam Jesu in seine Gewalt bekommen hatte, und das erschien ihm gefährlich. Vertreter des Hohen Rates begeben sich zu Pilatus: „Es ist uns eingefallen (so fangen sie an; das klingt wie eine Entschuldigung dafür, dass sie erst jetzt damit vortreten), dass dieser Betrüger (damit meinen sie Jesus) zu seinen Lebzeiten gesagt hat: Nach drei Tagen werde ich auferstehen.“ Um diese Weissagung zu widerlegen, soll das Grab für die Zeit von drei Tagen durch römische Soldaten gesichert werden; das genügt. Dadurch kann verhindert werden, dass die Anhänger Jesu seinen Leichnam aus dem Grabe entfernen und dann das Volk mit der Lügenbotschaft, er sei auferstanden, betören. „Dieser letzte Betrug würde dann schlimmer sein als der erste“, und zwar deswegen, weil die Behauptung, er habe selbst den Tod überwunden, auf das Volk noch größeren Eindruck machen müsste als seine ganze Verkündigung und seine Wundertaten. Dann hätten die Führer des Judentums selbst, und Pilatus mit ihnen, indem sie das erste Übel beseitigten, Jesus töten ließen, mitgeholfen, ein noch viel gefährlicheres Übel zu erzeugen. Pilatus war unwillig. Er hatte es satt, sich mit dieser Sache zu befassen. Er musste von seinem Standpunkt aus das Anliegen der jüdischen Führer für absurd halten. Aber er gibt auch diesmal ihrem Drängen nach. „Ihr sollt eine Wache haben; geht hin und sichert das Grab, wie ihr es versteht.“ Sie bekommen für die kurze Zeit eine aus römischen Soldaten bestehende Wachmannschaft. Wahrscheinlich waren es syrische Soldaten. Im Übrigen aber mögen sie selbst zusehen; dementsprechend sichern die Mitglieder des Hohen Rates, um auch den römischen Soldaten gegenüber noch gesichert zu sein, ihrerseits das Grab, indem sie es in Anwesenheit der Wache versiegeln. Womit? Indem sie eine Schnur über den Grabstein spannen. Am frühen Morgen des Sonntags entstand ein starkes Erdbeben. Erdbeben sind nicht nur Naturerscheinungen, Erdbeben sind Machterweise des Herrn der Natur. Erdbeben sind häufig Zeichen einer Theophanie, einer Gotteserscheinung. Und ein Bote der himmlischen Welt, als solcher am Glanz der Gestalt und an seinem weißen Gewand erkennbar, erscheint in sichtbarer Gestalt, er wälzt den Stein vor dem Eingang des Grabes weg und setzt sich darauf. Die das Grab bewachenden Soldaten stürzen vor Schrecken darüber wie betäubt zu Boden. Danach verlässt der lebendig gewordene Herr das Grab. Woher weiß der Evangelist von der Tätigkeit des Engels? Gewiss aus dem Bericht der Frauen, denen Engel begegnet sind, die sie über ihren Anteil an der Auferstehung des Herrn unterrichtet haben. Das Hervorgehen Jesu aus dem Grab, das erst nach der Wegwälzung des Steines geschehen sein kann, wird nicht beschrieben. Die Wache muss die Ereignisse mit Erstaunen und Erschrecken erlebt haben. Die Wächter wurden vermutlich überwältigt und waren fassungslos; leider ist keine Spur von ihnen erhalten. Die Kunde von dem, was sich am Grabe Jesu ereignet hat, gelangte auch zu seinen Feinden, und zwar durch die Wachen, deren Aufstellung sie selbst veranlasst hatten. Den Auferstandenen und das Ereignis der Auferstehung haben die Wächter nicht gesehen; sie waren ja wie betäubt. Die Soldaten konnten nur die mit der Auferstehung verbundenen Ereignisse bezeugen. „Alles, was geschehen war“, schreibt der Evangelist. Was war geschehen? Der Leichnam war verschwunden. Eine Abordnung der Soldaten meldete das Verschwinden des Leichnams. Aber sie meldeten es nicht Pilatus, ihrem Vorgesetzten, sondern den Hohenpriestern, die ihnen ja die Bewachung als wichtig dargestellt hatten. Sie hofften, diese als Fürsprecher bei Pilatus zu gewinnen, denn natürlich fürchteten sie sich vor der Strafe. Sie hatten ja ein Wachvergehen begangen, sie hatten geschlafen, statt zu wachen. Man konnte und musste ihnen vorhalten, dass sie ihrer Pflicht nicht nachgekommen waren. Die Art, wie die Mitglieder des Hohen Rates auf die Nachricht reagieren, beweist, dass sie diese nicht als Erfindung betrachten, wenn auch die Tatsächlichkeit der Auferstehung für sie nicht in Frage kommt. Sie haben keinen Zweifel, dass der Leichnam Jesu verschwunden ist. Ihr ganzes Bemühen geht darauf, das Verschwinden plausibel zu machen. Durch Lüge und Bestechung suchen sie, die für sie überaus gefährliche Botschaft unschädlich zu machen. Sie geben den Soldaten Geld und sprechen: „Sagt: Seine Jünger sind des Nachts gekommen und haben ihn, während wir schliefen, gestohlen. Und wenn dies dem Statthalter zu Ohren kommt, so werden wir ihn begütigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu befürchten habt.“ Was die Mitglieder des Hohen Rates den römischen Soldaten zumuten, ist sinnlos. Denn wenn sie schliefen, konnten sie nicht Zeugen der Entfernung des Leichnams sein. Es ist zugleich gefährlich, weil sie sich selbst einer schweren Pflichtverletzung bezichtigen sollen. Aber ihr Vorgehen war erfolgreich. Die Soldaten lassen sich durch Geld und die Zusicherung der Ratsmitglieder, dass sie die Verantwortung übernehmen, bestimmen, gefügig machen, ihre Version zu übernehmen. Hinter der Sicherheit der Hohenpriester, dass sie Pilatus begütigen könnten, stand die Kenntnis der römischen Strafpraxis des Militärstrafrechtes. Man bestrafte nämlich – wie wir aus Zeugnissen wissen – selten viele oder mehrere Soldaten mit dem Tode, denn Rom brauchte jeden Mann für die Besatzung der Provinzen; die Soldaten waren zu kostbar, um sie hinzurichten.

Weil die Führer der Juden Jesus den Glauben verweigert haben, sehen sie sich gezwungen, durch Lüge und Bestechung die Wahrheit zu bekämpfen. Sie bezichtigen die Anhänger Jesu des Leichendiebstahls. Aber was hätten diese Jünger mit der Leiche Jesu anfangen sollen? Die Diebstahlhypothese zur Erklärung der Auferstehung ist haltlos. Aber sie ist nicht wertlos. Denn die Behauptung, der Leichnam Jesu sei entwendet worden, setzt das Leersein des Grabes voraus, das Leersein, das die ungläubigen Theologen unserer Zeit bestreiten. Das Grab Jesu muss leer gewesen sein, sonst wäre das Gerücht vom Diebstahl des Leichnams gar nicht entstanden und hätte sich nicht halten können. Ein Diebstahl des Leichnams Jesu war aber gar nicht möglich, weil römische Soldaten das Grab bewachten. Sie hätten sich jedem Versuch, sich des Leichnams zu bemächtigen, mit Waffengewalt entgegengestellt; dazu waren sie ja abgeordnet worden. Wäre das Grab Jesu nicht leer gewesen, hätten die Gegner Jesu darauf verweisen und die Behauptung von seiner Auferstehung durch das Zeugnis des entseelten Leibes widerlegen können. Sie hätten den Leichnam Jesu nehmen und im Triumph durch Jerusalem führen können. Damit wäre das Gerücht der Auferstehung widerlegt worden. Nein. Der Leichnam Jesu ist nicht durch Leichenraub zu erklären. Leichenraub war nach römischem Recht – sepulchri violatio, so heißt der lateinische Ausdruck – ein schweres Vergehen, das streng bestraft wurde. Bei den engen Verhältnissen in Jerusalem und der zweifachen bewaffneten Macht der Juden und der Römer wäre es gewiss möglich gewesen, innerhalb kurzer Zeit, den Leichnam Jesu ausfindig zu machen. Man hätte ihn im Triumph durch die Straßen der Stadt tragen und damit die Botschaft der Jünger ersticken können. Dass das Grab leer ist, ist von keinem Zeitgenossen Jesu bezweifelt worden. Die frommen Frauen erfahren es, die Apostel Petrus und Johannes bezeugen es, die Wachmannschaft räumt es ein, die jüdischen Feinde haben keinen Zweifel daran. Am leeren Grab zweifeln nur die ungläubigen Theologen unserer Zeit! Die Erscheinungen Jesu liegen uns vor. Sie bringen die Gewissheit, dass Jesus lebendig dem Grab erstiegen ist. Der gemarterte Herr zeigt sich seinen Anhängern, den von Gott bestimmten Zeugen als lebendig, aber in verklärter Gestalt, sodass sie ihn zunächst nicht erkennen. Ähnlich wie ihn Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg Tabor erlebt haben, wo er vor ihnen verklärt wurde, ähnlich steht der auferstandene Herr jetzt vor ihnen. Aber er ist es: „Seht meine Hände und meine Füße. Ich selber bin es. Betastet mich und seht, ein Geist hat nicht Fleisch noch Bein, wie ihr es an mir seht.“ Noch mehr, es spricht zu ihnen: „Habt ihr etwas zu essen?“ Sie geben ihm ein Stück gebratenen Fisch und einen Honigkuchen. Man hat die Historizität dieser Speisung bezweifelt, aber es war, wie man festgestellt hat, eine gerade übliche Speise: Fisch und Honigkuchen. Er nahm und aß vor ihren Augen. Dann erschloss er ihnen den Sinn der Schrift. „Es steht geschrieben, dass der Messias leiden und von den Toten auferstehen muss.“ Die Menschen sagen: Es ist noch keiner wiedergekommen. Doch! Einer ist wiedergekommen! „Christus erstand wahrhaft vom Tod. Du Sieger, du König, sieh unsere Not!“

Amen. Alleluja.

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